Parts Lounge: Boutique – GAS-Pickups

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“Mit Pickups bin ich durch!“ Das hab ich schon tausendmal gesagt, gedacht und auch so gehandelt. Ich mag halt alte Gibson PAFs und die Pre-CBS-Strat-PUs. Punkt! Immer wieder, wenn ich neue Pickups mit Vintage-Couleur bekomme, müssen sich die Dinger eben an meinen Vorlieben messen lassen. Wozu sonst sollten Pickup-Hersteller genau diesen Vorbildern nacheifern?

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Und um ehrlich zu sein, drücke ich mich auch um die komplizierte und die eher verzweifelt nach sprachlichen Begriffen suchenden Tests neuer Produkte. Denn die liegen meist so nah beieinander, dass man schon beim Zuhören kaum Unterschiede ausmacht. Ich habe zum Beispiel ein Pärchen PAFs von etwa 1960, und das klingt schon ganz anders als das 59er Set von Peter Weihe. Wonach soll ein Pickup-Hersteller also suchen?

Daher gibt es auch bald von jedem Hersteller beinahe unzählige Variationen, die jedem Bedürfnis nachkommen sollen. Und dann wird’s schwierig für den Kunden. Welches Set soll er kaufen? Und manchmal fand ich’s einfach schöner, eine Gitarre von der Wand zu nehmen und einfach zu spielen. Schließlich ist da noch mehr zu beachten als nur die Pickups. Also stellt man die Klangregelung des Amps ein bisschen ein, und dann passt es schon.

Aber ich müsste auch lügen, wenn ich mich nicht immer wieder verführen ließe, noch mehr Pickups zu testen. So geschah es auf dem vergangenen Guitar Summit in Mannheim. Dort sprach mich ein Grieche namens Yannis Papadantonakis sehr freundlich an. Er würde Pickups bauen und präsentierte diese auf einem kleinen Stand. „Oh no“, entgegnete ich zunächst, „nicht schon wieder PAF- und Stratocaster-Repliken“. „Nicht ganz,“ erwiderte er. Es handele sich vielmehr um modernere Interpretationen alter Vorbilder für moderne Gitarren. Denn auch er hatte die Erfahrung gemacht, dass die alten Schätze in neuen Gitarren oft gar nicht so richtig zünden wie in altem Holz.

Ein paar Wochen nach der Show schrieb er mich an, ob er mir zwei Sets schicken dürfe. Und da sage ich nie „Nein“, denn jeder sollte eine Chance bekommen. Und neugierig war ich irgendwie auch wieder, obwohl wir hier in Deutschland mit zum Beispiel Kloppmann, Amber und Häussel ja schon ziemlich gut bedient werden. Wenige Tage später flatterten die Pickups ins Haus. Ein Humbucker- und ein Stratocaster-Set, die er „nach meinem vermeintlichen Geschmack“ ausgesucht hatte.

Die Humbucker hatten ein schönes Aging und beide Sets waren sehr gut verarbeitet. Die Frontpickups seien jeweils etwas heißer gewickelt, aber dennoch insgesamt low output, so wie es Vintage-Freunde lieben. Zu dieser Zeit hatte ich gerade zwei bestückte 63er Stratocaster-Pickguards und zwei PAF-Sets hier. Das waren perfekte Referenzen. Zuerst testete ich das Statocaster-Set, und um das fair zu gestalten in jeweils einer der 63er Strats. „Dann kann’s am Holz schon mal nicht liegen“, dachte ich mir.

Mir fiel gleich auf, dass Yannis die Magneten seiner Singlecoils genau so anordnet wie ich die Polepieces meiner Les Pauls einstelle. Vom tiefen E bis zur D-Seite leicht ansteigend, dann die G-Seite wieder runter, die B-Seite gleichhoch und das hohe E wieder ein wenig tiefer. So vermeide ich bei Humbuckern eine überlaute G-Seite, und genau die nervt bei alten Sets und vielen Repliken manchmal ziemlich. Das fand ich schon mal gut.

Die Höhe der einzelnen Magnete entspricht genau meinen persönlichen Vorlieben.

Am Amp war das Set überraschend überzeugend, denn das Klangbild war wirklich neu für mich. Zwar waren da auch Übereinstimmungen zu den alten Fender-Pickups, aber die GAS-Pickups, so nennt Yannis seine Produkte, tönten ausgewogener und gleichmäßiger. Soll heißen, dass die Lautstärke der Einzelsaiten sehr gleichmäßig verteilt war. Außerdem hatten die Pickups noch eine sehr schöne „Glocke“ im oberen Hochtonbereich, die vor allem am Frontpickup überzeugte.

Den Bridge-Pickup, den ich immer an das zweite Tone-Poti mit anschließe, konnte ich leicht über das Poti zähmen. Und dann dudelt man halt und sucht die Sweetspots. Und die fand ich als ich versuchte, so ein paar Jeff-Beck-Melodien anzustimmen. Sofort dachte ich, obwohl ich nicht annähernd so töne wie Jeff Beck, dass diese Pickups dem Gitarren-Hero wohl gefallen hätten. Seine Vorliebe lag darin, nicht so viele Mitten einzustellen, dafür umso mehr Höhen und diese dann am Tone-Poti zurückzunehmen. Und genau so tat ich es, und es passte sofort.

GAS 61er Set 1

Modernere Strat-Pickups neigen oft zu einer Überbetonung der hohen Mitten, die es unmöglich machen, einen schönen Ton mit Overdrive-Pedalen aus der Tubescreamer-Familie zu formen, weil die eben genau das gleiche machen. Und dann wird’s manchmal eklig nasal. Das GAS-Set steckt das weg und scheint genau in dem Bereich, wo moderne Pedale boosten, ein kleines Loch zu haben, so dass es im Verbund wunderbar passend klingt. Manchmal klang ich dabei ein bisschen wie Chris Rea, was mir vorher noch nie gelungen ist.

Auch Gilmour-Fans werden damit ihre Freude haben, denn sie sind dynamisch genug, um auch mit Kompressoren klar zu kommen. Außerdem haben sie diese Offenheit der Fender-Sets aus den späten Sechzigern. Dieses Set habe ich jetzt in eine präparierte Custom-Shop Stratocaster eingebaut, wo es seit Wochen hervorragende Dienste leistet, gerade weil es überhaupt nicht so typisch „vintage“ klingt. Insofern sind diese Pickups für mich eine echte Inspiration geworden.

GAS 59er Humbucker 2

Kommen wir zu den Humbuckern. Hier ist es genau umgekehrt. Sie klingen tatsächlich noch offener als die alten PAFs und haben eine wunderschöne Mittennase, die dazu verführt, dem kürzlich leider verstorbenen Dickey Betts nachzueifern. Die Klarheit dieser Pickups ist wirklich enorm. Zwar fehlen in den tiefen Mitten ein paar Klangfarben der alten Vorbilder, dafür konnte ich jetzt die Les Paul mit der selben Amp-Einstellung spielen, die auch für die Stratocaster perfekt war. Klasse!

Sie bieten auch diesen stringenten und daher von mir seit jeher geliebten frühen Santana-Ton von den ersten Alben dieser Band. Santana erzählte mir mal, dass er auf ‚Abraxas‘ eine Les Paul Custom mit T-Top-Pickups gespielt hätte. Ebenso auf ‚Caravanserei‘. Diese beiden Alben liebe ich besonders. Und beim Test führte es manchmal sogar dazu, dass ich die PAFs mit ihren fetten, tiefen Mitten gar nicht mehr so gerne mochte. Damit spielt man dann ZZ-Top-Riffs, und das war’s dann beinahe auch schon. Die schlankeren SG-Sounds von Clapton bei ‚Disraeli Gears‘ bekommt man damit nicht so gut hin. Mit den GAS-Humbuckern ist man da aber absolut im Ballpark.

Klar, das sind alles nur Orientierungen, aber ich führe diese Beispiele auf, damit man sich etwas darunter vorstellen kann. Auch mein Klangbeschreibungsvokabular ist irgendwann am Ende. Ich dachte eben, dass meine unvoreingenommene Dudelei vielleicht besser angebracht ist als nach dem „nun endlich authentischen PAF-Sound zu suchen“. Den haben eben nur PAFs. Aber Yannis beweist mit seinen Sets, dass er sich da ein paar Gedanken gemacht hat und sicher clever aus dieser offenbar unlösbaren Aufgabe heraushält.

Und genau aus diesem Grund stelle ich die Sets hier vor. Sie machen Spaß, inspirieren, klingen klar und offen und haben einen eigenen Charakter. Und der kann auch mich manchmal schon müden TestKrieger wieder mal mitreißen. Also ein dickes Kompliment nach Griechenland. Auch wenn’s aufgrund der Entfernung ein bisschen umständlich scheint, wer offen ist für neues, sollte da mal reinhören.

Das Humbucker-Set kostet um 350 Euro und das Strat-Set um 300 Euro. Yannis ist übrigens Jahrgang 1964, hat also die Gründerjahre des Rock’n’Roll noch im Blut, hat in Deutschland studiert, spricht daher hervorragend Deutsch und berät auch perfekt, denn er hat mittlerweile zahlreiche Sets im Angebot, die meist eine Erklärung fordern. Auf seiner gut gemachten Homepage gibt es nähere Informationen: www.gaspickups.gr

Bis zum nächsten Mal!

(erschienen in Gitarre & Bass 07/2024)

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