Bob Taylor hat vor ein paar Jahren den Masterbuilder Andy Powers eingestellt, der in Zukunft seine Nachfolge antreten soll. Andy hat in den letzten Jahren konsequent alle Gitarrenserien überarbeitet, verfeinert und modifiziert. Jetzt kommt erstmalig eine komplett neue Modellreihe auf den Markt, die er in den letzten Jahren konzipiert hat: die Academy Series.
Andy hat hier Beginner aber auch Wiedereinsteiger als Zielgruppe ausgemacht, die für den geringstmöglichen Preis ein Instrument bekommen, bei dem Bespielbarkeit und Klang im Vordergrund stehen, auf alle geldfressenden Ausschmückungen, Verzierungen usw. gnadenlos verzichtet wird, aber alle wichtigen Taylor Features integriert sind. Die Academy Series startet mit 3 Modellen: einer Dreadnought für Gitarristen, die gerne mit Plektrum spielen, einer Grand Concert für Fingerpicker und einer Nylonstring Grand Concert; alle drei wahlweise mit der Taylor ES-B Elektronik erhältlich.
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Das optisch auffälligste Merkmal aller drei Modelle ist der sogenannte „Armrest“, eine Armauflage am oberen Rand der Decke. Wer kennt nicht das unangenehme Gefühlt, wenn nach langem Spielen der rechte Unterarm schmerzt, weil sich der kantige Deckenrand in das Gewebe der Haut eingedrückt hat? Damit ist jetzt Schluss. Wer sich jetzt fragt, wie es möglich ist, solch ein Feature, das sonst nur den teuersten Modelle vorbehalten ist, in eine solche Serie zu integrieren – durch eine clevere Konstruktion und durch das Weglassen der Bindings. Die nämlich verursachen normalerweise den größten Aufwand bei einem solchen Feature. Die neuen Modelle werden in der neuen Taylor-Fabrik in Tecate, direkt an der Mexikanischen Grenze, gebaut. Näheres dazu im begleitenden Artikel über den Firmenbesuch bei Taylor Mexico. Zum Test liegen uns die beiden Steelstrings der neuen Serie mit Pickup-Bestückung vor, Academy 10e und Academy 12e.
Fichte, Sapele, Mahagoni, Ebenholz
Obwohl die „Neuen“ auf den ersten Blick etwas kleiner aussehen, haben sie die normalen Korpusmaße von Dreadnought und Grand Concert. Allerdings hat sich Andy Powers anstelle der sonst üblichen 650-mm-Menur für die etwas kürzere Variante mit 630 mm entschieden, um die Bespielbarkeit durch den geringeren Saitenzug etwas leichter zu machen. Auch Halsbreite und Dicke sowie die C-Wölbung des Mahagoni bzw. Sapele-Halses mit 20 Bünden im Ebenholzgriffbrett sind eher an E-Gitarren als an Western-Gitarren orientiert und machen das Bespielen angenehm. Natürlich ist der Hals mit einem justierbaren Stahlstab verstärkt.
Zargen und Boden sind aus Schichtholz gefertigt: ein Kern aus Pappel mit Sapele- Furnier innen und außen sorgt für lange Haltbarkeit, Robustheit und dennoch gute Klangeigenschaften. Der Boden ist stärker gewölbt als sonst und ist in der Konstruktion identisch mit dem einer Baby Taylor und Big Baby, dadurch kann auf Verstrebungen verzichtet werden, was dann auch wieder Vorteile in der Klangfülle bringt. Die Decke ist aus massiver Sitka-Fichte. Das große Schallloch ist mit einer schlichten aber schönen Rosette verziert. Dort wo jetzt der Armrest sichbar ist, wird bei der Fertigung ein Stück Mahagoni von innen auf die Zarge geleimt, in der Endfertigung wird dann die Auflage per CNC-Fräse herausgearbeitet: Ein weicher Übergang, bei dem man jetzt tatsächlich die verschiedenen Holzschichten super erkennen kann: Erst die helle Fichte, dann das rötliche Mahagoni, dann die erste Furnierschicht Sapele, eine etwas dickere (weil angeschnittene) Schicht Pappel, dann wieder Sapele. Das sieht super aus, ist aber nur deswegen preiswert machbar, weil die Decke keine Bindings hat. Das sorgt bei den exklusiven Instrumenten für einen enormen Aufwand und Aufpreis.
Body und Hals sind in Höhe des 14. Bundes genauso aufwendig miteinander verbunden, wie es bei allen Modellen ab der 200er Serie aufwärts üblich ist: Eine exakte Schraubverbindung mit zwei Unterlegplättchen, die es auch nach Jahren der Nutzung möglich machen, eine Korrektur des Halswinkels vorzunehmen. Klasse. Der aufgeleimte Steg ist aus Ebenholz gefertigt, die längenkompensierte Stegeinlage aus dem Faser-Kunststoffverbundmaterial Micarta und der Sattel aus Tusq Die Gitarre ist ab Werk mit Elixir Nanoweb Phosphor Bronze Saiten der Stärke Light (.012 – .053) bespannt. Die Saitenlage ist sehr angenehm eingestellt für gute Intonation und leichte Bespielbarkeit..
Elektrisch
Die beiden Testgitarren sind mit der ES-B Elektronik ausgestattet, die aus den Piezo-Elementen von Taylors patentiertem Expression System 2 und einem Onboard Preamp mit integriertem Stimmgerät besteht. Der Preamp ist in der oberen Zarge montiert, verfügt über Tone- und Volume-Regler und ein Display für den Tuner. Der Tuner funktioniert auch, wenn kein Kabel in der im Endpin untergebrachten Klinkenbuchse eingesteckt ist.
Er wird über einen Tipptaster eingeschaltet, (im E-Betrieb wird der Ausgang stummgeschaltet). Nach 3 Minuten schaltet sich der Tuner zwecks Stromsparen automatisch ab; zwei Knopfbatterien à 3 V (CR2032) sorgen für die Stromversorgung und halten für ca. 300 Betriebsstunden. Wenn die Spannung unter 4,5 V sinkt, wird im Display ein L für „Low Battery“ angezeigt. Die beiden Lithium-Batterien sind in einer herausnehmbaren Lade im Preamp untergebracht. Die drei Piezoelemente des Expression System 2 sind nicht unter der Stegeinlage sondern dahinter im Steg integriert, die drei können mit Hilfe von 3 Kreuzschrauben justiert werden. Ab Werk sind die Elemente perfekt eingestellt.
Strummer & Picker
Bewusst hat Andy Powers zwei Modelle ausgewählt: die Dreadnought für Gitarristen, die gerne mit Plektrum spielen, die Grand Concert für Fingerpicker, die mit den Fingernägeln, -kuppen oder Finger pics die Saiten anschlagen. Natürlich sind beide Gitarren mit jeder der beschriebenen Spieltechniken zu nutzen, aber schon alleine die Korpusform gibt einen unterschiedlichen Klang vor: Die D-Form erzeugt einen bassigeren vollen Ton mit gutem Höhenanteil, der bei starkem Anschlag leicht komprimiert wird. Die Grand Concert ist Taylors kleinste Korpusform und steht für Klarheit und Ausgewogenheit, ideal für Studio und Bühne. Sie spricht leicht an und komprimiert auch erst, wenn sie sehr laut gespielt wird. Über Pickup und Preamp wird der akustische Klang sehr authentisch übertragen, die Ausgangslautstärke ist etwas höher als bei Taylor üblich. Gut so.
Beide Modelle sind im direkten Vergleich mit Konkurrenten erstaunlich laut, mit viel Bass aber auch einem sehr schönen Obertonverhalten. Man hört den typischen Taylor-Sound heraus, feiner und zarter ohne aber dünn und leblos zu wirken. Es sind robuste Instrumente, die dank ihrer Bauweise auch Reisen, Klimawechsel und extreme Temperaturen sehr gut verkraften werden, aber dennoch hochwertige, gut spielbare und vor allem Taylor-typisch klingende Gitarren sind, die viel Spaß machen. Wer mit einem solchen Instrument startet, der wird von Anfang an Spaß am Gitarre spielen haben. Ohne Pickup werden die Instrumente aktuell für € 653 angeboten, mit Pickup für € 772. Im Preis inbegriffen ist ein gutes Taylor Gigbag. Wie immer bei Taylor kann eine Linkshandversion ohne Aufpreis geordert werden.
Ein schönes Video zu den neuen Modellen gibt es hier.
Resümee
Obwohl es ja gerechtfertigt wäre: Das A in der Academy Serie steht nicht für den genialen Andy Powers. So gnadenlos konsequent hat lange kein Gitarrenbauer mehr eine Serien-Gitarre durchkonzipiert, auf Klang und Bespielbarkeit getrimmt, alles „Überflüssige“ weggelassen und doch ein solch beeindruckendes Instrument mit allen wichtigen Taylor- Eigenschaften erschaffen. Normalerweise sagt man jetzt Hut ab: Aber Andy soll seinen ruhig anbehalten.