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Test: Harley Benton DNAfx Bass Mobile

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(Bild: Dieter Stork)

Mit Drumcomputer, Multieffekt, Amp-Simulation und Bluetooth-Receiver bietet der preisgünstigste Multi-FX-Kopfhörerverstärker der Thomann-Hausmarke auf dem Papier so einiges. Zu schön, um wahr zu sein?

Für 59 Euro gibt es nicht die eierlegende Wollmilchsau, so viel dürfte von vornherein klar sein. Ein Helix im Steckerformat wird hier wohl niemand erwarten (wobei ich dem definitiv nicht abgeneigt
wäre. Yamaha, lest ihr mit?). Moderne Technik macht es jedoch möglich, für vergleichsweise wenig Geld sehr passable Leistung zu bringen. Was genau steckt denn nun in dem metallblauen Anstecker für die Klinkenbuchse?

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ÜBERSICHT

Eine Möglichkeit zum Üben, Jammen und Festhalten von Ideen, die nichts weiter erfordert als ein Instrument, Kopfhörer und optional einen Computer oder ein Smartphone. Keine Instrumentenkabel, keine Stromkabel, keine Fußschalter. Dazu gehört zunächst einmal ein über USB-C aufladbarer Akku, was mir direkt zusagt.

Die Zeiten von AA-Batterien in Effektgeräten sind meiner Meinung nach vorbei und ein Handyladegerät sollte wohl in jedem Haushalt und Hotelzimmer zu finden sein. Im Zweifel kann auch über die Verbindung mit dem Computer aufgeladen werden, wodurch gleichzeitig die Verwendung als Audio-Interface ermöglicht wird, aber dazu später mehr.

Die Laufzeit wird mit vier Stunden angegeben, was je nach (Nicht-)Nutzung der Bluetooth-Funktion auch hinkommt. Da das Gerät scheinbar nur verschraubt ist, dürfte sich der Akku in ferner Zukunft auch relativ unkompliziert wechseln lassen, sofern das notwendig werden sollte.

Neben einem USB-C-Kabel und einer recht kurz gehaltenen Anleitung findet sich auch sonst nichts weiter in der schnörkellosen Verpackung. Softwareseitig bietet das mobile DNAfx sieben Amp-Simulationen, sieben Effekte, einen Höhen-EQ sowie knapp 30 rudimentäre DrumLoops.

(Bild: Dieter Stork)

Zum Einschleusen hochwertigerer Drums oder eigener Backing-Tracks bzw. Playalongs bietet das kleine Gerät eine Bluetooth-Schnittstelle, mit der sich beispielsweise das Smartphone verbinden lässt. Genug Ausstattung also, um fürs Üben oder vor sich hin Jammen gewappnet zu sein.

Aber fehlt da nicht etwas in der Auflistung? Ja, richtig. Ein Stimmgerät hätte in diesem Kontext durchaus Sinn ergeben. Mit sechs LED am Bedienfeld hätte sich da sicherlich etwas umsetzen lassen. So muss dann doch wieder der Clip-Tuner oder die App auf dem Handy herhalten, na gut. Zwar schade, aber kein Beinbruch.

ÜBERS ZIEL HINAUS

Ebenfalls ohne Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit geht die Bedienung des Geräts vonstatten. Auf den ein oder anderen Frustmoment sollte man sich dennoch vorbereiten, denn die
Fülle an Optionen will ausschließlich am Gerät durch das Drücken von Tasten erkundet und ausgeschöpft werden. Eine App zum Einstellen gibt es nicht.

Drückt man eine der vier Tasten für Amp, Tone, FX oder Drums leuchtet die entsprechende LED etwas heller auf und durch Drücken der Pfeiltasten können die verschiedenen Modelle bzw. Optionen durchgegangen werden. Dabei stellt ein Amp jeweils auch gleichzeitig ein vollständiges Preset dar, inklusive Ton- und Effekteinstellungen.

Siebenmal den gleichen AmpSound nur mit anderer Effektkette abzuspeichern ist also nicht möglich. Wobei „Kette“ etwas zu hoch gegriffen ist, denn es ist immer nur ein Effekt gleichzeitig aktiv. Gänzlich deaktivieren lassen sich die Effekte durch ein erneutes Betätigen des FX-Tasters. Mittels farblicher Kodierung der LED werden die Art der ausgewählten Amp-Simulation sowie des Effekts angezeigt.

Beispiel: Eine lilafarbene Amp-LED steht dabei für einen Ampeg SVT und eine grüne für einen Aguilar DB751. Die klangliche Palette ist auf dem Papier sehr breit aufgestellt und reicht von stark verzerrt über clean bis beinahe dumpf. Ich muss gestehen, sonderlich authentisch kommen mir die Modelle nicht vor, das habe ich bei dem Preis aber auch nicht erwartet.

Mir ist also nur wichtig, wie gut sie klingen und nicht, wie dicht sie am Original sind. Mit den drei „Clean“-Sounds bin ich im Test gut klargekommen, sie liefern einigermaßen ausgeglichenen Klang mit Tendenz zur Mittenabsenkung und vor allem einen Klang, der weitestgehend frei von Verzerrungen ist.

Am DNAfx Bass Mobile lässt sich der Gain des Geräts nämlich nicht einstellen und je nachdem, wie viel Output das Instrument liefert, zaubert selbst der „Clean Pick“- Modus bereits einen nicht unerheblichen Overdrive auf die Kopfhörer. In manchen Situationen ist das charmant, in anderen hätte ich es allerdings auch gern wirklich clean.

Generell lässt sich an dem Klang nicht viel einstellen, lediglich die Höhen lassen sich bei Bedarf etwas absenken oder anheben, wobei ich in fast allen Modi von der Absenkung Gebrauch gemacht habe. Während ich mit den genannten drei Presets durchaus Spielspaß hatte, sind selbst mir als Verzerrer-Aficionado und Drop-A-Spieler die verzerrten Sounds allesamt zu viel, in jeglicher Hinsicht: zu viel Gain, zu viele Höhen.

Sie wirken schrill und unkontrolliert und gerade das auf dem Papier interessant wirkende „Djent Pick“-Preset hat mir beinahe die Socken von den Ohren gezogen (oder wie ging das?). Dass ab Werk grundsätzlich erst einmal willkürlich Modulationseffekte auf jedem Preset liegen, hilft dabei nur bedingt. Diese lassen sich aber zum Glück einfach deaktivieren oder durch ein langes
Gedrückthalten der FX-Taste auch in ihrer Intensität editieren.

Dadurch ist es durchaus möglich, einen dezenten Chorus, Reverb oder Flanger zum Sound hinzuzufügen und das klingt dann auch in Ordnung. Als weiteren brauchbaren Sound habe ich das „Jazz Solo“-Preset empfunden, das zwar sehr bedeckte Höhen liefert, durch eine Anhebung ebendieser mittels Höhenregler jedoch in eine sehr runde, aber immer noch sehr warme Richtung bewegt werden kann. In Kombination mit hochmittigen Bridge-Tonabnehmern kommt da durchaus das Bedürfnis auf, in den höheren Lagen des Griffbretts zu wildern.

DRUMS & ALTERNATIVEN

Die bereits erwähnten Funktionen als Drumcomputer decken Tempoänderungen sowie diverse Stilrichtungen mit mehreren zur Auswahl stehenden Grooves ab. Pop, Funk, Jazz, Blues, Rock, Metal, Punk sowie „Ballad“ stehen zur Auswahl, jeweils mit mindestens drei verschiedenen Patterns und ¾-, 4/4- und 6/8-Variationen.

Wahnsinnig komplex sind diese natürlich nicht und auch nicht wahnsinnig filigran, aber im Vergleich zu dem, was man auf anderen Multieffektgeräten so findet, sind sie schon ganz gut und allemal spannender zum Üben als das monotone Klicken eines Metronoms.

Abgehört wird natürlich über die Kopfhörerbuchse, allerdings lässt sich das Gerät auch mit dem Rechner verbinden und als class compliant Interface nutzen, es funktioniert also sowohl unter Windows als auch am Mac ohne Treiber. So können auch kurzfristig Ideen festgehalten und später ausgearbeitet werden. Studioqualität haben die Aufnahmen bei weitem nicht.

Hört man genau hin, erkennt man bei einigen aufgenommenen Sounds sogar eine digitale Verzerrung, wie man sie etwa von älteren oder günstigeren Funkstrecken kennt. Im Kontext mit einem Backing-Track oder Drumloop fällt das aber nicht weiter auf und geht für den Preis noch in Ordnung. Wirklich viele Alternativen gibt es zudem auch gar nicht. Zumindest, wenn das Augenmerk auf der Praktikabilität und Portabilität liegt.

Deutlich bessere Audioqualität und mehr klangliche Flexibilität für nur ein paar Euro mehr erhält man mit einem kompakten Interface wie dem iRig HD2. Dabei wird aber ein iOS-Gerät oder ein Computer benötigt, um Amp-Simulationen oder Effekt-Plug-ins zu laden. Auch an Instrumenten- und teils spezielle USB-Kabel muss dann auf Reisen gedacht werden.

Guten Klang in analoger Manier bieten die klassischen Amplug von Vox, dann allerdings komplett ohne Effekte, Bluetooth oder Aufnahmemöglichkeit. Sehr guten Klang und vollständig kabellose Freiheit bietet das Boss Waza Air, aber auch das kann nicht aufnehmen und ist preislich in einer gänzlich anderen Klasse verortet. Irgendwas ist eben immer.

(Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Für wen ist das DNAfx Bass Mobile also gedacht? Trotz aller Kritik sehe ich durchaus eine Daseinsberechtigung für die kleine Kiste. Einfach, um auf Dienstreise etwas wirklich Kompaktes dabeizuhaben, bei dem man sich nicht erst mit PC-Editoren oder zig Menüs am Gerät herumschlagen muss sondern direkt loslegen kann.

Für den Preis geht die Klangqualität in Anbetracht des Funktionsumfangs auch noch in Ordnung, nur sollten die Erwartungen nicht sein, ein studio- oder bühnenreifes Gerät zu erhalten. Stattdessen erhält man eine grundsolide Ausstattung und eine  brauchbare Auswahl an Sounds.

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