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Solo Basics: Miles Davis & George Benson Lines ‚So What‘ – Part 2

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(Bild: Shutterstock / Gansstock)

Eine großartige Methode, um zu lernen, wie man rhythmische und melodische Konzepte beim Solospiel anwendet, besteht darin, den großen Meistern genau zuzuhören und zu lernen, wie sie mit ihrem Instrument sprechen. Jazz-Trompeter zu studieren ist immer eine gute Quelle der Inspiration.

Und gerade Miles Davis, der Erfinder des modalen Jazz und der Komponist von ‚So What‘ eignet sich exzellent dafür. Er konnte zwar auch schnell spielen, aber viele seiner berühmtesten Soli bestechen weniger durch spieltechnische Virtuosität als durch wunderschöne Melodik, perfektes Phrasing und packenden Groove.

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Beispiel 1 zeigt einen Chorus seines Solos über ‚So What‘ bei einem Konzert seiner Band am 2. April 1959 in New York. Das verwendete Tonmaterial ist in der Transkription eingetragen. Neben Dorisch spielt er oft die Blues-Scale – auch im Jazz ein Schweizer Taschenmesser der Improvisation. In Takt 1/2 spielt er ein viertöniges Motiv, das in Takt 3/4 rhythmisch variiert und in Takt 7 noch einmal zitiert wird. So hält man den Zuhörer bei der Stange. Ab Takt 17 beginnt eine Kombination von Viertel- und Achtelrhythmen mit Tonwiederholungen, die das Gegenteil von sinnlosem Auf- und Abspielen von Tonleitern lehren. Die repetierten Töne F (Takt 17), Db (Takt 18), Bb (Takt 19) und wieder F (Takt 20) bilden einen Bb-Moll-Dreiklang. Und alle Töne der Takte 17-19 ergeben einen GbMaj7-Vierklang. Auch die Artikulation, die Verwendung von Akzenten und natürlich die Pausen verdienen besondere Aufmerksamkeit.

In Beispiel 2 wenden wir uns wieder dem Übermusiker George Benson zu, der alleine nur mit seiner Stimme weltberühmt geworden wäre. Aber auch ohne seine Stimme hätte ihn sein Gitarren-Spiel in den Olymp der Jazz-Gitarre getragen.

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Beispiel 2 zeigt einen Chorus seines Solos über ‚So What‘, zu finden auf seinem Album ‚Beyond the Blue Horizon‘ (1971). George Benson hat das Stück live schon mit Tempi über 300 bpm gespielt, für die meisten Normalsterblichen unerreichbar. Aber auch in langsamerem Tempo gespielt sind seine Lines inspirierend und lehrreich. In der Transkription ist das verwendete Tonmaterial eingetragen. Und hier fällt auf, dass George das variantenreiche Spielen mag: er mischt verschiedene Modes – manchmal sogar innerhalb eines Takts.

Ab Takt 45 spielt George eine glasklare A7b9-Line in HM5 (5. Mode von A Harmonisch-Moll). Aber was hat das mit D-Dorisch zu tun? Eigentlich erst mal nicht viel. Aber ein bewährter Trick bei der Improvisation über statische Akkorde ist, über eine gedachte Akkordverbindung, die zum Basis-Akkord führt, zu improvisieren. So kann man z.B. Dm in Gedanken eine geeignete Dominante voranstellen wie A7b9. Super gut klingt auch A7#5#9, dann würde man Lines in A-Alteriert spielen und diese dann nach Dm auflösen.

George dehnt seine A-HM5-Linie bis zur ersten Takthälfte von Takt 6 aus und wechselt dann zu D-Dorisch, und was da passiert, ist spektakulär: In Takt 7 hören wir ein Bm7b5-Arpeggio, und ab Takt 9 dann die für George so typischen gesweepten Dreiklangs-Arpeggien. Hier habe ich versucht, die Anschlagspatterns der rechten Hand zu rekonstruieren. Oft leitet George Saitenwechsel von der tieferen zur höheren Saite mit einem Downstroke ein und umgekehrt Saitenwechsel von der höheren zur tieferen Saite mit einem Upstroke. Das verkürzt den Weg des Plektrums. ●


(erschienen in Gitarre & Bass 02/2025)

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