(Bild: Mineur)
Der Titel des neuen DeWolff-Albums ‚Muscle Shoals‘ verrät bereits, an welchem Ort die holländischen Retro-Rocker ihre großartige Scheibe aufgenommen haben. Was es über das sagenumwobene Studio am Tennessee River in Alabama zu berichten gibt, und wie die Band mit Produzent Ben Tanner (Dylan LeBlanc, Blind Boys Of Alabama) zusammengearbeitet hat, erklärt Gitarrist/Sänger Pablo van de Poel, der als zusätzliches Bonbon noch gleich einige Instrumentenempfehlungen für unsere ‚Top Gear Check‘-Serie spendiert.
Interview
Pablo, täusch ich mich, oder stand kurzzeitig sogar eine Zusammenarbeit mit Chris Robinson von The Black Crowes als Produzent im Raum?
Ja, das war tatsächlich der Plan, hat sich aber leider zerschlagen, als den Black Crowes eine US-Tour mit Aerosmith angeboten wurde und Chris daher keine Zeit mehr hatte.
Stattdessen also die ‚Muscle Shoals Studios‘ in Alabama, Synonym für viele bekannte Soul- und Blues-Produktionen.
Mit ‚Muscle Shoals‘ ist für uns ein Lebenstraum in Erfüllung gegangen, der erstaunlicherweise nur eine E-Mail weit entfernt war. Wir hatten die Idee schon seit Jahren im Hinterkopf, doch aufgrund einiger anderer Projekte und der Corona-Turbulenzen ergab es sich nicht eher.
War es teuer?
Wenn man, so wie wir, ein eigenes Studio besitzt, in dem wir kostenlos arbeiten können, ist es vergleichsweise teuer. Doch Träume sind für gewöhnlich sowieso teuer. Uns ging es noch nie darum, mit DeWolff möglichst viel Geld zu scheffeln, sondern darum, unsere Träume zu verwirklichen. Und dafür ist uns nichts zu teuer.
Mit Ben Tanner hattet ihr einen erfahrenen Produzenten an eurer Seite. Wie sehr lässt sich ein Fachmann wie er auf eine für ihn eher unbekannte Band ein?
Ben wusste, dass ich selbst auch andere Künstler produziere, und war uns gegenüber total offen. Wenn wir feststellten, dass irgendein Sound nicht passt oder eventuell ein falsches Mikro im Einsatz ist, fragte er uns immer nach unserer Meinung und folgte oft auch unseren Vorschlägen.
Was war die wichtigste Lektion, die du von ihm lernen konntest?
Es war beeindruckend, wie viel Zeit er sich für jedes noch so kleine Detail nimmt. In unserem eigenen Studio sitzt uns häufig irgendeine Deadline im Nacken, sodass das Motto lautet: „Okay, es nützt nichts, wir müssen weitermachen!“
Ben dagegen hat sich so lange an Kleinigkeiten festgebissen, bis alles genauso klang, wie er es wollte. Diese Arbeitsweise hat sich ausgezahlt. Auch das Ritual, jeden Abend zwei Stunden lang essen zu gehen, bevor bis Mitternacht weitergearbeitet wurde, war für den Gesamtprozess sehr förderlich.
(Bild: Mineur)
Hier nun Pablos Gear-Empfehlungen:
GIBSON FIREBIRD III VON 1965
Seit 2011 spiele ich eine 2008er Gibson Firebird Reissue, wollte aber schon immer eine echte Vintage-Gitarre besitzen, konnte sie mir bislang jedoch nicht leisten. Eines Tages sah ich bei einem befreundeten Gitarrenhändler an der Wand ein ziemlich ramponiertes 1965er Exemplar hängen, das er aber nicht verkaufen wollte. Ich nahm es in die Hand und spürte sofort eine enge Verbundenheit.
Die Gitarre hat eine non-reversed Kopfplatte und war bereits zweimal gebrochen. Aber sie war so leicht zu spielen und eine der am besten klingenden Gitarren, die ich je gehört habe. Nach zahllosen Versuchen und unentwegtem Generve gab der Händler schließlich nach und verkaufte sie mir.
Auf der anschließenden Englandtour habe ich sie jeden Abend in jedem Song gespielt. Die Gibson Firebird III ist eines der beiden Modelle, die ich mit nach Muscle Shoals genommen habe, um unser Album aufzunehmen.
GIBSON ES-225 VON 1956
Die zweite Gitarre in Muscle Shoals war eine 1956er Gibson ES-225, ein unglaublich klingendes Instrument, das ich spontan in Frankreich gekauft habe, als wir 2022 mit den Black Crowes auf Tour waren. Wir hatten gerade im legendären L‘Olympia gespielt und ich dachte mir: „Wir nehmen mit Chris Robinson ein Album auf und werden Rockstars! Ich kann mir diese Gitarre leisten!“
Dies Gefühl verblasste zwar, als ich nach Hause kam, hahaha, die Gitarre ist aber zum Glück geblieben. Wenn ich alte Soul- oder Rhythm- &-Blues-Musik wie etwa Bobby Womacks ‚Fly Me To The Moon‘ höre, fühle ich mich durch den natürlichen und vollen Klang von Hollowbody-Gitarren angezogen. Ich habe den größten Teil des neuen Albums auf dieser Gitarre geschrieben, also musste ich sie mit nach Muscle Shoals nehmen.
GIBSON FIREBIRD 2008
Die Liste wäre unvollständig ohne meine 2008er Gibson Firebird, die ich 2011 gebraucht gekauft habe. Damals sah sie nagelneu aus 13 Jahre und ein erfülltes Leben später ist sie in einem Zustand wie nach einem 60-jährigen Verschleiß. Diese Gitarre ist mir von Australien bis in den Süden der Vereinigten Staaten und von Russland bis Indonesien gefolgt.
Ich weiß zwar immer noch nicht genau, warum ich mich überhaupt zur Firebird hingezogen fühle, aber ich vermute, dass es etwas mit dem ikonischen Foto von Eric Clapton zu tun hat, auf dem er mit einer Firebird I vor einer Wand aus Marshall-Plexis steht.
Damals habe ich mich nicht sofort in sie verliebt, aber während der Aufnahmen zu unserem Album ‚DeWolff IV‘ blieb keine meiner Gitarren in der richtigen Stimmung. Daher schnappte ich mir die Firebird, und sie blieb in Stimmung, wow! Damit begann meine Liebe sukzessive zu wachsen, der Rest des Albums wurde komplett mit dieser Gitarre aufgenommen.
MARSHALL 1973X
Dieser „Mini-Bluesbreaker“ hat nur 18 Watt und ist mein Lieblingsverstärker, obwohl er für den Bühneneinsatz nicht laut genug ist, zumindest nicht für mich. Im Studio dagegen ist er der absolute Killer. Das Zusammenspiel der beiden Regler „Volume“ und „Tone“ bietet alles, von Chimey-Cleans über düstere Blues-Töne bis hin zu singenden Leads á la John Mayall feat. Eric Clapton.
Er hat nur wenig Headroom, ich liebe den Klang eines Verstärkers, der quasi „erstickt“, wenn man ein Fuzz davor schaltet. Selbst mit den serienmäßigen Celestion Greenbacks klingt er mörderisch, aber ich habe sie durch ein Paar G12M Greenbacks aus dem Jahr 1972 ersetzt, sie machen den Unterschied zwischen einem großartigen und einem Killer-Verstärker aus.
ISLE OF TONE LUXE 64
Ich bin mit Joe von Isle of Tone, einer Boutique-Fuzz-Pedal-Firma aus Österreich, eng befreundet und habe das große Glück, dass er mir immer wieder unglaublich tolle Pedale schickt, wie etwa diesen Luxe 64, der auf einem alten Germanium-Transistor-Hohner-Boost-Pedal aus den frühen 60er Jahren basiert.
Das erste Pedal, das er mir gab, war ziemlich groß und aus Holz. Es klang absolut fantastisch, mit einem erstaunlichen Clean-Up, wenn man die Lautstärke der Gitarre herunterdreht. Natürlich war das Teil nicht für Tourneen geeignet, also baute Joe mir eine Kopie mit einem kleinen Metallgehäuse.
Es ist 70% der Zeit eingeschaltet und liefert alles von brillanten Cleans bis hin zu pochenden, aber klaren Fuzz-Sounds, indem ich einfach den Lautstärkeregler meiner Gitarre benutze.
1968 JEN TONEBENDER
Die restlichen 30% der Zeit spiele ich mit diesem Biest eines Pedals, einem 1968er JEN Tonebender, das im Grunde ein umbenannter VOX Tonebender ist. Dieses Pedal räumt nicht so gut auf wie das Luxe 64, bringt einen aber in den Jimmy-Page-Fuzz-Himmel!
Wer schon mal ‚You Shook Me‘ von Led Zeppelin gehört hat: Dieses Pedal ist dieser Ton! Der Tonebender erzeugt einen harmonisch komplexen, brutalen und saftigen Klang, klingt wie ein Eimer Fett und ist auf dem neuen DeWolff-Album überall zu hören.
GIBSON LES PAUL R9 LEMONBURST
(Bild: Mineur)
Für mich ist die Les Paul R9 ein ganz besonderes Instrument, da es mir 2019 von Gibsons CEO Cesar Gueikian persönlich geschenkt wurde. Ich wollte immer schon eine Les Paul Standard, da alle meine Helden eine gespielt haben: Page, Paul Kossoff, Peter Green, Eric Clapton.
2017 bekam ich diese Gitarre von Gibson Amsterdam ausgeliehen und verliebte mich in sie. Damals konnte man sie aber nicht kaufen, sondern nur ausleihen. Daher kratzte ich meine letzten Cents zusammen und kaufte mir eine CS Waddy Wachtel.
Jeden Abend auf der Bühne fragte ich mich, ob diese Gitarre wirklich so gut ist, dass es sich lohnt, monatelang von Wasser und trockenem Brot zu leben. Irgendwann hatte ich dieses Gefühl satt und verkaufte sie wieder, bereue es aber. Damals dachte ich, dass ich nie wieder eine Les Paul besitzen würde, weil sie einfach zu teuer sind.
Ein paar Wochen später spielten wir in Amsterdam auf einer Gibson-Party, um die neuen Bosse zu feiern. Nach der Show kam Cesar zu mir und fragte: „Welche Gibson würdest du gerne besitzen?“ Ich schaute ihm in die Augen und zeigte auf eben diese Gitarre. Cesar nahm sie von der Wand und schenkte sie mir! Es ist ein unglaubliches Instrument, mit dem ich viele Songs aufgenommen habe. Mittlerweile habe ich ein Bigsby draufgesetzt und die Tonabnehmer durch Throbak-PAF-Repliken ersetzt.
VOX AC30
Backline-Verleiher haben fast nie den von mir geliebten Marshall 1973X auf Lager, daher musste ich immer andere Amps anfragen, also etwa einen JTM45 oder einen Vintage-Fender, mit denen ich aber nie komplett zufrieden war. Mitunter gibt es sogar nur einen Fender Twin Reverb 1965 Reissue, das Worst-Case-Szenario: Er verträgt Fuzzes nicht und klingt meines Erachtens nur in ohrenbetäubender Lautstärke.
Bei einem Soundcheck in Bordeaux ging ich die Sammlung eines Verleihers durch und entdeckte diesen AC30. Es funktionierte großartig und klang in gewisser Weise nach meinem Marshall. Seitdem fordere ich immer einen regulären alten AC30 an. Als wir unser neues Album in Muscle Shoals aufnahmen, probierte ich einige Vintage-Verstärker aus und landete schließlich bei einem gewöhnlichen chinesischen AC30 unseres Produzenten Ben Tanner.
Unsere erste Show nach den Aufnahmen war auf dem Rory Gallagher Festival in Ballyshannon, dort hatten sie einen 1990er AC30 Made in UK, der mich umgehauen hat. Als wir wieder zuhause waren, kaufte ich mir einen AC30 aus den 1990er Jahren und bin gerade dabei, mich zu verlieben…
FULLTONE TUBE TAPE ECHO
(Bild: Mineur)
Ich habe das Fulltone Tube Tape Echo 2010 gebraucht gekauft und mich nicht wieder von ihm getrennt. Eigentlich verwende ich nicht allzu viel Echo, aber der Röhrenvorverstärker in diesem Ding, der immer aktiviert ist, auch wenn ich kein Echo brauche, gibt meinen Amps einen kleinen Schub und lässt sie etwas saftiger, funkelnder und bulliger klingen.
Das Fulltone kann mitunter etwas launisch sein, aber ich vermisse es, wenn es nicht da ist. Ich besitze auch einen Vintage Maestro Echoplex EP-4, und obwohl mir dessen auf Transistoren basierender Echo-Sound besser gefällt, kann er nicht mit dem Klang meines Fulltone mithalten.
(Story: Matthias Mineur)