Tausendsassa

Glockenklang Steamhammer, Bass-Head im Test

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Der Name Glockenklang stand schon immer für einen unverfälscht ehrlichen Ton mit maximaler Transparenz und Auflösung, den die Firma mit ihren letzten beiden Topteilen Blue Sky und Blue Rock erfolgreich mit in das Class-D-Zeitalter genommen hat. Die Ostwestfalen legen nun mit dem Steamhammer nach – einem Amp, der seine Geschwister in Sachen Preis und Gewicht unterbietet und trotz Hifi-Klangästhetik eine ordentliche Portion Rock mitbringt.

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(Bild: Dieter Stork)

Glockenklang hat sich mit dem Thema Class-D-Endstufe Zeit gelassen – eine ganze Menge Zeit sogar! Erst 2011, zu einem Zeitpunkt, als erschwingliche Markbass-, TC-Electronic-, und Tec-Amp- Topteile schon lange den Markt dominierten, kamen die Hifi-Päpste aus Herford mit dem Blue Soul um die Ecke – einem 650 Watt starken Class-D-Amp, den es heute, 6 Jahre später, schon gar nicht mehr bgibt. Trotz der (berechtigten) anfänglichen Skepsis im Hause Glockenklang gegenüber der neuen Technologie, sind heute alle Class-AB-Vollverstärker der Firma – mit Ausnahme des Bass-Art- Classic-Tops – leichteren, überarbeiteten Class-D-Varianten gewichen. Grund hierfür war maßgeblich auch das in Schweden gefertigte Endstufen-Modul der Blue-Serie-Topteile, mit dem sich der typisch detailverliebte Glockenklang- Sound nach langer Suche endlich umsetzen ließ. Nun sind Kriterien wie Durchsichtigkeit und Auflösung nicht für jeden Bassisten entscheidend, weshalb die Firma beim neuen Steamhammer ein 700 Watt starkes ICE-Endstufen-Modul einsetzt, das einen etwas klassischeren Sound verspricht. Die Endstufe allein macht jedoch natürlich noch kein neues Topteil und so hat sich auch im Preamp einiges getan …

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Volle Kontrolle

Bevor wir uns in die technischen Details stürzen, noch ein paar Worte zum Äußeren des neuen Zöglings: Schon auf den ersten Blick fällt auf, dass dieser Amp kleiner und auch leichter ist als seine Geschwister. Mit Abmessungen von 320 x 260 x 63 mm und 3,4 kg Gewicht ist der Steamhammer zwar weit davon entfernt irgendwelche Rekorde in der Class-D-Welt zu brechen, dafür mussten seine Entwickler allerdings auch keine Abstriche bei der Konstruktion machen. Das hochwertige Innenleben braucht nunmal seinen Platz und so kommt die gesamte Vorstufe ganz ohne SMD-Widerstände aus, die die Wartung und Reparatur vieler Konkurrenzprodukte durch ihre geringe Größe erheblich erschweren. Auf der grau eloxierten Frontplatte des 1,5 HE hohen Stahlblech-Gehäuses sitzen satte zehn Potis sowie acht Schalter; die kleinen hellgrauen Beschriftungen der Bedienelemente könnten etwas größer und kontraststärker sein. Von links nach rechts treffen wir neben der Input- Buchse mit zugehörigem -20-dB-Schalter für aktive Bässe zunächst auf den Gain- Regler, der die Empfindlichkeit der extrem linear und verzerrungsfrei arbeitenden Class-A-Eingangsstufe kontrolliert.

Diese Schaltung kommt vor allem bei Preamps und Kompressoren in der Studiotechnik vor und findet bei Glockenklang außerdem im Bass Art Classic sowie im Blue Sky Verwendung. Unter dem Gain- Poti befindet sich noch ein Tune-Schalter, der alle Ausgänge (mit Ausnahme des Tuner-Out) beim Stimmen stummschaltet und auch per Fußschalter abrufbar ist. Danach folgt die vom Blue Rock entliehene und ebenfalls fußschaltbare Zerr- Sektion mit den drei Reglern Drive, Drive- Level und Voice. Über das Drive-Poti lässt sich regeln, wie hart die Eingangsstufe angefahren und in die Sättigung getrieben wird, wobei hier auch die Einstellung des Gain-Reglers entscheidend ist. Mit dem zugehörigen Drive-Level werden Lautstärkesprünge kompensiert, oder auch gezielt herbeiführt, sodass man die Drive-Sektion auch wie einen zweiten Kanal nutzen kann. Für noch mehr tonale Flexibilität sorgt hierbei der zuschaltbaren Voice-Filter-Regler, der das Zerr- Signal stufenlos in den Bässen und Höhen begrenzt und dabei auch das Mitten-Voicing verändert. Die hierauf folgende 4- Band-EQ-Sektion kann in alter Glockenklang- Manier ebenfalls zu- bzw. abgeschaltet werden, außerdem stehen Schalter für die verschiedenen Arbeitsfrequenzen der Tief- (150/240 Hz) und Hochmitten- Potis (770/1500 Hz) bereit. Von tief drückend, über kehlig durchsetzungsfähig, eindringlich nasal und offensiv präsent lassen sich hier also die verschiedensten Klangfarben erzeugen.

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Die winzigen Füße des Steamhammers finden nur wenig Halt auf der Box. (Bild: Dieter Stork)

Während der Bass-Regler im Boost-Bereich bei mächtigen 60 Hz anpackt, arbeitet er auf der Cut-Seite bei deutlich niedrigeren 20 Hz, sodass tieffrequente Wummer-Frequenzen bekämpft werden können, ohne dabei das Fundament zu stark auszudünnen. Das in Hifi- Manier bei 8 kHz recht weit oben angesetzte Höhen-Poti ist zuletzt für die feinen Draht- Präsenzen zuständig und dämpft bzw. boostet bei gleicher Frequenz mit ±15 dB. Am rechten Ende der Frontplatte wartet vor dem Master- Volume-Regler noch ein fußschaltbares Überblend-Poti für den parallelen Effektweg auf der Rückseite, auf der es nicht weniger gesellig zugeht: Zehn Anschlüsse und weitere sechs Schalter machen den Steamhammer uneingeschränkt bühnenund studiotauglich. Die beiden Lautsprecher- Ausgänge im Speakon-Format geben stattliche 700 Watt an 4 Ohm bzw. 380 Watt an 8 Ohm ab; bei aktiviertem Impedanz-Schalter kann auch ein 4/8- Ohm-Boxenpaar, oder die Glockenklang 6-Box (6×10″) mit einer Gesamtimpedanz von 2,7 Ohm mit der vollen Leistung befeuert werden. Wem der Steamhammer außerdem für manche Anwendungen zu laut ist, der kann mit Hilfe des Schalters die Leistung an normalen 4 bzw. 8 Ohm- Boxen auf 470 bzw. 240 Watt drosseln – etwas unglücklich ist hier nur die uneindeutige Beschriftung des Schalters.

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Saubere Verarbeitung auf typisch hohem Glockenklang-Niveau (Bild: Dieter Stork)

Neben einem Kopfhörer- und einem Stimmgerät-Ausgang, hält der neue Glockenklang drei Fußschalter-Anschlüsse für die Drive-Sektion, den FX-Loop und die Mute-Funktion bereit; in direkter Nachbarschaft finden sich außerdem die Send- und Return- Buchsen für den Einschleifweg. Als Sahnehäubchen lässt sich die Eingangsempfindlichkeit der Return- Buchse per Schalter auf das Ausgangs- Level eines mp3-Players anpassen, sodass man auch zu einem Playback jammen kann. Zu guter Letzt wäre ein Glockenklang natürlich kein Glockenklang ohne eine durchdachte DI-Sektion: Für den XLRAusgang steht neben den obligatorischen Ground-Lift- und Pre/Post- Funktionen (hinter Drive, vor EQ/hinter EQ & FX-Loop) noch ein Pegel-Schalter bereit, der das Ausgangssignal bei Bedarf um 20 dB absenkt – damit sollte jeder Mischer glücklich sein.

Mit Volldampf voraus

Von außen betrachtet wirkt der Steamhammer wie ein typischer Glockenklang: Schlichtes Gehäuse, wertige Haptik, sahnig laufende Potis, eine durchdachte Schaltung – alles tiptop, aber, was sind das für winzige Füße?! Gemessen an ihrer Größe finden die vier kleinen Knöpfchen zwar erstaunlich viel halt, es reicht jedoch nicht, um den Amp bei hohen Lautstärken vom Wandern abzuhalten – da sollte der Hersteller nachbessern. Was man bei den Füßchen versäumt hat, macht der ausgesprochen leise, temperaturgesteuerte Lüfter im nächsten Moment wieder wett – dieser Amp darf bei Studio-Aufnahmen definitiv auch im Aufnahmeraum stehen. Und da gehört er auch hin: Absolut entspannt und gelassen feuert der Steamhammer schon ohne EQ und Drive-Sektion ein bemerkenswertes Pfund aus den Lautsprechern, das so gar nicht nach Class-D-Zwerg klingt. Die typische Klarheit, Rauscharmut und trockene Impulstreue, die man mit Glockenklang verbindet, sind absolut da, nur wirkt das Klangbild mit dem neuen ICE-Endstufen- Modul etwas weniger analytisch und zurückhaltend, als man es von der Blue- Serie kennt.

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Der leise, temperaturgesteuerte Lüfter bläst direkt die Endstufe an. (Bild: Dieter Stork)

Was der Sound an Klangtiefe verliert, legt er an Bulligkeit und Spritzigkeit wieder obendrauf, was den Steamhammer insgesamt mainstreamiger, ja fast schon latent rockig rüberkommen lässt. Der Grundsound ist in dieser puristischen Einstellung bereits so ausgewogen, dass man zur Not auch gut ohne EQ klarkäme. Schaltet man ihn dann doch hinzu, tut sich ein ganzes Meer an Sound-Optionen auf: Besonders beeindruckend geht das Bass-Poti zu Werke, das aus dem tiefsten Keller ein wahnsinnig dickes Fundament schaufelt – eine echte Low-End-Gewalt, die man mit solch einer Glaubwürdigkeit selten von einem Class-D-Amp zu hören bekommt. Im Dämpfungsbereich wird fiesem Gewummer erstaunlich effektiv der Riegel vorgeschoben und doch bleibt die Wiedergabe verhältnismäßig lange fett. Die Mitten-Bänder arbeiten trotz ihres etwas geringeren Cut/Boost-Potentials von ±12 dB wahnsinnig effizient – man kann hier den Sound bei Bedarf wirklich stark verbiegen.

Mit der tiefen Center- Frequenz spuckt das Low-Mid-Poti ein rockiges-Pfund mit einem etwas höherem Druckpunkt aus, während die zweite Frequenz den Bass im Band-Mix bellend autoritär nach vorne treibt bzw. bei Dämpfungen Raum für andere Instrumente schafft. Ähnlich verhält es sich mit dem Hochmitten-Regler, wobei man hier nasalere und präsenzstärkere Frequenzen zu packen bekommt, mit denen sich wunderbar Jaco-eske Töne herausarbeiten und trockene Slaps-Sounds aushöhlen lassen. Das Höhen-Band nimmt trotz seiner relativ hohen Arbeitsfrequenz ausreichend bissige Hochmitten mit, sodass hier nicht nur der obere Hochtöner-Klick erfasst wird, sondern auch die allgemeine Direktheit und Aggressivität gut zu regeln ist.

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Der Steamhammer hat alle Anschlüsse, die man für den Einsatz auf der Bühne oder im Studio braucht. (Bild: Dieter Stork)

Eigentlich wäre das alles schon mehr als genug, um den Steamhammer einen vollwertigen, überzeugenden Amp zu nennen – aber da ist ja noch die Zerr-Abteilung! Für die meisten Bassisten dürfte der Sättigungsbereich bis 12 Uhr am Drive- Poti besonders interessant sein. Hier wird der Ton zunehmend verdichtet, leicht komprimiert und mit harmonischen Obertönen angereichert – das hat tatsächlich viel von einem Röhrenverstärker. Die Wiedergabe verliert dabei an Detaildarstellung und Transparenz, wird dafür jedoch deutlich kompakter, durchsetzungsfähiger und auch verzeihlicher, was Spielfehler angeht – die Schöngeistigkeit weicht gewissermaßen dem Rock. Warme Blues- und Motown-Sounds wirken jetzt viel authentischer und tragen die Band mit bemerkenswerter Gelassenheit. Jenseits von 12 Uhr kippt der Ton immer mehr in eine hörbare Verzerrung um, die durchaus mit guten Pedalen mithalten kann und Funk-Player wie Seventies- Rocker gleichermaßen glücklich machen dürfte.

Jenseits von 15 Uhr bekommt die Zerre dann noch einen schön schneidigen Hochmitten-Buckel, der wunderbar in metalliges Gitarren-Gewitter passt – herrlich! Wie ein Zahnrad greift außerdem der fein abgestimmte Voice-Filter in die Gain-Struktur: Bis 12 Uhr lassen sich hier verblüffend röhrige Sounds realisieren – angefangen bei Hiwatt-artigen Brit-Klängen bis hin zum bullig aufgeblasenen SVT-Style. Durch die Brillanzen- und Bass- Absenkung bleibt der Ton dabei nicht nur rund und kompakt, sondern trotz Zerre auch absolut Hochtöner-kompatibel – das findet man nicht oft. Wagt man sich am Voice-Regler über die Mitte hinaus, wird das Ganze zunehmend modern und badewannig, was bei voll aufgerissenem Drive-Poti schließlich in einen kompromisslosen Metal-Sound mündet.

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Dank ausgeklügelter Drive-Sektion hat der Steamhammer auch Röhren- Amp-artige Sounds drauf. (Bild: Dieter Stork)

Wie nicht anders zu erwarten, gibt der DI-Ausgang all diese Facetten in höchster Güte wieder – dieses Signal kann man besten Gewissens an einen Sound-Mann weitergeben. Die Abgriff-Punkte am Pre/Post-Schalter sind außerdem gut gewählt, sodass man die Overdrive-Sektion in beiden Schalter-Positionen wie einen vollwertigen zweiten Kanal nutzen kann.

Resümee

Der Steamhammer dürfte nicht nur aufgrund seiner kompakten Bauweise und seines verhältnismäßig niedrigen Preises Bassisten verschiedenster Genres begeistern. Trotz aller Detailverliebtheit und Ehrlichkeit hat dieser Amp bei Bedarf eine ganze Menge Feuer im Blut – hauptverantwortlich dafür sind das ICE-Endstufen- Modul sowie die ausgeklügelte Drive-Abteilung. Man kann sich eigentlich so recht keine Situation vorstellen, in der man mit dem Steamhammer keine überzeugenden Ergebnisse erzielen würde – alleine das spricht schon sehr für diesen Amp. Die kleinen Füßchen und die etwas schwer ablesbaren Beschriftungen sind verschmerzbare Schönheitsfehler, mit denen man angesichts des humanen Preises und der uneingeschränkten Praxistauglichkeit bestens leben kann.

Glockenklang-Steamhammer-Bass-Head-Übersicht

Plus

  • Klanggüte, ehrliche Wiedergabe
  • Vielseitigkeit
  • flexibler EQ
  • Zerr-Sektion mit starken Overdrive-Sounds
  • Leistungsvermögen, tiefes Low-End
  • Qualität & Verarbeitung
  • leiser, temperaturgesteuerter Lüfter
  • Abmessungen & Gewicht

Minus

  • kleine Füße finden ungenügend Halt
  • Lesbarkeit der Beschriftungen (Frontplatte)
  • uneindeutige Beschriftung des Impedanz-Schalters

Aus Gitarre & Bass 06/2017

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