Nick DiSalvo über Gitarren, Effekte und den Sound von Delving
von Stefan Braunschmidt,
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(Bild: Maren Michaelis)
Mit ‘All Paths Diverge’ präsentiert Nick DiSalvo, Frontmann von Elder, das zweite Album seines Projekts Delving und wagt sich auf neues musikalisches Terrain: weg vom Heavy Rock seiner Hauptband Elder, hin zu psychedelischen Klangteppichen und atmosphärischen Experimenten.
Im Gespräch gewährt Nick spannende Einblicke in seinen kreativen Prozess und die technischen Details hinter dem Album – von Gitarren und Effekten bis hin zur Anpassung der Songs für die Bühne.
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Nick, im Vergleich zu Elder steht bei Delving die Instrumentalmusik im Vordergrund. Wie gehst du an das Komponieren heran, wenn die Gitarre den narrativen Kern eines Tracks bildet?
Bei Elder steht der instrumentale Inhalt meiner Meinung nach genauso im Vordergrund, es gibt lediglich auch dazu eine Stimme – in den teils 15-minütigen Songs, kommt es häufig vor, dass nur wenige Minute mit Gesang versehen sind. Der Entstehungsprozess eines Songs, sei es für delving oder Elder, ist nicht wesentlich anders.
Bei dieser langatmigen Musik dürfen die Songs nicht in belanglose Wiederholungen abgleiten. Motive müssen entfaltet und stets neue Elemente eingeführt werden, damit die Spannung erhalten bleibt. Delving habe ich jedoch als Fluchtort von all den Erwartungen gegründet, die mit meiner Hauptband Elder verbunden sind; das ist eine sehr gitarren-lastige Band mit vielen Riffs und Wechseln.
Bei Delving kann ich auch meine Liebe zur elektronischen Musik zum Beispiel besser ausleben, somit gibt es auch Parts, die völlig ohne Gitarren sind wo ein Rhodes Piano den Lead aufgreift oder ein Synthesizer.
Dein neues Album mit Delving, ‚All Paths Diverge‘, zeigt einen Mix aus Psychedelic Rock, Krautrock und Ambient-Sounds. Welche Gitarrentechniken und Effekte hast du verwendet, um diesen speziellen Sound zu erzeugen?
Mein Setup selbst für das Album war relativ bescheiden: zwei Gitarren, ein begrenztes Pedalboard mit ein paar Gainstufen und danach ein Hiwatt 50w-Verstärker. Im Gegensatz zu fast allen anderen Alben, die ich bisher gemacht habe, wurden fast alle Modulations- und Zeiteffekte in der Postproduktion mit Hilfe von digitalen Effekten und Plug-ins erstellt, die taktgenau eingestellt oder an den Mix angepasst werden können.
Im Studio wurde es zu einem Insider, dass Delay auf ALLEM sein muss … (lacht) Ein durchgängiges Motiv des Albums ist die dichte Verwobenheit verschiedener rhythmischer Elemente, die durch die intensive Nutzung von Delay unterstrichen wird. Die Gitarre nimmt dadurch auch ein größeres Stereobild an und wirkt damit flächiger.
(Bild: Maren Michaelis)
Wie unterscheidet sich dein Setup bei Delving von dem, was du bei Elder nutzt? Gibt es bestimmte Effekte oder Pedale, die du ausschließlich für Delving einsetzt?
Das, was ich bei Livekonzerten benutze, ist ständig im Wandel, aber aktuell sind sich die beiden Setups sehr ähnlich. Auf dem Pedalboard befinden sich immer ein Volume-Pedal und Wah-wah, danach einige Gain-Pedals, Modulation, Delay und Reverb. Lange Zeit habe ich bis zu drei Overdrives genutzt, mittlerweile setze ich jedoch ausschließlich auf das Chase Bliss Automatone Preamp MkII für alles von Clean-Boost bis hin zu Fuzz.
(Bild: Nick DiSalvo)
Der Modulationteil besteht immer aus einem Phaser und manchmal auch Univibe. Danach kommt das Meris LVX Modular Delay und ebenfalls das Meris Mercury7 Reverb. Alles wird gesteuert durch das Herzstück, einen Morningstar Midicontroller. Durch aufwändiges Programmieren, kann man unglaublich viele Sounds aus wenigen Pedals hervorrufen und ich mache es zu meinem Ziel, möglichst viel mit wenig zu tun (wobei wenig bei mir immer noch viel ist).
(Bild: Nick DiSalvo)
Deshalb spiele ich bei beiden Bands auch immer meinen geliebten Hiwatt Custom 50, der super als Pedalplattform funktioniert, egal wie clean oder dirty der Ton sein soll.
(Bild: Nick DiSalvo)
Gibt es Gitarristen oder musikalische Einflüsse, die deine Arbeit an Delving direkt inspiriert haben, vor allem im Bereich des Krautrock und der frühen Elektronik?
Ich glaube, in die Musik von delving fließen viele Einflüsse ein. Gitarristen wie Steve Hillage und Manuel Göttsching (Ashra) sind wahrscheinlich die größten direkten Einflüsse auf die Art und Weise, wie ich versuche, Gitarre mit elektronischer Musik zu verbinden, vor allem durch ihre innovative Verwendung von Delay und ihre Arbeit mit frühen Synthesizern und Sequencern.
Mark Peters und Jonas Munk sind zwei zeitgenössische Gitarristen, die ich für ihr großes Talent schätze, Atmosphäre zu schaffen. Popul Vuh, Dungen / Reine Fiske, Elephant9, Squarepusher, Prins Thomas und viele andere Künstler haben ebenfalls ihre Spuren hinterlassen, wenn auch in unterschiedlichen Epochen und Genres.
Ich bin durch die Hintertür zu experimenteller Musik gekommen, da ich als Gitarrist mit Heavy Rock und Metal angefangen habe. Daher ist meine Spielweise immer noch geprägt durch Speedpicking und Arpeggio-Patterns, was meiner Meinung nach zu einer interessanten Mischung führt.
Auf welchen Gitarren hast du das Album eingespielt? Nutzt du für Delving andere Instrumente als bei deinen anderen Bands?
Ich habe zwei Gitarren benutzt, eine Custom Dunable USA Cyclops mit Lollar Imperial Pickups und eine K’mo Memphis mit handgewickelten Pickups. Eigentlich nutze ich nur die Dunable, aber im Studio habe ich auch die K’mo viel benutzt – hauptsächlich wegen des Tremolos. Ich bin ein großer Fan von Dunable-Gitarren und besitze mittlerweile drei Custom-Shop-Modelle, alle mit Lollar-Pickups, eine Kombination, die mir alles ermöglicht – von droptuned Fuzz-Sounds bis hin zu kristallklaren Akkorden.
Welche Rolle spielen Loops und Layering bei Delving? Wie baust du deine Gitarrenparts auf, um eine Art “Soundteppich” zu schaffen?
Bei meinem Kompositionsprozess spielt Looping eine große Rolle. Oft ist eine kurze Momentaufnahme der erste Grundstein, auf dem alles basiert. Ich nehme Skizzen auf, spiele über sie und entwickle sie weiter. Allerdings ist ‚All Paths Diverge‘ gar nicht immer so gitarrenlastig.
Oft wird der gleiche Part mit mehreren Instrumenten gespielt, um einen Klangteppich zu erzeugen, aber mit einer Vielzahl von Klangfarben. Looping, sich wiederholende und weiterentwickelnde Parts schlagen eine Brücke zwischen Rockmusik und Elektronik: Techniken, die sonst eher in der elektronischen Welt zu finden sind, versuche ich auch hier einzubauen.
(Bild: Leon de Backer)
Was für Amp-Modelle, Mikrofone und Aufnahmetechniken sind bei den Albumaufnahmen zum Einsatz gekommen?
Obwohl wir viele Effekte in der Postproduktion benutzt haben, wurden alle Gitarren erstmal Stereo aufgenommen. Dafür gab es zwei Hiwatt-DR504-Topteile, von denen ich gelegentlich eines gegen einen Marshall JMP getauscht habe, um etwas mehr Biss zu bekommen. Die Boxen wurden mit einem Sennheiser MD 441 und einem Extinct Audio BM9 mikrofoniert und durch ein altes Siemenspult aus den 70ern geschickt, bevor sie in ProTools landeten. So wird Vintage und Modernes vereint!
Deine Songs bei Delving haben komplexe Arrangements. Wie entscheidest du, wann ein Track „fertig“ ist, und wie viel davon ist geplant versus improvisiert?
Das ist eine Frage, die mir oft im Zusammenhang mit Elder und Delving gestellt wurde. In gewisser Weise ist es nur ein Gefühl, das mir sagt, wann ein Song fertig ist. Ich komponiere meine Songs überwiegend zu Hause in meinem Heimstudio, wo ich sie als Demo aufnehme.
Oft gibt es mehrere Versionen, bevor die eine kommt, die vollkommen ist. Wenn mir beim kompletten Durchhören nichts fehlt oder auffällt, dann ist der Song fertig. Es gibt keine Vorgaben oder Ziele wenn ich anfange, einen Song zu schreiben.
Du spielst live mit einer festen Bandbesetzung. Wie passt ihr die Gitarrensounds vom Studio für die Bühne an? Lässt sich der Sound 1:1 übertragen, oder gibt es gravierende Unterschiede?
Ich gebe mir sehr viel Mühe, meine Sounds für die Liveshows so einzustellen, dass sie möglichst nah an die Aufnahmen kommen, aber die Liveshow ist und soll grundlegend anders sein als die Alben. Während ich im Studio alles inklusive Bass und Schlagzeug alleine einspiele, bringen die Musiker in der Livebesatzung ihr eigenes Spielgefühl und Talent mit ein. Delving-Konzerte bleiben auch deshalb spannend, weil die Songs neuaufgegriffen oder improvisiert werden können, anders als wenn man alleine im Studio arbeitet.
Was macht für dich den Reiz an instrumentaler Musik aus, und hast du das Gefühl, deine Persönlichkeit ähnlich Stark wie bei Elder einbringen zu können?
Ein Großteil der Musik, die ich selbst höre, ist instrumental; bei Gesang bin ich sehr wählerisch. Mit blöden Texten kann man viel kaputt machen. Instrumentale Musik gibt dem Zuhörer Raum, seine Gedanken fliegen zu lassen, und man wird nicht ständig von Worten abgelenkt.
Ich sehe mich in erster Linie als Komponist, nicht im klassischen Sinne, aber ich glaube, meine größte Stärke liegt im Songwriting. Es ist nicht schwer, seine Persönlichkeit allein durch Musik auszudrücken, vor allem, wenn man heutzutage so viele technische Möglichkeiten und Werkzeuge zur Verfügung hat.
Bei Elder kam es nie in Frage, eine reine Instrumentalband zu sein. Die Themen, die nur durch die Texte vermittelt werden können, und die Atmosphäre, die damit einhergeht, sind für mich wichtige Teile der Band.