Auch wenn MTV seit geraumer Zeit nicht mehr primär für Musik steht, kann man dem Sender die Prägung zahlreicher Meilensteine der jüngeren Musikgeschichte nicht absprechen. Heute wollen wir uns der legendären Unplugged-Reihe widmen, in der bereits unzählige Künstler auf Strom verzichtet und ihre Stücke (mal mehr mal weniger erfolgreich) rein akustisch vorgetragen haben.
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Die Ursprünge
In den 70er Jahren erfreuten sich formlose Konzerte von Künstlern wie Elvis Presleyoder den Beatles im Studio, Film oder auf Platte wachsender Beliebtheit. Zwar wurden das 1968er Comeback Special des Kings oder die Studio-Jams zum Film Let it Be (1970) von den Beatles damals nicht explizit als ein “unplugged”-Event angepriesen, jedoch dienten sie als Inspiration für die kommenden Jahre. So richtig los ging es dann mit mit dem The Who-Gitarristen Pete Townshend, der sich für die Amnesty-International-Benefizreihe The Secret Policeman’s Ball dazu überreden ließ, auf Verstärkung zu verzichten und “Pinball Wizard” und “Won’t Get Fooled Again” auf einer Akustikgitarre zu performen. Die Aufführung der beiden Songs wurde durch das 1980er Live-Album von einem breiten Publikum wahrgenommen und hat diverse Musiker zum Nachahmen inspiriert.
1981 folgte die zweite Ausgabe der Benefizreihe, bei der ähnliche Auftritte von Berühmtheiten wie Sting, Phil Collins und Bob Geldof absolviert wurden. Auch diese Konzerte wurden in Bild und Ton festgehalten und erfreuten sich großer Beliebtheit. Das Phänomen von Rockmusikern, die ihre Hits in einem akustischen Arrangement rekreierten, etablierte sich immer mehr, auch wenn “unplugged” nach wie vor kein feststehender Begriff dafür war. Ein weiterer wichtiger Faktor war die allgemeine Begeisterung für Folk- und Akustik-Musik Ende der 80er. Elemente davon wurden von vielen jungen Künstlern adaptiert, während die “Klassiker” wie The Grateful Dead, Yes, Bob Dylan oder Jethro Tull ein Comeback feierten. Jethro Tull waren auch die erste Rockband, die 1987 als ein “unplugged”-Trio bei MTV spielte, gefolgt von Jon Bon Jovi und Richie Sambora, die 1989 “Livin’ on a Prayer” und “Wanted Dead or Alive” auf den MTV Video Music Awards zum besten gaben.
https://www.youtube.com/watch?v=sotzgSvjZUQ
Die tatsächliche Unplugged-Reihe wurde von den beiden Produzenten Robert Small und Jim Burns zusammen mit dem Songwriter Jules Shear (der auch die ersten 13 Episoden moderierte) produziert. In der ersten Folge trat die britische New-Wave-Band Squeeze auf.
Denkwürdige Auftritte
MTV hat im Laufe der Zeit Künstler aus allen möglichen Richtungen in das Unplugged-Programm geholt und tut es aktuell immer noch. Jedoch nicht mehr mit dem Erfolg der vergangenen Jahrzehnte. Auch lässt sich bestens darüber streiten, ob das akustische Arrangement wirklich allen Künstlern gut gelungen ist. So ist der Auftritt der US-Nu-Metal-Band Korn auch unter den Fans der Band ziemlich strittig. Andere Konzerte dagegen gelten heute als legendär. Im Folgenden eine (subjektive) Auswahl:
Was für ein Clash! Sowohl Steve als auch Joe waren damals bereits Gitarristen von Weltrang und das hört man auch. Ob Banjo oder 12-saitige Akustikgitarre – hier hört man wahre Meister spielen, auch wenn sie leider kein Stück zusammen aufführen.
Hier sieht man eine der erfolgreichsten Rockbands der USA in Bestform. Erst ein Jahr zuvor brachten sie ihr großartiges Album Pump heraus. Ob eigene Songs oder das Doors-Cover “Love me Two Times” – absolut gelungen.
Zweifelsohne eines der absoluten Highlights der Reihe. Das Album zum Konzert ist nach wie vor das meistverkaufte Album der Serie und wurde in Folge mit sechs Grammys geehrt.
https://www.youtube.com/watch?v=CZnAoizMCWM
Nirvana (1993)
Nirvana waren noch nie für einwandfreies Handwerk bekannt – das ist auch hier nicht anders. Allerdings hat das Ganze einen unleugbaren Charme und ist ebenfalls mit der bekannteste Unplugged-Auftritt überhaupt. Die Band weigerte sich übrigens, ihren Hit “Smells Like Teen Spirit” aufzuführen und nahm stattdessen mehrere, teilweise unbekannte Coverversionen ins Programm auf. Es sollte einer der letzen Auftritte von Curt Cobain werden, der rund fünf Monate nach dem Konzert Selbstmord beging.
Kiss (1995)
In doppelter Hinsicht ungeschminkt kamen die Gründungsmitglieder von Kiss 1995 zusammen. Es war ihr erster gemeinsamer Auftritt seit 1979. Es ist auch das einzige Konzert, bei dem die Original-Mitglieder ohne das weltbekannte Make-Up auftraten.