Die nächsten Folgen dieser Kolumne basieren auf einer Frage von G&B-Leser Ralph Müller-Domke. Ralph berichtet, dass er seinen MXR Dyna Comp zwar sehr schätzt, aber die Nebengeräusche v. a. im Vergleich zum Dyna-Comp-Bausatz von uk-electronic sehr störend findet.
Seine Frage: Ob ich dem Dyna Comp nicht mal eine Kolumne widmen könnte? Natürlich kann ich das – und das auch sehr gerne. Denn der Dyna Comp ist ein absoluter Klassiker und gehört auch zu meinen Kompressor-Favoriten. Besonders dann, wenn ich cleane Picking-Passagen betonen möchte oder über längere Zeit funky Rhythmen spielen muss, bin ich meinem Dyna Comp für seine Unterstützung sehr dankbar. Der Kompressor gleicht nämlich Lautstärkeunterschiede aus, indem er kräftige Signale dämpft. Da nach der Dynamikreduktion das Signal wieder verstärkt wird, werden auch leise Töne im Verhältnis zu den lauten Tönen besonders betont. Der Kompressor macht also Leises lauter und Lautes leiser.
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Die Dyna-Comp-Story
Der Effektgerätepionier MXR hat den M-102 Dyna Comp als zweites Gerät nach dem Phase 90 bereits in den 1970er- Jahren auf den Markt gebracht. Der spezielle Gitarren-Kompressor ist auch heute noch im Programm und besticht durch seine einfache Bedienung mit nur zwei Reglern (Kompressionsgrad und Lautstärke). Böse Zungen behaupten, dass die einfache Bedienung auch der Hauptgrund für den Erfolg des Dyna Comps ist, denn klanglich entspricht er nicht dem Ideal, das im Studio-Bereich gilt. Der Dyna Comp klingt alles andere als neutral oder dezent. Aber genau das macht seinen Reiz aus. Im Laufe der 1970er- Jahre entwickelte sich der Dyna-Comp- Sound zu einem Nashville-Standard und fand in der Telecaster den kongenialen Partner für extrem knackige Cleansounds. Der Kompressor wird bis heute gerne genommen um z. B. kleinere Ungenauigkeiten beim Chicken-Picking zu kompensieren, Ghost-Notes im Fingerpicking zu betonen oder einfach nur, um das Sustain zu verlängern. Weil der Dyna Comp eben nicht klangneutral ist, sondern den Ton auch etwas andickt, kann er auch wunderbar als Booster für eine cleane oder bereits angezerrte Gitarre verwendet werden.
Der Erfolg dieses Klassikers regte auch andere Anbieter an, spezielle Kompressoren für Gitarre zu entwickeln. Nicht selten basierten die auf der Dyna-Comp-Schaltung. Der hochgelobte Ross-Kompressor (Achtung Mojo!) und seine Boutique-Nachbauten sind ebenso wie der Ibanez CP9 letztlich nur mehr oder weniger modifizierte Dyna Comps. Mit einem erhöhten Rauschen muss man allerdings leben, wenn man das Original oder einen Verwandten nutzen will. Technisch bedingt ist das nicht zu vermeiden. Andere Anbieter, wie z. B. DOD, gingen daher einen ganz anderen Weg und realisierten die anschlags-dynamische Lautstärkenreduzierung opto-elektronisch. Aber das ist eine ganz andere Geschichte …
Rausch & Brumm
Also zurück zu Ralphs Problem. Sein Dyna Comp rauscht – was nicht ungewöhnlich ist. Aber er rauscht mehr als der Dyna- Comp-Klon von uk-electronic! Das ist interessant. Da Uwe Kämmerich die Schaltung eigentlich nur minimal verändert hat, um ein Attack-Poti zu ergänzen, kann das eigentlich nur an den verwendeten Bauteilen liegen. Über Bauteilequalitäten und ihren Einfluss auf den Klang haben wir in der Hot-Rod-Mod-Kolumne ja bereits mehrfach gesprochen. In Bezug auf Nebengeräusche kann man zusammenfassen, dass Kohleschicht-Widerstände nicht nur höhere Toleranzen als Metallschichtwiderstände haben, sondern auch für ein stärkeres Rauschen verantwortlich gemacht werden dürfen.
Weitere Rauschquellen können die aktiven Bauelemente, also die Transistoren und die ICs, sein. Die unterschiedlichen Kondensatorentypen, wie z. B. Keramik-, Tantal- oder Folienkondensatoren sind zwar durchaus klangwirksam, für ein Rauschen aber eher nicht verantwortlich zu machen. Im Fall des Dyna Comp bedeutet dies, dass ggf. verwendete Kohleschichtwiderstände gegen Metallschichtwiderstände des gleichen Wertes ausgetauscht werden können und bei den Transistoren geprüft werden sollte, ob sich rauschärmere Typen gleicher Bauweise finden lassen. Der im Dyna Comp verwendete CA3080-IC ist dagegen unverdächtig. Auch die Neuauflage ist – sofern man keine chinesische Fälschung erwischt – klanglich absolut OK und über Nebengeräusche erhaben.
Original und Fälschung
Ralphs Problem hat mich erst mal verwundert. Denn ich fand nicht, dass mein Dyna Comp besonders schlimme Nebengeräusche produziert. Aber in seiner Mail berichtete er auch, dass seiner einige Kohleschichtwiderstände hätte. Das spricht dafür, dass er ein früheres Modell hat als ich. Denn bei meinem Dyna Comp sind alle Widerstände als Metallfilm ausgeführt und auch die Transistoren sind nicht als Rauschgeneratoren bekannt. Natürlich wurde das Layout und die Bauteile des Dyna Comp im Laufe der langen Produktionszeit immer wieder mal verändert und an die auf dem Markt erhältlichen Bauteile angepasst. Daher kann es gut sein, dass Ralphs Dyna Comp ein anderes Nebengeräuschverhalten an den Tag legt als z. B. mein Exemplar.
Aber ich wollte das jetzt genau wissen und haben mir schlicht einen Dyna-Comp- Bausatz bei uk-electronics für € 28 bestellt, um nach dem Zusammenbau einen Vergleichstest vornehmen zu können. Zusätzlich werden noch ein Gehäuse (z. B. Eddystone 27134PSLA oder GEH013) für ca. € 5 bis € 6 und drei Potiknöpfe für ca. € 3. benötigt, sodass man auf reine Materialkosten von ca. € 40 kommt. In der riesigen Bausatz-Auswahl von www.musikding.de findet man übrigens auch einen Bausatz für € 23 (zzgl. Gehäuse und Potiknöpfe). Da Ralph aber von dem uk-electronic Bausatz ausging, bestellte ich eben genau diesen. Außerdem hat Uwe Kämmerich in seinem Bausatz noch ein zusätzliches „Attack“-Poti integriert, mit dem man bestimmen kann, wie lange der Kompressor braucht, um „anzuspringen“. Wenn sich die Attack-Regelung bewährt, wird das auch gleich die Modifikation für den MXR Dyna Comp. Also gleich bestellt, und dann kann es in der nächsten Folge losgehen. Stay tuned … !