Greetings and salutations, my dearest Blues friends! Na, wie haben euch Chorus 1 und 2 des Solos der Unplugged-Version meines Songs ‚Bossa For Burt‘ gefallen? Hattet ihr eine gute Zeit damit? Fein! Diese Chorusse klingen natürlich auch gut, wenn man sie auf einer elektrischen Gitarre spielt. Oder geshuffelt. Oder in anderen Tonarten. Oder anderen Tempi. Yeah … it’s Bootcamp time!
Diesmal geht es mit den Durchgängen drei und vier weiter. Neben den mittlerweile schon recht bekannten Komponenten, auf die ich später noch etwas näher eingehen werde, taucht im zweiten Chorus ein meiner Meinung nach sehr attraktives Element auf: Sext-Intervalle. Diese Intervalle klingen sehr melodisch, aber nicht so süßlich wie Terzen oder so leicht abstrakt wie Quarten und Quinten. Im Blues sind sie keine Unbekannten. Sehr populäre Blues-Turnarounds enthalten diese Klänge.
Da wir uns in den letzten 24 Episoden von BBC vielleicht sogar ein bisschen zu wenig um Turnarounds gekümmert haben, findest du in Beispiel 1 einige typische Turnaround Licks mit diesem Konzept. Sie stehen in unserer liebsten Blues-Tonart A, also über die Grundharmonien A7 und E7. Je nachdem in welcher Tonart man spielt, kann es passieren, dass sie vom Register her vielleicht nicht mehr so attraktiv klingen wie sie eigentlich könnten. Deshalb ist es eine gute Idee, sie nicht nur in einer Oktave spielen zu können.
FRAGILE SOUNDS
Spätestens seit dem Mega-Hit ‚Fragile‘ von Sting, haben die Sexten auch in der Popmusik ihren Einzug gehalten. In Moll kommt ihr leicht dramatischer und melancholischer Charakter besonders zur Geltung, und ich finde, auf einer Akustikgitarre gespielt, klingt das einfach echt gut.
In Beispiel 2 findest du diatonische Sexten in C-Moll, der Tonart von ‚Bossa For Burt‘. Aus Erfahrung weiß ich, dass diese Intervalle einigermaßen bekannt auf dem Saitenpärchen G und E sind. Der Vollständigkeit halber – und weil das Ergebnis einfach die vergleichsweise geringe Mühe wirklich wert ist – gibt es auch die Saitenpaare D und H sowie A und G.
Da wie schon an anderer Stelle erklärt, es in Moll fast der Regelfall ist, dass man sich einen starken Dominant-Akkord aus der harmonischen Molltonleiter ausborgt, habe ich das in den Noten berücksichtigt. Ich persönlich orientiere mich ja immer an der oberen Note des Sextintervalls. Das ist aber meine eigene Vorliebe. Man kann sich auch genauso gut an der tieferen der beiden Noten orientieren.
Jedesmal wenn die obere, höhere Note also ein G ist, sind zwei Varianten notiert: einmal Bb und einmal B/H, wie man es in der Harmonischen Molltonleiter vorfinden würde. Spielt man die harmonische Molltonleiter in Einzelnoten abwärts, kommt durch den größeren Tonsprung von der großen Septime zur kleinen Sext schnell ein eindeutig fremdländischer Sound zustande, der in vielen Genres absolut erwünscht ist. In manchen aber halt auch nicht.
Spielt man die Tonleiter jedoch mit Sextintervallen, verschwindet dieser manchmal unerwünschte klangliche Nebeneffekt zugunsten von klanglicher Dramatik fast vollständig. In Beispiel 3 findest du Chorus 3 und 4 meines Solos notiert. Hier kommt – wie gewohnt – eine kurze Analyse des Geschehens:
Chorus 1:
• Takt 3: Drama, baby! Drama! Eine kurze Akkordton-Umspielung, die mit einem Sextsprung abgerundet wird. Drückt ALLE Knöpfe.
• Takt 9: Eigentlich ist G die falsche Note über Ab7 (Gb wäre korrekt) Klingt im Zusammenhang trotzdem gut.
• Takt 10: Hier hören wir G-Phrygisch-Dominant (5. Modus von C-Harmonisch-Moll) über G7.
• Takt 11 und 12: ein kurzer melodischer Aufgang mit Akkordtönen. Geht IMMER!
Chorus 2:
• Takt 1-3: Da sind sie, die Sexten. Rhythmisch etwas zäh gespielt – erzeugen sie was? Richtig: Drama!
• Takt 4: Ein C7-Arpeggio, welches den neuen Akkord definiert, und ein kurzer Ausschnitt aus C-Alteriert (Db-Melodisch-Moll), der Zug zum nächsten Akkord aufbaut.
• Takt 9 bis 12: C Harmonisch als pauschales Konzept über alle Akkorde.
So viel für heute. Viel Erfolg beim Üben und auch sonst so. Haltet durch und bleibt echt. Immer.
(erschienen in Gitarre & Bass 07/2024)