Wer traditionellen deutschen Heavy Metal mag, steht sicherlich auch auf Grave Digger. Und wer zwei Meister ihres Fachs hören möchte, wird von Gitarrist Axel Ritt und Bassist Jens Becker glänzend versorgt. Wir trafen die beiden Grave-Digger-Musiker bei einem Konzert in Hamburg und haben uns anschließend von Axel Ritt sein Setup zeigen und erklären lassen.
Gitarristen gab es in der deutschen Band Grave Digger zwar bereits mehrere, unverändert geblieben ist dennoch der martialisch anmutende, stampfende True Metal teutonischer Prägung, mit dem die Gruppe seit mehr als 35 Jahren ihre Fans zum rhythmischen Kopfnicken animiert. Mit den Saitenvirtuosen Manni Schmidt, Uwe Lulis und Thilo Hermann waren im Laufe der Jahre sicherlich nicht eben musikalische Dünnbrettbohrer am Werk, insofern war die Messlatte hoch, als vor sieben Jahren der gebürtige Kölner Axel Ritt, ein langjähriger Freund von Grave-Digger-Frontmann Chris Boltendahl, deren Nachfolge antrat. Ritt war vor seinem Einstieg Kopf der Melodic-Metaller Domain, zudem Betreiber einer Plattenfirma und Repräsentant einer eigenen GitarrenSerie. Als erfahrener Musiker wusste er genau, worin seine Hauptaufgabe in der neuen Band besteht: „Ich musste das Erbe von drei unterschiedlichen Grave-Digger-Gitarristen antreten und wollte natürlich auf keinen Fall am Fan vorbeispielen“, erklärt er seine Herangehensweise und gibt sein erklärtes Ziel preis: „Ich hoffe, dass man irgendwann sagt: Gefällt mir, die neuen Einflüsse passen zu Grave Digger, ohne dass der Neue die wichtigen Eckpfeiler der alten Songs versaut hat.”
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Heute, drei Alben und zahllose Konzerte nach Ritts Einstieg, scheint dieser Plan voll aufgegangen zu sein. Grave-Digger-Fans haben den technisch versierten und freundlichen Gitarristen lange bereits als vollwertiges Band-Mitglied akzeptiert. Und auch Chris Boltendahl, der die Gruppe 1980 gegründet hat, ist voll des Lobes für seinen aktuellen Axeman: „Grave Digger besteht aus Musikern, die miteinander befreundet sind.
Bei uns geht es immer sehr respektvoll zu, was auch notwendig ist, da wir vier grundverschiedene Typen sind. Es ist toll, Axel in der Band zu haben. Er ist für mich ein wichtiger Partner, dessen Rat ich sehr schätze, der aber auch Kritik vertragen kann. Axel ist immer super motiviert und hilft Grave Digger dadurch enorm weiter.“
Healed By Metal
Am 13. Januar 2017 ist das neue Werk der Band erschienen. Die unter das programmatische Motto ,Healed By Metal‘ gestellte Scheibe sorgt zurzeit für Lobeshymnen bei Fans und Medien gleichermaßen. Offensichtlich goutiert das Publikum die Rückkehr der Gruppe zu bodenständigen Themen, nachdem Grave Digger über viele Jahre mit Konzeptscheiben vergleichsweise schwere Sujets angepackt hatte, beispielsweise in der Trilogie ,Tunes Of War‘, ,Knights Of The Cross‘ und ,Excalibur‘ (1996 bis 1999) die Geschichte Schottlands, in ,Rheingold‘ (2003) Richard Wagners ,Der Ring der Nibelungen‘ oder in ,The Last Supper‘ (2005) das Abendmahl.
,Healed By Metal‘: Passend ist dieser Slogan insbesondere für Sänger Chris Boltendahl selbst, da der Kölner in seinen jungen Jahren beileibe kein Kostverächter war und Gesundheitsaspekte fast völlig außer Acht ließ: „Ich habe viele Jahre zu viel Shit geraucht und zu exzessiv gesoffen“, gibt er unumwunden zu. „Die ersten 20 Jahre von Grave Digger haben wir es mit den Parties maßlos übertrieben, sodass ich mein Leben bis 2000 überwiegend vernebelt verbracht habe. Aber seitdem lebe ich komplett abstinent und kann dadurch die Erfolge jetzt besser realisieren und auch genießen.“
Axel Ritt
Apropos „abstinent“: Im Gegensatz zur ausschweifenden Vergangenheit seines Sängers lebt Gitarrist Axel Ritt quasi das entgegengesetzte Extrem. Als seit Jahren überzeugter Veganer – er selbst bezeichnet sich in Gesprächen gerne als „alter Müsli“ – und umweltbewusster Zeitgenosse ist er bei allem was er tut auf Tierschutz, Nachhaltigkeit und den sorgsamen Umgang mit natürlichen Ressourcen bedacht.
Damit sind wir beim Thema und bei der Wahl seiner Instrumente: Ritt war bereits vor etwa zehn Jahren kurzzeitig Framus- Endorser. Durch eine von Gitarre & Bass begleitete Aktion im Herbst 2016, als in der renommierten Ziegler Brennerei im badischen Freudenberg eine Gitarre und ein Bass in Whisky eingelegt wurden, um daraus sowohl eine limitierte Framus/Warwick- Whisky-Edition, als auch Erkenntnisse über Klangveränderungen des Holzes durch die Einlagerung zu erhalten, hat Ritt den Kontakt zu Framus wieder aufgenommen. „Mir gefällt bei Framus insbesondere auch der ökologische Faktor.
Die Firma achtet bei der Produktion darauf, dass Ressourcen soweit wie möglich geschont werden und für Wiederaufforstung gesorgt wird. Außerdem arbeite ich generell gerne mit deutschen Firmen zusammen, deshalb auch meine Wahl für die Amps von Hughes & Kettner. Ich finde, dass man als deutscher Künstler die lokale Industrie fördern und mit Firmen um die Ecke arbeiten sollte … Zumal sich die Qualität deutscher Produkte im internationalen Vergleich ja nun wirklich nicht verstecken muss.“ Untreu wird sich Ritt eigentlich nur bei den Pickups seiner Gitarren, die vom kalifornischen Hersteller EMG stammen.
Um 2016 wieder mit Framus ins Geschäft zu kommen, sei für ihn wichtig gewesen, dass die gesamte von ihm benötigte Bandbreite an Gitarren abgedeckt wird, erzählt er. Deshalb umfasst die Vereinbarung zwischen Musiker und Hersteller neben normalen E-Gitarren auch ein Bariton-Modell, das für Ritts zweite Band Monstergroove zurzeit gebaut wird, sowie mehrere Akustikgitarren, die allesamt demnächst in die Fertigung gehen.
Für Grave Digger wurden Ritt zwei Gitarren auf Basis der Panthera-II-Modelle gebaut: „Für mich kamen nur zwei Formen in Frage, nämlich mit Explorer- oder Les- Paul-Design. Ich liebe Explorers, aber Les Pauls haben halt mehr Vorteile. Explorers sind so groß und eckig, dass man auf Flügen immer mit festen Cases und daher mit Sperrgepäck reisen muss. Gitarren in Les- Paul-Größe dagegen passen in Gigbags, die man als Handgepäck mit in den Flieger nehmen kann.“
Bild: Matthias Mineur
Bild: Matthias Mineur
Bild: Matthias Mineur
Bild: Matthias Mineur
Kurzzeitig sei auch mal ein Axel-Ritt-Signature- Modell angedacht gewesen, aber da Gibson momentan auf vermeintlich kopierte Korpus-Formen sehr sensibel reagiert und im Zweifelsfall Rechtstreitigkeiten androht, wurde diese Option wieder verworfen. Ritt: „Deshalb und weil die Panthera sowieso sehr nahe an allem dran ist, was ich bislang gespielt habe, habe ich mich für ein bereits existierendes Modell entschieden. Meine erste Framus-Gitarre vor zehn Jahren war eine Panthera I, meine neue Gitarre basiert auf der Panthera II, ist daher deutlich kurvenreicher, auch hinsichtlich der Decke, und sieht dadurch moderner und eleganter aus.“
Seit wenigen Wochen ist der 52- jährige Gitarrist also stolzer Besitzer zweier Framus-Panthera-2-Supreme- Modelle, die im für ihn typischen Streifen-Design lackiert wurden. Beide Instrumente sind absolut identisch, lediglich die Farbe variiert marginal: Nummer 1 ist schwarz-weiß, Nummer zwei schwarz-silber. Beide Gitarren sind mit besonders schweren Hölzern bestückt. Ritt: „Bei mir muss immer alles ganz dick und ganz schwer sein. Ich liebe es, wenn das Holz den Saiten und meinem Spiel etwas entgegenzusetzen hat.“ Ritts Pyramid-Signature- Saiten gehen von .013 auf .056, der Rheinländer spielt im Standard-Tuning: „Dermaßen dicke Saiten spielt sonst kein Mensch, was sicherlich seine Gründe hat“, grinst er. „Andere Musiker, die .013er Saiten spielen, verwenden zumeist ein tieferes Tuning.
Der Einzige, der, außer im Jazz, meines Wissens nach auch diese dicken Saitensätze in Kombination mit moderneren Spieltechniken eingesetzt hat, war Stevie Ray Vaughan, aber auch mit einer um einen Halbton tiefer gestimmten Gitarre. Die Saitenspannung ist aufgrund des dicken Saitensatzes natürlich sehr hoch, und dafür braucht man ein spezielles Instrument, das dieser Spannung entgegenwirken kann. Auch der Hals ist bewusst sehr kräftig ausgelegt, ich sage mal ein fleischiges D-Profil. Ich habe mich für die lange Mensur mit 22 Bünden entschieden, weil ich mich im Laufe der Jahre gut darauf eingestellt habe. In meinen Anfangstagen hatte ich nahezu immer die kurze Gibson- Mensur gespielt.“
Die Tonabnehmerbestückung der Gitarren besteht aus einem 81er- und einem 85er-Typen von EMG, eine bewährte Kombination, die unter anderem auch von Zakk Wylde gespielt wird. Ritt: „Früher hatte ich in meinen Gitarren auch schon mal zwei 81er EMGs, was auch sehr gut funktioniert, aber der 85er-Pickup klingt noch etwas gefälliger und weicher.“ Das Griffbrett der Axel-Ritt-Gitarre ist komplett gescalloped. Als Gurt-Pins verwendet der Grave-Digger-Gitarrist Security- Locks von Loxx mit Kugelköpfen. Ritt: „Seit Kurzem haben Loxx diese Technik durch eine darunter liegende Metalplatte erweitert, sodass man beim Verlust des Gurtknopfes zur Not auch mit einem normalen Gurt weiterspielen könnte.“
Zum Schluss noch: Eine besondere Geschichte verbirgt sich hinter Ritts aktuellem Gitarrengurt. Der stammt nämlich von der Firma gitarrengurte.de/Caer und ist, wie auch Ritts Schuhe oder seine Gürtel, ein zu 100 Prozent veganes Produkt. Ritt: „Um wirklich komplett hinter meinen Produkten stehen zu können, wollte ich Leder bei meinen Gurten vermeiden. Kunstleder verhält sich im Spielbetrieb jedoch völlig anders als echtes Leder, weil es steifer ist und daher anders fällt, was mitunter dazu führte, dass er bei einer bestimmten Solo-Haltung von mir von der Schulter rutschte. Zusammen mit der Firmeninhaberin Gabi Alkofer haben wir acht Prototypen entwickelt, bis wir diesen Nachteil behoben hatten.“ Allerdings: Mit einem Preis von etwa 100 Euro ist der Axel-Ritt-Signature-Gurt nicht gerade billig.