Auch wenn Joe Satriani natürlich der uneingeschränkte Star seiner eigenen Band ist und das Publikum vor allem wegen seiner atemberaubenden Musikalität scharenweise in die Konzerte strömt, hat die vierköpfige Truppe weit mehr zu bieten als nur den amerikanischen Gitarrenhexer …
Neben Schlagzeuger Marco Minnemann, der immerhin – wenn er es gewollt hätte – auch den Job als Nachfolger von Mike Portnoy bei Dream Theater hätte bekommen können, sind es vor allem der fabelhafte Bassist Bryan Beller und Keyboarder/Gitarrist Mike Keneally, die das hohe spielerische und klangliche Niveau der Satriani-Band abrunden. Ihr handwerkliches Können ist dabei ebenso tadellos wie ihr clever und systematisch zusammengestelltes Equipment, das wir im Rahmen unseres Satriani-Interviews (siehe Ausgabe 12/2015) gleich mit begutachtet haben und nun an dieser Stelle explizit vorstellen.
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MIKE KENEALLY
Wichtigster kompositorischer Partner Satrianis ist zurzeit der aus Long Island stammende Mike Keneally. Der 54- Jährige New Yorker, der bereits eine Vielzahl an SoloAlben veröffentlicht hat und seit sechs Jahren zur Band des Meistergitarristen gehört, gilt im Studio als Satrianis wichtigster Ratgeber bei Fragen zu Arrangements und Instrumentierungen. Keneally: „Joes Demos sind zumeist sehr konkret, er hat bereits eine klare Vorstellung vom Endergebnis. Ab einem gewissen Punkt der Produktion überlässt er die Entscheidung weiterer Overdubs jedoch mir oder bittet mich um konkrete Vorschläge.
Auf Tournee verändern sich diese Songs dann allerdings noch einmal Abend für Abend. Joe ist immer offen für neue Ideen und liebt es, zu variieren. Ansonsten ist er ein unglaublich netter und entspannter Typ, die gesamte Stimmung in seiner Organisation ist freundlich und vertrauensvoll. Für einen derart erfolgreichen Musiker ist er einer der bodenständigsten Typen, mit denen ich jemals zusammengearbeitet habe. Und als Gitarrist ist Joe natürlich unglaublich inspirierend. Seine Professionalität, sein Arbeitsethos, seine unfassbare Perfektion bei dem, was er macht, das alles ist für mich purer Genuss.“
Bild: SONY, MINEUR
Bild: SONY, MINEUR
Zum ersten Mal getroffen haben sich Joe Satriani und Mike Keneally auf der 1996er G3-Tour. Keneally gehörte seinerzeit zur Band von Steve Vai, Satriani war Headliner dieser Konzertreihe. „Damals hatte ich allerdings noch keinen allzu engen Kontakt zu ihm“, erklärt Keneally, „genoss aber die Momente, in denen wir irgendwo kurz zusammenstanden und ein wenig plauderten.“ Höhepunkt der G3-Tour war der allabendliche Zugabenteil, wenn alle Beteiligten auf die Bühne kamen, um Zappas ,My Guitar Wants To Kill Yer Mama‘ zu präsentieren. Keneally: „Joe und ich spielten dabei zeitgleich auf derselben Gitarre. Ich griff die Bünde und er zupfte die Saiten – ein riesiger Spaß!“ Die Wahl eines Frank-Zappa-Songs als Show-Abschluss war sicherlich kein Zufall, denn Steve Vai gehörte in den 1980ern ebenso zur Zappa-Band wie Keneally, der 1988 zur Formation des exzentrischen Musikers stieß.
„Frank Zappa war mein größter Einfluss und die Zeit in seiner Gruppe die wichtigste Phase meiner Karriere. Fast alles, was ich seitdem erlebt habe, basiert auf dieser Erfahrung. Zappa war und ist noch immer ein entscheidender Teil meines Lebens.“ In Satrianis Band spielt Keneally Keyboards und Gitarre. Im Studio beschränkt er sich fast ausnahmslos auf Keyboards, während der Anteil an Gitarren-Parts auf der Bühne deutlich höher ist. Hinsichtlich seiner Instrumente sind Qualität und Variabilität die entscheidenden Parameter. Keneally: „Ich achte darauf, dass alles notwendige Equipment für die Show und die jeweiligen Songs an Bord ist, um einerseits Joes Kompositionen gerecht zu werden, andererseits aber auch um einen eigenen musikalischen Fingerabdruck hinterlassen zu können.“
Bild: SONY, MINEUR
Bild: SONY, MINEUR
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BRYAN BELLER
Aufgewachsen ist Bryan Beller in Westfield, New Jersey, in der Nähe von New York City. Als Kind spielte er Bass und Klavier, entschied sich dann aber für den E-Bass und ging 1989 für vier Jahre nach Boston zum Berklee College Of Music, wo er seinen Abschluss absolvierte. Anschließend zog Beller nach Los Angeles und arbeitete dort mit Dweezil Zappa, seinem ersten Arbeitgeber als Profimusiker im Alter von 22 Jahren. Bei Dweezil Zappa traf der heute 44-Jährige zum ersten Mal auch Mike Keneally, der bereits seit 1988 zur Gruppe gehörte. Beller: „Irgendwann verließen Mike und ich die Band, um Mikes Musik zu spielen. Wir sind also seit weit über 20 Jahren Freunde und musikalische Partner. Durch ihn lernte ich auch Steve Vai kennen, arbeitete mit ihm an seiner 2007er DVD ,Where The Wild Things Are‘, gehörte dann zu Steve Vais Orchesterprojekt und spielte anschließend in einer amerikanischen Deathmetal Band namens Dethklok.“
Bellers musikalische Vorlieben sind vielschichtig und reichen von Metallica, Slayer und Megadeth bis zu Pink Floyd, Yes, Led Zeppelin und Black Sabbath. In seiner Zeit in Berklee entdeckte er außerdem den Fusion-Rock mit Vertretern wie Chick Corea, Jaco Pastorius und vor allem John Scofield, den er besonders mag. Aber: „Im Grunde genommen bin ich kein Jazz-Bassist sondern Rock-Musiker, der auf satte Grooves steht.“ Auf die Frage, wie wichtig für seine Laufbahn die musiktheoretische Ausbildung in Berklee war, antwortet der Amerikaner: „Meines Erachtens wurden Musikschulen erfunden, um Leuten zu helfen, die es allein nicht hinbekommen. Denn Leute, die es allein auf die Reihe kriegen, sind Genies, und von denen gibt es nur sehr wenige. Für alle Übrigen gibt es Musikschulen.“
Beller gibt zu, dass für ihn Musiktheorie und Notenkenntnisse immer sehr wichtig waren, obwohl er selbst kein sonderlich versierter Notenleser sei. „Wichtig deshalb, weil es offenbar mein Schicksal ist, komplizierte Songs mit grandiosen Musikern zu spielen, also Dweezil Zappa, Steve Vai, Joe Satriani, Mike Keneally. In solchen Fällen hilft eine fundierte Ausbildung natürlich.“ Beller hat bis dato zwei Solo-Alben veröffentlicht. Er und Keneally spielen außerdem noch in einem gemeinsamen Power-Trio, darüber hinaus bilden Beller und Satriani-Schlagzeuger Marco Minnemann den Nukleus der Fusion-Band The Aristocrats.
Beller spielt ausschließlich und aus voller Überzeugung mit den Fingern. Der Grund: „Ich könnte ein Plektrum nicht einmal festhalten. Ich sollte es können, aber ich habe eine bestimmte Anschlagstechnik entwickelt, sodass meine Finger wie ein Plektrum wirken. Ich zupfe nicht einmal besonders hart, sondern lasse meine Finger über die Saiten fliegen, deswegen klingt es wie mit einem Plektrum gespielt. Joe möchte den klassischen Rock-Sound wenn ich Achtel spiele, und mit dieser Anschlagstechnik und meinem Distortion-Pedal klingt es nahezu wie mit Plektrum gespielt.“