Das Konzert im Berliner Admiralspalast ist penibel vorbereitet und minutengenau im Zeitplan. Robert Cray mag Soundcheck und Backstage-Bereich gerne gut organisiert. Auch sein Handwerkszeug ist sachlich strukturiert und äußerst puristisch. Dafür sind seine Shows umso freier: Er benutzt keine Setlist. Den Ablauf einer Show erfährt seine Band erst auf der Bühne. Auf Zuruf.
Robert, du hast ausschließlich deine Signature-Strats von Fender dabei. Warum gerade diese drei?
Anzeige
Robert Cray: Weil sie sich zu 100 Prozent identisch anfühlen, ich muss mich beim Wechsel nicht auf ein anderes Instrument einstellen. Nur auf eine andere Lackierung! (lacht) Ihr Halsradius ist meinen alten Strats entlehnt, den bin ich gewohnt. Ich habe alles probiert, alte V-Style-Necks und moderne, flache Hälse. Am besten komme ich mit diesem moderaten C-Profil zurecht.
Im Studio spielst du auch andere Gitarren, etwa eine Gibson ES-125, eine Le Grand oder ein Fender-VI-Modell. Warum verzichtest du live auf sie?
Robert Cray: Meine Stratocasters sind eben meine Arbeitspferde auf der Bühne, mit denen ich mich sicher fühle.
Du hast auf dieser Tour zwei Matchless Clubman und einen Fender Vibro- King als Amps dabei.
Robert Cray: Die beiden Matchless spiele ich einzeln, aber auch parallel, denn mein Techniker Zach hat mir ein Effektgerät gebaut, das auf dem alten Magnatone-Vibrato basiert. Ich mag diese Kisten, weil sie ein echtes Vibrato erzeugen, kein Tremolo! Der Unterschied liegt darin, dass ein Tremolo die Lautstärke verändert, was klingt, als würde eine Note pulsierend wiederholt werden. Ein Vibrato-Effekt verändert dagegen die Tonhöhe, ähnlich einem Whammy-Bar. Und darin waren die alten Magnatones unschlagbar. Ich kann Geschwindigkeit und Intensität des Effekts einstellen, spiele beide Amps parallel und habe dann dieses pulsierende Stereo-Vibrato, das den Sound richtig cool macht. Ansonsten spiele ich die Matchless‘ mono weil ich einen sauberen Clean-Sound mag. Wenn ich einen etwas schmutzigeren Ton will, nehme ich den Vibro-King.
Was magst du an diesem Amp?
Robert Cray: Der Vibro-King ist irgendwie eine seltsame Kiste. Er hat drei 10“-Speaker, was schon mal ungewöhnlich ist und hat eine Menge Schub. Er hat mit 60 Watt deutlich mehr Lautstärke, als ein Matchless (35 Watt). Das gefällt mir. Wenn ich mehr Druck brauche, habe ich Reserven. Vor allem aber hat sein Ton Seele.
Bild: Kamila Mascot
Bild: Kamila Mascot
Bild: Kamila Mascot
Bild: Kamila Mascot
Arbeitest du während der Show viel mit dem Lautstärkeregler deiner Gitarren?
Robert Cray: Ja. Die Amps haben ihr festes Setting, nicht zu laut, sie sind sogar relativ moderat eingestellt. Daran verändere ich nichts. Die Lautstärke mit dem Volume-Regler der Gitarre zu justieren ist für mich eine Sache des Gefühls und der Situation. Je nachdem wie es ein Song gerade braucht oder wohin mich mein Solo gerade führt, was ich ausdrücken will und ob ich mehr Druck brauche, um mich von der Band abzusetzen.
Und inwiefern unterscheidet sich dein Live-Solospiel von deinen Alben?
Robert Cray: Um einiges! Auf der Bühne muss es spannend bleiben für mich, meine Musiker und das Publikum. Da gibt‘s keinen anderen Weg. Deswegen benutze ich keine Setlist. Wir haben eine große Masterliste, und am jeweiligen Abend wähle ich dann während der Show die Stücke aus. Ich versuche einen Song zu finden, der für mich der richtige für den Moment zu sein scheint. Immer die gleiche Abfolge an Stücken zu spielen würde mich tödlich langweilen! So sind wir sinnbildlich die ganze Zeit auf den Zehenspitzen, unter Spannung, damit wir aufmerksam und wachsam sind, was im Moment passiert. Ich sage immer zu meinen Jungs: If you’re not looking, you’re not working! (lacht)
Das führt uns zur Improvisation.
Robert Cray: Wenn ich ehrlich bin, kann ich mich oft gar nicht mehr an meine originalen Soli erinnern! (lacht) Und was die Band betrifft, hatten wir ja auch schon ein paar Wechsel. Ich lasse jedem Musiker Raum, seinen Platz in dieser Band zu finden, denn ich selbst spiele ja ausschließlich auch nach Gefühl. Ich spüre genau, was mein Publikum möchte und ich fühle, ob das, was wir bislang geliefert haben ankommt oder nicht. Ich reagiere spontan darauf und dann schauen wir weiter. Und wenn wir die gleiche Sprache sprechen und das Publikum abgeht, spornt mich das an, noch mehr zu geben. Es ist ein Geben und Nehmen.
Bist du ein strenger Band- Boss?
Robert Cray: Ich habe noch nie jemanden angeschrien, aber ich bringe meinen Standpunkt rüber, na klar. Ich drücke auch aus, wenn ich unzufrieden bin. Aber es geht immer nur um die Musik. Ich werde nie persönlich. Ich bin ja mit meinen Jungs schon eine Weile unterwegs. Das sagt ja auch einiges.
Discografie
Who’s Been Talkin’, 1978
Bad Influence, 1982
False Accusations, 1985
Strong Persuader, 1986
Don’t Be Afraid Of The Dark,
1988
Too Many Cooks, 1989
Midnight Stroll, 1990
I Was Warned, 1992
Shame And A Sin, 1993
Some Rainy Morning, 1995
Sweet Potato Pie, 1997
Take Your Shoes Off, 1999
Shoulda Been Home, 2001
Time Will Tell, 2003
Twenty, 2005
Live From Across The Pond,
2006
Live At the BBC, 2008
This Time, 2009
Cookin’ In Mobile, 2010
Nothin But Love, 2012
In My Soul, 2014
4 Nights Of 40 Years Live, 2015
Wie lange dauert euer Soundcheck?
Robert Cray: Hängt von der Tagesform ab. Manchmal proben wir Stücke die wir lange nicht gespielt haben. Oder einen Song, der am Vorabend nicht so gut geklappt hat und etwas Nachbesserung braucht. Aber meist spielen wir zwei Songs. Erstens: Klingen die Instrumente gut? Zweitens: Klingt der Raum gut? Das war’s. (lacht)
Du hast mal erzählt wie du als junger Musiker Muddy Waters in seiner Garderobe besucht hast. Besuchen dich heute junge Blues-Gitarristen?
Robert Cray: Ja, manchmal treffe ich Kids, aber ich feiere nicht schon vor einem Gig wie Muddy damals! (lacht). Das war eine andere Zeit. Muddy, John Lee Hooker, Albert King, B.B. King, Albert Collins – sie waren die großen Meister, die Ikonen. Sie waren in einer ganz anderen Liga als ich. Ich bin glücklich, dass ich sie alle gesehen habe und mit manchen sogar spielen durfte. Sie freuten sich, wenn ein junger Kerl wie ich die Nase zur Garderobe reinsteckte und sagten: „Komm rein, Junge, setzt dich! Lass uns unterhalten!“ Das waren noch Zeiten!