Üppig ausgestattet, überraschend preiswert

Volle Breitseite: Zoom MultiStomp Pedale im Test

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(Bild: Dieter Stork)

Zoom hat es schon oft geschafft, auf minimalem Raum ein Maximum an Möglichkeiten unterzubringen. Die MultiStomp-Linie treibt diesen Ansatz auf die Spitze, die aktuell fünf Protagonisten locken mit einer beeindruckenden Vielfalt an Sounds und Optionen. Und das Beste daran: Keiner von ihnen kostet mehr als 199 Euro, die meisten Varianten liegen sogar deutlich darunter.

Kleiner Exkurs zum Start: „Aktuell fünf“ bedeutet konkret, dass Zoom diese Serie weiter ausbauen wird. Im Frühjahr 2025, unmittelbar nach Redaktionsschluss, erscheint mit dem MS-90LP+ ein weiteres Pedal, das sich des Themas Looping annimmt und dabei auch mit einer Vielzahl an Rhythmus-Patterns ausgestattet ist.

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Damit zu unseren Probanden – und einer ersten Einschränkung: Die Anleitungen der Pedale umfassen je rund 70 Seiten, eine vollständige Übersicht aller Möglichkeiten und Optionen ist in diesem Test-Format schlicht nicht machbar, viele Features können daher nur gestreift werden. Aber so viel sei an dieser Stelle erwähnt: Es gibt eigentlich nichts, was die Entwickler übersehen haben. Die MultiStomps sind maximal ausgestattet – was natürlich auch eine Tuner- und in den meisten Fällen eine Tap-Tempo-Funktion umfasst. Was aber fast noch wichtiger ist: Die Ingenieure haben es geschafft, die Bedienung trotz allem recht überschaubar und simpel zu halten. Und damit zunächst zum Aufbau, den alle Probanden mehr oder minder gemein haben.

OPTIONEN & KONZEPT

Hardware-seitig sind die Geräte fast identisch, lediglich die Zahl der Ein- und Ausgänge variiert je nach Konzept und Position in der Kette. Rund um den Fußschalter sind vier weitere Kontaktpunkte angeordnet, über die sich die einzelnen Patches („Memory“, oberhalb) sowie die Effekte innerhalb der Patches („Scroll“, unterhalb) anwählen lassen. Dazu kommen vier Drehregler, die zusätzlich eine Push-Funktion besitzen. Konventionell gedreht verhalten sie sich wie bei so gut wie allen Pedalen und verändern die Parameter. Über einen Druck kann man die Effektauswahl verändern sowie das Menü mit jeder Menge weiteren Funktionen wie der Platzierung der Effekte oder grundsätzliche Einstellungen aufrufen. Um alle Möglichkeiten der Geräte im Einsatz schneller erfassen zu können, hat Zoom seine MultiStomps mit farbcodierten LCD-Bildschirmen ausgestattet. Trotz allem sollte man sich natürlich etwas Zeit nehmen, um die gebotene Vielfalt zu erkunden. Hilfreich sind dabei verschiedene online verfügbare Dateien: Neben den Bedienungsanleitungen bietet Zoom auch Effekt- sowie Patchlisten pro Pedal an. Dort findet man Informationen sowohl zu den einzelnen Sound-Optionen als auch zu den ab Werk kombinierten Paketen. Vor allem für den Start sind beide Übersichten eine sehr große Hilfe.

Die MultiStomps kommen im klassischen Kompaktformat und verfügen über einen USB-C-Port zum Anschluss von Computer, iPad oder iPhone, mit dem „Handy Guitar Lab“ bietet Zoom eine entsprechende App zur externen Steuerung an. Alternativ können die Geräte über diesen Port auch mit einem externen Akku verbunden werden. Ansonsten erfolgt die Energiezufuhr entweder über zwei AA-Batterien oder ein Netzteil.

Bevor wir loslegen, noch eine Anmerkung: Die Reihenfolge im Text folgt nicht der Nummerierung der Geräte, sondern ihrer Funktion. Beginnen wir mit dem Generalisten des Quintetts:

MS-50G+ – EINER FÜR ALLE(S)

(Bild: Dieter Stork)

Wer ein Effektpedal sucht, das die komplette Bandbreite in sich vereint, findet im MS-50G+ den passenden Partner. Am Beispiel dieses Allrounders schauen wir uns die Möglichkeiten der MultiStomps etwas näher an, denn vieles ist, wie bereits erwähnt, geräteübergreifend konzipiert. „Komplette Bandbreite“ heißt in diesem Fall: 100 integrierte Effekte. In der geräteinternen Bibliothek („Library“) sind sie in acht Kategorien unterteilt. Den Anfang machen die „Dynamics“, hier sind etwa Kompressoren und Limiter untergebracht, aber auch zwei Rauschunterdrückungen. Weiter geht es mit den „Filter“-Effekten, die Bandbreite reicht hier vom Auto Wah bis hin zum Random Filter, der seinen Effektcharakter willkürlich ändert. Außerdem sitzen hier insgesamt sechs verschiedene EQs. Danach folgt die „Drive“-Abteilung, die insgesamt 25 Boost- und Zerreinheiten unterschiedlicher Intensität beherbergt, unter anderem Modelle von bekannten und beliebten Pedalen wie dem TS808, Distortion+, DS-1, Rat oder Big Muff. Abgerundet wird diese Abteilung mit einem Akustiksimulator.

Kategorie vier verwaltet die Preamps, die Palette reicht dabei von verschiedenen Marshalls, Fenders und Mesa Boogies über einen virtuellen Vox AC-30 sowie weitere alte und jüngere Klassiker vom Hiwatt Custom 100 bis zum Diezel Herbert. Obendrauf gibt es auch hier einige Kreationen aus dem Hause Zoom. Das Namedropping an dieser Stelle soll stellvertretend vermitteln, wie üppig die Pedale ausgestattet sind und was so alles in ihnen steckt. Weiter geht es mit dem Thema Modulation. Hier stecken die bekannten Effekte Chorus, Vibrato, Flanger, Phaser, Tremolo oder Octaver in verschiedenen Ausführungen, dazu gibt es Pitch Shifting und Abgefahrenes wie einen Ring Modulator. Die folgende Kategorie „Delay“ umfasst 16 Vertreter ihrer Art, die Sektion „Reverb“ wartet mit sieben Optionen auf. Den Abschluss machen die Sondereffekte („SFX“). Hier finden sich unter anderem die Tap-Tempo-Option, ein Line Selector, mit dem sich eine gewählte Menge an Effekten mit einem Tritt aus dem Signalweg nehmen lässt, sowie ein Sitar-Simulator. Sehr sinnvoll und hilfreich ist auch die Loop-Funktion.

All diese Effekte kann man in beliebige Ketten mit bis zu sechs Einheiten verbinden, die dann einzeln über die „Scroll“-Tasten angewählt und per Footswitch ein- oder ausgeschaltet werden können. Dies wird auf dem Bildschirm optisch mit einem Verblassen dargestellt. Einen guten Eindruck der Möglichkeiten bieten dabei die Presets, hier „Patches“ genannt. 85 der 100 Speicherplätze sind ab Werk belegt, für eine bessere Übersicht und Annäherung an die Optionen hat Zoom die ersten 20 davon mit Einzeleffekten versehen, erst dann folgen Kombinationen, zunächst aus zwei, dann aus mehreren Einheiten. Der größte Teil der Patches ist mit Effektverbindungen gefüllt, die die Sounds bekannter Songs nachahmen. Das eine oder andere Preset, vor allem in Sachen Zerrsound, habe ich als mitunter deutlich überfrachtet und nicht übermäßig plastisch empfunden, aber vor allem die Modulations- und Delay-Sounds können sich wahrlich hören lassen. Wenn man nun noch bedenkt, dass das Pedal für weniger als 150 Euro über die Ladentheke geht, kann man Zooms Allrounder ein ausgezeichnetes Preis-Leitungs-Verhältnis attestieren.


MS-70CDR+ – RAUM, ZEIT & WELLEN

(Bild: Dieter Stork)

Schon der 50er war in dieser Kategorie nicht gerade spartanisch ausgestattet, der Spezialist setzt da noch einen drauf. Bei 43 Modulationssounds, 29 Delays und 33 Hall-Varianten – und obendrauf 44 weiteren Effekten – sollten eigentlich keine Wünsche offen bleiben. Viele der Einheiten kennen wir schon aus dem MS-50G+, doch einige Schmankerl liefert der 70er exklusiv – unter anderem ein Modell des legendären Boss CE-1 Chorus. Und auf genau dieses wollen wir uns an dieser Stelle konzentrieren, anstatt auch hier die einzelnen Effekte detailliert aufzulisten. Die Frage ist: Wie schlägt sich eine von rund 150 Optionen des 169 Euro teuren Geräts gegen ein Original? Dazu habe ich das im MS-70CDR+ als „Vintage Chorus“ betitelte Modell gegen das entsprechende Setting in meinem Boss CE-2w Waza Craft Pedal – das mittlerweile für rund 250 Euro angeboten wird – antreten lassen. Dabei hat sich das Zoom nicht nur achtbar, sondern fast schon überraschend nah am Original präsentiert. Vor allem in Kombination mit einem Clean-Sound kann es hier punkten, da dürften viele in einer Live-Anwendung keine nennenswerten Differenzen wahrnehmen – vom Publikum mal ganz abgesehen. Angezerrt hört man eher Unterschiede, da fügt sich das teure Analog-Teil subjektiv empfunden besser ein. So oder so: Auch das 70er liefert jede Menge sinnvolle und gute Sounds.

Bei einer derartigen Masse an Effekten finden sich natürlich auch einige, die man selten oder nie braucht und verwenden wird. Da die praxisnahen Sounds aber deutlich überwiegen, kann man auch diesem Pedal jede Menge Lob aussprechen. Wer gerne mit kleinem Gepäck unterwegs ist und vielleicht nur Platz für ein Modulations- und/oder Delay und/oder Hall-Pedal hat, sollte sich das MS-70CDR+ näher anschauen und -hören.


DAS MS-200D+ – MEHR DRIVE GEFÄLLIG?

(Bild: Dieter Stork)

Schaut man sich das Konzept an, kann man das MS-200D+ wohl mit Fug und Recht als ziemlich speziell bezeichnen, bietet es doch, seiner Bezeichnung entsprechend, 200 verschiedene Drive-Optionen an. Doch auch sein Konzept ist etwas anders als das der vorherigen Modelle: Maximal zwei davon lassen sich in einem Patch vereinen. Die Auswahl umfasst dabei 36 Emulationen bekannter Einheiten, den Rest steuern Zooms Eigenkreationen bei. Aufgeteilt in die Kategorien „Booster“, „Overdrive“, „Distortion“, „Fuzz“, „Preamp“ und „Tools“, gilt hier Ähnliches wie für das 70er: Einiges davon kennt man aus dem MS-50G+, nur wurde die Auswahl in diesem Fall noch extremer aufgestockt. Eine derartige Vielfalt birgt natürlich immer auch die Gefahr, dass man sich im Effekt-Kaninchenbau verläuft, wer jedoch nicht genug von Zerr-Optionen bekommen kann, dürfte diese Pedal freudig begrüßen. Und nicht nur das Effektangebot übertrifft das all seiner Kollegen, mit 250 Speicherplätzen liegt das MS-200D+ auch in dieser Disziplin weit vorn. Klugerweise bietet Zoom auch hier zwei verschiedene Rauschunterdrücker auf. Wie beim 50er überzeugen nicht alle Zerrsounds auf Anhieb, doch die Auswahl ist ja mehr als groß genug, so dass jeder, der sich für ein derartiges Konzept begeistern kann, jede Menge Passendes findet.


MS-80IR+ – AMP-LOS GLÜCKLICH

(Bild: Dieter Stork)

Anders als seine drei Kollegen ist das 80er-Modell kein Multieffekt im klassischen Sinn, es widmet sich vielmehr dem Thema Amp- und Boxensimulation. Insgesamt 16 Klassiker der Musikgeschichte, vom Marshall JTM 45 über den Fender Deluxe Reverb und den Vox AC-30 bis zu Mesas Rectifier, werden hier modelliert, dazu kommen sieben Zoom-Eigenkreationen. Raumatmosphäre schaffen fünf verschiedene virtuelle Umgebungen, garniert wird die Ausstattung mit zwölf Effekten, darunter zwei Noise Gates, fünf EQs und vier Delays. Ergänzend kann man sich IRs, etwa über die Zoom-Website, herunterladen und aufspielen. Auch sonst hat Zoom dem Pedal einige sinnvolle Features mitgegeben. Output L/Mono dient wahlweise als Kopfhörerausgang für stilles Üben und Spielen, für Ausgang R können Anwender pro Patch individuell entscheiden, an welcher Stelle das Signal abgegriffen wird, um so bei Bedarf das linke Signal in Richtung PA und das rechte zum Amp zu schicken. Über den USB-Ausgang lässt sich das MS-80IR+ für Recording-Zwecke mit einem Computer oder Smartphone verbinden.

Mit seinen Specs bietet sich das Pedal sowohl für digitale Aufnahmen als auch für analoge Live-Einsätze an – entweder als Amp-Ersatz auf dem Board oder Spare für einen Notfall. Im Test über eine Aktiv-Mini-PA konnten die Sounds ab Werk auf jeden Fall punkten, auch wenn mir der direkte Vergleich mit den teureren Mitbewerbern fehlte. Aber schon allein mit seiner Ausstattung – und dazu seinem Preis – steht auch dieses MultiStomp-Pedal ziemlich außergewöhnlich da. Minimalisten könnten das 50er-Pedal und das 80er koppeln und mit diesem ultrakompakten Setup die komplette Welt der Gitarrensounds abdecken – und das für einen Gesamtpreis von 350 Euro.


MS-60B+ – GLEICHES RECHT FÜR TIEFTÖNER

(Bild: Dieter Stork)

Nach so viel Gear für Gitarristen kommen zum Schluss nun auch die Bassisten dran. Das MS-60B+ gleicht in seinem Konzept dem MS-50G+ und bietet mit fast 100 Effekten die komplette Welt in einem Pedal, in diesem Fall aufgeteilt in die Kategorien „Dynamics“ (mit Kompressoren und Rauschunterdrückung), „Filter“ (Wahs und EQs) sowie „Drives“ (mit insgesamt 13 Einheiten, vom Booster bis zum Fuzz). Die folgende Rubrik „Preamps“ umfasst elf Versionen, auch hier ergänzen eigene Kreationen die Nachbildungen bekannter Produkte. Auch sein Basspedal hat Zoom dazu mit jeder Menge Modulationen, Pitch Shifting, Delays und Halleinheiten versehen, darüber hinaus gibt es Spezielles wie Synth-Sounds, einen Fretless-Simulator und Sinnvolles wie die bereits bekannten Helfer Looper und Line Selector. Das Herz des Pedals ist aber wohl die Abteilung „Bass Amp“, die Tieftönern Verstärker- und Boxen-Modelle von Ampeg bis Trace Elliot liefert. Bis zu sechs Effekte können gleichzeitig verwendet werden. Damit sollten nicht nur eher traditionell orientierte Bassisten, sondern auch Soundtüftler auf ihre Kosten kommen.


RESÜMEE

Mit seinen MultiStomps packt Zoom die Vielfalt der digitalen Welt in kompakte, analog zu bedienende Pedale, die nicht nur mit zahlreichen guten Sounds beeindrucken, sondern auch in Sachen Bedienung – gemessen an den Möglichkeiten – punkten können. Wer sich für derartige Konzepte interessiert und begeistern kann, findet in ihnen üppig ausgestattete Helfer mit einem beeindruckenden Preis-Leistungs-Verhältnis.

PLUS

  • Äußerst üppige Ausstattung
  • Preis-Leistungs-Verhältnis
  • Leichte Bedienung – trotz der Fülle an Optionen
  • Kluge Detaillösungen

MINUS

  • Werksounds zum Teil etwas überfrachtet

(erschienen in Gitarre & Bass 03/2025)

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