In der Artcore Vintage Series stellte Ibanez auf der NAMM Show die vorzeitig gealterten Schwestermodelle ASV10A und AMV10A vor. Aber na klar – wer wollte nicht immer schon einmal so eine alte, richtig verdaddelte Ibanez spielen? Komisch eigentlich, dass Originale in solch einem Zustand selten bis nie zu sehen sind. Was soll‘s, man kann ja künstlich nachhelfen …
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Konstruktion
Von ihrer optischen Erscheinung her kann man die Modellversionen ASV10A und AMV10A fast für identisch halten. Sie unterscheiden sich auch lediglich in ihrer Korpusgröße, ansonsten teilen sie sich alle wesentlichen Ausstattungsmerkmale bis hin zur Mensur. Der semiakustisch konstruierte Korpus besteht jeweils aus laminiertem Ahorn; Decke und Boden sind mit hübschen Mehrfach-Bindings eingefasst.
Die Korpusmitte füllt ein durchgehender Sustainblock aus, der, wie der Blick durch die gut geschnittenen fLöcher verrät, klaglos sauber an die Decken- und Bodenwölbungen angepasst wurde. Beide Gitarren sind mit einem eingeleimten Artcore-Hals aus Mahagoni ausgestattet, dessen eingebundenes Palisandergriffbrett (12″ Radius) 22 sauber bearbeitete Medium Bünde und Block Inlays in Aged White eingesetzt bekam. Die identisch gestalteten, tulpenförmigen Kopfplatten sind mit gebundenen und hell unterlegten Front-Layern, als auch mit gekapselten Mechaniken im Rotomatic-Stil besetzt. Zugang zum Halsstab gewährt die kleine Klappe hinter dem Sattel aus schwarzem Kunststoff. Am Korpus werden die Saiten (Mensurlänge jeweils 628 mm) über die ART-1 Bridge geführt und vom Quick Change III Tailpiece gekontert. Das sind bewährte Ibanez-Standards.
https://www.youtube.com/watch?v=EZ00MBeeuLY
Elektrisch werden die Artcore Vintage Sisters durch in schwarze Rähmchen gesetzte Classic-Elite-Hals- und -Steg-Pickups, Humbucker mit – ja, von wegen Vintage – keramischen Magneten. Geschaltet werden die Pickups aber natürlich ganz konventionell, also einzeln in den Außenstellungen, zusammen in der Mittelposition. Über griffige Knöpfe lassen sich Output und Tonfarbe individuell für jeden Pickup kontrollieren. Die Metallteile kommen in angemessenem Antique Chrome; die mattschwarzen Pickguards mit vergilbter Mittellage sind, wie der cremefarbene Switch Tip auch, der Vintage-Optik schlüssig angepasst.
Die Farbgebung nennt Ibanez Tobacco Burst Low Gloss und, das muss man einfach zugestehen, an der maßvollen Relic-Ausführung mit ihren matten Oberflächen gibt es nichts zu mäkeln. Die ist nicht zu plakativ geraten und den Halsrücken hat man dankenswerterweise nachsichtig behandelt.
Praxis
Die gut eingestellten Modelle ASV10A und AMV10A spielen sich beide dank bemerkenswert rundlicher Halsformen, die des größeren ASV-Modells hat auch in Sachen Fatness leicht die Nase vorn, mit angenehmer Griffigkeit unangestrengt und locker. Vorausgesetzt man mag diese Art des rundlichen Halses, denn der geht tatsächlich tendenziell Richtung 50s – jau, Vintage. Die kleinere Korpusform der AMV10A macht die Handhabung vielleicht etwas leichter, bei der ASV10A liegt der rechte Arm halt etwas höher auf, aber das ist natürlich Geschmackssache. Beide Gitarren warten mit typisch semiakustischem Tonverhalten auf: offen, perkussiv und das dann auch noch gepaart mit einem kraftvoll aufleuchtenden Timbre. Das kann sich wirklich hören lassen!
Nun, die Konstruktion ist gediegen, die Hardware erprobt und der Hals kraftvoll. In Summe gibt das offenbar dieses potente Klangbild und die federnde Ansprache, welche beiden Instrumenten zu eigen ist. Am Amp zeigen beide dann, dass ihre Classic Elite Pickups durchaus in der Lage sind, diese guten Grundeigenschaften adäquat umzusetzen. Die Unterschiede sind, von Gitarre zu Gitarre gewechselt, nicht besonders bemerkenswert, wenn auch die kleine AMV10A etwas leichter und wendiger im Tonverhalten erscheint, die ASV10A im Gegenzug dafür über ein Gran mehr an Tiefgang verfügt. Der Hals-Pickup liefert ein transparentes volltönendes Akkordbild von guter Auflösung in die Stimmen. Da sind jetzt aus stilistischer Sicht, nehmen wir die hardboiled Heavy-Fraktion einmal aus, wenig Grenzen gesetzt.
Plastisch kommt Comping bei klar eingestelltem Verstärker in Jazz und Fusion rüber, Angerocktes und Crunchiges geht ebenfalls bestens von der Hand, wenn harter Anschlag dem Amp leichte Anzerrungen entlockt. Alles wird stimmig und mit präzisem Attack umgesetzt. Im Gain-Modus des Amps lässt sich ein Solo über diesen Pickup mit guter Tonlänge und angenehmer Farblichkeit inszenieren. Perkussiv wird der Anschlag herausgestellt, Linien erhalten darüber beste Griffigkeit. Den Höhen fehlt wohl die letzte Geschmeidigkeit, in aggressiveren Settings kommen sie auch etwas körnig rüber. Natürlich kann die allgemeine Darstellung dieser Classic Elite Pickups nicht die Tiefe und Auflösung von HighEnd-Tonwandlung für sich in Anspruch nehmen. Dennoch funktionieren sie in ihrem Rahmen durchaus gut.
Der Steg-Pickup übersetzt den leicht holzigen Twang der Gitarre dann auch höchst überzeugend. Rhythmisch gespielte Akkorde kommen, luftig federnd und mit präzisem Anschlagskick zu Gehör. Mit knapp gefasstem Pick drücken Obertöne im Solospiel sehr schön nach vorne durch, lassen ein farbreiches Spiel zu. Besonders deutlich kommt dieser Aspekt im Overdrive zur Geltung. Da lässt sich rhythmisch akzentuiert und knackig pumpen; hier gehen knochige Powerchords ab, während sich dort das Solo mit gutem Biss durchsetzt.
Zu loben ist auch die unangestrengte Tonerzeugung, denn mit den Gitarren muss man nicht kämpfen, um zu guten Ergebnissen zu kommen. Sehr schön offen kommt bei den Artcore-Modellen letztlich auch noch der KombiSound beider Pickups zur Geltung. Das glasig perlende Abrollen, unterfüttert von einer typisch semiakustischen Note, macht das Licht richtig schön hell und lässt die Glocken läuten. Na schau – da haben wir jetzt gar nicht mehr über die Vintage-Optik nachgedacht, sondern uns unseren Spaß ganz allein über das Ohr und die angenehmen Spieleigenschaften geholt. Aber schon klar, das Auge hört mit!
Resümee
Klar, ein Marketing-Trick diese Vintage-Nummer, aber das schützt ja nicht vor guten Ergebnissen. Die nämlich muss man den Modellen ASV10A und AMV10A aus der neuen Artcore Vintage Series von Ibanez trotz der Aufmerksamkeit heischenden Distressed-Optik unbedingt zugestehen. Schon der akustische Eindruck vermittelt Vitalität und Kraft und die eher im 50s Style rundlich gestalteten Hälse spielen sich bestens. Das ausgegebene Ziel, ungewöhnlich preiswerte Instrumente mit Worn-Optik an den Markt zu bringen, hat Ibanez auf jeden Fall erreicht, und das, ohne Spieleigenschaften und Klangausstattung zu vernachlässigen! Vintage-Look hin oder her, aktuelle Gitarren müssen mehr sein, als lediglich optische Reminiszenzen einer angeblich goldenen Zeit − und dieser Anspruch wird erfüllt. Die Classic-Elite-Pickups können natürlich keine Vintage-Tonversprechen einlösen, dafür warten sie aber durchaus mit angenehmer Frische und Transparenz auf. So, nun schauen wir noch einmal auf den Preis und sapperlot, dürfen staunen. Ausprobieren!
Hi, habe die ASV seit einiger Zeit und kann das Testergebnis bestätigen. Mich interessiert, welche Pickups sich zur Verbesserung des Vintage-Klangbiildes bei dieser Gitarre besonders empfehlen.
Da gibt es so viele auf dem Markt, dass man unmöglich alle auflisten könnte. Aber wenn Du Pickups verwendest, deren Klangideal in Richtung “alte PAFs” geht, dann liegst Du richtig. Seymour Duncan SH-1, DiMarzio PAF, Amber Spirit of 59, diverse Kloppmann-Humbucker, Häussel 1959 und so weiter und so fort.
Hi, habe die ASV seit einiger Zeit und kann das Testergebnis bestätigen. Mich interessiert, welche Pickups sich zur Verbesserung des Vintage-Klangbiildes bei dieser Gitarre besonders empfehlen.
Da gibt es so viele auf dem Markt, dass man unmöglich alle auflisten könnte. Aber wenn Du Pickups verwendest, deren Klangideal in Richtung “alte PAFs” geht, dann liegst Du richtig. Seymour Duncan SH-1, DiMarzio PAF, Amber Spirit of 59, diverse Kloppmann-Humbucker, Häussel 1959 und so weiter und so fort.
hi ich habe gibson picks reingemacht (es335) nicht die agressiven (das ist geschmacksache)
resultat:
knaller