Lauschangriff!

Skrydstrup TD50 im Test

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Wir freuen uns, einen besonders exklusiven Verstärker vorstellen zu dürfen. Rar wie Hühnerzähne, das hochgezüchtete Röhrenaggregat wird nur auf Bestellung gefertigt. Auf seine Fähigkeiten darf man gespannt sein, schließlich eilt dem Namen Skrydstrup eine exzellente Reputation voraus. Unter anderem lässt die Ansage aufhorchen, dass der TD50 der „bei weitem nebengeräuschärmste High-Gain-Amp“ überhaupt sein soll.

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Skrydstrup TD50_01
(Bild: Dieter Stork)

Zu diesem Test ist es gekommen, weil ich für unsere Sonderausgabe „Pedaleffekte ABC“ Steen Skrydstrup besucht und interviewt habe. Wer von dem Dänen noch nicht gehört hat, ist entweder noch frisch dabei in der Gitarrenwelt, oder er interessiert sich nicht für Technik. Steen ist einer der weltweit anerkannten und führenden Spezialisten für jede Art von Hightech-Lösungen, vom Pedalboard über D.I.-Prozessoren bis hin zu Verstärkern. Er entwickelt und fertigt seine Produkte selbst, und hat schon so illustre Kunden bedient wie Muse, Billy Idol, Deep Purple, Die Toten Hosen, Scorpions, Rammstein … nicht zuletzt den als so tonkritisch bekannten David Gilmour, und viele andere mehr. Was hat ihn zu der Materie gebracht?

Nun, es war wie bei so manch anderem in diesem Business. Zu seiner aktiven Zeit als Gitarrist konnte das verfügbare Equipment seinen Qualitätsanforderungen nicht genügen, und so begann er, sich selbst mit der Technik auseinanderzusetzen, schaffte sich das Fachwissen drauf, fand Lösungen, für die sich andere Gitarristen interessierten − so nahm das Schicksal seinen Lauf. Sein Ein-Mann-Unternehmen firmierte lange Jahre in Dänemark. Seit einiger Zeit hat er seinen Stützpunkt in Isernhagen bei Hannover, mehr aus privaten, denn aus geschäftlichen Gründen. Wer mehr über ihn wissen will: Im oben genannten Interview gibt Steen ausgiebig Auskunft über seinen Werdegang, die seiner Arbeit zugrunde liegende Philosophie usw. – unser Sonderheft kann man versandkostenfrei über www.gitarrebass.de bestellen!

Konstruktion

Das Konzept dieses 50 Watt starken Topteils tanzt nicht aus der Reihe. Es gleicht dem anderer Amps der hüteren Preisklassen, indem sich aus zwei separaten, mit je einer Dreibandklangregelung ausgestatteten Vorstufenkanälen drei Soundmodes ergeben. Sektion 1 soll einen weiten Bereich von Clean bis angezerrt abdecken. Logisch, dass dann Sektion 2 auf höheren Gain-Ebenen arbeitet. Sie generiert zwei Soundmodes, die nicht nur unterschiedlich „heiß“ sind, sondern auch im Toncharakter klar differieren (Gain/Master-2, Gain/Master-3).

In beiden Vorstufensektionen finden sich Bright-Schalter, die je zwei unterschiedlich intensive Höhenanhebungen bewirken. Ein Presence-Poti, klassisch im Gegenkoppelungsweg der Endstufe gelegen, Standby und Power, damit sind die Bedienungselemente der Frontplatte erfasst. Auch an der Rückseite findet sich nichts Spektakuläres. Zwei Speaker-Outs mit umschaltbarer Impedanz (4/8/16 Ohm), ein serieller Einschleifweg und ein Fußschalteranschluss in Form einer professionellen 5-Pol-XLR-Buchse. Ein stabiles Schaltpedal aus Stahlblech gehört zum Lieferumfang. Selbstredend ist das Kabel von bester Qualität, die Länge kann der Kunde frei bestimmen. Die drei Taster dienen der Kanalwahl und dem Aktivieren einer Mute-Funktion zum Stummstellen des Amps.

Die Soundmodes/-kanäle ruft man wie folgt auf: Der Schalter mit der Bezeichnung „CH.3“ wechselt zwischen CH.2 und CH.3. „CH.1“ wechselt zwischen den Vorstufenkanälen. Es ist somit durch geeignete Vorwahl möglich, direkt in jeden Sound-Modus zu gelangen. Der Status der Funktionen wird am Amp und dem Pedal mit hell leuchtenden Lampen optisch anzeigt. Dringen wir in das Allerheiligste vor: Chassis raus, Elektronik checken. Hier wird gleich die erste Maßnahme zur Minimierung von Nebengeräuschen sichtbar. Das Chassis ist aus verzinktem Stahl gefertigt und besitzt eine angeschraubte Bodenplatte. 1A faradayscher Käfig, optimale Abschirmung gegen Einflüsse von außen ist natürlich das Ziel.

Skrydstrup TD50_02
Pingelig saubere Verarbeitung, hinten im Käfig das DC-Netzteil

Innen verbirgt sich ein Platinenaufbau. Logisch, ein so hoher technischer Aufwand wie er hier vorliegt, ist anders in konsistenter Qualität ja gar nicht umsetzbar. Die Verarbeitung ist maximal akkurat, um nicht zu sagen pingelig sorgfältig. Die verwendeten Bauteile entsprechen den üblichen Standards in dieser Qualitätsklasse. Neugierde weckt ein kleiner Käfig neben den Endröhren. Er entpuppt sich als ein aufwendiges DC-Netzteil, dass die Spannung für die Heizung der Röhren liefert. Natürlich, die Gleichstromversorgung ist ein effizienter Garant für die Minimierung von Nebengeräuschen, verhindert/reduziert tieffrequentes Brummen. Nebenbei bemerkt: Optimale Kontaktierung der Röhren in den Fassungen ist dem auch förderlich.

Steen benutzt die neueste Fassungen-Generation von Belton. Die Dinger packen extrem stramm zu, es dürfte wohl kaum etwas Besseres geben. Zusätzlich versucht er die Kontaktierung zu optimieren, indem er zu ECC83S/JJ mit Goldpins greift. In der Class-AB-Gegentaktendstufe kommen zwei EL34BSTR von TAD zum Einsatz.

Praxis

In gewisser Weise hat der TD50 seine Qualitätsprüfung schon längst bestanden. Er wurde sozusagen von oberamtlicher Stelle abgesegnet. Dass es den TD50 gibt, ist nämlich Rudolf Schenker von den Scorpions zu verdanken, der, wie man weiß, sehr spitze Ohren hat, wenn es um die Qualität von Gitarren-Sounds geht. Ein Amp der mit den Scorpions auf Tour ist und diese Prüfungen besteht, muss ein Tool allererster Klasse sein, oder?! Rudolf Schenker benutzte zuvor bereits Skrydstrup-Amps, für Clean den OD50, für Distortion den Super Drive 50. Die beiden bildeten die Grundlage für den Triple Drive 50, kurz TD50, der in der Serienversion mit den Bright-Switches verfeinert wurde.

Schön, dass der Amp bei den Scorpions so gut angekommen ist, von prominenten Vorschusslorbeeren werden wir uns aber nicht blenden lassen. Tatsächlich ist es aber aus objektiver Sicht schwer bzw. unmöglich, Anlass zu Kritik zu finden. Der FX-Weg ist nicht fußschaltbar?! Richtig, aber können wir deswegen nörgeln? Nein, denn Steen würde eine passende Lösung bereitstellen. Keine FX-Level-Regler, passt das als Minus? Im Prinzip ja, sagt das Testzentrum Eriwan, aber wenn nötig, wird Steen eine Lösung finden. FX-Weg nicht parallel nutzbar? Könnte man beanstanden, aber Steen würde … nun das kennen wir ja jetzt schon.

Jedoch Channel 2, zwei Distortionsounds aus einer Sektion mit nur einem gemeinsamen Ton-EQ, potentiell liegt hier doch noch ein Quell der Schwäche, oder? Ich denke nein. Eine Problematik stellt sich deswegen nicht, weil CH.2 und CH.3 in den Grundanlagen ihrer Sound-Ausrichtung die gleichen Anforderungen stellen. Beide produzieren im Kern britische Tonfarben und haben insofern, was die Energie und Klangfarbe angeht, die gleichen Bedürfnisse, die sie elegant und souverän ausleben.

Die Klangcharaktere unterscheiden sich jedoch deutlich:

CH.2 erinnert an Marshalls JCM800-Ära, speziell an die frühen Modelle 2204. Dieses Beißen in den Höhen, die schlanken transparenten Mitten usw. treibt der CH.2 quasi in neue Dimensionen. Sehr sensibel und kraftvoll in der Dynamik, resolut, offensiv im Ton, aber kultiviert, keine Kanten und Ecken wo keine hingehören, dabei vorbildlich transparent und harmonisch in der Zeichnung der Verzerrungen. Deren Intensität lässt sich weitreichend regeln, der Kanal ist erfreulich variabel. Nach so was dürfte sich jeder Retro-Rocker die Finger lecken.

CH.3 treibt diese Qualitäten auf die Spitze. Viel satter in den Mitten, hochgezüchtet im Gain bedient er die modernen Klangfarben. Die Zerrintensität hat extreme Reserven, wie man sie kaum woanders erlebt. Der Clou dabei ist, dass die Sound-Formung nicht aus den Fugen gerät. Die Konturen der Töne bleiben ausdrucksstark erhalten und − das ist wirklich der Hammer − die Nebengeräusche spiegeln die überbordende Vorverstärkung überhaupt nicht wieder. Wie Sie hören, hören Sie nix! Na ja ganz so ist es nicht, aber vergleichsweise ist der TD50 superstill. Vor allem die Brummanteile sind quasi ausgeblendet. Beeindruckend. Primär ist der CH.3 mit seinem dicken Super-High-Gain-Ton für filigrane, virtuose Spieler geeignet, die − um den Begriff mal wieder zu strapazieren − eine Affinität zum Brownsound haben. Für Metalund Hardcore-Hardrock mit dropped Tunings ist er nicht die erste Wahl. Dafür fehlt die Leistung und Mid-Scoop ist auch nicht. Oder anders: sein Charakter passt dazu einfach nicht.

Fast das Beste kommt zum Schluss: dieser hypertransparente CH.1. Was entwickelt dieser Kanal für eine Dynamik und Durchsichtigkeit! Als suchte er mit der Lupe nach jedem noch so kleinen Detail. So stramm und ehrlich er anspricht, ist er doch im Spielgefühl angenehm, nicht ungesund stramm. Der Charakter des Instruments und der musikalische Ausdruck des Spielers kommen präzise, optimal zum Vorschein. So bildete sich im Verlauf des Tests für mich eine plakative Überschrift aus: der CH.1, eine Art Dumble mit Marshall-Genen. Die klare Sprache des Kanals hat Konsequenzen. Wer ihn mit minderwertigem Material füttert, seien es miese Noten oder ein unzulängliches Instrument, wird abgewatscht, bekommt dafür rigoros die Quittung. Die Transparenz geht aber nicht einher mit aufdringlichen Höhen oder Ähnlichem. Nein, die tonale Balance ist in sich stimmig.

Aber Achtung, wie so oft sind die verwendeten Speaker ein nicht zu unterschätzendes Kriterium. Sie sollten von sich aus nicht tendenziell penetrant in den Höhen zupacken. Gute, „gesunde“ Vintage 30 funktionieren sehr gut. Speaker aus der Familie der Greenbacks sind auch empfehlenswert, wären mir bei dem Charakter des TD50 aber zu brav.

Skrydstrup TD50_03

Resümee

Bringen wir es ohne Umschweife auf den Punkt: Der TD50 gehört zweifellos zu den besten Amps auf dem Markt. Drei wesentliche Punkte sorgen für den Superlativ: die noble, charakterstarke Tonformung, eine extreme Detailversessenheit und exzellente Verarbeitung. Letzteres, nicht die Substanz, macht den Spaß so teuer – die akribische Handarbeit fordert ihren Tribut. Doch was heißt teuer, wenn offensichtlich viele Kollegen nicht davor zurückschrecken noch höhere Beträge für Custom-Shop-Instrumente auszugeben. Insofern: Wer anspruchsvoll ist, legt sein Geld beim TD50 allemal gut an, denn das potente Ton-Tool genügt höchsten Ansprüchen.

Plus
• exzellente SoundFormung, hohe Variabilität
• maximierte Dynamik, Ansprache, Detaildarstellung
• extrem geringe Nebengeräusche
• sehr gute Verarbeitung (handgefertigt), Qualität d. Bauteile

Skrydstrup TD50_profil

Hinweise zu den Soundfiles.

Für die Aufnahmen kamen zwei Mikrofone mit Großflächenmembran zum Einsatz, ein AM11 mit von GT/Alesis und ein C414 von AKG, direkt platziert vor der Membran eines Vintage 30-Speakers/Celestion in einem hochwertigen 4×12-Cabinet.

Die Clips wurden pur, ohne Kompressor o. jegliche EQ-Bearbeitung über das Audio-Interface Pro-24DSP von Focusrite in Logic Pro eingespielt. Ab und an steuert das Plug-In „Platinum-Reverb“ Raumsimulationen bei (im Titel kenntlich gemacht durch den Zusatz „Room“ oder „RVB“).

 

Bedeutung der Buchstabenkürzel:

CR: Crunchsound, etwas mehr Gain als bei Overdrive.

OD: Overdrive, leichte Anzerrungen.

GitVol: Distortion-Intensität wird mit dem Poti an der Gitarre gesteuert.

 

Clip 1 bis 4: Es ist durchweg der Channel 1 zu hören, der hier einen Eindruck davon vermittelt wie ausgesprochen variabel er ist. Im Clip 4 zeigt sich, dass der Kanal  seinen Ton dynamisch weitreichend ändern kann: Ich habe nicht irgendeinen Boost gekickt o.ä., allein das Volume-Poti an der Gitarre (in Verbindung mit der Anschlagsstärke) steuert den Wechsel von clean zu angezerrt.

In den Clips #5 – #7 gibt der Channel 2 seine Qualitäten zum Besten. Er besitzt zwei Soundmodes mit unterschiedlichem Grundtimbre, die sich die Klangregelung des Kanals teilen. Channel 3 hat extrem viel Gain, artikuliert trotzdem sehr präzise und entwickelt nur ein Minimum an Nebengeräuschen (quasi kein Brummen vorhanden). Äähh…, scusi für den leichten Timing-Hänger in Clip #5 ;-).

Im Clip #8 habe ich die Einstellungen des Channel 2 während des Spiels verändert, Klangregelung und Gain-Intensität bringen sehr unterschiedliche Klangfarben zum Vorschein. Clip  #9 präsentiert mein Referenz-Riff“ (RefRiff), das ich mit jedem Test-Amp/-Distortion-Pedal einspiele, damit man den Charakter der von uns getesteten Produkte gewissermaßen auf einer neutralen Ebene vergleichen kann.

Ich wünsche viel Vergnügen, und…,  wenn möglich, bitte laut anhören, über Boxen, nicht Kopfhörer! ;-).

Fragen, Anregungen  und  ja, auch Kritik sind wie stets willkommen. Nachrichten bitte an frag.ebo@gitarrebass.de.  Es klappt nicht immer,  aber ich werde mich bemühen möglichst kurzfristig zu antworten.

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