(Bild: Dieter Stork)
Florian Hertzsch ist nicht nur Streich- und Saiten instrumentenbaumeister und betreibt eine Meisterwerkstatt für Geigenbau. Zum Glück für uns Bassisten hat er auch ein Herz für E-Bässe und ist seit einigen Jahren mit eigenen, für mich sehr stimmigen Designs in Erscheinung getreten, die er qualitativ auf höchstem Niveau umsetzt.
Mit dem Nicolo Fretless präsentiert sich erstmals ein Ulrich Bass bei uns im Blatt, und ich kann schon vorwegnehmen: er überzeugt auf ganzer Linie!
AUFBAU
Basis des Basses ist ein Korpus aus Esche, der weitgehend ausgehöhlt wurde, um dem Klang eine deutliche akustische Färbung zu geben. Aufgeleimt sind Decke und Boden aus rötlichem Amaranth – dieser Kontrast der Hölzer ergibt den natürlichen Two-Tone-Look des Nicolo.
Als Hommage an den Namensgeber trägt die Decke ein F-Loch, dessen Form exakt einer Amati-Geige nachempfunden und in der Größe dem Bass angepasst wurde. Der Hals des Basses ist aus dreiteiligem, leicht geflammtem Ahorn gefertigt und tief in den Korpus eingeleimt.
(Bild: Dieter Stork)
Vom Geigen-Wirbelkasten wie von der Fensterkopfplatte klassischer Gitarren inspiriert, ist die Kopfplatte an den Hals angeschäftet und bildet einen offenen Rahmen mit nach hinten zeigenden, leichten Schaller-Mechaniken. Aufleimer aus Amaranth sorgen auch hier für Zweifarbigkeit.
Als gelernter Streichinstrumentenbauer ist Florian überzeugt, dass das übliche, „platte“ Kopfplattendesign vor allem der Tatsache geschuldet ist, dass es einfach zu bauen ist. Für den guten Ton, und um sich von der Masse abzusetzen, baut er stattdessen seinen eigenen Entwurf. Ganz ohne Vorläufer ist das nicht, Ampeg und Gibson fallen mir ein, aber auch der Signature Bass von Hazze Wazeen und einige Samick Bässe. Dennoch hat Florian hier einen ebenso eigenen wie schlüssigen Entwurf umgesetzt.
(Bild: Dieter Stork)
Über einen schön gearbeiteten Knochensattel laufen die Saiten über das Griffbrett, das aus Vogelaugenahorn ist. Ahorn ist bei bundlosen Bässen nicht ganz unüblich, Fender hatte es in den 70er- Jahren im Angebot, Ibanez auch, aber es ist doch ein eher seltener Hingucker.
Zur Orientierung wird wieder Amaranth verwendet, zum einen für die Fretlines, zum anderen für die Dots in der Griffbrettflanke, die an den gleichen Stellen sitzen wie bei bundierten Bässen. Darüber wird sich ja nachwievor trefflich gestritten, ich komme mit beiden Platzierungen (so wie hier, oder direkt an der Bundlinie) klar, mag aber diese Variante lieber.
Wer abenteuerlustig ist, muss nicht bei der 24. Lage aufhören, das Griffbrett reicht in gleichbleibender Höhe – und damit voll bespielbar – bis zum Tonabnehmer. Hier erreicht man ziemlich genau die nächste Oktave und dann einen Häussel Bassbar-Tonabnehmer im passenden Holzgehäuse.
Mit drei Schrauben lässt er sich in der Höhe verstellen. Die Unterfütterung könnte etwas fester sein, der Abnehmer gibt dem aufstützenden Daumen nicht nach, kommt aber bei Lösen der Schrauben nicht mehr wirklich aus der Fräsung, falls jemand auch dessen Oberfläche noch als Spielbereich nutzen wollte.
Der Steg wurde speziell für dieses Modell entwickelt, um die akustische Komponente zusätzlich zu verstärken. Auf einer einteiligen Holzbasis sitzt eine Stegeinlage aus Knochen, sauber gearbeitet und neben einer generellen Neigung noch einmal individuell in der Mensur angepasst.
Mit zwei Inbusschrauben lässt sich die gesamte Konstruktion über dem massiven Korpusmittelblock in der Höhe verstellen. Das ist bei dem perfekt eingestellten Testbass ebenso wenig nötig wie ein Drehen an der Mutter des Stahlstabes, die durch eine Öffnung im 22. Bund zugänglich ist. Eingehängt werden die Saiten in Langlöcher hinter dem Steg; damit die Ballends sich nicht durch das Holz fressen, ist die Stelle intern unauffällig mit Metall verstärkt.
Das Signal des Pickups geht zu einem Volume-Poti mit Push/Pull-Funktion. Gezogen geht der Ton ohne weitere Regelmöglichkeit passiv auf die Ausgangsbuchse, gedrückt kommt eine Dreiband-Elektronik von Noll ins Spiel, bei der der Mittenregler für sich steht, während Bass und Höhen sich ein Doppelpoti teilen.
Außer der Klinken-Rohrbuchse zeigt sich in der Zarge noch ein weiterer, eher ungewöhnlicher Anschluss, nämlich einer für USB-C. Damit kann der interne Akku mit jedem handelsüblichen USB-Netzteil aufgeladen werden. Schrauben für den E-Fachdeckel, der für den Kontrast wieder aus Ahorn ist, suche ich vergebens – er wird von Magneten gehalten.
Mit etwas Kraft lässt sich der Deckel einfach abziehen und gibt den Blick frei auf zwei Führungsstifte und sauberste Verarbeitung. Das gilt sowohl für die Verlöten und Kabelführung, als auch für die Abschirmung. Der Akku entpuppt sich als 9V-Block, was die zusätzliche Möglichkeit eröffnet, einfach eine Batterie einsetzen zu können, falls man das Laden mal vergessen haben sollte.