AC/DC & Back In Black: Die Geschichte eines legendären Albums
von Redaktion,
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„Ich habe noch nie gehört, dass jemand ein schlechtes AC/DC-Konzert gesehen hätte. Selbst wenn sie einen schlechten Tag haben, sind sie großartig!“ Das meinte Produzent Tony Platt einmal über die Band, mit der er ein Stück Rock-Historie schrieb. Hier ist die Geschichte eines legendären Albums: Back In Black!
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Seit dem 31. Juli 1980 haben AC/DC von ihrem besonderen Tribut für Bon Scott mehr als 49 Millionen Exemplare weltweit verkauft. Nur Michael Jacksons ‘82er Epos ,Thriller‘ ging noch öfter über die Ladentheken. Back In Black gilt als das bestverkaufte Rock-Album überhaupt, neben Led Zeppelins ,Four‘ und Pink Floyds ,The Dark Side Of The Moon‘.
Viel wurde in den letzten Jahren über die Entstehung und die Umstände dieses Klassikers besprochen, leider wurden aber auch viele Unwahrheiten verbreitet. All die Gerüchte über diverse Song-Titel oder Lyrics von ,Back In Black‘, die angeblich noch von Bon Scott verfasst wurden, ändern nichts an der Tatsache, dass es AC/DCs beste Platte war, ist und bleiben wird.
Im Juni 2006 gab es sogar den ersten Platinum Award der RIAA für heruntergeladene Ringtones von ,Back In Black‘, das entspricht einer Million Einheiten. Wie konnte es zu diesem ungeheuren Erfolg kommen ? Tony Platt, Produzent und Toningenieur seit den frühen 70er Jahren, war sowohl bei ,Back In Black‘ als auch bei ,Highway To Hell‘ dabei und arbeitete damals für Robert John „Mutt“ Lange, dem erfolgreichen Musikproduzenten, der sich zuletzt in mehrfacher Hinsicht um die kanadische Country-PopDiva Shania Twain kümmerte.
Platt hat mit unzähligen Stars zusammengearbeitet wie z. B. Bob Marley, Iron Maiden, Gary Moore, Buddy Guy, Marillion, Cheap Trick und Foreigner. In diesem aktuellen Interview begibt sich Tony Platt einmal mehr zurück ins Jahr 1980 und versucht die Genesis dieses AC/DC-Multimillionen-Sellers zu manifestieren.
Wie und wo haben Sie AC/DC zum ersten Mal getroffen?
Das war eine ziemlich seltsame Angelegenheit. Ein alter Freund von mir war ein Kumpel von Mutt Lange. Mutt gefiel die Art, wie ich das Rock-Material von Free in den Island Studios abmischte, und er bat mich, die Platte von AC/DC abzumischen, wenn die Aufnahmen in den Roundhouse Studios inLondon fertig waren. Sie konnten es sich nicht leisten, dass ich die Platte aufnehme und abmische – es ging nur eins von beiden, und da entschieden sie sich, mit den Aufnahmen so weiterzumachen wie bisher. Zwei Wochen später kamen sie in das Island Studio No. 2, das Basing Street Studio, und wir mischten die Platte innerhalb von acht Tagen. Wir mussten noch ein paar Overdubs machen, Bons Stimme und den Background-Gesang. Als wir den Song ,Night Prowler‘ aufnahmen, hat Bon tatsächlich den Text, während er sang, improvisiert.
Wann erfuhren Sie vom Tod Bon Scotts, der am 19. Februar 1980 starb?
Ich arbeitete mit Mutt in den Battery Studios in London an einer anderen Platte. Plötzlich bekam Mutt einen Anruf. Dann kam er zurück in den Regieraum und sagte: „Das wirst du mir nie glauben: Bon ist tot, seit heute Morgen!“ Es war also nur ein paar Stunden später. Das war ein schwerer Schlag. Damals war die Band gerade bei den Vorbereitungen für das neue Album ,Back in Black‘, das zu dem Zeitpunkt natürlich noch nicht so hieß. Ich freute mich sehr, dass ich von Anfang an dabei sein sollte. Ich hatte zu Mutt inzwischen eine ganz gute Beziehung: Ich war jetzt häufiger für ihn als Toningenieur tätig. Deshalb freute ich mich besonders auf diese Platte. Ich glaube, Bons Tod löste in mir eine Mischung aus Schock, Trauer und Enttäuschung aus.
Kannten Sie Alistair Kinnear, mit dem Bon an seinem letzten Abend ausgegangen ist?
Nein, aber ich habe jede Menge Storys über ihn gehört. Ich arbeitete damals mit einer französischen Band namens Trust, und ich glaube, die waren auch an dem Abend ausgegangen (Bon hat seine allerletzte Aufnahme, ,Ride On‘, mit Trust gemacht.). Das Wie, Wann, Wo und Warum wird sicher nie genau geklärt werden können – aber es spielt doch auch keine Rolle.
Sind Sie in die Arrangements der Stücke von ,Back In Black‘ einbezogen worden?
Mutt hatte ziemlich viel mit den Arrangements zu tun. Er ist der Typ Produzent, der der Band jederzeit genau das gibt, was sie gerade braucht. Manchmal musste er sich ziemlich viel einmischen, manchmal überhaupt nicht. Das hat auf der Platte wirklich gut geklappt. Als Toningenieur habe ich eine ziemlich ähnliche Einstellung wie als Produzent. Man muss einfach genau das tun, was gerade nötig ist. Gut, bei den Texten auf ,Back In Black‘ war es wirklich so, dass sich alle eingemischt haben, als sie geschrieben wurden. Hier eine Zeile und da eine Zeile, um die ganze Sache rund zu machen. Die Zeile „Working double time on the seduction line“ in ,You Shook Me All Night Long‘ war meine Idee. Ich habe aus „production line“ einfach „seduction line“ gemacht (lacht).
Aber alle, die in irgendeiner Weise zur Band beitrugen, machten das natürlich nach deren Regeln. Darin liegt auch ihre persönliche und musikalische Größe: Man konnte ihnen nichts aufzwingen, was sie nicht selber wollten. Sie sind Profis, und wenn jemand mit einer guten Idee kommt, findet er bei ihnen immer ein offenes Ohr.
Damals gingen die Plattenaufnahmen bei AC/DC im Gegensatz zu heute ziemlich schnell über die Bühne. Wie wirkte sich das auf ein Album aus?
Sie hatten einfach nur wenig Zeit, um ,Highway To Hell‘ aufzunehmen, für ,Back In Black‘ dann ein bisschen mehr. Aber ich glaube, die Zeitbeschränkung war insgesamt eher förderlich. Es geht ja um die Intensität.
Wenn man Rock-Musik macht, geht es immer um Intensität. Man schreibt ein Album, dann fängt man mit den Proben an, dann nimmt man es auf, mischt es ab, lässt es pressen, veröffentlicht es und am Ende geht man damit auf Tour. Wenn alles in einem Schwung, mit dieser Intensität passieren muss, dann hilft das dem Feeling und dem Sound der Platte sehr. Es ist einfach besser für viele kleine Details.
Ja, aber was macht nun die eigentliche Magie des Sounds auf ,Back In Black‘ aus?
Ich glaube, die Sache hat sich einfach so entwickelt. Die Entwicklung eines bestimmten Sounds hat zum einen sicher mit den Umständen zu tun, zum anderen damit, welche Stücke aufgenommen werden, wie die Band spielt und wie sie die Stücke interpretiert.
,Highway To Hell‘ zum Beispiel wurde in einem staubtrockenen Studio aufgenommen, deshalb haben wir beim Abmischen versucht, den Sound komplexer zu machen. Ich hatte eine Technik, die damals noch wenige Toningenieure benutzten: Ich stellte Lautsprecher ins Studio und ließ einige Instrumente darüber laufen, sodass sie jetzt in einem größeren Raum zu hören waren, als es ursprünglich bei der Aufnahme der Fall war.
Dadurch wurde eine Atmosphäre geschaffen, die zum Zeitpunkt der Aufnahme noch nicht da war, aber für die Musik war das wichtig und auch passend. Deswegen ist der Schlagzeug-Sound auf ,Highway To Hell‘ so eigenartig.
Die Kombination von Bass-Drum und Snare war für die Platte sehr wichtig. Damit hatte ich schon auf anderen Platten herumprobiert, nicht nur auf Rock-Alben, sondern auch für Reggae-Musik, die ich damals für Island Records abmischte. Als wir dann für die Aufnahmen von ,Back In Black‘ in die Compass Point Studios auf den Bahamas gingen, achtete ich sehr auf die Stellung der Instrumente im Raum. Man kann nicht einfach alles irgendwo in den Raum reinpacken. Man muss für jedes Instrument den richtigen Platz finden. Deshalb verbrachte ich ziemlich viel Zeit damit, einfach im Aufnahmeraum umherzugehen. Er hatte eine sehr niedrige Decke.
Ich schlug dabei auf die Snare, die ich in der Hand hielt, und an einer bestimmten Stelle klang sie plötzlich richtig prall! Ich ging einen halben Meter nach rechts, und sie klang total tot. Dann ging ich wieder zurück und entdeckte, dass über der Stelle eine Art Schornstein war und dass deswegen das Dach höher lag. Dahin stellten wir also das Schlagzeug. Und mit allen anderen Instrumenten haben wir es genauso gemacht. Wir haben den Bass an verschiedenen Stellen ausprobiert, dann die Gitarren und so weiter. Mir ging es darum, zwischen den Instrumenten eine Beziehung im Raum herzustellen, so dass der GitarrenSound richtig auf die Drums kommt, dann der Bass dazukommt und dann die Drums wieder zu den Gitarren zurückführen. Alles passte zusammen. Die Instrumente haben sich nicht gegenseitig gehemmt, sondern unterstützt, sie haben sich gegenseitig im Sound gepusht. Außerdem habe ich mehrere Mikrofone in den Raum gestellt, um die Stimmung einzufangen, während die Band spielte.
Einer der großen Vorteile bei AC/DC ist, dass sie wirklich live spielen! Eine ganz einfache Kiste: Alle Tracks auf ,Back In Black‘ bestehen einfach nur aus zwei Gitarren, Bass und Schlagzeug. Wir haben so lange neue Takes aufgenommen, bis wir zwei Gitarren, Bass und Schlagzeug für die Basic-Tracks hatten. Mehr live kann man bei einer Studioaufnahme kaum haben.
Und damit stand das Grundgerüst. Auch für weitere Alben?
Nachdem wir auf ,Highway To Hell‘ einen so einzigartigen Sound entwickelt hatten, war das natürlich auch unser Maßstab für ,Back In Black‘. Ich habe also versucht, den Sound dem anzunähern, was wir beim Abmischen für ,Highway To Hell‘ gemacht hatten, aber es gab auch ein paar Sachen, die wir besser machen wollten.
Dazu gehört auch, dass AC/DC immer alles so natürlich wie möglich haben wollen. Als würden sie zum Produzenten sagen: „Wenn du Hall benutzen willst, dann tu es, aber wir wollen nichts davon hören!“ Das war natürlich ein weiterer Grund für mich, die Aufnahme so natürlich wie möglich klingen zu lassen. Ich wollte die Platte dann aber in einem Studio abmischen, das über einen großen Raum verfügt, um ihn mit der Live-Aufnahme aus dem natürlichen Klangraum zu kombinieren und dadurch die Stimmung noch kraftvoller zu machen.
Daher wählten wir zum Abmischen die Electric Lady Studios. Außerdem wollte ich eine Neve-Konsole, weil ich den Sound richtig fett machen wollte. In Compass Point hatten wir auf einer MCIKonsole aufgenommen, ein gutes Ding, aber das ergab noch nicht ganz den Sound, den ich wollte. Das heißt auch, dass wir in dem Fall durch die Wahl des Equipments den Sound verändert haben, den ich beim Abmischen in den Electric Lady Studios um Einiges verbessern und fetter machen konnte. Das Entscheidende an der Sache war: Mein Mentor, der mir die meisten Sachen beigebracht hat, war ein Mann namens Glyn Johns.
Er hat eine Menge für die frühen Stones und für The Who aufgenommen … und wenn man sich seine Sachen anhört, stellt man fest, dass sie fetter klingen, wenn man sie lauter hört. Sie klangen schon groß- artig, wenn man sie leise hörte, aber wenn man sie lauter drehte, änderte sich der Sound: Er wurde fetter, je lauter er wurde! Genau das wollte ich auch erreichen. Man hört den Sound genauso, wenn man ihn auf kleinen Lautsprechern hört, wie wenn man ihn auf kraftvollen, großen Studiolautsprechern hört.
Aber die Lautstärke hat eine Bedeutung: Er wird nicht einfach nur lauter, sondern auch größer, breiter, fetter – er wächst förmlich. Ich glaube, eins der schönsten Komplimente, die ich je für ,Back In Black‘ bekommen habe, kam von ein paar Live-Mischern, die mir sagten, dass die Platte die wahrscheinlich am meisten gespielte ist, wenn es um Live-Auftritte geht. Wenn man ,Back In Black‘ auflegt und die P.A. gut klingt, dann weiß man, dass der Sound gut ist.
Sozusagen der Referenz-Sound für Live-Events …
Ja, genau, es war eine Art Referenz. Ich glaube kaum, dass es eine bessere Bestätigung dafür gibt, dass du etwas richtig gemacht hast in diesem Geschäft, als wenn dir jemand sagt: Das ist unsere Referenz.
A propos den Sound fetter machen: Haben Sie irgendeine Art von Komprimierung oder andere Effekte auf ,Back In Black‘ benutzt?
So gut wie gar nicht. Wir haben ein ganz kleines bisschen Hall eingesetzt. Auf den Gitarren ist keinerlei Komprimierung. Die haben wir ohne jeden dynamischen Prozessor abgemischt. Auf dem Bass war ein bisschen Kompression und auf dem Schlagzeug ganz, ganz wenig, aber nur auf den Overhead-Mikrofonen. Auf der Stimme war auch ein bisschen … aber sonst nichts!
Wir haben ja damals auf analogen Tonbändern aufgenommen, was an sich schon einen guten Kompressor-Effekt liefert. Die Sache ist die: Ich habe eine bestimmte Art aufzunehmen. Man hat zwei Möglichkeiten: Wenn man sich eine Gitarre anhört, kann man entweder die Frequenzen verstärken, die man hören will, um so die anderen Frequenzen relativ abzuschwächen, oder man nimmt die Frequenzen raus, die man nicht hören will, und lässt die anderen – und dreht dann insgesamt die Lautstärke auf. Wenn man es so herum macht, ist die Aufnahme wesentlich lauter, weil man natürlich weniger Raum einnimmt! Eins muss ich aber doch eingestehen: Als Stereo-Album würde ich ,Back In Black‘ nicht gerade bezeichnen …
Vor allem der Background-Gesang, der auf ,Highway To Hell‘ stereo war, war es auf ,Back In Black‘ aber nicht mehr.
Genau. ,Back In Black‘ ist eher ein MonoAlbum. Ich nerve die Leute damit seit 15, 20 Jahren, denn das, was man landläufig unter Stereo-Aufnahmen verstand, waren im Grunde überhaupt keine. Das waren einfach eine Menge Monoquellen, die um zwei Stereo-Lautsprecher angeordnet waren – im eigentlichen Sinne sind das keine Stereo-Aufnahmen. Und Tatsache ist: Die Gitarren bei AC/DC sind stereo. Alle Gitarren sind mit zwei Mikrofonen aufgenommen worden. Diese wurden dann in der Mischung leicht versetzt gepanned (also im Stereospektrum nach rechts und links gelegt), um jede für sich voller klingen zu lassen.
Das war auch eine Technik, mit der ich versucht habe, den Sound fett zu machen, ohne dass es laut sein muss! Es liegt aber sicher nicht einfach nur an der Aufnahmetechnik. Es hat viel damit zu tun, wie Malcolm und Angus die Gitarren aufeinander abstimmten, mit der Art, wie sie spielten, wie sie die Akkorde wählten, und mit der Umkehrung der Akkorde. Es hat auch viel mit dem Zusammenspiel von Bass und Gitarren zu tun. Und auch damit, wie die Bass-Drum gestimmt ist und in welchem Verhältnis die Snare zum Bass und zu den Gitarren steht und dann, in welcher Höhe die Stimme darüber liegt. Die Musik basiert also sehr stark auf einer perfekten Orchstrierung. Wir wollten eben versuchen, diese Orchestrierung im Sound festzuhalten. Es gab da keinen Widerstreit unter den einzelnen Parts. Das ist eines der Dinge, die ,Back In Black‘ ausmachen …
In gewisser Hinsicht mag ich die Energie von ,Highway To Hell‘ sehr. Wenn mich jemand nach meiner Lieblingsplatte von AC/DC fragt, dann bin ich mir gar nicht so sicher. Die Energie von ,Highway To Hell‘ ist unbestreitbar. Aber was an ,Back In Black‘ hervorsticht, ist die Größe, die Klarheit, das mögen die Leute besonders an dieser Platte. Sie ist fast elektro-akustisch. Die Gitarren sind nicht einfach Bratgitarren. Man hört jede einzelne Saite, man hört die Gitarren als Resonanzkörper, z.B. im Intro von ,Let Me Put My Love Into You‘ oder in ,Rock ’n’ Roll Ain’t Noise Pollution‘, das während der Aufnahmen geschrieben worden ist. Das hat Power.
Wie war es für Brian Johnson? War er in irgendeiner Weise nervös, als seine ersten Gesangsaufnahmen für AC/DC eingespielt werden sollten?
Wären Sie das nicht gewesen? (lacht) Klar war er nervös! Immerhin lief seine Karriere mit der Band Geordie ganz gut, mit der er schon ein paar Hit-Singles gelandet hatte. Er war Profi. Ja, aber ich glaube, er hat schon gewusst, dass das eine große Chance für ihn war. Für ihn war das ein großer Schritt. Natürlich war er nervös, aber es lag nie die Befürchtung in der Luft, dass er der Sache nicht gewachsen sein könnte. AC/DC ist eine große Familie. Da hätte keiner zu ihm gesagt: Mach weiter, wenn man geglaubt hätte, er schafft es nicht. Er hat unheimlich viel Unterstützung von der Band bekommen. Eins der Dinge, die Mutt mir beigebracht hat, war Gesangsproduktion. Da ist Mutt der unangefochtene Könner. Wie er es geschafft hat, dass Brian sich ganz und gar sicher fühlt – darin war er wirklich groß. Und dann hat er ihm jeden einzelnen Ton direkt aus dem Herz gerissen. Brian hat wirklich absolut alles in diesen Gesang gelegt! Wenn wir abends mit den Gesangsaufnahmen fertig waren, war er total ausgelaugt. Und ich glaube, das kommt auf der Platte auch so rüber.
Wie kam es, dass man sich als Aufnahmeort für ,Back In Black‘ für die Compass Point Studios in Nassau entschied?
Das war eine Entscheidung des Managements. Wahrscheinlich eine rein geschäftliche Frage, wegen Steuern und so weiter.
Sind Sie vorher schon einmal dort gewesen?
Ja. Ich habe an einem Album für einen gewissen Tony Clark gearbeitet, den Produzenten von The Moody Blues. Wir haben dort sein Solo-Album produziert. Mit AC/DC war ich also zum zweiten Mal dort, und danach auch noch einige Male. Es gab eine Verbindung zwischen Compass Point und Island – Chris Blackwell war nämlich der Besitzer des Compass-Point-Studios und seinerzeit Gründer des Island-Platten-Labels.
Haben Sie für ,Back In Black‘ eine Gewinnbeteiligung bekommen?
(lacht) Nein, nein.
Aber bestand nicht schon das Gefühl, dass dieses Album etwas Besonderes war, ein Wendepunkt vielleicht? Glaubte die Band an den großen Durchbruch oder fürchtete sie im Gegenteil das Ende ihrer Karriere, falls die Fans Johnson nicht akzeptieren würden?
Wenn ich jedes Mal ein Pfund bekommen würde, wenn man mir diese Frage stellt, dann wäre ich ein reicher Mann. Sie ist nicht leicht zu beantworten. Wenn man eine solche Platte macht, dann weiß man in seinem Herzen, dass sie etwas Besonderes ist. Und dann hofft man natürlich, dass sie die Aufmerksamkeit kriegt, die sie verdient. Aber ich habe viele großartige Alben produziert, die groß hätten herauskommen müssen und denen ich es gewünscht hätte, aber es war nun einmal nicht so. Mein damaliger Manager, Ralph Simon, sagte oft zu mir: „Du kannst und du solltest immer das Allerbeste aus den Alben machen, die du produzierst!“
Selbst wenn alles in diesem einen Augenblick perfekt zusammenpasst, muss die Platte aber trotzdem nicht die erfolgreichste deiner Produktionen werden. Wir wussten natürlich alle, dass wir eine verdammt gute Platte gemacht hatten. Da gab es keinen Zweifel. Wir hatten eine verdammt gute Platte gemacht! Und die Platte gefiel uns. Mein Gefühl, als ich aus dem Studio kam, war: „Wow – die schafft es!“. Aber man weiß halt nie, ob eine Platte groß herauskommt oder nicht. Es gibt eine interessante Anekdote zu ,Back In Black‘. Als Mutt und ich mit dem Abmischen fertig waren, haben wir die Platte Atlantic Records in New York präsentiert. Natürlich vor einer Handvoll MarketingTypen… und einer von denen meinte: ,Ich finde, ,You Shook Me All Night Long‘ wär eine ziemlich gute Single fürs Radio.‘
Und ein anderer erwiderte: „Nein, überhaupt nicht! Das läuft im Radio garantiert. Natürlich war der Song einer der größten und besten Rock-Hits, die in den nächsten paar Jahren im Radio liefen. Da sitzt man bei der Plattenfirma und muss sich solche Kommentare anhören, und dann wird einem ganz flau und man denkt sich aber: „Verdammt! Mir zieht das die Schuhe aus!! Wenn nicht mal diese Typen das raffen, haben wir dann überhaupt irgendwie eine Chance?“
Zum Glück lief es natürlich ganz anders. Der Song stand einfach für sich selbst. It shook lots of people lots of nights! (lacht)
Was glauben Sie, lässt eine Platte die Jahrzehnte überdauern? Warum hören die Leute sie immer und immer wieder?
Ein gutes Beispiel ist Bon Jovi. Bei einigen Sachen, die Bruce Fairbairn oder Bob Rock gemacht haben, denkt man beim ersten Hören: „Wow!! Beeindruckend! Das ist fantastisch!“ Dann hört man sich die Platte ganz an und ist schon ein bisschen ernüchtert, dann hört man sie sich noch mal an … und nach vier-, fünfmal Hören ist nichts Neues mehr da. Man hat alles gehört. Das sind keine Platten, die die Leute nach fünf Jahren wieder auflegen. Sie haben keine Langlebigkeit.
Ich glaube, bei den großen Alben, ,Two‘ und ,Four‘ von Led Zeppelin, ,Alright Now‘ von Free, ,Back In Black‘, den frühen Stones-Platten – da kommt immer wieder der Moment, wo man in seiner Plattensammlung stöbert und sich sagt: „Wow, was für eine Platte!“ Und man legt sie auf, weil sie gerade in die Stimmung passt. Sie trifft einfach auf den Punkt. Dagegen wird es selten vorkommen, dass Leute eine alte Bon-Jovi-Platte in ihrer Sammlung finden und sich sagen: „Die will ich jetzt hören!“
Das Ding ist einfach gegessen, aus und vorbei. Das sind Platten, die keine Erinnerungen auslösen, an die man gerne noch mal zurückdenkt. Musik, die man in entscheidenden Phasen seines Lebens gehört hat, holt solche Erinnerungen wieder zurück. Die Musik ist dann ein Teil von dir, sie sagt etwas darüber aus, wer und was du damals gewesen bist.
Oberflächlichere Musik mag zwar auch zu einer bestimmten Zeit ein Teil von dir gewesen sein, aber du willst nicht mehr zu diesem Punkt zurückkehren. Sie löst keine positiven Gefühle in dir aus. Ich glaube, wenn Leute sich Platten wie ,Back In Black‘ oder ,Highway To Hell‘ wieder anhören, versetzen sie sich in eine Zeit in ihrem Leben zurück, die für sie schön war, die wirklich zu dem gehört, was sie heute sind. Das scheint mir das Entscheidende daran zu sein. Wenn man sich hingegen eine Bon-Jovi-Platte wieder anhört, sagt man sich vielleicht: „Oh … gut, dass ich mich verändert habe. Das hat mit mir heute nicht mehr unbedingt was zu tun.“
Ich war immer sehr zurückhaltend, was derartige psychologische Erklärungen angeht, aber es muss ja einen Grund dafür geben, warum bestimmte Platten eben nicht diese Langlebigkeit besitzen. Das Thema ist in den letzten Jahren immer wieder hochgekommen, vor allem wegen der Frage, welche Platten Klassikerstatus erlangt haben und welche nicht.
Was ist Ihre wichtigste Erinnerung an die Aufnahmen zu ,Back In Black‘?
Der ganze Prozess, die ganze Entwicklung der Aufnahmen zu ,Back In Black‘ war eine sehr schöne und angenehme Zeit, obwohl die Umstände so traurig und tragisch waren. Man stand in einem merkwürdigen Widerspruch, der viel damit zu tun hatte, wie AC/DC damals waren. Ihre Einstellung war: „Okay, es ist wirklich schlimm, was passiert ist, aber jetzt krempeln wir die Ärmel hoch und machen das, was Bon gewollt hätte: eine richtig gute Platte!“ ,Highway To Hell‘ und vor allem ,Back In Black‘ zu machen, war für mich eine großartige Erfahrung. Wenn ich an die Platten zurückdenke, geht es nicht einfach nur um die Musik. Natürlich ist die Musik darin eingebrannt. Und es ist für mich eine große Ehre und ein großes Privileg, daran teilzuhaben. Ich habe all das auf Platte gebannt. Es würde mir sicher ziemlich schwer fallen, mir eine andere AC/DC-Platte anzuhören und mich dabei in eine Stimmung zu versetzen, die in irgendeiner Weise an ,Back In Black‘ herankäme.
Sind Sie stolz auf Ihre Arbeit?
Ja, zumeist schon. Jeder macht mal Fehler. Aber es war eine tolle Zeit! Ich habe mit den besten Leuten zusammengearbeitet und mit vielen, vor denen ich großen Respekt habe und mit denen ich es genossen habe zu arbeiten. Ich habe mit tollen Leuten gearbeitet und tue es immer noch. Es macht eine Menge Spaß. Ich habe auch angefangen, mich mehr mit Jazz-Musik zu beschäftigen. Jazz hat mich immer sehr interessiert, aber ich hatte nie groß die Gelegenheit, damit etwas zu machen.
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