Alles was man braucht, aber nicht mehr
Quirky Fun: Poly Effects Ample im Test
von Florian von der Ohe, Artikel aus dem Archiv

„Quirky“, also etwa „schräg“ oder „skurril“ ist wohl der Begriff mit dem sich das Poly Effects Ample am einfachsten beschreiben lässt. Oder man könnte auch sagen „ein Amp Modeler, der auf NAM-Technologie basiert“. Aber das würde bei weitem nicht so viel Spaß machen, wie Poly Effects mit diesem Gerät verbreitet.
Amp Modeler gibt es schon lange und so langsam kommen auch kommerzielle Geräte auf den Markt, die mit NAM-Modellen arbeiten (Test in Ausgabe 04/2024). Das Ample von Poly Effects nutzt grundlegend diese Technologie, funktioniert dann im Detail aber doch an einigen Stellen anders als erwartet.
WAS IST DRIN UND DRAN?
Das Ample kommt in einer einfachen Pappschachtel mit einer sehr übersichtlichen Bedienungsanleitung in englischer Sprache. (Die deutsche Anleitung kann heruntergeladen werden, ist aber optisch und sprachlich deutlich unterlegen). Das ist insofern erfrischend, als dass schnell klar wird, dass es hier nicht unzählige Menüs und Funktionen geben wird, sondern alles ziemlich straight und auf direkte Bedienung ausgelegt ist.
An Anschlüssen finden sich die üblichen Verdächtigen wie Input, Output, die Stromversorgung und ein USB-Port sowie zwei Mini-TRS-Buchsen, über die das Ample per Adapter MIDI-Befehle entgegennimmt. Dank des leistungsstarken eingebauten Prozessors benötigt das Pedal 500mA. Dies sollte bei der Planung des Pedalboards berücksichtigt werden.

Wer noch nie mit Geräten der Firma Poly Effects in Kontakt gekommen ist, wird sich vermutlich über die Bedienung wundern. Statt Potis finden sich hier berührungsempfindliche LED-Strips. Man kann also einfach auf eine Stelle tippen oder einen virtuellen Slider bewegen. Laut Hersteller ist die Technik dahinter für mehr Anwendungen ausgelegt als übliche Potis und sollte somit fast jede Musikerkarriere überleben.

In der oberen Reihe wählt man die Amp-Kategorie (z.B. Clean, Crunch, Destroy), in der Mitte tippt man dann auf eine Zahl, um ein konkretes Modell zu wählen. Mit den Schiebereglern links und rechts werden die typischen Parameter eingestellt: Gain, Volume, Bass und Treble sind direkt zugänglich. Drückt man einmal auf das aktuelle Preset-Symbol, ändert sich die Farbe der LEDs und hinter den Schiebereglern verbergen sich nun die Helligkeit der LEDs, der Boost-Level, ein Mittenregler und die Intensität des Halls. Durch Drücken und Halten einer Preset-Nummer wird das Preset mit den gewählten Einstellungen gespeichert. Und wie fühlt sich das an?
Ehrlich gesagt ziemlich gut. Ich hatte nie Probleme mit der Bedienung. Das einzige, was mir manchmal passiert ist, ist, dass ich beim schnellen Hochziehen eines Faders auf den darüber liegenden Amp-Modus gekommen bin. Ich wollte zum Beispiel den Gain voll aufdrehen und landete versehentlich in den cleanen Amp-Presets. Naja, Benutzerfehler.
ALLES WAS MAN BRAUCHT, ABER NICHT MEHR
Das Ample kann man in der heutigen Zeit schon fast als abgespeckt bezeichnen. Bitte nicht falsch verstehen, es bietet immerhin 56 verschiedene Amps, hat einen Boost und Reverb an Bord und lässt sich vielseitig in Setups integrieren. Dennoch muss man hier ganz klar sagen: Das war’s dann auch schon fast. Ich glaube jeder, der sich vom Pedal angesprochen fühlt, findet auch genau das gut. Keine monatlichen Updates, keine App, keine 100 Effekte, keine Menüs.
Aber was es bietet, ist das, was das Ample so gut macht. Hier werden NAM-Captures der Amps verwendet und mit der proprietären Tonestack-Technologie angereichert. So jedenfalls erklärt es der Hersteller und schiebt damit auch gleich dem Wunsch, beliebige NAM-Profile laden zu können, einen Riegel vor. Poly Effects hat hier pro Amp drei bis fünf Positionen der Gain- und Volume-Regler der echten Amps aufgenommen und den Rest des Tone-Stacks modelliert.
Das einzige „Goodie“, das man dazu bekommt, ist ein Reverb. Dieser stammt aus der Kathedrale St. Albany und ist nur in der Intensität regelbar.
Praxis, Sounds und Resümee auf Seite 2 …
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