Sideman für Wolfgang Niedeckens BAP

Ulrich Rode: Sideman. Spielerfrau. Schlafanzug.

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Klavierunterricht mit sechs Jahren, klassischer Gitarrenunterricht mit elf, E-Gitarre mit 14. Die Vita des heute 42-jährigen Gitarristen aus dem niedersächsischen Alfeld ist ein stringenter Lernprozess voll verschiedenster Musik, als Studio- und Live-Gitarrist. Aktuell als Sideman für Wolfgang Niedeckens BAP.

Ulrich Rode_Niedeggens BAP (6)
(Bild: Anne De Wolff, Julia Schoierer, Thorsten Wingenfelder)

Ulrich Rodes komplette Vita würde den Rahmen sprengen: Top-40-Bands, Jazz- und Rock-Acts, Musical- und Theater-Engagements, Studio- und Live-Musiker für Rosenstolz, Bosse, Mark Forster, Roger Cicero, Annett Louisan, Gregor Meyle, Laith Al-Deen und viele mehr. Aktuell für den kölschen Kult-Rocker. Wir baten den Sideman, den alle nur „Ulle“ rufen, vor dem Start von BAPs „Jubiläumstour 2016“ zum Equipment-Talk.

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Ulrich, liegt der Schlüssel deiner Musikalität darin, sich gut in verschiedene Denk- und Spielweisen hineinversetzen zu können?

Ulrich Rode: Bestimmt. Es ist grundsätzlich wichtig, Offenheit mitzubringen und zu verstehen: Worin liegt das Wesen der jeweiligen Musik, des Stils und natürlich: wofür steht der Künstler? Meine Zeit bei Rosenstolz zum Beispiel: Jedes Instrument hatte die Aufgabe, möglichst klare und eindeutige Parts zu entwickeln, keine Fills und Hexereien. Eben einfache Parts, die in großen Hallen bis in die letzte Reihe funktionieren. Das war sehr lehrreich. Denn es hat alles seine Anforderungen, man kann ja jede Musik, sogar jeden Akkord gut oder schlecht spielen.

Was glaubst du denn, wegen welcher Qualitäten man dich anruft?

Ulrich Rode: Das wüsste ich auch gern! (lacht) Auf jeden Fall versuche ich immer, dem jeweiligen Projekt mit maximalem Engagement zu begegnen, meine Hausaufgaben zu machen, gut vorbereitet zu sein, allen Beteiligten und dem Act ein gutes Gefühl zu geben. Mitzudenken und mit Spaß bei der Sache zu sein, finde ich sehr wichtig. Einem Engagement zuzusagen, bezahlt zu werden und dann mit langem Gesicht bei Proben oder auf der Bühne rumzuhängen, finde ich respektlos und nicht besonders professionell. Da frage ich mich lieber vorher: Hab ich da Bock drauf und kann ich das leisten? Eine gewisse soziale Verträglichkeit und Bescheidenheit ist natürlich auch hilfreich. Ich würde von mir sagen, dass mir ein gewisses Understatement zu eigen ist. Ich muss nicht immer zeigen: hier bin ich! Auch mal nix spielen kann die richtige Wahl sein. Und das fällt mir nicht schwer. Das Wesen des Sidemans nehme ich sehr wörtlich.

Und wie wird man Gitarrist von Wolfgang Niedecken?

Ulrich Rode: Man muss die richtige Frau haben! (lacht) Meine Frau Anne de Wolff spielt schon seit vielen Jahren bei BAP. Und so kenne ich quasi als Spielerfrau Wolfgang auch schon lange. Zu seinem Solo-Album ‚Zosamme alt‘ wollte Wolfgang eine kleine Promo-Tour machen. Die Platte wurde in Woodstock aufgenommen und der unglaubliche Larry Campbell hat Gitarren, Dobro, Pedalsteel und Mandoline gespielt. Da ich das auch alles, wenn auch nicht ansatzweise so gut, spiele, hat mich Wolfgang gefragt, ob ich für die Radiokonzerte Teil seiner Akustik-Band sein möchte. Das war die erste Zusammenarbeit und wir haben uns sehr gut verstanden. Als Niedecken dann mit BAP eine Unplugged-Tour machen wollte, hat er mich direkt weiterbeschäftigt.

Am Herzen liegt mir ein guter Tele-Sound

Und du bist auch bei der aktuellen JubiläumsTour dabei. Wie sieht dein E-Gitarrenbesteck dafür aus?

Ulrich Rode: Auf jeden Fall dabei ist meine schwarze Gibson ES- 335, die ich vor zwei Jahren bei Rivington Guitars in New York gekauft habe. Das Teil ist von 1969, wurde aber von einem Bastler in Chicago komplett refinished, mit anderen Pickups bestückt etc. Deswegen konnte ich sie mir überhaupt leisten! (lacht) Dann kommen meine 1969er Fender Jazzmaster und die blonde ‘76er Telecaster mit, beide von Vintage Guitars in Oldenburg. Des Weiteren spiele ich eine Fender-Andy-Summers-Custom-ShopTele, die ich schon lange habe und für diese Tour einen Ganzton tiefer stimme. Dann eine 80er-Jahre Gibson Les Paul Standard in Sunburst für Brett-Songs wie ‚Kristallnaach‘ und ‚Verdamp lang her‘, sowie eine Custom-Shop-Stratocaster in Fiesta Red mit goldener Hardware. Die ist 2001 gebaut und orientiert sich an einer 1964er – auch sehr fein.

Hast du trotz der Vielfalt, die du als Sideman brauchst, ein Lieblingsinstrument?

Ulrich Rode: Ich mag Teles, die haben diesen drahtigen „Knack“ und verhalten sich sehr dynamisch. Ansprache, Spielgefühl und Handling liegen mir. Vor allem das Einfache an der Gitarre mag ich. Lange Zeit war die Andy-Summers-Tele meine Hauptgitarre. Auf der habe ich fast alles gespielt, selbst die Big-Band-Sachen bei Roger Cicero gingen mit der gut. Jetzt auf der BAP-Tour gibt’s ordentlich Rock, da werden wohl die Les Paul und die ES-335 mehr zum Einsatz kommen. Aber am Herzen liegt mir ein guter Tele-Sound. Die ist schon so die einsame-Insel-Gitarre. Wenn‘s da Strom gibt! (lacht).

Und bei Akustikgitarren?

Ulrich Rode: Da ist es meine Gibson J-45. Die habe ich gebraucht in Berlin gekauft und mochte sie vom ersten Antesten an. Die ist von 2004 und ist die „Brot-und-Butter“-Akustikgitarre für mich, die irgendwie alles kann. Ich mag die Halsform, die ist nicht so fett und lässt sich einfach gut spielen. Sie hat einen sehr ausgewogenen und eben nicht so HiFi-mäßigen Sound, sondern klingt eher warm und dunkel, was ich sehr mag. Deswegen spiele ich sie auch gerne mit alten Saiten. Meine Saiten – Martin Phosphor Bronze – sind jetzt bestimmt schon ein Jahr drauf, schön unklirrig. Und sie klingt sowohl akustisch vor dem Mikro gut, als auch über den L.R. Baggs Anthem, der live richtig gut funktioniert.

Du hast dich auch in die erweiterte Gitarrenfamilie mit Banjo, Pedalsteel und Mandoline eingearbeitet …

Ulrich Rode: Ich begann mich mit diesen ganzen Cowboy-Instrumenten zu beschäftigen, um bei Produktionen und Bands verschiedene Klangfarben reinbringen zu können. Angefixt von Leuten, die das ganz fantastisch tun, wie Greg Leisz und Daniel Lanois an der Pedalsteel und Jerry Douglas an der Squareneck-Dobro. Ich mag die atmosphärische Komponente dieser Instrumente, auch im Pop-Kontext. Bei einer traditionellen Bluegrass- oder Country-Session würde ich nicht wirklich Land sehen (lacht). Aber zum Beispiel bei Von Brücken hatte ich sie mit auf Tour und konnte schön vor mich hinschwellern. Das Banjo kam zur Tour mit Anna Depenbusch ins Haus. Meine Frau und ich haben die Angewohnheit, uns gegenseitig Instrumente zu schenken, die wir nicht spielen können! (lacht) Sie kriegt von mir ein Vibraphon, ich von ihr eine Squareneck, und so weiter. Dann stehen die hier zu Hause rum und man setzt sich halt dran.

Wie sieht es mit Amps aus?

Ulrich Rode: Ich habe ganz frisch ein Realtone Top im Hause. Ein tierischer 2-Kanal-Amp, 33 Watt mit EL34-Röhren, einfache Klangregelung, kein Gedöns. Daran hängt eine 2×12-Kammler-Box. Dietmar Kammler aus Blankenese baut wirklich tolle Custom-Boxen. Er hat sich eine ganz eigene Konstruktion ausgedacht, indem er den Lautsprecher mit dem Gehäuse fest verspannt und zwar mittels des sogenannten „Tunators“. Damit wird das Gehäuse noch mal anders als Klangkörper genutzt, was in einen wirklich erstaunlich klaren, druckvollen Sound mündet. Bestückt habe ich meine Box mit einem Blue Bulldog wie in den alten Vox-Amps und einem Celestion-Creamback. Die werden mit zwei Mikros abgenommen und daraus kann sich unser Mischer etwas Schönes zusammenmörteln. Außerdem werde ich noch einen Tonehunter-Clearwater-Combo mitnehmen. Den baut Ralf Reichen aus Köln. Ein toller Amp, mit dem ich in den letzten zwei Jahren fast alles gemacht habe. Mit dem Combo habe ich noch eine weitere Klangquelle auf der Bühne, was das Spielgefühl ein bisschen breitbeiniger macht. Ich spiele beide parallel, wobei der Tonehunter ohne Hall und Delay betrieben wird.

Was ist mit Effekten?

Ulrich Rode: Mein Board variiert immer und sieht bei mir meistens ein bisschen Montessorimäßig aus! (lacht) Das ist eine permanente Baustelle. Für die Tour ist auch noch nicht alles fix. Drauf sind auf alle Fälle ein Peterson VSS-C Stomp Tuner und das Mono-Volume-Pedal von Lehle. Als Zerrer kommen voraussichtlich ein Analogman King Of Tone, ein Vemuram Jan Ray und von Tonehunter der Tasty Flakes Overdrive mit. Dann noch ein Fuzz-Pedal, wahrscheinlich der Tycobrahe Octavia, und als Clean-Boost der Lehle Sunday Driver. Ein Tremolo wird mitreisen, genauso wie ein WahWah-Pedal, beide von Tonehunter. Es gibt auch noch ein tolles Vibrato-Pedal, das Vibetool, das pack ich auch mal mit ein. In den Einschleifweg vom Realtone steck ich den Big-Sky-Hall und das Timeline-Delay von Strymon. Ich weiß noch nicht, ob ich einen Looper benutzen werde oder alles Steptanz-mäßig in Reihe schalte. Ich habe mir für den Fall der Fälle schon mal einen Musicom-LAB-Audioswitcher besorgt. Bis zu den finalen Proben ist noch alles provisorisch gesteckt, angeordnet und noch nicht befestigt. Ich mag es, nur ein Spielkabel zu haben, egal ob für Akustik- oder E-Gitarren. Ich gehe mit der Gitarre in den Little Dual von Lehle rein und von da in die E- oder die A- Kette.

Du bist bei der Verkabelung von Endorser von Vovox.

Ulrich Rode: Richtig. An Kabeln scheiden sich ja die Geister. Homöopathie, oder nicht? Aber es ist ja nun mal so: Der Signalweg vom Instrument über die Effekte bis zum Amp und in die Box birgt klangliche Verluste. Und diese Verluste fallen mit hochwertigen Kabeln natürlich geringer aus. Ich habe auf der Frankfurter Musik Messe einige A/B-Tests an deren Stand gehört und kann nur sagen: Der Ton wird wesentlich klarer und knackiger übertragen. Und das ist keine Einbildung. Glaube ich! (lacht)

Du betreibst seit 2010 mit deiner Frau Anne de Wolff im Norden Hamburgs das BluHouseStudio. Ein weiteres Standbein, auch Produzent zu sein?

Ulrich Rode: Das begann eigentlich mit Demo-Aufnahmen für befreundete Musiker und hat sich dann immer weiter entwickelt. Mehr Equipment, mehr Platz, vielleicht auch ein bisschen mehr Plan (lacht). Vieles dreht sich natürlich um die Instrumente, die wir selbst spielen und für andere Produktionen aufnehmen. Wir kriegen oft Files von anderen Produzenten geschickt, die meinen: Schon ganz schön, aber da fehlt noch was – macht doch mal! Dann steuern wir nach Gutdünken Instrumente aus unserem Gerätepark bei. Ein anderer Aspekt ist die direkte Arbeit mit Künstlern, mit denen wir eigene Produktionen auf den Weg bringen, wie für Jylland, Von Brücken und Tokunbo. Es ist toll, dass wir das fast ausschließlich nach dem Lustprinzip machen können. Es ist ja unser Zuhause, wo wir zwei Räume umgestaltet haben. Somit müssen wir kein externes Studio anmieten, sondern wir können jederzeit an Projekten arbeiten, die wir mögen. Manchmal auch im Schlafanzug! (lacht)

Vielen Dank fürs Gespräch!

Ulrich Rode_Niedeggens BAP (15)
(Bild: Anne De Wolff, Julia Schoierer, Thorsten Wingenfelder)

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