Bandecho 2.0

Fulltone TTE/SSTE im Test

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Obwohl Echoplex Preamps und Tape-Echo-Imitationen voll im Trend liegen, bleibt Fulltone-Mastermind Mike Fuller lieber beim Original und präsentiert nicht nur eine verbesserte Version des TTE, sondern auch eine zeitgemäß aufbereitete Version des Echoplex-Klassikers EP3.

Fulltone TTE/SSTE
(Bild: Dieter Stork)

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Bis Ender der Siebziger prägten die wartungsintensiven Bandechos den GitarrenSound von Jimi Hendrix, Jimmy Page, Andy Summers und Eddie Van Halen bevor sie von kompakten Analog-Delays abgelöst wurden. Kein Wunder, denn ein Bandecho will gepflegt sein: Bänder, Antriebsriemen, Motoren und Gummirollen verschleißen und wollen gewartet werden, um den vollen Sound-Genuss zu garantieren und sorgten gerade im Livebetrieb immer wieder für Pannen. Mike Fuller ist dem Charme von Retro-Delays seit den Achtzigern verfallen und baut schon seit über 10 Jahren als einziger Hersteller echte Bandechos, die als Vorbild das Maestro-Echoplex von Mike Battle haben. Das erste Tube Tape Echo TTE erschien 2004 und orientierte sich am EP2 mit Röhrenschaltung. Jetzt gibt es mit dem Solid State Echo SSTE auch eine Version des Transistor-getriebenen Siebzigerjahre EP3.

 

Konzept

Im Gegensatz zum Original-TTE von 2004, das in einer eher praktischen als schönen Nylontasche steckte, kommt die neue Version im mit schwarzen Tolex bezogenen Holzgehäuse inklusive dem vom Original-Echoplex bekannten abnehmbaren Deckel. Optisch ein deutlicher Gewinn. Zudem schützt der Holzdeckel die empfindliche Mechanik besser als die Gigbag-artige Tasche der ersten Version. Die Metalloberfläche des Gehäuses und die Abdeckung des Tapes sind schwarz lackiert mit weißer Beschriftung, was nicht nur edel aussieht, sondern auch leichter zu lesen ist als die Kombination von Chrom und weißer Schrift beim EP-2 und dem ersten TTE.

Das Band im Inneren der von Fulltone speziell entwickelten Tape Cartridge ist jetzt rot, ein ziemlich abgefahrener optischer Effekt. Die Größe des TTE ist kompakter als beim Original EP2, das noch ein Fach für Strom-und Verstärker-Kabel besaß. Dank der Anpassung des TTE an moderne Standards benötigt man dieses Fach auch nicht mehr: Für Strom sorgt ein handelsüblicher Kaltgerätestecker und statt des festinstallierten Spiralkabels des Originals kann man in die zwei Output-Buchsen ein beliebiges Klinkenkabel stecken. Äußerst angenehm ist der 240-V-Betrieb, der den Transformator überflüssig macht. Auch technisch hat sich Mike Fuller viele Gedanken gemacht und diverse Details des Originals verbessert. Das EP2 besaß zwei Regler für Echo-Volume und Echo-Repeats.

Echo-Volume regulierte den Mix von Original- und Effektsignal, der Repeat-Regler die Anzahl der Wiederholungen. Das TTE hat wesentlich komplexere Regelmöglichkeiten. Neben den Wiederholungen kann man die Lautstärke des Gitarren- und Echosignals getrennt regeln sowie die Stärke des aufgenommenen Signals (Record Level) und den Klang der Echos (Echo Tone) verändern. Mit der Lautstärke des Gitarrensignals steigt auch die Wirkung des röhrengetriebenen Preamps an, der für die beliebte Tonformung eines Bandechos verantwortlich ist. Der Amp wird stärker angesteuert und auch der Frequenzgang ändert sich. Weitere Features sind zwei Bandlaufgeschwindigkeiten (High/Low), die verschiedene Klangcharakteristiken erzeugen und auch den durch die Gleichlaufschwankungen des Tapes entstehenden Choruseffekt beeinflussen.

Das TTE ermöglicht mittels zweier Ausgangsbuchsen den Stereobetrieb an zwei Amps. Dafür gibt es drei Modi: 1. gleiches Echo-Signal auf beiden Amps, 2. leicht abgeschwächtes Echosignal auf einem Amp oder 3. ein Amp ohne Effekt/ein Amp mit Effekt. Zudem ist das Echo mithilfe eines nicht im Lieferumfang enthaltenen Fußschalters abschaltbar und durch einen kleinen Schalter kann man im True-Bypass-Mode die komplette Elektronik umgehen.

Noch radikaler ist das Design des SSTE. Im gleichen schwarzen Tolex gehalten, hat es nur die halbe Größe des Original EP3 und passt somit problemlos auf den Amp – vom Topteil bis zum kompakten Princeton. Die Regelmöglichkeiten sind fast die gleichen wie beim TTE, lediglich der Echosound ist nicht stufenlos regelbar, sondern mithilfe eines Kippschalters zwischen Brilliant und Vintage umschaltbar. Aus Platzgründen fehlt das Pilot-Light des TTE und der mit Instrument-Volume statt Guitar-Volume betitelte Regler ist in der Miniversion vorhanden.

Stereo-Betrieb bietet das SSTE nicht, hat aber ebenfalls zwei Bandgeschwindigkeiten und einen Bypass-Schalter. Bei beiden Modellen hat Mike Fuller auch die Tonköpfe, den Bandlauf und die Tape-Qualität verbessert und versucht, das typische Echoplex-Brummen zu eliminieren, sodass die Tape-Echos auch im modernen Sound-Umfeld einsetzbar sind. Hinzu kommt ein An- und Ausschalter – beim Original sorgte das Aufdrehen des Echo-Repeat-Reglers für die Stromzufuhr.

TTE
(Bild: Dieter Stork)

 

Authentisch aufgemotzt

Über mangelnde Möglichkeiten kann man sich bei den beiden Echos wirklich nicht beschweren, aber jetzt möchte ich hören, wie nahe die zwei Echos den Originalen kommen. Das TTE ist in der Bedienung diffiziler als das Original, bei dem gewisse Elemente voreingestellt waren. Einen guten Orientierungspunkt bietet die von Fulltone in der Gebrauchsanweisung empfohlene Einstellung. Also Guitar Volume auf 14 Uhr, Record Level auf Rechtsanschlag und schon hört man bei zugedrehtem Echo-Volume eine deutliche Klangveränderung.

Der Preamp des TTE macht das Signal knalliger, straffer, fetter und lauter, und produziert schöne Höhen. Durch die Röhrenschaltung ist er auch deutlich effektiver als mein Clinch FX EP-Pre, der zwar den Ton in eine ähnliche Richtung formt, aber mit deutlich schwächerer Ausprägung. Historisch gesehen hörte man den Delay-Effekt zuerst bei den klassischen Rockabilly-Aufnahmen und mit einem solch kurzen Echo fangen ich an. Die Verzögerungszeit stellt man wie beim Vorbild mit dem verschiebbaren Tonkopf ein, der für ein klassisches Slapback-Echo getrost ganz links auf Position Null stehen kann.

Der entstehende Delay-Effekt ist äußerst knallig, die Echos springen einen förmlich an und haben eine ganz andere Präsenz als man es von Pedalen kennt. Scotty Moore grüßt von oben und klassische Travis-Picking-Licks haben eine enorme Lebendigkeit im Ton. Der Regelbereich für die kurzen Echos ist relativ knapp ausgefallen, selbst mit dem Schieberegler ganz links ist das Echo nicht so kurz wie beim original EP2, sondern kommt mit hörbarer Verzögerung. Mithilfe der zwei Tape-Geschwindigkeiten kann man weitere Klangvariationen produzieren.

Low Speed klingt wärmer und weicher, mit mehr Bewegung im Echo. Bei stehenden Akkorden oder Einzeltönen ist der Chorus-Effekt sehr deutlich zu hören, was manchmal etwas zu viel des Guten sein kann und fast an einen Leslie-Effekt erinnert. Etwas in den Griff bekommen kann man das mit dem Echo Tone-Regler, mit bedämpften Höhen fällt der Chorus dezenter aus, ist aber immer noch stärker als bei meinem gut gewarteten EP-2. Bei längeren Delays tritt dieser Effekt verblüffenderweise in den Hintergrund. Bewegt man den Schieberegler zwischen Stellung 5 und 15 erhält man überzeugende Seventies-Rocksounds, die mit toller Wärme und einem äußerst musikalischen Sound überzeugen.

Die Echos werden geschmackvoll leiser und dumpfer und bekommen gerade bei höherer Wiederholungszahl eine gut klingende Verzerrung. Der Echo-Volume-Regler reagiert äußerst feinfühlig. Zwischen einem breit machenden Solo-Delay und zischenden Space-Effekten à la „Whole Lotta Love“ sind es nur wenige Millimeter, was etwas Übung erfordert, um die Sounds live schnell umstellen zu können. Für mich war der nützlichste Bereich zwischen 9 und 11 Uhr. Darunter wird der Echo-Effekt schwer hörbar und darüber gelangt man schnell in die Selbstoszillation, die authentische Jimi-Sounds ermöglicht, die man nur mit ganz wenigen Pedalen imitieren kann.

Ganz neue Möglichkeiten eröffnet der Stereo-Modus. Besonders Modus 3, die Kombination aus trockenem und Effekt-Sound verleiht dem Delay eine Tiefe und Räumlichkeit, die ihresgleichen suchen und dem Bandecho eine modernere, klarere Note verpassen. Bei langen Delays kann man in der Sound-Fülle baden und extrem breite Akkordsounds produzieren. Slapback-Delays erhalten eine Portion Extra-Punch, die für rasante Country-Licks prädestiniert scheinen. Aber auch mit dem Echosignal auf beiden Amps gewinnt man schöne sphärische Sound-Nuancen hinzu. Bleibt noch der Direktvergleich mit dem original EP-2. Zuerst fällt auf, dass der Boost des Fulltone stärker ausfällt.

Der allgemeine Klangcharakter ist klarer und straffer, mit mehr definierten Höhen, was sich bei stärker verzerrten Sounds positiv auswirkt. Das Original klingt etwas weicher und zurückhaltender. Beim Slapback hat für mich das Maestro-Modell leicht die Nase vorn, denn die Verzögerungszeit lässt sich noch kürzer einstellen und der manchmal übertriebene Choruseffekt des TTE tritt beim EP2 nicht auf.

Obwohl Mike Battle wegen der Transistor-Version des Echoplex die Firma verließ, ist das EP3 aufgrund seiner Verwendung durch Jimmy Page, Eddie Van Halen und East Bay Ray von den Dead Kennedys auf noch mehr Songs zu hören. Von daher ist die Neuauflage in Form des SSTE genauso interessant wie die Röhrenvariante. Beim ersten Anspielen am Amp fällt sofort der geringere Boost des Preamps auf, Transistoren und Röhren haben eben doch unterschiedliche Wirkungsgrade. Das SSTE verfügt über zwei Preamp-Modi: In der EP-3-Stellung des Kippschalters arbeitet er wie beim Original und erzeugt einen leichten Bass-Cut und Höhen-Boost während die Full-Stellung das Gitarrensignal frequenzmäßig unbearbeitet lässt.

Am kompakten Princeton fand ich den Bass-Cut nicht so vorteilhaft, am lauten Marshall mit 4×12 Box sieht das jedoch anders aus. Generell kann man sagen, dass das SSTE, genau wie sein Vorbild, einen etwas höhenreicheren Klangcharakter aufweist als die Röhrenvariante – was man aber durchaus kreativ einsetzen oder am Amp ausgleichen kann. Slapback-Echos klingen beim SSTE etwas definierter und sind auch kürzer einstellbar. Besonders der High-Speed-Modus liefert eine kaum wahrnehmbare Verzögerung, die genau den gewünschten knalligen Effekt liefert. Auch der Chorus-Effekt bei stehenden Tönen fällt schwächer aus, was mir besser gefällt. Interessant ist der gemütlichere Regelweg der Transistor-Variante.

Man kann das Echo-Volume und die Wiederholungen weiter aufdrehen ohne direkt in psychedelischen Sphären zu landen, was die Bedienung etwas einfacher macht. Das merkt man auch bei längeren „Helden-Echos“, die etwas schwächer in der Wirkung ausfallen als beim TTE. Trotzdem klingt auch das SSTE authentisch nach den Siebzigern, hat aber eine etwas klarere Kante und mehr Biss in den Höhen als ein Original EP3. Selbst-Oszillation liefert es auch, wirkt dabei aber nicht ganz so krass wie das Röhrenmodell. Für mich hat die Transistor-Version mehr von einem Effektgerät, das Delay kommt zum Gitarrenton dazu, während die Röhrenvariante den Ton stärker formt und Delay und Originalsignal stärker verschmelzen.

SSTE
(Bild: Dieter Stork)

 

Resümee

Pedalsimulationen und Preamps im Kleinformat sind eine schöne Sache, aber einem echten Bandecho mit all den subtilen Klangveränderungen durch Preamp, Gleichlaufschwankungen und echtem Tape sind sie doch nicht gewachsen. Beide Fulltone-Echos überzeugen mit liebevoller Konstruktion, gut durchdachten technischen Verbesserungen und authentischem Retro-Sound. Besonders die neue Version des TTE erzeugt eine beeindruckende Klangfülle, der mit dem Stereo-Modus noch die Sahnehaube aufgesetzt wird. Genau wie beim Vorbild EP2 verschönert der Preamp den Gitarrenton und lange Echos überzeugen mit hoher Musikalität und Wärme.

Geschmackssache sind die bei stehenden Akkorden starken Chorus-Effekte im Slapback-Betrieb. Wer es kleiner und dezenter mag, liegt mit dem SSTE richtig, dass den Gitarrenton nicht ganz so sehr prägt wie sein großer Bruder, aber trotzdem viel Tape-Echo-Magie verbreitet. Beide Modelle sind echte Klangmacher und weit davon entfernt simple Effektgeräte zu sein. Die rein analoge Bauweise und die mechanischen Schwankungen sind äußerst inspirierend bei der Entdeckung neuer Klänge und machen auch abseits von Rockabilly und Retro-Rock eine gute Figur.

Etwas Schlucken musste ich beim Preis. Betrachtet man aber die Anschaffungskosten eines Original-Echoplex im ungewissen Gesamtzustand und dessen regelmäßige Wartungskosten, liegt man mit dem Fulltone-Geräten als ernsthafter Bandecho-Nutzer trotzdem richtig. Hinzu kommen der 240V-Betrieb und ein deutlich geringeres Nebengeräuschverhalten als bei den Originalen.

 

Plus

  • klassische BandechoSounds in hoher Qualität
  • gute technische Erweiterungen
  • Stereobetrieb beim TTE
  • kompaktes Format beim SSTE
  • hochwertige Verarbeitung
  • gelungenes, edles Design

Minus

  • starke Choruseffekte bei kurzen Echos beim TTE

 

Profil

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