Physiognomik wird heute als eine sehr fragwürdige Schein-Wissenschaft angesehen, da sie eher Vorurteile unterstützt als tatsächliche Menschenkenntnis vermittelt. Bei dem Dean Demonator verhält es sich anders, denn hier kann man vom Äußeren direkt auf die praktische Anwendung schließen.
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Die Namensgebung des Dean Demonator 4 könnte schon im Vorfeld viele konventionelle Musiker erschrecken, doch erst bei einem visuellen Tête-àtête erübrigt die Formgebung, insbesondere die markante Pitch-Fork Kopfplatte, jegliche Zweifel bezüglich der musikalischen Ausrichtung. Der Demonator ist von Kopf bis Fuß ein Werkzeug für heftige Gangarten.
Verwunderlich ist dies keineswegs, denn die 1977 von Dean Zelinsky gegründete Firma hat von Anfang an mit den ML-, V- und Z-Modellen viel Zuspruch bei der härteren Fraktion gefunden. Natürlich stellt Dean auch konventionelle Instrumente her, und namhafte Musiker wie etwa Jeff Berlin sind überzeugte Dean-Player. Aber die plakative Formgebung und eine hohe, gleichbleibende Qualität haben in den letzten Jahren vermehrt Musiker aus dem Heavy- Bereich wie etwa Vinnie Moore, Dave Mustaine, Michael Schenker und eben auch David Vincent angezogen.
Als langjähriger Bassist und Sänger der Death-Metal-Band Morbid Angel und den ebenfalls aus Florida stammenden Genitorturers, welche eher im Industrial-Metal anzusiedeln sind, besitzt „Evil D” Vincent in diesem Genre eine globale Reputation, und schon 2003 entwickelte er in Zusammenarbeit mit Dean den Demonator-Bass, dessen neueste Inkarnation nun zum Test vorliegt.
Konstruktion des Dean Demonator 4
Das Instrument ist vor allem massig, aber eine gesunde Masse ist bekanntlich einem kräftigen Ton zuträglich. Eine Ähnlichkeit zu einem Gibson Thunderbird ist durchaus vorhanden, da die Konstruktion und die vorwiegende Verwendung von Mahagoni durchaus dem Klassiker der Rock und Blues Geschichte entspricht. Der durchgehende Hals ist fünfstreifig aus Mahagoni und Padouk zusammengesetzt. Das Griffbrett besteht aus Palisander, aber schon die große, nach hinten abgewinkelte typische Dean-Kopfplatte bildet den ersten optischen Stilbruch zu einem Thunderbird. Ebenfalls spektakulär und sehr auffällig sind die Mirror-Hourglass Griffbretteinlagen. Die Form der Spiegel-Einlagen lässt verschiedene Interpretationsmöglichkeiten zu, und man denkt intuitiv an das griechische Majuskel Iota, aber primär sehen die Einlagen einfach nur gut aus. Das Korpusstück des durchgehenden Halses ist sehr breit ausgefallen, und selbst die Tonabnehmer finden hier genügend Platz. An diese, ähnlich wie bei einem Thunderbird, hervorgehobene Mittelzone, sind seitlich Korpusflügel aus Mahagoni angesetzt.
Bis auf das Griffbrett ist das Testgerät hochglänzend schwarz lackiert. Lediglich die angeleimten Korpusteile sind auf der Oberseite rot. Dies unterstützt die elegante Formgebung, welche im Vergleich zu einem Thunderbird, aufgrund der beiden Cutaways, die einen guten Zugriff auf alle Register erlauben, etwas anders ausfällt und eine stärkere Taille betont. Zudem nehmen die Cutaways interessanterweise auch die Flügel-Form der Kopfplatte wieder auf. Die Lackierung spielt für das Erscheinungsbild eine wichtige Rolle und folglich gibt es dort auch keine Kritikpunkte. Lediglich auf der Rückseite ist die Lackierung im unteren Bereich etwas wellig geraten, was auf einen zu dick aufgetragenen Lack schließen lässt. Allein ein Messingsattel durchbricht die Dominanz der unabdingbaren genretypischen schwarzen Hardware. Als Stimmmechaniken kommen gekapselte Grover-Tuner zum Einsatz. Von Warwick stammt die bewährte zweiteilige Steg/Saitenhalterkombination. Die beiden Soapbar-Humbucker orientieren sich optisch am Thunderbird-Original und zeigen sich für die Tonabnahme verantwortlich. Ihre Ausgangssignale werden an einem Überblendpoti gemischt. Für den Gesamtpegel ist ein Master-Volume-Poti zuständig, Eine aktive Klangreglung für Höhen und Bässe rundet das Bedienfeld ab. Dabei sind der Regler für Bässe und Höhen in einem doppelstöckigen Poti zusammengefasst, das allerdings durch seine konische Formgebung ein schnelles Verändern der unten liegenden Bassreglung erschwert. Ein Umschalten auf Passiv-Betrieb ist nicht möglich.
Praxis
Der Dean Demonator sieht trotz aller Eleganz nicht nur mächtig aus, er ist es auch. Mit 4,5 kg ist er ein Schwergewicht und zudem ein sehr langes Instrument. Folglich ist der Transport des Viersaiters mit dem dazugehörigen, hochwertigen und zugleich robusten Koffer für jeden Kleinwagen eine mittlere Herausforderung. Dabei ist der Hals außergewöhnlich schlank und rank, und auch die Saiten liegen enger zusammen als bei den meisten anderen Bässen. Folglich lässt sich der schmale, D-förmige Hals ausgesprochen leicht und flink bespielen.
Durch den stattlichen Korpus ist der Dean aber keineswegs unhandlich ausgefallen und man kann sich wunderbar mit dem Unterarm auf dem angeleimten Korpusflügel abstützen.
Die Mahagonikonstruktion fördert eine tiefmittige, trockene, mittellange Klangentfaltung und bleibt immer als Zulieferer eines dezent trockenen, warmen Holztons präsent und gleitet nie in ein ungewolltes Wummern und Dröhnen ab. Die Padouk-Anteile der Halskonstruktion fördern knurrende Mitten, und eine schnelle, präzise sowie brillante Tonansprache wird durch das Palisandergriffbrett unterstützt. Eine häufig geäußerte Kritik an Mahagonibässen, bezüglich einer zu dumpfen, mulmigen und undifferenzierte Tonansprache, ist im vorliegenden Fall absolut fehl am Platz. Die durchdachte, stimmige Konstruktion zeigt sich auch bei der Verwendung eines Messing-Sattels, der beim Anschlag von Leersaiten strahlende, obertonreiche Klangergebnisse unterstützt. Sowohl Tonabnehmer als auch aktive Klangreglung stammen aus sehr gutem Hause. Die Bartolini-Komponenten stehen seit Jahrzehnten für hohe Qualität und sind im vorliegenden Fall bestens aufeinander abgestimmt. Verstärkt überzeugt ein saftiger, knurriger Grund-Sound, der nicht viel mit disziplinierten und gepflegten Edelbass-Klängen zu tun hat. Die Humbucker verleihen dem Instrument eine satte pfundige Charakteristik und verstärken ein phänomenales Bassfundament, bei dem die konkreten Tonkonturen nie verlorengehen. Bass- und Höhen-Regler des doppelstöckigen Potis arbeiten wirkungsvoll, wobei der aktive Höhenregler mit zusätzlichen Brillanzen aufwartet, die gar nicht so leicht zähmbar sind. Die beiden Tonabnehmer bieten naturgemäß unterschiedliche Klangbilder und lassen eine Vielzahl von Einstellmöglichkeiten zu.
Resümee
Klanglich hält der Dean, was Optik und Namensgebung versprechen, und auch bei der Verarbeitung gibt es keine Beanstandungen. Der Demonator ist ein zeitgemäßer Rockbass mit klassischen Zutaten und hochwertigen, modernen Bauteilen. Der Viersaiter ist allerdings kein Schnäppchen, denn Qualität hat immer ihren Preis. Zudem ist dieser Bass nur etwas für richtige Kerle, denn die Konstruktionsweise fordert mit 4,5 kg ihren Tribut. Aber für Schöngeister und sensible Musiker ist dieses Instrument ohnehin nicht gedacht, und wer Spieltechniken wie Slapping oder Tapping bevorzugt, sollte eher nach anderen Optionen Ausschau halten. Der Viersaiter erzeugt ein beispielloses Pfund und geht dermaßen zur Sache, dass man sich um einen durchsetzungsfähigen Ton nie Gedanken machen muss. Gnadenlose Power heißt beim Demonator die Devise, und wer so etwas sucht, dürfte mit dem Dean den Bass fürs Leben gefunden haben. Ein toller Rockbass, der keine Fragen offen lässt.