Auch das für Fender-Verhältnisse recht moderne Design Telecaster Thinline – eher haben wir es ja mit einer Modellvariation zu tun – ist inzwischen in die Jahre gekommen, erfreut sich aber bester Gesundheit. Der für ältere Semester empfohlene Gesundheits-Check macht natürlich trotzdem Sinn!
Anzeige
1968 aus pragmatischen Gründen eingeführt, leichtes Tonholz war in der verlangt großen Menge kaum mehr zu beschaffen, führte das Telecaster-ThinlineDesign ein Leben von eher zurückhaltender Präsenz. Obwohl es hinter Fenders großen Solidbody-Würfen Telecaster und Stratocaster zurückstehen musste, erwarb sich dieses auf klassischer Grundlage entwickelte Instrument aber doch einen treuen Kreis von Fans, was seine Existenz über die Jahre sicherte.
Fender nennt die Deluxe Telecaster Thinline mit Recht eine „Single Cutaway Semi-Hollowbody Electric Guitar“. Der Korpus von rund 4,5 cm Plattenstärke besteht aus Erle. Abgesehen von dem bis hinter die Bridge reichenden massiven Mittelblock, weist der Body beidseitig große Hohlkammern auf, die obere ist durch das einzelne f-Loch einsichtig. Ein weißes Binding fasst die gut 6 mm starke Decke ein.
Der einteilige Hals aus Ahorn ist nach guter alter Fender-Manier in Höhe des 16. Bundes in den Korpus eingepasst und daselbst über einen „Contoured Neck Heel“ (Abgleichung des vorspringenden Korpusbereichs zur Halsaufnahme zugunsten der greifenden Hand) mit vier Schrauben spielfrei fixiert. In das Griffbrett von modernem 12″-Radius (eher die Greiffläche, denn es ist ja kein Brett aufgeklebt, deshalb auch der Skunk Stripe für den Einsatz des Halsstabes von hinten) sind 22 gut verarbeitete NarrowTall-Bünde eingesetzt; schwarze Dots markieren die Lagen. Locking Tuning Machines komplettieren die parallel nach hinten versetzte Kopfplatte, von der aus auch Zugriff auf den Halsstab hinter dem Sattel aus synthetischem Knochen gewährt wird.
Am Korpus werden die Saiten von Einschlaghülsen gekontert (Strings-thrubody), nachdem sie die Six-Saddle Tele Hardtail Bridge mit individuell justierbaren Reitern passiert haben.
Zwei Vintage-Noiseles-Tele-Pickups stehen mit einem Vier-Weg-Schalter in Verbindung, der neben den bekannten Pickup-Optionen auch die serielle Verschaltung beider Tonabnehmer ermöglicht. Der Hals-Pickup ist, wie auch alle elektronischen Komponenten, auf das großflächige „4-Ply Aged White Pearloid Pickguard“ montiert; der Steg-Pickup sitzt auf einer randlosen Stahlplatte. Kontrolle über die Elektrik geben dann noch Master-Volume und Master-Tone.
Die in Mexiko gebaute Gitarre zeigt keinerlei Fertigungsschwächen, ist dazu in schönem Candy Apple Red hochglänzend lackiert und wird in einem Deluxe Gig Bag geliefert. Erhältlich ist das Modell im Übrigen auch in 3 Color Sunburst mit Palisandergriffbrett.
geschmeidige handhabung – brummfreie elektrik
Nicht ganz unerwartet ist die Deluxe Telecaster Thinline mit nur knapp 2,9 kg angenehm leicht und auch sonst dank rundum perfekter Einstellung vollkommen komfortabel zu handhaben. Der satinierte Hals fällt mit seinem ausgeglichenen C-Profil frisch und geschmeidig in die Hand und das Spiel macht nicht zuletzt auch dank der gut gemachten Bundierung sofort Spaß. Diese Bünde sind nicht zu schmal und fördern mit ihrer guten Höhe die leichtfüßige Fingeraktion ebenso wie auch elastische Bendings. Klasse!
Das akustische Klangverhalten der Thinline ist fraglos von ihren Hohlkammern geprägt, nicht zu aufdringlich, aber ausgestattet mit guten Resonanzen und attraktivem Holzton-Appeal, was in konkretem und zugleich luftigem Anschlagsund Dynamikverhalten seinen Ausdruck findet.
Die Elektrik ist über einen 4-Weg-Klingenschalter aufzurufen: Position 1. StegPickup, Position 2. Steg- und Hals-Pickup (parallel geschaltet), Position 3. Hals-Pickup, Position 4. Hals- und Steg-Pickup (seriell geschaltet). Das ist eine Schaltoption mehr als beim gewohnten Standard und auch etwas anders absortiert, aber das ist schnell in Gewöhnung genommen. Die Vintage Noiseless Tele Pickups versuchen sich nun an dem heiklen Spagat, die begehrten Vintage-Singlecoil-Sounds mit Brummfreiheit zu verbinden, was ihnen nur zum Teil gelingt.
Wir wenden uns aus alter Gewohnheit zunächst dem allein geschalteten Hals-Pickup (Pos.3) zu und bitte: Kehlig, weit vorn, aber auch relativ scharf springt uns ein zugespitzter Tele-Sound an. Schön, den auch laut ohne Brummen zu haben, aber im engeren Sinne Vintage, was Rundung und Wärme angeht, kann man den nicht nennen.
Die Zusammenschaltung beider Single Coils (Pos.2) bringt dann noch mehr von diesem hellen Licht ins Geschehen. Akkorde rollen mit Brillanz hohlkehlig aus den Speakern. Keine Frage, man kann Fan von solch crispen Sounds sein, auch ist es eine Frage der Verstärkung, aber gerade über Fender Amps gespielt hat das schon eine beachtliche Schärfe.
Über den Steg-Pickup (Pos.1) lassen wir dann den Hund von der Kette. Clean schon von pikierender Giftigkeit, grenzt der harsche Twang in Zerrpositionen bald schon an Körperverletzung. Gut, wir haben ja noch den Tone-Regler zur Verfügung, der die Spitzen zu glätten in der Lage ist. Aber von der Substanz her ist die Ausrichtung eher hart und weniger Vintage, hat etwas Überzeichnetes. Nicht dass alte Tele-Modelle nicht auch spitzige, manchmal auch dünne Sounds über den Steg-Pickup liefern, aber es bleibt doch ein substanzieller Unterschied (wär‘ ja auch noch schöner).
Dann haben wir als Bonus noch die Schaltposition 4, in der die Pickups seriell verschaltet werden, was einem gespreizten Humbucker nicht unähnlich ist. Der Klang wird voller und mächtiger, behält zwar auch einen gewissen Biss, aber der kommt im Overdrive nun richtig gut. Eine schöne Erweiterung ist das auf jeden Fall. Kleines Ding zum Schluss: der Kippschalter liegt bei aufgerufenem Steg-Pickup so nah am Volume-Poti, dass man kaum mit dem Finger dahinter kommt. Nun ja – geht schon.
alternativen
Alternativen zu Fender zu suchen, das ist so eine Sache. Wer einen Fender-Sound im Kopf hat, der nimmt in der Regel auch eine Fender. Findet man bei Solidbody-Modellen noch eine ganze Reihe von angelehnten Designs, vor allem ist die Strat ja bekanntlich Ausgangspunkt und Vorbild einer ganzen Kategorie von Double-Cutaway-Instrumenten, so wird die Luft bei Thinlines dann doch ganz dünn. Diese Konstruktion verlangt einfach mehr handwerklichen Aufwand, als so ein simples Solidbody-Brett und ist für Nachahmer wohl auch im Erfolgs-Ranking nicht hoch genug gelistet. So bleibt Fender mit seinen Thinlines, erst recht was preisgünstige Ausführungen angeht, schön für sich, ja stellt zur Zeit sogar eine ganze Reihe unterschiedlichster Versionen vom preisgünstigen Squier-Modell bis hin zum schweineteuren Custom-Shop-Masterbuilt-Modell zur Wahl.
resümee
Die Deluxe Telecaster Thinline aus Fenders Mexiko-Produktion wirft ein recht helles Licht und wo viel Licht ist, da muss man nach Schatten bekanntlich nicht lang suchen. Die herausgelesene Einschränkung bezieht sich lediglich auf diese ewige Koketterie mit dem Begriff Vintage. Die sauber verarbeitete Gitarre bietet zunächst einmal tolle Spieleigenschaften und hat mit der Vierweg-Schaltung neben den bekannten Klang-Optionen auch noch einen vierten, seriellen Sound in petto. Was sie kann, ist FenderSounds in brisanter Unmittelbarkeit und Klarheit liefern, weniger gelingt es ihr, das Versprechen auf Vintage-Appeal zu
halten. Dazu sind diese Vintage-Noiseless-Tele-Pickups zumindest in dieser Gitarre nicht wirklich in der Lage. Andererseits ist ihr zweites Attribut „Noiseless“ nun ohne Frage äußerst hilfreich, wenn es um den stressfreien Bühneneinsatz geht. Die lästigen Einstreuungen werden tatsächlich erfolgreich eliminiert. Unter dem Strich haben wir also ein leichtes Instrument mit besten Spieleigenschaften und brummfreier Elektrik firmentypischer Klangcharakteristik in Händen, nur die Trauben der berufenen Vintage-Herrlichkeit hängen dann eben doch etwas zu hoch. Ausprobieren!