Dean Zelinsky Private Label Zenyatta Custom im Test
von Heinz Rebellius,
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Dean Zelinsky ist eine schillernde Figur im Gitarren-Biz, denn in seinen fast 40 Jahren im Geschäft konnte er die Gemeinde immer wieder überraschen. Und das sollte ihm auch dieses Mal mit seiner neuen Firma gelingen.
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Denn Zelinsky ist nicht nur ein guter Gitarrenbauer, sondern auch einer, der sich nicht scheut, mit mutigen Ideen voranzugehen. Aber – und auch das zieht sich wie ein roter Faden durch seine bewegte Karriere – er ist auch ein kreativer Business-Mensch, der schon so manch interessante Entscheidung traf, die meist mit Erfolg gekrönt war. Mehr über Dean Zelinsky steht unten unter Rock’n’Roll!
Konstruktion
Noch ist die Produktpalette seiner neuen Firma Dean Zelinsky Private Label klein. Insgesamt werden nur drei Modelle in diversen Varianten angeboten: Die Tagliare, eine an die Fender Strat angelehnte Gitarre; die StrettaVita, eine exzentrische Les-Paul-Variante; und eben die Zenyatta, die ein eigenes Modell darstellt und in der Tat ein paar Besonderheiten aufweist. Das äußert sich weniger im Material – hier wird für den Korpus Mahagoni mit einer geflammten Ahorndecke und für den eingeleimten Hals Mahagoni mit einem Griffbrett aus Indischem Palisander verwendet. So weit, so gut. Neu ist jedoch das Design des Korpus, denn der ist erstens platt wie eine Flunder, und zweitens riesengroß wie ein Rochen.
Im Vergleich zu einer Gibson ES-335 misst sie an ihrer breitesten Stelle nur einen knappen Zentimeter weniger. Da wäre in der Tat ein sattes Pfund zu stemmen, würde der Korpus die normale Stärke einer E-Gitarre aufweisen. Tut er aber nicht: An den Rändern misst er gerade mal 1,5 cm und wölbt sich erst spät sowohl auf der Decke als auch auf dem Rücken zu normaler E-Gitarrenstärke hoch. Gestern saß ich in meinem Sessel und habe mir die Zenyatta aus der Ferne angeschaut, wie ich das oft mache, wenn ich Gitarren kennenlernen will. Und erst aus der Distanz hier ist mir aufgefallen, dass, wenn man genau hinschaut, die Erhöhung der Decke die Korpusform der Dean StretaVitta aufweist. Schicke Idee!
Die weitere Ausstattung der Gitarre ist in Anbetracht der Preisklasse mehr als beachtenswert: Backlocking-Tuner, Graphitsattel, Perlmutteinlagen in Rautenform, zwei DZPL-Humbucker mit Splitcoil-Funktion sowie eine Tune-o-matic-Brücke mit einem recht weit nach hinten gesetzten DZPLG-Stop-Tailpiece, das etwas breiter als übliche Stop-Tailpieces gebaut ist und den Namen des Firmeninhabers als Gravur trägt. Ungewöhnlich ist die Anordnung der beiden Potis: Das Master-Tone (mit Push/Pull-Funktion für Singlecoil-Modus) ist vor dem Master-Volume angeordnet, neben dem die elegant in die Decke versenkte Klinkenbuchse sitzt.
Die Verarbeitung ist ohne Fehl und Tadel, Bundierung inkl. einer perfekten Verrundung an den Griffbrettkanten, Sattelkerbung und Lackierung sind einwandfrei und ready to go. Will jemand wissen, was Zenyatta bedeutet? Zenyatta ist der Name eines der berühmtesten Rennpferde der amerikanischen Horseracing-Geschichte, das seinem Besitzer Jerry Moss etwa 7,5 Millionen US-Dollar Preisgeld erlief. Jener Jerry Moss taufte das Pferd auf diesen Namen – in Erinnerung an das 1980er-Album ‚Zenyatta Mondatta‘ von The Police, die er einst für A&M Records gesigned hatte.
Praxis
Diese Gitarre liegt wunderbar im Arm – vorausgesetzt, man mag solche großen Geschosse auf dem Schoß. Sie ist perfekt ausbalanciert, auch wenn man sie gegurtet im Stehen trägt. Der Hals ist eher schlank, hat aber ein sogenanntes Soft-V-Profil, was bei modernen Gitarren eher selten vorkommt, und was doch so verdammt gut in der Hand liegt, denn hier wird die Tiefe und Griffigkeit eines dicken Halses erreicht, der aber durch die Flanken des V immer noch leicht zu spielen ist. Anscheinend hat sich Mr. Zelinsky an seine eigenen Roots erinnert, denn viele seiner ursprünglichen Gitarren hatten genau dieses Profil. (Hier tröpfelt es ein wenig Wehmut, denn der Autor dieser Zeilen besaß einmal eine frühe Dean Cadillac, diese brisante Mischung aus Explorer und Les Paul. Eine großartige Gitarre … schnief … von der ich mich leider etwas übereilt getrennt habe.)
Doch zurück in die Gegenwart – und die sagt mir, dass diese Zenyatta Custom zumindest äußerlich das gewisse Etwas hat, was Dean-Gitarren immer auszeichnete. Klanglich liefert sie allerdings nichts Ungewöhnliches. Aber mal im Ernst: Will das überhaupt einer? So kommt eben aus dem Verstärker ein gewohnter Humbucker-Sound, der seine Stärken deutlich in den fleischigen Mitten hat. Die Höhen wirken dabei vor allem in cleanen Amp-Bereichen leicht verhangen. Aber wen das stört, der betätigt die Push/Pull-Funktion des TonePotis und bekommt die Höhen, die die Humbucker als Doppelspuler eben nicht zur Verfügung stellen. Vielleicht liegt deshalb der Tone-Regler vorne? Denn auch im Crunch-Modus kommt der Sound eher dunkel und fett rüber, sodass man als Gitarrist, der viele Höhen mag, unwillkürlich oft den hier wirklich gut klingenden Singlecoil-Modus bemüht.
So richtig Spaß macht die Zenyatta Custom dann im Hoch-Gain-Bereich – ein breiter Ellbogen-Sound wird produziert, der zu mächtigen, dunklen Riffs und fett klingenden, singenden Lead-Lines inspiriert. Wobei sich hier der Steg-Pickup mit seiner definierten Mitten-Nase besonders hervortut, während man beim Hals-Pickup darauf achten muss, dass er nicht zu wollig wird. Das ist nicht schlecht, jedoch kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass dieser Gitarre ein Paar luftig klingende Humbucker auch sehr gut zu Gesichte stünden. Vor allem dann, wenn man einen in Bässen, Mitten und Höhen ausgewogeneren Sound bevorzugt. Wer dagegen nur Brett spielt, dem mag die Werksbestückung vollends genügen.
Resümee
Die Zenyatta Custom ist schon auf den ersten Blick eine ungewöhnliche Gitarre – mit einem sehr großen und sehr flachen Korpus. Alle anderen Konstruktions-Daten sind Gibson-like, und auch der Sound geht in diese Richtung. Eher dunkel klingende Humbucker wollen nie so recht aufklaren, und wer mehr Höhen braucht, bemüht die gute Singlecoil-Schaltung. Auch wenn die Zenyatta optisch eher einen eleganten Eindruck macht, fühlt sie sich dank dieser Tonabnehmer klanglich eher in düsteren, verzerrten Gefilden zuhause. Eine interessante, weil kontroverse Mischung, die uns Dean Zelinsky hier anbietet.
Dean Zelinsky eilt der Ruf voraus, unter den Gitarrenbauern der einzige zu sein, der Rockstar-Status genießt. Zumindest hing er schon früh mit richtig bekannten Rock-Stars ab. Und schon auf der Highschool nahm er eine Sonderrolle ein; denn er schaffte es, die Arbeit in seiner 1976 während seines letzten Studienjahres gegründeten Firma Dean Guitars als Diplomprojekt anerkennen zu lassen – damals ein absolutes Novum. Das war die Zeit, in der die großen, amerikanischen Firmen aufgrund ihrer von reiner Profitmaximierung geleiteten Besitzer-Konzerne keine saubere Qualität und keine innovativen, zündenden Ideen mehr lieferten. Und damit Platz machten für junge Firmen wie Schecter, Hamer oder eben Dean, die deutlich bessere Qualität lieferten. Unter diesen neuen Firmen hatte Dean einen besonderen Stellenwert, denn er wagte es, mit eigenen Designs auf dem Markt aufzutrumpfen. Modelle wie Z, V und Cadillac waren extrem stark abgewandelte Gibson-Designs, schnell in aller Munde – und in den Händen bekannter Rock-Stars. Mit sein bekanntester Wurf waren die mit weißem Plüschfell bezogenen „Spinning Fur Guitars“, die ZZ Top in ihrem legendären Video zu dem Song ‚Legs‘ weltweit bekannt machte und die zu den bekanntesten Instrumenten des Rock überhaupt gehören.
Sein erfolgreichstes Modell sollte jedoch die ML werden – ein richtiges Monster, in dem sich die Silhouetten von Flying V und Explorer zu einem gewaltigen DesignSpektakel ergänzten. Zelinsky gab dieser 1977 vorgestellten Gitarre das Kürzel ML in Erinnerung an seinen besten Freund Mathew Lynn, der in jungen Jahren den Kampf gegen den Krebs verloren hat. Nur wenig später lernte Zelinsky den jungen Gitarristen Darrel Abbott aus Arlington, TX, kennen, der bei einem Preisausschreiben eine Dean ML gewonnen hatte. Auch als Darrel Abbott alias Dimebag Darrel mit der Band Pantera und seiner Dean ML längst Weltruhm erlangt hatte, hielt die enge Freundschaft von Gitarrist und Gitarrenbauer – bis zu dem Tag im Dezember 2004, als Darrel von einem Durchgedrehten während eines Konzertes erschossen wurde.
Noch kurz vorher hatte Zelinsky Dimebag Darrell für einen Endorsement-Deal mit der neuen Dean-Firma gewinnen können – der Firma, der er 1991 die Rechte an seinem Namen und seinen Designs verkauft hatte und die ihn im Jahr 2000 wieder anheuerte. Diese Firma, die nun durch fernöstliche Produktionen Dean-Gitarren zu erschwinglichen Preisen anbot und damit im boomenden Hard’n‘Heavy-Business der 1990er-Jahre einen Riesenerfolg landete, bediente sich dabei nicht nur Zelinskys Namen und Gitarren-Modellen, sondern auch seiner speziellen Werbestrategie, mit der er sich – damals noch als Firmenbesitzer – wiederum weit vor allen anderen hatte platzieren können. Im prüden Amerika der 80er hatte er, inspiriert durch eine Spirituosen-Werbung, Anzeigenkampagnen entworfen, in denen aufreizende Bikini-Models die Hauptattraktion darstellten.
Klar, dass ihm diese Sex-sells-Attitüde nicht nur Beifall, sondern auch eine ganze Menge böser Kritik einbrachte. Aber der Zweck war erfüllt: Dean Guitars war wegen dieser freizügigen Anzeigenmotive, die alsbald von Firmen wie B.C. Rich fleißig kopiert wurden, in aller Munde; ja, Dean Guitars galt als Synonym für den Rock’n‘Roll schlechthin, und die Messe-Auftritte auf den NAMM-Shows gerieten ab da dank der dort auch eingesetzten Dean-Girls gleichermaßen zur spektakulären Gitarren- wie Fleischbeschau. Seine Arbeit dort dauerte von 2000 bis 2008; hier entwarf er nicht nur neue Modelle, sondern holte eine Menge hochkarätiger Musiker, die er noch von früher her kannte, als Endorser ins Dean-Boot: Neben dem oben erwähnten Dimebag Darrel waren dies Leslie West, Michael Schenker, Dave Mustaine, Michaelangelo Batio und andere mehr.
Doch im Mai 2008 gab es unlösbare Probleme bei einer Vertragsverlängerung und Zelinsky stieg aus, um bereits im August 2008 eine neue Firma namens DBZ Guitars vorzustellen, die er als Geschäftsführer und Chef-Entwickler schnell auf dem Markt etablierte – mit einem breit gefächerten, in Fernost produzierten Programm inkl. radikalster Heavy-Designs. 2012 verließ Zelinsky auch diese Firma, um in seinem neuen Unternehmen, Dean Zelinsky Private Label, nun endlich wieder alleine der Chef sein zu können. Hier nutzt er seine gesammelten Erfahrungen mit fernöstlichen Produktionsstätten, lässt seine Gitarren in einer der besten Fabrikationen Indonesiens bauen, unterzieht sie einer peniblen Endkontrolle in USA – und verkauft sie dort direkt an die Musiker, ohne den Umweg über Vertrieb und Musikladen! Mit dieser ungewöhnlichen Maßnahme setzt er sich wiederum von seinen Konkurrenten ab, die bekanntlich den direkten Kundenkontakt eher meiden.
Durch die Einsparung der Marge, die der Handel für sich beanspruchen würde, ist Zelinsky in der Lage, attraktive Gitarren zu einem noch attraktiveren Preis anzubieten. Und ganz der gewiefte Marketing-Fachmann, hat er auf seiner Website plakativ ein einziges Modell platziert, das in USA gebaut wird und mit etwa $ 5500 ca. das Zehnfache der anderen Gitarren des Katalogs kostet. Was die Preise der anderen DZPL-Gitarren natürlich in einem noch günstigeren Licht erscheinen lässt… Dean Zelinsky bleibt also auch heute noch seiner Unberechenbarkeit, nicht nur im Marketing, sondern auch als Gitarren-Designer, treu.
Denn neben so ungewöhnlichen Modellen wie der Zenyatta hat er z. B. auch ein ganz neues Halsprofil entwickelt, das bei einigen seiner Modelle bereits zum Einsatz kommt. Das sogenannte Z-Glide-Profil besteht aus einem in die Halsrückseite gefrästen Muster, das – so Zelinsky – Luft zwischen Hand und Hals zulässt. Die Greifhand habe nur noch Kontakt zu 30% der Halsfläche, was eine superleichte Spielbarkeit fördere. Wir werden dieses Profil in einem folgenden Test natürlich vorstellen.