Status Quo: Gitarrentechniker Lloyd Gilbert im Interview
von Matthias Mineur, Artikel aus dem Archiv
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Rick Parfitt ist am 24. Dezember 2016, in Marbella, Spanien gestorben. Plötzlich, aber aufgrund diverser Erkrankungen nicht ganz unerwartet. Der 1948 im englischen Woking geborene Musiker war Sänger, Gitarrist und Komponist der legendären BritRocker Status Quo – seit fünf Jahrzehnten. Wir haben überlegt, ob das Interview mit Ricks Guitar-Tech Lloyd Gilbert, das wir vor einigen Monaten auf der Rock-Meets-Classic-Tour führten, jetzt noch einen Sinn hat. Ja, hat es – denn es ist und bleibt eine Erinnerung an einen engagierten Rock-Musiker.
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Lloyd Gilbert: Guitar Tech
Lloyd, kannst du dich kurz vorstellen?
Lloyd Gilbert: Gerne! Mein Name ist Lloyd Gilbert, ich bin 1963 in Watford geboren. Seit 1992 arbeite ich als Gitarrentechniker, zunächst in der Folk-Szene mit The Levellers oder Rev Hammer, später dann viele Jahre mit Therapy, Reef, Terrorvision und Skunk Anan sie, vor Kurzem auch mit Blur. 2006 sprang ich für einen Freund, der mit Robbie Williams auf Tour ging, bei Quo ein. Aus den ursprünglich geplanten drei Wochen sind mittlerweile zehn Jahre geworden. Bei Quo kümmere ich mich um Rick und Francis, was nicht so schwierig ist wie es klingt, da das Equipment der beiden überschaubar und sehr simpel ist. Sie verwenden nicht allzu viele Effektgeräte und spielen möglichst nur mit zwei, drei Gitarren.
Ich hörte, dass du leidenschaftlicher Gitarrensammler bist. Spielst du auch?
Lloyd Gilbert: Nein, in erster Linie sammele ich. Vor allem alte japanische Modelle, speziell Ibanez und Tokai.
Wie viele Exemplare besitzt Du?
Lloyd Gilbert: Zu viele, würde meine Frau sagen. Ich tippe auf 30 bis 35. Ich bin ein riesiger KissFan, alles fing damit an, dass ich vor einigen Jahren mit Andy Cairns von Therapy auf Einkaufstour in London unterwegs war und in einem Gitarrenladen eine 1978er Ibanez PS 10 Iceman, also das PaulStanley-Modell sah. Andy schenkte mir die Gitarre, und von da an wollte ich immer mehr Ibanez-Modelle besitzen. Also suche ich in allen möglichen Shops, aber auch im Internet über eBay. Man findet immer wieder kleine Schmuckstücke.
Welches ist dein wertvollstes Exemplar?
Lloyd Gilbert: Mir liegt die PS 10 natürlich besonders am Herzen, weil damit alles anfing. Aber ich habe auch eine wunderbare 1981er Tokai Les Paul, eines der allerersten Modelle. Alle Gitarren stammen aus den späten Siebzigern und frühen Achtzigern. Meine Lieblingsgitarren sind eine Les Paul Junior und eine SG Junior mit einem Pickup, ohne Schnörkel, Wraparound-Bridge, von denen besitze ich sechs oder sieben. Aber auch ein paar tolle alte Telecasters, eine amerikanische von 1978 in tadelloser Verfassung und eine von 1985, die mir James Dean Bradfield geschenkt hat, als ich für die Manic Street Preachers arbeitete.
Zurück zu deinem Job bei Status Quo: Hat sich in den zurückliegenden zehn Jahren etwas signifikant verändert?
Lloyd Gilbert: Der Markt generell hat sich sehr geändert. Die Verkaufszahlen bei Quo sind wie bei allen anderen Bands stark zurückgegangen, aber die Leute strömen immer noch in ihre Konzerte. Das gilt vielleicht nicht mehr für Amerika und Japan, aber in Spanien, Italien, Deutschland, England oder Australien sind die Hallen stets rappelvoll. Beim Equipment hat sich ebenfalls eine Menge getan: Es gibt unglaublich viel hochwertiges Zeugs zu bezahlbaren Preisen, und das war früher definitiv anders. Quo sind bei Marshall-Amps und Vox AC30s geblieben, der Sound ist nicht übermäßig verzerrt aber auch nicht allzu trocken- bluesig, sondern irgendwo in der Mitte. Das Geheimnis bei Quo ist aber vor allem, dass hier zwei völlig unterschiedliche Gitarristen am Start sind. Francis kommt vom Country, während Rick die marschierende Dampflock ist. Für eine Band ist das natürlich eine fabelhafte Mischung.
Bild: Mineur, Universal
Bild: Mineur, Universal
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Bild: Mineur, Universal
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Wann fängt an einem normalen Show-Tag deine Arbeit an?
Lloyd Gilbert: Meistens wird ab mittags die Backline aufgebaut, ich habe dann sechs Gitarren dabei, drei für Francis, drei für Rick, plus ein paar Klampfen als Ersatz. Bei Rick wechsle ich die Saiten fast jeden Tag, bei Francis nach etwa jeder dritten Show. Um 16 Uhr ist dann meist Soundcheck, irgendetwas gibt es vorher und nachher immer zu tun.
Worin besteht deine Aufgabe während der laufenden Show?
Lloyd Gilbert: Natürlich auf die beiden Gitarristen zu achten. Bei Quo reißen nur selten Saiten, aber die Shows sind sehr intensiv, Francis und Rick rennen beide auf der Bühne viel herum, und die Jüngsten sind die zwei ja auch nicht mehr.
Bist du auch bei den Proben und den Tour-Vorbereitungen dabei?
Lloyd Gilbert: Ja. Ich mache im Grunde genommen alles mit, was die beiden betrifft, inklusive ihrer Soloaktivitäten, Fernsehauftritte, Kooperationen, und so weiter. Übrigens auch bei den Aktivitäten ihres Bassisten John Edwards.
Wie viele Monate im Jahr bist du unterwegs?
Lloyd Gilbert: Mindestens sechs, eher mehr. Die arbeitsreichste Zeit ist Mai und Juni sowie die Festival-Saison. Dazu kommt oft eine große Europa-Tournee zum Ende des Jahres. Alles ist gut organisiert, sodass man sein Jahr vorher bestens planen kann. Bei anderen Bands geht es auch schon mal drunter und drüber, aber bei Quo ist alles gut strukturiert.
Gibt es einen generellen Unterschied zwischen einem regulären Status- Quo-Gig und einem Gastauftritt, so wie diesem hier, bei Rock meets Classic?
Lloyd Gilbert: Natürlich gibt es Unterschiede, aber für mich ist auch dies Routine, weil ich in meiner Quo-freien Zeit oft bei Festivals aushelfe und deswegen die Abläufe kenne. Ich weiß, wo man sich aufhalten darf und wo man lieber nicht stehen sollte. Man lernt, dass hier alle Rädchen ineinandergreifen müssen, damit die Show funktioniert.
Gefällt dir Rockmeets Classic?
Lloyd Gilbert: Absolut, es ist ein fantastisches Konzept. Ich wusste vorher nicht, was mich erwartet, aber was ich hier erlebe haut mich förmlich um: die Musikalität aller Beteiligten, die Kameradschaft, das gesamte Konzept. Ich wünschte, ich dürfte so etwas häufiger erleben. Mich begeistert die tadellose Haltung der Orchestermusiker, die etwas machen, was nicht zu ihrem Alltag gehört, die sich nicht von den Stars vorne auf der Bühne aus der Fassung bringen lassen, sondern zu 100% ihren Job abliefern. Ich wünschte, jeder Musiker könnte mal erleben, wie perfekt diese beiden Genres miteinander hier verschmelzen.
Interview gefällt mir sehr gut und ist sehr interessant.