Studentenfutter

Fender Duo-Sonic HS & Mustang 90 im Test

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Wir stecken mitten in einer zweiten Offset- Welle – die erste ist bekanntlich Anfang der Neunziger von Bands wie Nirvana losgetreten worden. Und jetzt eben die zweite. Fender-Offset-Gitarren waren schon immer das Werkzeug von Rebellen und Aufständischen, die sich von Fender Strat und Tele und deren in ihren Augen biederem Image abgrenzen wollten.

(Bild: Dieter Stork)

Doch halt – so ganz stimmt diese These nun auch nicht. In manchen Fällen hat sich das rebellische Image erst im Laufe der Zeit entwickelt. Galten die Top-of-the-line-Offset-Gitarren Jazzmaster und Jaguar schon immer als Gitarren für die besonderen Fälle, so wurden die Duo- Sonic, ihre Schwester, die Musicmaster, und später die Mustang eigentlich für ein anderes Klientel gebaut – für Einsteiger und Musiker mit kleinen Händen, wie es Fender damals selbst ausgedrückt hat. Doch im Laufe der Zeit entdeckten vor allem alternativ denkende und spielende, junge Musiker diese Gitarren für sich. Was für Fender nun Grund genug ist, in Mexico eine ganz Reihe neuer Offset- Instrumente aufzulegen. Die firmieren unter den alten Namen Duo-Sonic und Mustang, von jedem Modell gibt es zwei Varianten sowie ein Mustang Bass.

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Moderne

Wir haben zum Test die beiden modernen Varianten von Duo-Sonic und Mustang geschickt bekommen. Beide gleichen sich in fast allen Features, deshalb hier zuerst die Unterschiede: Die Mustang 90 ist mit zwei P90-Pickup-Typen bestückt, die Duo-Sonic mit einem Singlecoil und einem splitbaren Humbucker. Alle weiteren Unterschiede sind rein äußerlicher Natur – die Formen der Pickguards, die Poti-Knöpfe, die erhältlichen Farben.

Maße und die Materialien indes sind bei beiden Offsets gleich: Erle für den Korpus, Ahorn und Palisander für Hals und Griffbrett, Medium-Jumbo-Bünde, Mechaniken, die Strat-Einteiler-Brücke mit Strings-thru-body-Führung, der Schalter, die beiden Potis. Das vereinfacht natürlich die Produktion, aber (nicht nur) ich finde es schade, dass die neue Mustang ohne ihr klassisches Vibratosystem auskommen muss. Die neue Offset-Serie besteht aus unseren beiden Testmodellen sowie je einer Version von Duo-Sonic und Mustang, die mit zwei Singlecoils und einem Onepiece- maple-neck bestückt sind, sowie dem Mustang PJ Bass.

Das Cover des Manuals einer 1964er Duo-Sonic präsentierte nicht die billige Schülergitarre, sondern Jazzmaster und Jaguar…

Mit den klassischen Vorlagen aus der Vintage- Ära stimmen die neuen Offset-Gitarren zwar in großen Teilen überein, aber das Ziel dieser Produktion war es eben nicht, traditionelle Versionen dieser Modelle herzustellen, sondern zeitgemäße Varianten, die sich gut auf den Bühnen machen, auf denen es etwas wilder zugeht. Die Verarbeitung der beiden ist makellos, der Polyester-Lack wirkt recht dick, und beim Setup hat es derjenige, der die Saitenniederhalter montiert hat, etwas zu gut gemeint. Der befindet sich auf niedrigst- möglichem Niveau und presst die Saiten unnötig fest in den Sattel. Hier sollte man als erste Maßnahme einen Abstandshalter unter den Niederhalter setzen, was gegen Verstimmungen z. B. beim Saitenziehen hilft.


Fenders Schülergitarren

1956 brachte Fender mit der Duo-Sonic (2 Pickups) und der Musicmaster (1 Pickup) zwei E-Gitarren auf den Markt, die ganz klar die Anfänger im Visier hatten. Schließlich musste den vielen Gitarristen, die begannen, sich für diese noch neue Instrumentengattung zu interessieren, die Möglichkeit geboten werden, auch mit einem geringen Budget eine Fender kaufen zu können. Außerdem hatte der größte Konkurrent Gibson mit seiner Les Paul Junior schon vorgelegt. So kostete die Duo-Sonic 1956 $ 149,50 und die Musicmaster sogar nur $ 119,50, während eine Telecaster mit $ 199,50 und eine Strat sogar mit $ 274,50 zu Buche schlug. Diese ersten Schülergitarren Fenders hatten eine zierliche Mensur von 22,5″ (571 mm) und trugen stolz das schicke, golden anodisierte Alu-Schlagbrett, das allerdings Ende der Fünfzigerjahre abgeschafft wurde.

1964 wurde aus dem Low-Budget-Duo ein – Trio, erweitert durch die Mustang, die nichts anderes war als eine Duo-Sonic, allerdings mit Vibratosystem. Fender nahm gleichzeitig einige Veränderungen vor, um die drei Instrumente einander anzugleichen. So wurden alternativ zu der kurzen Mensur die Duo-Sonic II und Musicmaster II nun auch mit der mittleren Mensur der Mustang angeboten (24″, = 610 mm), während die Mustang im Gegenzug ebenfalls – allerdings in kleinen Stückzahlen – mit der ganz kurzen Mensur gebaut wurde. Duo-Sonic und Musicmaster bekamen nun ebenfalls die Pickguard- Form und die verschromte Kontrollpanele der Mustang, auf der die Potis saßen. Bei der Duo-Sonic wurde zudem der Dreiweg- Toggle-Schalter durch zwei Schiebeschalter ersetzt, was auch dem Layout der Mustang entsprach. Sehr zum Entsetzen der aktiven Spieler, denn diese Schalter erwiesen sich nicht nur als anfällig, sondern in Live-Situationen äußerst unpraktisch. Sie boten jeweils drei Positionen – An/Aus/An – und ermöglichten auch Out-of-phase-Sounds, je nachdem, in welcher Position der Schalter stand. An ein schnelles Umschalten, wie man es von dem Dreiweg-Schalter gewohnt war, war nun jedoch nicht mehr zu denken.

Dass aus diesem Trio einmal begehrte Sammlerstücke werden würden, hatte bei Fender sicherlich niemand auf der Rechnung. Aber vor allem durch die Einführung der Custom Colors mit Autolacken von DuPont konnte sich so manche Duo-Sonic und Musicmaster, und erst recht die Mustang, einen Platz in einer veritablen Sammlung sichern.

Doch viel wohler fühlten sich diese Offset-Gitarren auf der Bühne – und vor allem, seit sie von einigen Alternative-Musikern und – Musikerinnen gespielt wurden. Denen gefiel das andersartige Aussehen der kleinen Fender-Gitarren, ihre Handlichkeit und natürlich der typische Fender-Sound, der sich überall durchsetzt. Es dürfte klar sein, dass nicht gerade Gitarren-Virtuosen sich auf einer Mustang oder Duo-Sonic austoben, sondern vor allem Sänger und Rhythmus-Player, denen die einfache Struktur dieser kleinen Offset-Gitarren entgegenkommt.


Praxis

Aus dem Amp klingelt es in der Tat gehörig nach Fender – hell, knackig und brillant. Aber im Fall der Mustang 90 auch nicht nur nach Fender! P90-Pickups auf Fender-style-Gitarren sind ja eine Geschichte für sich – nicht viele mögen diese Kombi. Auf der anderen Seite gibt es einige Musiker, die sie gerade abgöttisch lieben. Wie das immer so ist. Eigentlich brauchen diese heißen, rau klingenden Pickup-Typen ja eine gutmütig reagierende Gitarre wie z. B. eine Gibson Les Paul Jr. als Gegenpol – also einen Mahagoni-Korpus und einen eingeleimten Mahagoni- Hals, um verträglicher rüberzukommen.

Steht Mustang drauf, ist aber nicht viel von der Vintage-Mustang drin. Egal! (Bild: Dieter Stork)

Die Mustang 90 rückt die Relationen aber einfach durch ihre kurze Mensur wieder gerade, die weniger Knall und Durchsetzung produziert als die lange Mensur der großen Fender-Schwestern. Und das kommt dem P90-Sound sehr zupass, der hier wunderbar rotzig-rund rüberkommt – mit immer noch spürbarem Fender-Appeal, der aber nicht dominiert. Am Hals gibt es in der Tat Blues-Sounds, und wer schon mal eine Gitarre mit solch einer kurzen Mensur gespielt hat, der weiß, dass Blues-Bendings hier richtig blue klingen. Ohne Probleme sind eine große Terz, sogar eine Quinte im Bereich des Möglichen – mit den ab Werk aufgezogenen .010er-Saiten. Am Steg verlangt der Riff-Rock dann sein Tribut: Breit klingende, klassisch angehauchte Riffs werden von der Mustang 90 toll interpretiert, die sich im angezerrten Bereich am wohlsten fühlt und auch unten herum ganz schön twangt. Außerdem: Diese Gitarre ist Slide-Heaven! Will man es etwas cleaner, bietet sich vor allem die Kombinations- Stellung an, in der der Sound knackighohl wird. Leider brummen die beiden Singlecoils hier munter weiter, die Kombistellung hätte man sicher auch brummfrei gestalten können. Eine Kategorisierung der Performance dieser Mustang fällt mir schwer, da will sich einfach keine Schublade öffnen, in die dieser Sound passt. Sie hat gleichermaßen viel Gibson- und Fender- Gene mitbekommen, und sie wirkt dennoch sehr direkt und vor allem kompromisslos. Schon jetzt verzeihe ich Fender, dass man diese Gitarre, die bis auf die Korpus- und Kopfplattenformen mit dem Original nichts gemein hat, ebenfalls Mustang genannt hat. Denn die Gitarre überzeugt einfach so, wie sie ist.

Die Saitenniederhalter beider Gitarren sind ab Werk zu tief gelegt worden.

Die Duo-Sonic HS zeigt ein interessantes Phänomen: Da klingt der Hals- brillanter als der Steg-Pickup. Nichts von Glocke, nichts von Tele, sondern ein sehr transparenter, schneidiger Ton ist hier zu hören, der an eine spritzige Jazzmaster, und vor allem an das eigene Original erinnert. Der Humbucker am Steg ist das Tor zur verzerrten Welt, denn fett, kraftstrotzend und mit einer selbstbewussten „Nase“ im oberen Mittenbereich gibt er die Richtung vor. Ja, man kann ihn auch splitten, und selbst das lohnt sich – z. B. in Kombination mit dem Hals-Pickup, was einen schön perligen, stratigen Sound ergibt. Für die sanfteren Stellen des Sets… Solo liefert der Steg-Humbucker als Singlecoil ganz viel Fender-Knack, ohne schrill zu werden, aber auch, ohne an den mächtigen Twang einer guten Tele heranzukommen. Ich mag zudem den Kontrast des Steg-Humbucker zum Hals-Singlecoil – da kann blitzschnell von fett verzerrt zu gläsern umgeschaltet werden. Sustain-Wunder sind beide Offset-Gitarren eher nicht, wenn auch die kurze Mensur den Klang deutlich andickt. Aber wer spielt schon singende, sustainreiche Solo- Parts auf solchen Gitarren? Eben … !

Alternativen …

… kenne ich nicht. Es gibt zwar eine Vintage Modified Replik der Mustang von Squier (Ladenpreis: € 360) inkl. Vibratosystem. Da werden aber eher Vintage- Freunde mit bedient. Eine schöne Replik der Duo-Sonic-Ur-Version inkl. Gold-anodized- Schlagbrett erschien vor einigen Jahren in der Squier Classic Vibe-Serie, ist aber nur noch auf dem 2nd-Hand-Markt zu ergattern.

Resümee

Was einst als Studenten-, Schüler- und Einsteiger-Gitarre konzipiert war, ist heute Stilmerkmal einer alternativen Musik-Bewegung geworden. Das beweisen auch die Preisschilder, die sich deutlich über z. B. Squier- und damit Einsteiger- Niveau bewegen. Diese kleinen Fender- Gitarren in den Händen junger Musikerinnen und Musiker, die mit wachem Bewusstsein ihre kritischen Songs mit einer Attitüde präsentieren, die das etablierte Tun der Älteren infrage stellt, sorgen für das passende Handling und den passenden klanglichen Background. Laut und angezerrt klingen Mustang 90 und Duo-Sonic HS denn auch am besten! Wer das mag, wer die Vorteile einer kurzen Mensur schätzt und wer mal eine richtig trendige Fender-Gitarre abseits allen Vintage-Hypes spielen will, der sollte sich mal eine dieser beiden Kleinen näher anhören.

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Plus

  • Sounds
  • Spielbarkeit
  • Verarbeitung

Minus

  • Saitenniederhalter zu tief
  • P90s brummen auch in Kombistellung

(erschienen in Gitarre & Bass 03/2017)

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