Der Super-Overdrive ist eines der dienstältesten Pedale im BOSS-Programm und wird seit 1981 nahezu unverändert gebaut. Nimmt man seinen direkten Vorfahren, den OD-1, dazu, sogar seit 1976! Denn der SD-1 erweiterte die Schaltung des Urvaters aller Overdrive-Pedale lediglich um einen zusätzlichen Tonregler. BOSS reagierte damit auf die Konkurrenz durch den Ibanez Tubescreamer, der technisch und klanglich sehr ähnlich war und eine Tonregelung vorweisen konnte. SD-1 und TS-9 unterscheiden sich neben einigen Bauteilwerten v. a. durch das Clipping. Durch das asymmetrische Clipping mit drei Silizium-Dioden wirken die gelben BOSS-Overdrives etwas rauer, britischer als ihre grüne Konkurrenz.
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Trotz der technischen und klanglichen Ähnlichkeit hat der SD-1 aber nie den Mojo-Faktor eines TS-808 oder TS- 9 erreicht. Ob das an den geringfügigen Klangunterschieden oder an der Berühmtheit der prominenten Pedal-Nutzer lag, sei mal dahingestellt. Doch auch ohne Kultstatus ist der SD-1 sicher eines der am weitesten verbreiteten Overdrive-Pedale. Ich schätze, dass wohl fast jeder Gitarrist im Laufe seines musikalischen Lebens einmal einem SD-1 begegnet ist. Zumal der SD-1 auch heute noch sehr preisgünstig zu bekommen ist. Und ausgerechnet dieser Dauerbrenner hat einen FET-Bypass, der wirklich schlecht sein soll? Ja, aber dem kann ja Abhilfe geschaffen werden! Daher beschäftigen wir uns in den nächsten Folgen zuerst mit dem Umbau des SD-1 auf True Bypass und schauen uns dann in weiteren Episoden einige Mods für diesen BOSS-Klassiker an.
Mechanische Vorarbeit
Für den True-Bypass-Umbau benötigen wir eigentlich nur einen mechanischen Schalter. Statt des sonst üblichen 3PDT-Schalters, habe ich aber diesmal einen kompakten 2PDT-Schalter gewählt. Wie man mit dem 2PDT-Schalter einen True-Bypass baut und dennoch nicht auf eine Status-LED verzichten muss, wird dann in der nächsten Folge gezeigt. Grund für den 2PDT-Schalter ist, dass ich keine Lust habe, meinen schönen SD-1 mit einem hässlichen Loch zu verunstalten, aus dem ein Schalter hervorguckt. Optisch abschreckende Beispiele solch brutaler Umbauten findet man im Internet zur Genüge. Dabei ist das gar nicht nötig!
Denn ein nicht zu groß bauender mechanischer Schalter kann durchaus auch an die Stelle des originalen Tasters gesetzt werden. Um hier nichts zu verschlimmbessern, sollte es schon ein hochwertiges Qualitätsprodukt sein. Schließlich gelten die BOSS-Taster als äußerst langlebig und robust. Ein 2PDT-Schalter von Alpha, den es z. B. bei uk-elektronik für ca. € 3 gibt, erfüllt genau die Bedingungen. Mit zwei großen Unterlegscheiben passt der runde Schalter ganz prima in das rechteckige Loch, das der BOSS-Taster nach seinem Ausbau hinterlässt. Wenn man die beiden Überwurfmuttern ziemlich weit am oberen Ende des Gewindes festzieht, schaltet er einwandfrei und bleibt unter der Wippe doch unsichtbar. Das neue Schaltgefühl ist übrigens sehr angenehm – besser als vorher, wo man gar nicht merkte, dass ein Schalter betätigt wurde.
Schaltplananalyse und Lötarbeit
Nach der mechanischen Vorarbeit ist nun die Elektronik an der Reihe. Mit der Schaltplan-Analyse gilt es festzustellen, wo sich der FET-Bypass in die eigentliche Overdrive-Schaltung einhakt. Eine genaue Beschreibung der Schaltung erspare ich mir hier und verweise auf den Beitrag des Kollegen Bernd Meiser in Ausgabe 10/2015. Ich begnüge mich damit, auf dem Schaltplan die Input- und Output-Buffer sowie die Bypass- und Overdrive-Schaltung grob zu markieren. Gut zu erkennen ist, dass der elektronische Bypass über die beiden Transistoren Q1 und Q2 an der Overdrive-Schaltung hängt. Lötet man die beiden Transistoren aus, ist der gesamte FET-Bypass vom Signal getrennt. Die restlichen Bauteile können dann gerne auf der Platine bleiben.
Damit das Signal aus der Overdrive-Schaltung zum Effektausgang fließen kann, muss statt Q1 ein sogenannter Jumper eingelötet werden. Die Drahtbrücke verbindet die beiden äußeren Lötaugen des ausgelöteten Transistors. Die Verdrahtung des Schalters erfolgt gemäß der Abbildung. Für die Verbindung der Input-Buchse lötet man das Kabel vom Lötpunkt 3 der Platine ab; die Verbindung zur Output-Buchse findet man an Lötpunkt 12. Die Kabel kommen nun jeweils an die mit „effect in“ und „effect out“ bezeichneten Stellen des 2PDT-Schalters.
An die mit „Board in“ und „Board out“ bezeichneten Lötaugen des Schalters müssen nun neue Verbindungen zu den Lötpunkten 3 (In) und 12 (Out) der Platine gelegt werden. Hierfür kann man z. B. die beiden Kabel des Original-Tasters nutzen, die man ja nach dem Umbau nicht mehr braucht (Lötpunkte 14 und 16). Auch die LED kann man schon mal ausbauen und ablöten, wenn man (wie ich) das schwache rote Lämpchen gegen eine kräftige blaue Leuchte tauschen möchte. Doch dazu in der nächsten Folge mehr! Stay tuned! [1645]
Darf ich denn davon ausgehen, dass ich bei einem evtl. zu neuen SD-1 nicht eine SMD-Platine vorfinde, die Modifikationen unmöglich machen (zumindest für mich)?
Darf ich denn davon ausgehen, dass ich bei einem evtl. zu neuen SD-1 nicht eine SMD-Platine vorfinde, die Modifikationen unmöglich machen (zumindest für mich)?