Interview mit ...

Al Collins: Bassist & Band-Player

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Als Bassist der legendären Band Jason & The Scorchers war Al Collins die treibende Kraft hinter vielem, was aus Nashville und Atlanta in Sachen Roots-Rock’n’Roll kam. Am 06. Juli 2021 ist Al im Alter von 61 Jahren verstorben.

Vor einigen Jahren hatten wir die Gelegenheit ihn bei einem Konzert zu treffen und zu interviewen. Die Story könnt ihr hier nachlesen.

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Mit vollem Namen heißt er Allen Collins – wie der legendäre, verstorbene Gitarrist von Lynyrd Skynyrd. Al Collins ist mit ihm weder verwandt noch verschwägert, hat sich aber längst selbst einen Namen gemacht: Der Bassist mit Wohnsitz Nashville steckt hinter dem fetzigsten Rock’n’Roll, der derzeit aus der Music City USA kommt.

Die aktuelle Tour-Band mit Bassist Al Collins, Drummer Ryan McCormick, Sängerin Stacie Collins und Gitarrist Jon Sudbury. (Bild: Blue Rose Records, Brydgett Carrillo, Tony Mottram, Hans Ernst)

Al Collins ist ebenso freundlich wie bescheiden: Als wir ihn zum Interview treffen wollen, war er doch fast der Meinung, wir hätten uns eher mit seiner Frau, der Sängerin Stacie Collins verabreden wollen. Aber nein – wir hatten schon ihn gemeint, war er uns doch schon länger aufgefallen als die treibende Kraft bei vielem, was aus Nashville und Atlanta in Sachen Roots-Rock’n’Roll kommt: Als Bassist der legendären Cow-Punk-Rocker Jason & The Scorchers genauso wie als Bandleader der Combo seiner Frau Stacie Collins, mit der er jedes Jahr mehrere Monate durch Europa tourt und es sogar ins „Crossroads“- Konzert des Rockpalasts schaffte, aber auch gelegentlich als Bassist von Dan Bairds Homemade Sin. Der umtriebige Baird steckt auch hinter den meisten CD-Produktionen von Al & Stacie Collins – die fünfte namens ,Roll The Dice‘ ist Ende letzten Jahres erschienen und erstmals von Al selbst produziert worden, der zudem auch die meisten Songs dafür schrieb.

Interview

Al, bei Jason & The Scorchers wie bei der Stacie Collins Band gibt’s viele Uptempo- Songs. Anstrengend für einen Bass-Mann?

Al Collins: Ja, durchaus, das ist auf jeden Fall physisch anstrengender als Gitarre zu spielen. Und die Gitarristen können fiedeln wie sie wollen: Wenn der Bass nicht richtig pumpt, dann ist es kein Rock’n’Roll.

Du spielst mal mit den Fingern, mal mit dem Plektrum …

Al Collins: Das ist mir eigentlich völlig egal – ich spiele so, wie es der Song erfordert. Oder wie ich mich gerade fühle.

Als Bandleader musst du gleichzeitig auch noch das Ganze zusammenhalten. Ein harter Job?

Al Collins: Nein, das ist ein Job, der einfach Spaß macht! Ich bin selbst auch der Tour-Manager, aber immerhin haben wir einen Fahrer angeheuert, sodass wir bei der Tour quer durch Europa nicht auch noch hinterm Steuer sitzen müssen.

Eure eigene Band mit deiner Frau Stacie hat mehrere CDs mit Dan Baird als Produzent veröffentlicht. Wie kam’s zur Zusammenarbeit?

Al Collins: Stacie und ich hatten ursprünglich in Cleveland gewohnt und als Duo Musik gemacht. Damit schafften wir es sogar in den berühmten Bluebird-Club, den manche vielleicht aus der TV-Serie „Nashville“ kennen. Sie haben eine „Open Mike Night“ dort. Das ist aber mehr wie eine Lotterie, da kommt nicht jeder dran, der sich anmeldet. Du musst ein Vorspielen absolvieren und hast dafür nicht mal eine Minute Zeit – exakt 30 Sekunden. Die Club-Besitzerin fand uns gut, sagte aber: „Ihr müsst hierher ziehen, wenn ihr es wirklich schaffen wollt. Du kannst nicht in Cleveland wohnen und ab und zu in Nashville vorbeischauen.“

Wir hatten nichts, was uns in Ohio hielt. So haben wir alles verkauft, was nicht in unseren Pickup passte und zogen nach Nashville um, an einem Neujahrs-Tag. Anfangs hatten wir keinen Job, keine Kohle, unser Auto ging kaputt, aber ich bekam bald einen Job als Toningenieur. Wir hatten 2001 schon eine erste Platte in Cleveland aufgenommen und unser eigenes kleines Label. Aber jetzt wollten wir es richtig machen, wir brauchten einen amtlichen Produzenten. Angefangen hatten wir mehr mit Country-Sound. Aber sobald Stacie die Harp an den Verstärker angeschlossen hatte, war es um sie geschehen und sie interessierte sich mehr für Rock und Blues. Wir machen inzwischen längst Songs, die Elemente aus allen drei Stilrichtungen enthalten.

(Bild: Blue Rose Records, Brydgett Carrillo, Tony Mottram, Hans Ernst)

Die letzte Live-DVD-Produktion habt ihr, wie die aktuelle CD, per Crowdfunding finanziert. Ist da genügend Geld zusammengekommen?

Al Collins: Ja, wir haben wieder Kohle über die Indiegogo-Plattform eingesammelt. Auch wenn wir unser Ziel nicht ganz erreicht haben, sind doch fast 17.000 US-Dollar zusammengekommen – dank der Unterstützung unserer Fans. Das hat gereicht, um alles zu bezahlen. In den Staaten haben wir nämlich gar keine Plattenfirma, nur in Europa Blue Rose Records, die unsere Platten vertreiben.

Es sieht so aus, als ob ihr auch weitaus mehr in Europa tourt als in den Staaten.

Al Collins: Ich denke das kommt daher, dass der Stil, den wir spielen, nicht der „Current Sound“ ist, der in Nashville gerade angesagt ist. Dort hält man Stacie für eine Blues- oder Rock-Sängerin, nicht für eine Country-Sängerin. Dabei hat sie aus allen drei Richtungen etwas. Viele Amerikaner, auch die Radiosender und die Plattenfirmen, mögen es aber lieber, wenn du nur eine bestimmte Sache machst. Wenn du zu „crossover“ bist, dann wissen sie nicht, in welche Schublade sie dich stecken sollen. Dann suchen sie sich etwas, das einfacher zu vermarkten ist. Traurig, aber wahr. Wir haben Fans in den Staaten, aber es ist schwerer, die Amerikaner in die Shows zu kriegen als euch Europäer. Die Amis sitzen lieber daheim und schauen „American Idol“ im TV, anstatt rauszugehen und sich eine Rock-Band anzusehen.

Beim neuen Album hat Ex-Black-Crowes- Gitarrist Audley Freed eine tragende Rolle gespielt. Wie kam’s?

Al Collins: Dan Baird hat ihn vorgeschlagen. Er hatte bei seiner Zweit-Band The Bluefields mit den beiden Ex-Crowes Audley Freed und Steve Gorman gearbeitet. Wir kannten Audley aber auch schon eine Weile aus der Nashville-Szene. Und als wir ihm sagten, dass Dan Baird und Drummer Brad Pemberton von Ryan Adams mit von der Partie wären, hieß es sofort: „Ich bin auch dabei!“ Aktuell ist Audley übrigens auch auf der neuen Lynyrd-Skynyrd-Tribute- DVD zu sehen, als Gitarrist der Backing-Band, die sämtliche Gast-Stars begleitet hat. Er ist unglaublich gut.

Al Collins, Bass-Mann bei Jason & The Scorchers, der Stacie Collins Band und für Dan Baird. Er schwört auf einen Fender Precision Bass, den er fast ausschließlich einsetzt. (Bild: Blue Rose Records, Brydgett Carrillo, Tony Mottram, Hans Ernst)

Wenn Ihr hier auf Tour seid, dann habt ihr jedes Mal andere Musiker dabei. Wieso?

Al Collins: Wir haben keine feste Band – Stacie und ich sind die Band. Bei den Drums und der Gitarre hängt es davon ab, wer gerade verfügbar ist. Wir wohnen ja in Nashville und da hast du Zugang zu den besten Musikern überhaupt. Es gibt Jungs, die bekommen 50 Dollar am Tag und fahren mit dem Van. Die Etablierteren kriegst du nur für 250 Dollar, und dann muss es schon ein Band-Bus sein. Eine Stufe höher sind es dann 350 Dollar und mehr. Wir haben glücklicherweise immer welche gefunden, die uns mochten und deshalb mit uns spielten – wir waren ihr Fun-Gig und nicht der Money-Gig. Viele Musiker müssen Sachen spielen, die sie eigentlich gar nicht mögen. Deshalb sind sie offen für alles, was sie aus ganzem Herzen machen können.

Für eure jährliche Europa-Tournee setzt ihr aber auf europäische Musiker?

Al Collins: Ja, vorletztes Mal hatten wir die beiden Schweden Conny Bloom an der Gitarre, bekannt von den Electric Boys und Hanoi Rocks, sowie Pontus Snibb am Schlagzeug dabei. Pontus ist ein Monster. Kennst du seine eigene Band Bonafide? Dort singt er und spielt Gitarre. Das ist auch der Grund, weshalb beide letztes Mal nicht mit auf der Tour waren: Pontus hatte gerade eine eigene Platte draußen, und Conny ebenfalls. Zurzeit touren wir mit dem Drummer Ryan McCormick und dem Gitarristen Jon Sudbury.

Seit 2007 ist Al Collins (2.v.l.) auch Bassist der legendären Cow-Punker Jason & The Scorchers, zu denen aktuell
noch Sänger Jason Ringenberg, Gitarrist Warner E. Hodges und Drummer Pontus Snibb gehören.
(Bild: Blue Rose Records, Brydgett Carrillo, Tony Mottram, Hans Ernst)

Du und Pontus Snibb, ihr seid auch die Rhythmus-Gruppe von Jason & The Scorchers.

Al Collins: Richtig, wir fliegen ihn als Drummer sogar von Schweden ein, wenn wir in den USA Gigs haben. In letzter Zeit sind die Scorchers wieder aktiver – 2010 gab’s eine Studio-CD und 2014 eine Live-DVD zum 30-jährigen Bestehen.

Wie sieht es mit deinem Equipment auf der Europa-Tour aus?

Al Collins: Ich habe als Bass nur meinen weißen Fender Precision Bass, übrigens ein Mexiko- Modell, dabei, ein Boss-Stimmgerät und einen SansAmp-Vorverstärker, falls der Bass-Amp mal schlappmacht – aber das ist bisher noch nie passiert. Der Orange-Verstärker – ein Terror Bass 1000 Watt – und die Hartke-Boxen stammen von unserer Plattenfirma Blue Rose, so wie die gesamte Backline. Sie hatten vorher einen Gallien-Krüger-Amp, aber ehrlich: Den habe ich gehasst. Ich habe sie dann dazu gebracht, den Orange zu kaufen. Scorchers-Gitarrist Warner E. Hodges hat einen guten Draht zu Orange, er hat uns den Deal besorgt. Als wir in England unsere Live-DVD mitgeschnitten haben, hatte ich Amp und Boxen von Orange, das klang phantastisch.

 

Wie ist es, als Bassist die Songs für Stacies Band zu schreiben?

Al Collins: Ganz ehrlich: Ich denke nicht allzu viel an den Bass, wenn ich schreibe, eher an die Melodien oder die Texte, vor allem aber an den Vibe eines Songs.

Also eher wie ein Gitarrist? Auf der Bühne übernimmst du mit deinem Spiel ja manchmal die Rhythmusgitarren- Parts gleich mit …

Al Collins: Das stimmt. Das mache ich aber nur live so, denn wir haben auf Tour ja meist nur einen Gitarristen dabei, während es im Studio immer zwei sind. Also, ich schreibe zwar auf der Gitarre, aber ich bin einfach der Bassist. Ich übe auch nicht auf der Gitarre … Stacie Collins kommt vorbei, um Al zum Soundcheck zu holen: „Weißt du: Al ist ein sehr cleverer Song-Schreiber, er sagt die Dinge nicht auf die normale, herkömmliche Art und Weise.“ Al Collins grinst: „Ich bin eben nicht normal!“


Aus Gitarre & Bass 02/2017

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