Long Live Retro!

Supro Dual Tone & Westbury im Test

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(Bild: Dieter Stork)

Der Name Supro lässt aufhorchen, auch heute noch. Denn der gemeine Gitarrist hat ein Gedächtnis wie ein Elefant – er vergisst nie! Vor allem nicht die Dinge, die diesen süßen Vintage-Vibe haben, diese Botschafter vermeintlich besserer Zeiten. 

David Koltai, der Mann hinter Pigtronix Effects, Supro Amps und jetzt auch Supro Guitars, und seine Firma Absara Audio scheinen gut daran getan zu haben, sich die Rechte am Namen Supro zu sichern. Denn anders als die Firmen, die sich einen geschichtsträchtigen Namen kaufen, nur um den auf in Fernost gebaute billige Fender- und Gibson-Kopien zu kleben, fühlt sich Koltai der Tradition verpflichtet, wie er schon mit den Supro-Amps und -Pedalen eindrücklich bewiesen hat. Die neuen Supro-Gitarren, aufgeteilt in die Island Series aus Indonesien und die Americana Series aus China, kommen also auch aus Fernost, aber es ist Koltai gelungen, den Spagat zwischen Vintage-Vibe, zuverlässiger Konstruktion und bequemer Spielweise in die Tat umzusetzen.

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Die Westbury gehört zur sogenannten Island-Serie, die im Prinzip modernisierte Varianten des Vintage-Supro-Themas bringt und insgesamt drei Modelle umfasst, die alle nach Locations benannt sind, die sich auf Long Island in New York befinden – nicht weit entfernt vom Absara-Audio-Domizil. Die drei Modelle unterscheiden sich hauptsächlich nur in der Anzahl der Pickups: Die Jamesport kommt mit einem, die Westbury mit zwei und die Hampton mit drei Goldfoil-Tonabnehmern – fetten Singlecoils in Humbucker-Größe, Repliken der originalalten Clear-Tone-Pickups von Supro. Diese Art Goldfoil-Pickups haben keinen Spulenkörper, sondern arbeiten mit einer sogenannten „Luftspule“, hier in Kombination mit einem Alnico-V-Magneten. Da er auch keine Polepieces besitzt, nimmt er die Saitenschwingungen in einem größeren Bereich ab als Pickups mit Polepieces.

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Vintage-style Kluson-Typen mit „Butterfly“-Flügeln aus Kunststoff (Bild: Dieter Stork)

Das Design der Gitarre basiert auf der Supro Ozark, mit einem 41 mm starken Korpus aus Erle, in den der Ahornhals in eine Art Halstasche eingeleimt ist. Also keine Zapfenverbindung wie bei einer Les Paul. Der Hals/Korpusübergang ist ergonomisch perfekt geformt, sodass die Greifhand auch in den hohen Lagen mit keinen Hindernissen auf der Halsrückseite zu kämpfen hat.

Die Brückenkonstruktion besteht aus einer modernen Tune-o-matic-Brücke und dem auf Grund der Form seiner oberen Kante so genannten „Wave“-Saitenhalter, den es in dieser Form schon in den 1960er-Supro-Jahren gegeben hat. Auf das verchromte Metallblech, das von der Gurtpin-Schraube und zwei weiteren, kleinen Schrauben an der Zarge fixiert ist und ganz leicht über der Decke schwebt, ist schräg sitzend ein Alublock montiert, durch den die Saiten gezogen werden. Im Unterschied zu den bekannten Tune-omatic/Stop-Tailpiece-Konstruktionen ist der Abstand zwischen Brücke und Saitenverankerung deutlich größer und der Winkel der Saiten zur Brücke hin wesentlich flacher. Das spricht für erhöhte Transparenz.

Ein schön nah am Steg-Pickup montierter Master-Volume- (250 kOhm) und ein Master-Tone-Regler (500 kOhm) verwalten zusammen mit dem Dreiweg-Toggle die beiden Pickups. Der Korpus der Westbury kommt in einer prächtigen Turquoise-Lackierung, die Halsrückseite ist komplett schwarz lackiert, wobei die Greiffläche zwischen erstem und 15. Bund matt und der Rest inkl. Kopfplattenrückseite glänzend ausgeführt ist. Der Gesamteindruck der Gitarre ist, was ihre Erscheinung und ihre Verarbeitung angeht, schlicht gesagt richtig gut!

Angefangen bei der kleinen, auf die Kopfplatte aufgeschraubten und gravierten Metallplatte mit dem Logo über die schicken Goldfoil-Pickups bis hin zum „Wave“-Tailpiece macht die Westbury einen geschlossenen und mehr als stimmigen Eindruck. Und sobald man sie in die Hand nimmt, merkt man, dass es sich hier um eine richtig gut funktionierende Gitarre nach unserem heutigen Standard handelt. Kein Vergleich zu den alten Supros, die zwar genauso gut aussahen, dann aber in der Hardware, der Elektronik und der allgemeinen Spielbarkeit oft deutliche Schwächen aufwiesen.

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Na klar, die Assoziationen zu Jack White und den Black Keys liegen hier besonders auf der Hand … denn die haben diese Art Gitarren heute hip gemacht. Valco baute in den 1960er-Jahren sogenannte Res-O-Glas-Gitarren aus Fiberglas für die Marken National, Airline und eben Supro – und die Herren White und Auerbach wurden damit zu Pionieren eines neuen Vintage-Revivals, in dem die Namen Fender, Gibson, Gretsch & Co. ausnahmsweise mal keine Rolle spielen.

Die Americana-Serie, zu der auch unsere Dual Tone gehört, knüpft nahtlos an diese Vintage-Tradition an – mit kompromisslosen Vintage-Supro-Designs, die sich deutlich von den Gitarren der Island Series unterscheiden. Der semiakustische Body ist mit 48 mm Stärke nicht nur dicker, sondern in zwei Hälften, bzw. Scheiben aufgetrennt. Die untere „Scheibe“ besteht aus einem 24 mm starken Mahagoniblock, der bis auf einen Centerblock hohl gefräst ist; die obere Hälfte stellt eine ca. 2,5 mm starke Plastikdecke mit einer breiten, schönen „German Carve“ am Korpusrand dar, die ebenfalls einen Centerblock, hier aus Ahorn, zur Stabilität aufweist.

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Vista-Tone-Pickups (Bild: Dieter Stork)

Zwischen beiden Hälften ist noch eine Art Gummidichtung angebracht, die den Übergang geschickt abdeckt. Vier weitere Holzstücke sind im Randbereich der Decke verteilt, die Futter für die vier Schrauben geben, die von der Rückseite aus zusammen mit den beiden Schrauben, die den Hals auf dem Korpus fixieren, die gesamte Konstruktion zusammenhalten. Und die ist absolut stabil, auch wenn sich das hier alles vielleicht etwas abenteuerlich anhören mag.

Die beiden Vista-Tone-Pickups haben die gleichen Spulen wie die Goldfoils der Westbury, lassen aber dank der Kappen und Polepieces einen unterschiedlichen Sound vermuten. Die Polepieces weisen zwar Schlitze auf, lassen sich aber nicht in der Höhe verstellen. Vielmehr dienen die beiden äußeren nur zur Höhenverstellung des jeweiligen Pickups. Zu regeln gibt es jede Menge – Volume und Tone pro Pickup, jeweils oberhalb eben dieser angeordnet, sowie Master-Volume und Dreiweg-Pickup-Toggle, direkt neben dem „floating“ Schlagbrett.

Diese Pickups haben eine interessante Geschichte. Sowohl die Clear-Tones wie die Vista-Tones wurden im Original von einem gewissen Ralph Keller in den 1950er-Jahren entwickelt. Der Vista-Tone-Pickup gilt dabei als Inspiration für den Gibson-Humbucker, und immerhin hat Seth Lover, der 1957 für Gibson den Humbucker erfand, den Vista-Tone in der Patentschrift des PAF erwähnt.

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Die Kopfplatte der Dual Tone hat die originale Form der Vintage-Supros – auch der Nullbund gehörte schon damals dazu. (Bild: Dieter Stork)

Die Saiten verlaufen dank der klassischen Hals/Korpus-Verbindung, bei der das Ende des Halses fast auf dem Korpus sitzt, in einem stattlichen Abstand von ca. 3 cm über den Korpus, dann über einen Archtop-Aufsatzsteg aus Holz und landen final am sogenannten „Stairstep“- Saitenhalter, ebenfalls ein altes Supro-Detail, der hier im – anders als bei der Westbury – weit über der Decke schwebt. Der Holzsteg ist zwar mit Schrauben auf der Decke fixiert, die Führungslöcher im Stegfuß sind aber größer belassen, sodass ein gewisser Toleranzbereich zum Verschieben des Steges besteht, um eine halbwegs gute Oktavreinheit zu erreichen.

Die Verarbeitung macht einen ähnlich guten Eindruck wie die der Westbury, wobei die Bundverarbeitung der letztgenannten einen Hauch mehr Präzision und Hingabe zeigt. Und wehe, man muss mal an die Elektronik! Der Weg dorthin ist mit der Demontage des Halses und dem Auseinandernehmen des Bodys in seine beiden Hälften erschwert. Die Americana-Serie besteht aus zwei Gruppen (Widebody und Narrowbody) mit insgesamt zehn Modellen. Widebody: Sahara (1 Pickup, Dobro-Saitenhalter), Coronado II (zwei Pickups), Coronado II Vibrato, Martinique Deluxe (das „Dan-Auerbach-Modell“, zwei Pickups plus Piezo), Martinique Deluxe Vibrato. Narrowbody: Belmont (ein Pickup, Dobro-Saitenhalter), Belmont Vibrato, White Holiday (ein Pickup plus Piezo), Black Holidays (zwei Pickups) und eben die Dual Tone.

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Hören wir uns zuerst die Westbury an, eine Gitarre, die wie von selbst in die Hand fällt und sich trotz langer Fender-Mensur butterweich spielen lässt und mit perfekter Ergonomie am Körper sitzt. Irgendwie wie eine Les Paul, aber schön leicht, etwas dünner unterm Arm – und ganz anders im Sound! Diese Goldfoils klingen offen, seidig und – ja – einfach anders. Im Vergleich zu P90s haben sie z. B. mehr seidige Höhen, relativ wenig Mitten und auch weniger Tiefen. Mulm ist ein Fremdwort!

Am Hals wird vielmehr ein runder, klarer Sound erzeugt, mit dem sich sehr geschmeidig und irgendwie sehr soulig spielen lässt. Ein Gedicht! Ähnlich toll, mit einem leicht aufpolierten Höhenbereich, erscheint die Kombinationsstellung, und naturgemäß etwas dünner und kantiger kommt der Steg-Bereich rüber. Insgesamt jedoch so gut wie nicht vergleichbar mit Sounds, die „man so kennt“.

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Der Saitenhalter versprüht mit seinen vier Stufen einen Hauch von Art déco. (Bild: Dieter Stork)

Die Goldfoils ermöglichen einen fetten Singlecoil-Sound ohne jeden Fender- oder Gibson-Bezug; und Filter-Trons sowie Toaster-Pickups (also die Gretsch- und Rickenbacker-Abteilungen) klingen eine deutliche Spur härter als eben diese Goldfoils. Die übrigens nicht nur Schönlinge sein können, sondern auch verzerrt mit einem breiten, nicht auf die Mitten fokussierten Sound voll überzeugen. Es ist zudem auffällig, wie gut sich diese Pickups mit Pedalen vertragen. Insbesondere Overdrives bekommen hier ein Signal verabreicht, das nach der Verarbeitung durch die Pedale einfach nur sensationell klingt – und dazu mit einer extrem direkten Dynamik spielbar ist.

Die Dual Tone liegt etwas anders im Arm, denn sie ist insgesamt kürzer und ihr Body dicker und etwas größer. Durch den halbhohlen Korpus, die Plastikdecke und den Holz-Steg bekommt der Sound eine gewisse Luftigkeit, die die Transparenz fördert. Das Sustain ist kürzer als das der Westbury, aber der grundsätzliche elektrische Klang ist dann doch sehr ähnlich. Mit dem Unterschied, dass die Westbury eher strahlt, während die Dual Tone sich etwas verhaltener zeigt – ein Tribut an den Holzsteg. Doch das ist der Sound, mit dem die Supros damals in den 50er- und 60er-Jahren auf der Szene aufschlugen und der sich z. B. sehr gut mit Fuzz-Pedalen versteht.

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Nomen est Omen: Der „Wave“-Saitenhalter (Bild: Dieter Stork)

Da wird dann ein sehr markanter Sound erzeugt, der seinesgleichen sucht, siehe Black Keys. Aber auch bei anderen typischen Vintage-Sounds liefert die Dual Tone – bei Rock´n´Roll, Beat, Surf, Tremolo geschwängerte Swamp-Blues-Sounds etc., da fühlt sie sich wie zu Hause. Slider welcome!

Übrigens: Wer der Dual Tone – warum auch immer – einen moderneren Sound verpassen möchte, ersetzt einfach die Holzbrücke durch eine passende Tune-omatic. Und wer meint, dass die über den Pickups angebrachten Volume- und Tone-Regler beim Spielen stören, hat nicht bedacht, dass die Saiten sehr hoch über dem Body verlaufen. Da kommt man den Reglern mit der Schlaghand nicht in die Quere.

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Fast wären mir keine Alternativen eingefallen, denn diese Supro-Gitarren sind so eigenständig, dass sie kaum Konkurrenz fürchten brauchen. Aber da flattert mir doch gerade eine Pressemitteilung des Vertriebes von Italia in die Mailbox – und ja, Italia bietet durchaus Alternativen zu den Supros. Was ja auch kein Wunder ist, denn die Italia-Designs berufen sich ausdrücklich auf diese bunte Seite des Vintage-Zeitalters – eben Valco, National, Supro & Co. Z. B. könnte die Mondial Deluxe durchaus eine Schwester der Westbury sein, dank der gleichen Bodyform und des gleichen Saitenhalters wie der der Dual Tone. Den größten Unterschied machen die Pickups – hier zwei Wilkinson WVC-Humbucker – und der günstigere Preis (€ 799). Mit der Mondial Classic gibt es zudem auch ein Modell mit zwei Humbuckern plus Piezo-Pickup, das erstaunlicherweise noch € 20 günstiger ist als die Mondial Deluxe.

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Durch das Fehlen von Polepieces bei diesen Goldfoil-Pickups wird ein breites magnetisches Feld erzeugt. (Bild: Dieter Stork)

Für € 549 bietet Eastwood Airline außerdem eine sogenannte Twin Tone an – von Weitem eine Replik der Dual Tone, die diesem Anspruch mit ihrem massiven Linde-Korpus und zwei normalen Humbuckern aber nicht gerecht werden kann.

resümee

Das Abtauchen mit den beiden Supros in vergangene Klangwelten geschieht mühelos. Sowohl die grüne Westbury als auch – und vor allem – die Dual Tone, liefern genau die Sounds, die man von Gitarren mit solch einem Design und solchen Pickups erwartet. Hinzu kommt, dass im Gegensatz zu so manch altem Original diese neuen Supros nach heutigem Standard einfach perfekt zu spielen sind. Wer also auf der Suche nach Sounds abseits der bekannten Lager ist, der muss sich diese neuen Supros anhören! Moderner Gesinnte greifen dann am besten zur Island-, Puristen eher zur Americana-Serie. Aber Vorsicht, bei beiden besteht erhöhte G.A.S.-Gefahr. [2783]

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Kommentare zu diesem Artikel

  1. Danke, daß auch ‘mal der Verfasser was zum zu hohen Preis sagt, bisher hab ich es nachgesehen, wenn darüber nicht geredet wurde, da ja G&B, (die ich schon seit Jahrzehnten lese) gewissermaßen Wohlwollen gegen-über den Herstellern zeigen muß.
    Zu den Supro-Instrumenten, die ich übrigens selber gut finde: Wenn ich eine hochwertige Gretsch-Semiakustik aus Korea-Fertigung für ca. 850.- €
    bekomme, dann darf eine Supro “Westburry”-Solidbody mit eingeleimtem Hals aus Indonesien, nicht mehr, als 650.- € kosten, eher weniger………
    Desweiteren – wenn eine Höfner “Verythin” aus chinesischer Fertigung schon ab knapp 550.- € zu haben ist, dann darf eine Supro-Semi-Akustik
    “Dual Tone” mit aufgeschaubtem Hals aus chinesischer Fertigung nicht mehr, als 400.- € kosten. – – – Sorry – diese Preispolitik mach ich nicht mit – bleibt abzuwarten, wie der restliche Markt reagiert………..

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