FX-Elite

Earthquaker Pedals im Test: Gray Channel, Spires, Spatial Delivery, Night Wire

Anzeige

In der Ausgabe 04/2016 hatten wir vier Pedale des US-Herstellers im Test. Frohlocken, wir waren so angetan von dem Leistungspotential der Effektgeräte, dass wir gleich ein weiteres Quartett orderten, aus den Kategorien: Overdrive, Fuzz, Touch-Wah, Tremolo.

Earthquaker Pedals im Test: Gray Channel, Spires, Spatial Delivery, Night Wire

Anzeige

Guitar Summit Werbung

Konstruktion

Es gibt inzwischen Effektpedale wie Sand am Meer, doch in der Bauweise gibt es kaum gravierende Unterschiede. Solide Metallgehäuse, innen Platinentechnik, die nicht selten alle Bauteile beherbergt, aus dem Muster schert nur ein Bruchteil der Produkte/Marken aus. Auch unsere Testkandidaten sind solchermaßen rationell gefertigte Geräte. Earthquaker Devices bedient sich teilweise sogar der modernen, platzsparenden SMD-Technik.

Frei verdrahtet sind nur die Batterie- Clipse, soweit vorhanden, und die Fußschalter, die genau genommen Taster sind. An dieser Stelle leisten sich die Pedale nämlich einen ungewohnten Luxus. Den eigentlichen Vorgang führen – wie das so ist, begleitet von einem leichten Knacksen – Relais aus, sprich die Fußtaster dienen nur als Auslöser für die Schaltvorgänge. ICs normaler Baugröße sind nicht direkt verlötet, sondern stehen in Fassungen – praktisch wenn man bei einem Defekt nur schnell mal umstecken muss, anstatt umständlich, an relativ feinen, womöglich empfindlichen Leiterbahnen zu löten.

Ein kleines Manko des alles-auf-der-Platine- Aufbaus betrifft die DC-Buchse. Sie hat keinen weiteren Halt als den an den Lötstellen. Theoretisch kann hier nach häufiger bzw. unachtsamer Benutzung ein Problem auftreten. Angenehm in der Praxis, dass bei allen vier Pedalen die weiße „Activate“-Status- LED sehr hell leuchtet. Die Channel-LEDs der beiden großen Pedale strahlen leider ein deutlich schwächeres Licht ab. Davon abgesehen ist die Verarbeitung einwandfrei und die Substanz hochwertig.


Gray Channel

Das Besondere an diesem Overdrive- Pedal ist, dass man zwei unabhängige Sektionen zur Verfügung hat, zwischen denen man mit einem Fußkick wechseln kann, und diese zudem jeweils auch noch drei Sound-Modes anbieten. So können die Verzerrungen im Green Channel mit Unterstützung von Silizium- oder Germanium- Dioden oder ohne diese erzeugt werden (Si/N/Ge). Im Red Channel stehen die Optionen LED, N und FET (Feldeffekttransistor, hier: „Mosfet clipping diodes“) zu Wahl. Davon abgesehen ist die Ausstattung mit je einem Gain- und einem Volume-Regler minimal.

Jamie Stillman sagt von dem Gray Channel, dass das Pedal im Grunde auf dem ersten eigenen technischen Entwurf basiert, mit dem er sein Business damals 2004 startete. Zitat: „… zwei Kanäle eines einfachen hart übersteuernden Overdrive-Pedals, das den Charakter der Gitarre und des Amps intakt lässt“. Okay, einverstanden, das trifft definitiv zu. Jedoch mit der kleinen Einschränkung, dass bei hohem Gain die feineren Facetten des Instruments nicht mehr viel Chancen haben – kein Mangel des Pedals, sondern eine typische Eigenschaft des harten Clippings.

Im Ton des Gray Channel schwingt stets eine Fuzz-Farbe. Das macht die Sound- Formung markant, lebendig und charakterstark. Beide Gain-Regler liefern am Maximum sehr intensive Verzerrungen. Der Bassbereich wird nicht ausgedünnt, die Ansprache ist schnell und direkt, daher ist das Pedal definitiv auch für Metal-Gitarristen geeignet. Die Soundmodes unterscheiden sich in erster Line darin, wie sich die Verzerrungen in den Höhen und oberen Mitten darstellen.

gray-channel-innen
(Bild: Dieter Stork)

Si: Breitbandig kraftvolles Klangbild, fett in den unteren Frequenzen, forsch und offensiv in den Höhen.

Ge: Wärmer im Ton, die Höhen milder, schlanker im Bassbereich, aber nicht dünn.

LED: Voluminös wie der Si-Modus, aber mit kräftig aufgeblähten Mitten, weniger Biss in den Höhen.

FET: Ist dem Ge-Modus ziemlich ähnlich, aber einen Hauch defensiver in den Höhen.

Mit diesen Klangunterschieden und der Möglichkeit, im N-Modus subtil anzerrenden Boost zu erzeugen, erreicht das Gray- Pedal hohe Variabilität. Der N-Modus funktioniert schön als „haarige“, fein anzerrende Clean-Ebene, oder als Booster für einen nachfolgenden Verzerrer oder Amp. Die anderen Modes können beides, den Verstärker etc. anblasen oder vor einem clean eingestellten Amp selbst bzw. allein für Distortion sorgen. Hierbei gilt es aber zu beachten, dass der Gray Channel selbst mit höherem Gain das Sustain nicht unterstützt und nach einer gesunden, homogenen Ausklangphase doch eher abrupt aus den Zerrungen wegkippt.

Wenn man etwas kritisieren wollte, bleibt eigentlich nur das Fehlen einer Klangregelung. Nicht, dass man die unbedingt bräuchte, aber zumindest im Treble- Bereich würde mancher vielleicht gerne eingreifen können. Na, man nehme stattdessen den Tone-Regler an der Gitarre, geht auch.

Effekttyp: Overdrive, 2 Kanäle

Anschlüsse: Input, Output, DC-In

Regler/Schalter: Gain (-Green), Gain (- Red), Green, Red; 2 Mode-Schalter (Si/N/GE u. LED/N/FET), 2 Fußschalter (Channel, Activate/True Bypass)

Opt. Anzeigen: 2 Schaltstatus-LED

Speisung: 9VDC/14mA, Batterie o. Netzteil

Preis (UVP/Street): ca. € 282/239


Spires

Das Konzept gleicht dem Gray Channel: Auch hier beim Spires sind zwei FX-Sektionen am Start, Green und Red. Doch das Pedal ist einfacher gehalten, sprich es gibt nicht so viele Sound-Optionen. Die Green Sektion ist ein Fuzz in Vollgas, es gibt kein Gain-Poti, sondern nur Tone und Volume. Red dagegen bietet sowas, mit seinem Fuzz-Regler, hat dafür aber keine Klangregelung, nur Volume. Green, das Fuzz, muss man natürlich nicht immer nur volle Pulle laufen lassen. Ein kleiner Dreh am Guitar-Volume räumt die Verzerrungen auf, wie man das traditionell kennt, mit dem „Kippschaltereffekt“, einem deutlichen Nachlassen ab einer Schwelle des Regelwegs. Funktioniert (in beiden Kanälen) aus technischen Gründen nur mit passiven Tonabnehmern.

spires-innen-effektpedal
(Bild: Dieter Stork)

Bei den niederohmigen Signalen aktiver Pickups (bzw. nach Effektgeräten mit einem Tiefimpedanzausgang) stellt sich diese Regelcharakteristik nicht ein. Green „fuzzt“ intensiv, klingt aber doch eher milde, nicht harsch, und ist im Grund-Sound kraftvoll, bis in den Bassbereich hinein. Das Klangbild kann man allerdings massiv verändern. Dreht man Tone im Uhrzeigersinn, verschlankt sich das Fuzz-Signal in den unteren Mitten und wird sukzessive grober im Charakter. Die eben noch eher harmonisch wirkenden Verzerrungen klingen nun „kaputt“, böse, schmutzig.

Der Red-Kanal entspricht im Sound dem Green-Channel mit zugedrehtem Tone-Poti, d. h. er bietet tendenziell freundliche Fuzz-Klangfarben. Die Verzerrungen sind am Maximum sehr dicht und intensiv. Dreht man Fuzz zurück, klart die Wiedergabe erheblich auf, anstatt satter Distortion steht nun Overdrive bis Crunch auf dem Programm. Mit der vorteilhaften Eigenheit, dass die Verzerrungen bevorzugt in den oberen Frequenzen entstehen und somit das Klangbild durchsichtig und bei Akkorden schön harmonisch bleibt. Der Red- Channel funktioniert sowohl als Stand-Alone-Verzerrer wie als kolorierender Booster. Und es ist ziemlich klasse, welche anfettende Wirkung er vor einem Crunch-Kanal und vor weit aufgedrehten Vintage-Amps erzielt. Fazit: Top, ein kultiviertes, variables Fuzz- Pedal.

Effekttyp: Fuzz, 2 Kanäle

Anschlüsse: Input, Output, DC-In

Regler/Schalter: Green, Red, Tone, Fuzz; 2 Fußschalter (Channel, Activate/True Bypass)

Opt. Anzeigen: 2 Schaltstatus-LEDs

Speisung: 9 Volt/DC, Batterie o. Netzteil

Preis (UVP/Street): ca. € 282/239


Spatial Delivery

Touch-Wah steht da als Angabe zum Effekttyp. Es ist eines, klar, aber ein spezielles, ungewöhnliches, weil in seiner Dynamik nicht unmittelbar einem normalen Wah ähnlich, wie es z. B. beim legendären Mu-Tron 3 der Fall ist. Beim Spatial Delivery spielt sich der Effekt bevorzugt in höheren Frequenzen ab. Mit dem Mini-Schalter kann man wählen, ob das Wah beim Anschlag öffnet (up) oder schließt (down). In der Mittelstellung des Schalters erzeugt ein Zufallsgenerator rhythmisch futuristisches Wah-Blubbern, die Geschwindigkeit ist mit dem Range- Poti regelbar. Dieses ist sonst für das Abstimmen des Attack-Levels zuständig, man stellt hier also ein, wie intensiv und bei welchem Pegel das Touch-Wah auf den Anschlag des Spielers reagiert. Range intensiviert mit einer Art Resonance- Feedback den Effekt, das dritte Poti, Filter, bestimmt wie weit der Wah- Effekt durch das Frequenzband wandert: am Linksanschlag ist der Bereich schmal und liegt quasi nur in den Höhen, in Richtung Rechtsanschlag kommen immer Mitten bzw. tiefere Frequenzanteile dazu. Klingt dann in etwa wie ein normales Standard-Wah.

spatial-delivery-innen-effektpedal
(Bild: Dieter Stork)

Wie zu erwarten, bewährt sich das Spatial Delivery in jeder Art von Funk-Comping, seien es Akkorde oder kurze Singlenotes. Auffällig: Der Effekt klingt sehr sauber, es kommen keine kolorierten, verzerrten Anteile zu Gehör. Die expressive FX-Formung punktet außerdem bei Melodielinien und Solopassagen sehr positiv, egal ob clean oder mit Distortion. Der Praxiswert der Sample&Hold-Funktion wirkt dagegen bescheiden. Der Reiz des wenig variablen Effekts verblasst doch schnell. Aber wer weiß, vielleicht bin ich ja nur zu fantasielos.

Effekttyp: Touch-Wah, VCA-Envelope Filter

Anschlüsse: Input, Output, DC-In

Regler/Schalter: Range, Resonance, Filter; True Bypass-Fußschalter

Opt. Anzeigen: Schaltstatus-LED

Speisung: 9 Volt/DC, nur von extern

Preis (UVP/Street): ca. € 282/239


Night Wire

Was macht ein Tremolo zu einem Harmonic Tremolo? Earthquaker beschreibt das so: Das Signal wird über Hochpass- und Tiefpass-Filter in zwei Frequenzbänder aufgetrennt und dann um 180 Grad versetzt vom LFO moduliert. Zusätzlich bietet ein Schalter die Möglichkeit, zwischen drei Betriebsarten zu wählen: Manual: Die Center- Frequenz der Filter, also der Schnittpunkt, kann mit dem Poti Frequency verschoben werden. LFO: Die Center-Frequenz wird ständig vom Oszillator verschoben, wobei der Regler Frequency die Geschwindigkeit bestimmt. Attack: Wie LFO-Mode, aber die Anschlagsstärke des Gitarristen bzw. die Signalstärke am Eingang dient als Steuerung. Darüber hinaus wählt ein zweiter Schalter, ob der Tremoloeffekt mit stabiler Geschwindigkeit (Rate) moduliert wird, oder die Geschwindigkeit mit dem Schwächerwerden des Eingangssignals, respektive dem Ausklang der Saiten, sukzessive langsamer wird. Die übrigen beiden Regler Level und Depth bestimmen die Lautstärke und die Intensität des Effekts.

night-wire-innen-effektpedal
(Bild: Dieter Stork)

In der Praxis macht sich die aufwendige Technik bezahlt. Die Tremolo-Modulationen sind absolut sauber in der Signalqualität und erzeugen eine eigentümliche sphärische Tiefenwirkung. Zuweilen klingt es, als läge zusätzlich ein leichtes Phasing auf dem Klangbild. Hohe Stellungen von Depth und Frequency bewirken im Attack-Modus, dass sich beim Anschlag ein leichter Wah-Effekt auf die Noten legt. Ein wahres Mehrwert- Tremolo, das eigen ist im Effektcharakter und vielseitiger und das mehr kann als viele andere gleichnamige FX-Pedale am Markt.

Effekttyp: Harmonic Tremolo

Anschlüsse: Input, Output, DC-In

Regler/Schalter: Level, Rate, Depth, Frequency; True Bypass-Fußschalter

Opt. Anzeigen: Schaltstatus-LED

Speisung: 9 Volt/DC, nur von extern

Preis (UVP/Street): ca. € 282/239


Resümee

Schluss-Gong der zweiten Runde: Die Testkandidaten unterstreichen, was unser erster Test von Earthquaker-Pedalen im Frühjahr ergeben hat. Ein Mix aus maximaler Signalgüte und intelligenten, praxisfreundichen Funktionskonzepten gibt dem Gitarristen kultiviert klingende und inspirierende Sound-Werkzeuge an die Hand. Besonders vielseitig ist das Gray-Channel mit seinen unterschiedlichen Modes. Ebenfalls zweikanalig holt Spires mehr aus dem Fuzz-Effekt als gemeinhin üblich, Spatial Delivery ist ein charakterstarkes Touch-Wah der etwas anderen Art, und beim Night Wires gibt es Tremolo im neuen Gewand, spacey, clean und vielschichtig im Sound. Ganz klar, unter diesen Umständen muss man das Preis-Leistungsverhältnis definitiv als ausgewogen einstufen.

Plus

  • Sounds, Qualität + Bandbreite
  • Gray Channel u. Spires: charakterstarke Verzerrungen
  • Spatial Delivery u. Night Wires: frische Konzepte, ungewohnte Vielseitigkeit
  • geringe Nebengeräusche
  • Verarbeitung/Bauteile- Qualität

 

>>Siehe auch Earthquaker: Afterneath, Colby Fuzz, Dispatch Master & Fuzz Master General im Test<<


Neben Ibanez, Yamaha, Taylor und Gretsch ist auch EarthQuaker Devices beim Guitar Summit, dem größten deutschen Gitarre & Bass Event, am Start! Teste das neueste Equipment, triff Gleichgesinnte und besuche über 100 Workshops! Jetzt Tickets sichern!

Hinweise zu den Soundfiles:

Für die Aufnahmen kamen zwei Mikrofone mit Großflächenmembran zum Einsatz, ein AM11 mit von Groove-Tubes/Alesis und ein C414 von AKG, platziert vor einem Mesa-MC90 im Mesa-Half-´n-Half-Cabinet (oben/offen). Amp: Clean-Kanal des DCP100 von Marble-Amps (p-t-p-handverdrahtetes Edeltopteil im Fender-BF-Style).

Die Clips wurden pur, ohne Kompressor o. jegliche EQ-Bearbeitung über das Audio-Interface Pro-24DSP von Focusrite in Logic Pro eingespielt. Die Raumsimulationen steuert das Plug-In „Platinum-Reverb“ bei.

Den Ton liefert eine Fender-CS-Relic-Strat-1956 am Steg auf-/umgerüstet mit einem Seymour-Duncan-JB-Humbucker im SC-Format.

Clip #1 bis #4: Gray Channel ist ein zweikanaliges Overdrive-Pedal mit reichlich Gain-Reserven. Im Clip #4 ist zu hören wie sich der Sound verändert wenn man vom Si-Modus zum Ge-Modus wechselt.

1:

2:

3:

4:


In den Clips #5 bis #9 hat das Spires-Fuzz-Pedal seinen Auftritt, das ebenfalls zwei Kanäle hat. Clip #7 demonstriert wie der Sound von harmonisch zu bissig-giftig wechselt, wenn man den Fuzz-Regler durch den gesamten Bereich dreht. Wir hören drei Positionen: Anschlag links, Mitte, Anschlag rechts.

5:

6:

7:

8:

9:

Im Clip #9 (etwas länglich 😉 cruncht der Amp zwei Sekunden lang, wie man es am Anfang hört, dann wird das Spires eingeschaltet, fett, gelle?!


Quack, quack, die Clips #10, #11, und #12 präsentieren das Spatial Delivery. Ein ziemlich variables Auto-Wah. Im Clip #12  fährt der Filter einmal komplett durch.

10:

11:

12:


Clip #13 bis #16: Earthquaker bezeichnet das Pedal als „Harmonic Tremolo“, weil es mit für den Effekttyp ungewohnten Klängen aufwartet. Unter anderen können die Effektintensität oder die Geschwindigkeit der Modulation abhängig  von der Stärke des Eingangssignals (VCA-Steuerung) variieren – hört man im Clip #13. Ganz reizvoll st auch die Sample&Hold-Funktion im Clip #16.

13:

14:

15:

16:

Ich wünsche viel Vergnügen, und…,  wenn möglich, bitte laut anhören, über Boxen, nicht Kopfhörer! ;-).

Fragen, Anregungen  und  ja, auch Kritik sind wie stets willkommen. Nachrichten bitte an frag.ebo@gitarrebass.de.  Es klappt nicht immer,  aber ich werde mich bemühen möglichst kurzfristig zu antworten.

Text + Musik: Ebo Wagner (GEMA)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.