Interview:

Jean-Marie Ecay von der Billy Cobham Band

Anzeige

Jean-Marie Ecay ist 54 Jahre alt, spielt seit über zehn Jahren in der Billy Cobham Band, stand mit internationalen Größen wie Didier Lockwood, Randy Brecker, Larry Carlton, Robben Ford, Dee Dee Bridgewater und Richard Galliano auf der Bühne, ist aber dennoch nicht sehr bekannt. Vielleicht liegt es einfach daran, dass er Franzose ist und es für Europäer generell schwieriger ist, sich in der internationalen Jazz-Szene einen Namen zu machen.

Anzeige

Vielleicht liegt der Grund aber auch in seinem zurückhaltenden Wesen und seiner bescheidenen Art. Ecay ist keiner, der sich in den Vordergrund spielt, auch wenn er auf seinem Instrument durchaus abgehen kann, wenn es denn gewünscht ist. Sein prominentester aktueller Auftraggeber, Jazz-Rock-Legende und Meister-Drummer Billy Cobham, gibt ihm dafür reichlich Gelegenheit. Aber Ecays Arbeit in der Band des Weltstars ist nur ein Teilaspekt seines musikalischen Schaffens. Neben seinem Engagement bei dem Schlagzeuger, dessen Platten und ihre Gitarristen – Steve Khan, John Scofield, Tommy Bolin … – Jean-Marie in seiner Jugend schon geprägt haben, spielt er in verschiedenen, wechselnden Besetzungen, aktuell u.a. bei Richard Galliano, Hadrien Ferraud, Terez Montcalm und sogar in einer JeffBeck-Tribute-Band.

Dass ein Großteil seiner Zeit für das Spielen in Formationen anderer Bandleader draufgeht, sieht Jean-Marie Ecay ganz pragmatisch: „Ich mache nicht so viele Sachen unter meinem eigenen Namen, weil es mir einfach zu viel Spaß macht, für andere zu spielen. Außerdem hat man auch immer den Druck, wenn man der Bandleader ist: Verkaufe ich genug CDs, kommen genug Leute in den Club…“ Dennoch erscheint im März diesen Jahres mit ,Hamaika’ (Gemini Records) ein neues Album seines eigenen Jazz-Trios, auf dem er sich zum ersten Mal in seiner Karriere fast ausschließlich Standards wie ,Body & Soul‘, ,Dolphin Dance‘ und ,Iris‘ widmet.

 

Interview

Wann und warum hast du dich für die Gitarre als dein Instrument entschieden?

Jean-Marie Ecay: Mit ungefähr acht Jahren, also ab ungefähr 1970, habe ich angefangen bewusst Musik zu hören. Meine Cousins, die etwa 10 Jahre älter sind als ich, hörten damals viel Pink Floyd, Jimi Hendrix und King Crimson. Diese Musik fand ich sehr beeindruckend. Man muss also festhalten: Ich war acht Jahre alt und hörte Erwachsenenmusik. Erst ein paar Jahre später griff ich dann selbst zur Gitarre. Mein Traum war, so spielen zu können wie die Typen auf den LPs, die ich gehört hatte. Allerdings kommen meine Eltern ja aus Nordspanien und da hat die Akustikgitarre auch abseits des Flamencos eine große Tradition. Jeder spielt dort Gitarre und meine Eltern wollten, dass auch ich Akustik-Gitarre spiele. Ich interessierte mich natürlich mehr für die E-Gitarre, aber ich wusste genau, wenn ich mich auf die akustische einlasse, würde ich irgendwann auch eine elektrische Gitarre bekommen.

Wie und wann bist du dann zur elektrischen Gitarre gewechselt?

Jean-Marie Ecay: Das kann ich dir genau sagen, denn es war eine prägende Zeit für mich. Als ich 13 Jahre alt war, freundete ich mich mit einem Typen auf meiner Schule an, der ein großer Musik-Fan war. Er kannte sich mit den Stones und den Beatles aus, während ich ja eher von Jimi Hendrix und Pink Floyd kam. Und verrückterweise beschlossen wir eine Band zu gründen. Er spielte Percussion und ich entfernte die beiden hohen Saiten von meiner Akustikgitarre, stimmte die restlichen herunter und spielte sie wie einen Bass. Nach einer Weile – ich glaube es war 1974 – bekam ich von einem meiner Cousins einen Höfner Beatle Bass und mein Vater schenkte mir zu Weihnachten den passenden Novanex-Amp. So wurde ich erst einmal Bassist und blieb das auch für ein paar Jahre. Irgendwann wurde ich sogar von professionellen Musikern aus der Region für Tanz-Gigs gebucht. Zu Hause übte ich aber nach wie vor Akustik-Gitarre. Als ich ungefähr 16 war, musste ich bei zwei Konzerten für einen Freund an der E-Gitarre einspringen – und das war dann der Startschuss für mich.

Jean-Marie Ecay und Billy Cobham (Bild: Marian Menge)

Später bist du dann an eine Musikhochschule gegangen.

Jean-Marie Ecay: Ja, allerdings gab es damals in Frankreich noch nicht diese modernen, vom Berklee- College beeinflussten Hochschulen. Die einzige Möglichkeit, die man hatte, war klassische Musik zu studieren. Also ging ich nach dem Abitur nach Bordeaux, um genau das zu tun. Ich landete also wieder bei der Akustischen. Ich merkte allerdings schnell, dass ich damit nicht meinen Lebensunterhalt würde bestreiten können und schrieb mich deswegen für Spanisch ein. Ich beschloss tatsächlich Lehrer zu werden und Musik nur als Hobby nebenbei zu machen. Dadurch änderte sich meine Herangehensweise: Ich beschäftigte mich auf der Gitarre nur noch mit Dingen, die mich auch wirklich interessierten. Dadurch wurde mein Üben sehr viel zielstrebiger und konzentrierter.

Wobei du als Gitarrist in sehr vielen verschiedenartigen Projekten aktiv bist und viele Stile bedienen kannst.

Jean-Marie Ecay: Ja. Ich war unterschiedlichen Genres gegenüber schon immer sehr aufgeschlossen. Ich habe halt viel Musik gehört. Das Gute ist, dass ich nie versucht habe, einen einzelnen Gitarristen nachzuahmen oder mich auf einen Stil festzulegen. Ich habe relativ früh verstanden, dass man, um Fusion zu spielen, eine solide Blues-Basis braucht und mich dann speziell damit beschäftigt. Das war etwas Besonderes in der damaligen Zeit, denn in den frühen 80er- Jahren war der Blues noch nicht wieder so populär wie Anfang der 90er, als z.B. Robben Ford erfolgreich war. In den 80ern spielten alle schnell und wenn man dann mit Blues ankam, erntete man nichts als Naserümpfen.


Equipment

  • Gitarren: Yamaha Pacifica 611 Yamaha SA2000
  • Amp: DV Mark Triple Six III
  • Effekte: Morley Kiko Loureiro, Ibanez TS808 Keeley Mod, ZVEX Box Of Rock, Fulltone OCD, Boss CE-3, Lovepedal Babyface Tremolo, Boss TU-2, Strymon El Capistan, Strymon blueSky

Wie hast du dann den Schritt vom Blues zum Fusion gemacht?

Jean-Marie Ecay: Ich habe mich morgens mit Blues und nachmittags mit BeBop beschäftigt. Genau wie John Scofield, Ray Gomez oder Mike Stern, wollte ich meinen Stil aus der Mischung dieser beiden Genres entwickeln. Aber anstatt ihre Licks zu kopieren, suchte ich mir meinen eigenen Weg. Und in dem Prozess bin ich immer noch.

(Bild: Marian Menge)

Hattest du eine klare Vision davon, wer du musikalisch sein möchtest?

Jean-Marie Ecay: Ja, wohl schon. Ich hatte das Glück, schon in sehr jungen Jahren ein paar Weltklasse- Musiker wie Ray Gomez, Paco de Lucia oder Carles Benavent kennenzulernen. Und sie haben mir gezeigt, dass nicht nur deine Technik auf dem Instrument wichtig ist, sondern auch, dass du deine persönliche Sprache finden musst. Das ist mir damals natürlich nicht wirklich bewusst geworden, aber in der Rückschau glaube ich, dass ich es damals schon verstanden hatte. Vielleicht war es einfach Intuition.

Deine Karriere als Gitarrist fing an, als Billy Cobham gerade sehr erfolgreich war. Hast du auch seine Platten gehört?

Jean-Marie Ecay: Na, klar. Ich kannte sie alle. Für mich war er einer der Helden, und ich hätte nie gedacht, dass ich mal mit ihm zusammenspielen würde.

Jean-Marie Ecays Amp, ein DV Mark Triple Six III. (Bild: Marian Menge)

Wie kam es denn dazu, dass du jetzt in seiner Band bist?

Jean-Marie Ecay: Das erste Konzert, das ich mit Billy spielte war 2005 in einer Band mit Bassist Eddie Gomez und dem Jazz-Geiger Didier Lockwood. Wir hatten zwar nicht geprobt, aber es muss wohl ganz gut gewesen sein, denn direkt am nächsten Tag bekam ich eine Mail von Billy, in der er mich fragte, ob ich Teil seiner Band sein wolle. Natürlich wollte ich!

Jean-Marie Ecays Pedalboard mit folgenden Effekten im Signalverlauf: Boss TU-2, Morley Kiko Loureiro, Ibanez TS808 Keeley Mod, Fulltone OCD, ZVEX Box Of Rock, Boss CE-3, Lovepedal Babyface Tremolo, Strymon El Capistan, Strymon blueSky (Bild: Marian Menge)

Die Projekte in denen du aktiv bist, sind vom Stil her sehr unterschiedlich, was sich natürlich auch auf dein Gitarrenspiel auswirkt. In welcher Umgebung fühlst du dich am meisten zu Hause?

Jean-Marie Ecay: Ich glaube immer dann, wenn ich Blues und Jazz mischen kann, wie es zum Beispiel bei Billy Cobham der Fall ist, macht mir das Spielen am meisten Spaß. Aber in den letzten Jahren habe ich auch viel Jazz gemacht, weil die neue Generation an Jazzmusikern meiner Meinung nach sehr interessant ist. Und da bin ich gerne ein Teil von. Jazz ist für meine Begriffe die einzige Musik, in der man wirklich innovativ sein kann. Und das versuche ich auch mit meinem eigenen Jazz-Trio zu sein. Mein Gehör hat sich über die Jahre entwickelt und ich mag sehr viel verrücktere Musik als früher noch. Und ich verstehe natürlich besser, wie diese abgedrehten Sachen wie Kollektivimprovisation oder schräge Harmonien funktionieren. Aber das heißt nicht, dass ich nicht auch einen straighten Rock-Song toll finden würde.

Muss man lernen, Jazz zu mögen?

Jean-Marie Ecay: Auf jeden Fall, ja! Aber jede Musik braucht ihre Zeit, bis du sie zu schätzen weißt. Als Kind tastest du dich auch nur langsam an den Rock heran. Doch beim Jazz ist es nochmal etwas Besonderes, denn mit ihm musst du dich intensiver beschäftigen, um zu lernen, was ihn ausmacht und was dich an ihm fasziniert.

www.jeanmarie-ecay.com

www.billycobham.com


Aus Gitarre & Bass 04/2017

Kommentar zu diesem Artikel

  1. Warum erwähnt Jean-Marie nicht UZEB?

    Auf diesen Kommentar antworten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.