Lauschangriff!

DV Mark Micro 50 im Test

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DV Mark Topteil
(Bild: Dieter Stork)

 

Kompakt und leicht, es scheint weiter eine große Nachfrage nach transportfreundlichen Amps auf dem Markt zu bestehen. Jedenfalls sprießen die Neuheiten in diesem Segment. Und treiben interessante Blüten: Möchte man es glauben, der Micro 50, nur wenig größer als Apples Mac-Mini, ist zweikanalig und liefert am Anschlag angeblich satte 50 Watt.

Der italienische Hersteller hat sich mit Produkten unter dem Namen Markbass im Bereich der Bassverstärkung schon lange solide etabliert. So großen Zuspruchs erfreut sich die Gitarrensparte vermutlich noch nicht, obwohl die Amps, Cabinets und FX-Pedale qualitativ auf hohem Niveau stehen (vgl. auch unsere Tests des Amps „Maragold“ in G&B-Ausgabe 01/2015 und der Fliegengewichts-4×12-Box „Neoclassic 412“ in G&B-Ausgabe 04/2015). Das Programm umfasst nicht weniger als neun Topteilmodelle, ebenso viele Combos (darunter u. a. ein Frank-Gambale-Signature-Modell), vier Cabinets, ein MIDI-Switchboard und weitere Accessoires. Lohnt sich da umzugucken.

Lohnt sich, da umzugucken. Klar, wir bleiben auch am Ball und werden uns bald weitere Pretiosen von DV Mark vorknöpfen. Die haben nämlich z. B. ein sehr kompaktes Vollröhrentopteil im Programm. Und im Bereich Modeling lockt der sogenannte Multiamp als All-in-One-Tonzentrale mit Mono- oder Stereo-Endstufe, integrierten Effekten, Cabinet-Simulation usw.

Konstruktion

Dem Clean-Kanal des Micro 50 hat DV Mark eine Dreiband-Klangregelung gegönnt. Neben Bass, Mid und High ist ein Level-Regler zum Abstimmen der Lautstärke vorhanden. Der Lead-Kanal muss sich mit zwei Bereichen begnügen, Bass und High. Drive bestimmt den Verzerrungsgrad, Level die Lautstärke. So klein der Verstärker ist, hat er dennoch eine Reverb/Hall-Effektsektion zu bieten. Das schon in vielen Produkten erprobte digitale Modul von Accutronics/Belton/ Korea (hier die Variante BTDR-2V) erzeugt die Raumsimulation.

An der Front sind außer dem Guitar-Input zwei 3,5-mm-Klinkenbuchsen platziert, über die externe Signale von Line-Signalquellen (Aux: Handy, Begleitautomat etc.) eingespielt bzw. Kopfhörer (Phones) angeschlossen werden können. Ein Druckschalter erlaubt, manuell zwischen den Kanälen zu wechseln, an der Rückseite ist für die Fernbedienung der Schaltfunktion eine Fußchalterklinkenbuchse vorhanden (FSW = Footswitch). Hier hinten befinden sich außerdem zwei Lautsprecherausgänge (min. 4 Ohm) und ein XLR-Line-Out mit Groundlift-Schalter. Natürlich gedacht zum Füttern von Mischpulten u. ä.

Ein AC-Spannungswahlschalter (120/240V), die Netzbuchse, vorne der Ein/Aus-Schalter, das wars. Nein, nicht ganz. Es ist noch zu erwähnen, dass ein kleiner Lüfter (der sich temperaturgesteuert einschaltet) den Wärmehaushalt des Micro 50 reguliert. Fragt sich, wie man so viele Funktionen auf so wenig Raum unterbringt. Nun, Halbleitertechnik in Verwendung von SMD-Bauteilen macht dies möglich. Und man glaubt es kaum, trotzdem sich innen ein Ringkernnetztrafo und ein Kühlkörper befinden, bleibt noch freier Platz. Aha, wohl wegen einer Class-D-Endstufe?

Nein, die Endstufe arbeitet konventionell analog. Der Trick ist, dass DV Mark ein „geniales“ kleines Leistungsmodul verwendet, den TDA7924. Dieser DMOS-Halbleiterverstärker kann laut Datenblatt bei nur ca. 0,1%-Klirrfaktor tatsächlich mindestens 60 Watt leisten, typisch sogar 70 Watt. Kurzschlussabsicherung und thermische Schutzabschaltung sind integriert, Einschaltverzögerung, sowie eine Muting/Standby-Funktion (die hier jedoch keine Verwendung findet).

Dolles Ding, da freut sich das Herz des Entwicklers/Technikers. Auch beim Blick auf die Verarbeitung kommt gute Stimmung auf. Sauber gemacht, solide, vertrauenerweckend, die Elektronik sollte dauerhaft fehlerfrei funktionieren.

DV Mark Micro 50 (4)
(Bild: Dieter Stork)

Praxis

Die Leistungsangabe hat mir keine Ruhe gelassen. Sie nachzuprüfen stand daher ganz oben auf der Liste der Prüfungspunkte. Stimmt schon, man darf eigentlich technischen Datenblättern Glauben schenken, aber – das sollte man nicht vergessen – was/wieviel aus einer Endstufe herauskommt, hängt von der jeweiligen Beschaltung ab (z. B. Versorgungsspannung, Gegenkopplung etc.). Das Messergebnis sorgt für die erste erfreuliche Feststellung: Verzerrungen bzw. Verfärbungen entwickelten sich bei unserem Testkandidaten ab einer Ausgangsleistung von ca. 45 Watt. Somit darf man die Herstellerangabe als korrekt bewerten.

Die satte Leistung spürt man auch in der Praxis. Der Micro 50 wirkt kraftvoll, liefert eine resolute Dynamik. Und man kann die Leistung tatsächlich ausnutzen, denn die Endstufe clippt weich, kein hartes Kratzen/Knacken wie man es von Transistorverstärkern gemeinhin erwartet. In Sachen Power ist der Micro 50 also schon einmal voll auf der Höhe. Kann das Klangbild damit gleichziehen, hat der Amp gute Karten … Von einem guten Clean-Kanal erwartet man gemeinhin frische Höhen und kräftige Bässe mit Reserven in der Klangregelung, damit schlank klingende Gitarren Volumen bekommen. Wichtig ist außerdem Transparenz, man wünscht sich quasi eine 3-D-Tiefenzeichnung, und der Gesamteindruck sollte eher warm-freundlich sein als tendenziell harsch und angriffslustig (je nach Musikstil verschieben sich die Wertvorstellungen natürlich etwas).

Nun, der Micro 50 kann das alles in hoher Qualität liefern. Die Clean-Sounds verbreiten Volumen, der Ton hat Substanz, das Spielgefühl ist wohldosiert nachgiebig und gleicht dem eines guten Röhrenverstärkers. Nur die absolut gesehen etwas verhaltene Transparenz und die zuweilen angestrengt wirkenden Höhenanteile zeugen von der Halbleitertechnik. Positiv ist auch zu bewerten, dass die Klangregelung sehr effizient arbeitet und an den „richtigen“ Punkten im Frequenzgang anpackt. Etwas von dem eleganten Halleffekt hinzumischen … da kann sich keiner über mangelnde Sound-Kultur beklagen. Der Clean-Kanal ist top, fetter Pluspunkt. Nur Bass und Treble in der Lead-Sektion, reicht das?

Oh ja, das reicht, aber eben auch nicht mehr, zum Dosieren der Schärfe in den Höhen, dem Druck in den unteren Frequenzen, fertig. Richtig den Klang formen kann man hier nur bedingt. Könnte man meinen. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Ist der Lead-Kanal aktiv, durchlaufen seine Signale nämlich die komplette Clean-Sektion, inklusive der Klangregelung. Weswegen im Sound letztlich eben doch viel mehr möglich ist. Das Gain-Spektrum erstreckt sich von Overdrive bis zu Distortion. Die Verzerrungen sind überraschend charakterstark. Der Kanal löst Akkorde schön auf. Angezerrte Einstellungen erreichen so viel Markanz.

Im Bassbereich macht der Amp (wiederum) viel Energie frei. Auch die entschlossene, aber angenehme Ansprache steigert den Spiel- und Tongenuss. Das letzte Quantum an Transparenz und Leichtigkeit im Ton erreicht der Lead-Kanal allerdings nicht. Moment, wovon reden wir? Der Micro 50 kostet auf der Straße ca. € 300 … Meckern ist vor dem Hintergrund out. Bleibt noch der D.I.-Out zu bewerten. Seine Klangqualität zeichnet sich durch stabiles, kräftiges Volumen aus, die tonalen Qualitäten des Amps kommen klar zur Geltung, aber die Höhenanteile sind stark betont. Zum Glück kann man das mit dem EQ des Mischpults ohne Weiteres in den Griff kriegen.

Fassen wir zusammen: Grundsätzlich ist bei dem Micro 50 alles im Lot. Es gibt jedoch einen Punkt, der Anlass zum Grübeln gibt. Der geneigte Leser hat sich die Frage wahrscheinlich selbst auch schon gestellt: Kein FX-Weg, wie bekomme ich meine Delays und Reverb an den Start?! Nur vor dem Amp, und das macht zumindest beim Betrieb des Lead-Kanals wenig Sinn. Es sei denn, man mag Echos und Hall verzerrt.

DV Mark Micro 50 (1)
(Bild: Dieter Stork)

Alternativen

Kommen für den Anwender auch Modeling-Amps in Frage, hat der Micro 50 ernste Konkurrenz. Bleiben wir in der Produktgruppe analoge Kompaktverstärker, steht er in seiner Preisklasse ganz allein auf weiter Flur.

Resümee

Man muss nicht zwingend den Preis als Maßstab nehmen, um dem Micro 50 gute Klangqualität zu bescheinigen. Auch absolut gesehen bewegt sich der kompakte Energieblock tonal auf einem beachtlichen Niveau. Variabel im Sound, gepflegter Hall – was für ein Kick, so eine kraftvolle Tonmaschine in der Gitarrentasche mit sich herumtragen zu können. Dass der FX-Weg fehlt, ist allerdings ein ernstzunehmendes Manko. Schließlich ist der Micro 50 nicht nur ein praktisches Tool für Wohnzimmer und Recording, sondern taugt dank seiner beherzten Leistung auch voll für den Live-Einsatz. Preis und Leistung stehen in einem unkritischen Verhältnis.

Plus

  • Sound, Variabilität
  • Dynamik, Leistungsausbeute
  • Zerrverhalten
  • geringe Nebengeräusche
  • Verarbeitung, Qualität d. Bauteile

Minus

  • FX-Weg fehlt

DV Mark Micro 50 (5)

 

Hinweise zu den Soundfiles

Für die Aufnahmen kamen zwei Mikrofone mit Großflächenmembran zum Einsatz, ein AM11 mit von Groove-Tubes/Alesis und ein C414 von AKG, platziert vor einem Celestion Vintage 30  im klassischen 4×12-Cab.

Die Clips wurden pur, ohne Kompressor o. jegliche EQ-Bearbeitung über das Audio-Interface Pro-24DSP von Focusrite in Logic Pro eingespielt. Das Plug-In „Platinum-Reverb“ steuert die Raumsimulationen bei.

 

Bedeutung der Buchstabenkürzel:

CR: Crunchsound, etwas mehr Gain als bei Overdrive.

Dist: Distortion im Lead-Kanal.

 

Clip 1 bis 3: Eindrücke vom Clean-Kanal.  Er spricht sensibel an, vermittelt –der Halbleitertechnik zum Trotz- ein angenehmes Spielgefühl.

 

In den Clips #4 bis #6 hören wir den Lead-Kanal. Wen man es nicht besser wüsste, könnte man meinen einen Röhren-Amp zu hören. Der Kanal braucht allerdings entschlossene Spieltechnik.

 

 

Clip #7 präsentiert explizit den internen Reverb-Effekts des Micro 50. Schön luftige Rausimulation, ja, die digitale Technik hat doch etwas für sich.

 

 

Der Clip #8 präsentiert mein Referenz-Riff“ (RefRiff), das ich mit jedem Test-Amp/-Distortion-Pedal einspiele, damit man den Charakter der von uns getesteten Produkte quasi auf einer neutralen Ebene vergleichen kann.

 

 

 

 

Ich wünsche viel Vergnügen, und…,  wenn möglich, bitte laut anhören, über Boxen, nicht Kopfhörer! ;-).

 

Fragen, Anregungen  und  ja, auch Kritik sind wie stets willkommen. Nachrichten bitte an frag.ebo@gitarrebass.de.  Es klappt nicht immer,  aber ich werde mich bemühen möglichst kurzfristig zu antworten.

 

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