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Blues Bootcamp: Stormy Monday Blues

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(Bild: Capricorn)

Nach dem kurzen Ausflug zu Robben Ford und der Halbton-Ganzton-Skala in einer eher traditionellen Blues-Form, geht es diesmal um eine bekannte Variante, die ich früher, als unwissendes Bürschlein, fälschlicherweise eine Weile für den Jazz Blues gehalten habe und zu der es einige interessante Varianten gibt. Die Rede ist von den Stormy-Monday-Changes, die manchmal auch King-Bee-Changes genannt werden.

In der Regel bezieht man sich dabei auf die Version des ursprünglich von T-Bone Walker komponierten Liedes der Allman Brothers Band und ihrer Version vom Live-Album (‚At Fillmore East‘, 1971). Es gibt aber viele andere Versionen von anderen Künstlern wie Gary Moore, Bobby „Blue“ Bland, The Cream, BB King, Eva Cassidy, Jeff Cascaro und vielen anderen, die allerdings zum Teil ohne die modifizierten Changes auskommen, für die der Song eigentlich bekannt ist. Natürlich ist diese Version auch auf meiner Spotify-Playlist zu dieser Serie. So bislang noch nicht geschehen, ist es eine gute Idee den Song (und evtl. auch noch andere Versionen) jetzt erstmal zu hören, um richtig ins Thema zu kommen.

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Done? Sicherlich sind dir beim Hören einige Fragmente aus anderen Blues-Bootcamp-Episoden aufgefallen, oder? Im Original ist der Song in G. Da wir in dieser Kolumne alles in A bzw. beim Jazz Blues in C gemacht haben, folgt in Beispiel 1 die Akkordfolge transponiert nach A.

Da es sich überwiegend um langsame Versionen handelt, sollte es nicht verwundern, dass sich deutlich mehr Akkorde eingeschlichen haben, um dem Song ein bisschen mehr Bewegung zu geben.

Worin unterscheidet sich die Stormy-Monday-Form vom normalen Blues-Schema?

• Takt 2: Quick Change auf D7 für einen Takt

• Takt 3: die Halbtonrückung auf Bb7 (die wahrscheinlich eine Tritonus-Substitution eines ursprünglich verwendeten E7 ist)

• Takt 7 und 8: „Der Aufgang“ – manchmal wird anstelle des A7 ein normaler Dur-Akkord oder sogar ein Amaj7 gespielt. Die ersten drei Akkorde (A – Bm7 – C#m7) sind dann Stufenakkorde von A-Dur, was einen entscheidenden Kontrast zur Blues-Tonalität erzeugt. In der zweiten Hälfte von Takt 8 gibt es beim letzten Akkord sowohl die Variante eines Cm7-Akkordes als auch die des C7. Klingt beides eigentlich gleich gut, finde ich. Die Mollvariante klingt vielleicht eine Spur mehr nach Little Wing von Jimi Hendrix.

• Takt 9: Den Bm7-Akkord kennen wir ja nun schon aus dem Jazz Blues

• Takt 10: Im Original der Allman Brothers ist dieser Akkord ein ganz gewöhnlicher F-Dur-Akkord. Sehr oft wird hier jedoch ein Dm7 oder Dm6 gespielt, was ein typischer Move bei Modal Interchange ist. Modal Interchange ist eine Dur-Moll-Vermischung zweier gleichnamiger Dur- und Molltonarten. Wenn man es ganz dezent jazziger möchte, könnte man auch in der zweiten Hälfte von Takt 10 G7 einfügen. Manchmal wird aber auch einfach nur ein ganzer Takt E7 gespielt wie beim Jazz Blues (siehe Beispiel 2).

• Takt 11 und 12: der typische Quick Change Turnaround mit dem sehr charakteristischen, stilprägenden E+ Akkord

Was improvisiert man über diese Akkordverbindung? Theoretisch könnte man über Stormy Monday natürlich wie immer aus dem Vollen schöpfen. Genügend Akkorde wären da, und in den letzten Monaten ist ja die Palette an Improvisations-Tools deutlich bunter geworden. Ich persönlich finde jedoch, dass das hier in G&B 12/2022 angesprochene Umschaltspiel zwischen Dur- und Mollpentatonik am besten klingt.

Was spielt man wann? Über D7, F-Dur oder Dm7 die A-Moll-Pentatonik und über den ganzen Rest die A-Dur-Pentatonik. Muss unbedingt gewechselt werden? Geht nicht auch einfach nur die A-Moll-Pentatonik? Äh…nö. Kann man machen, klingt aber besonders über die Takte 7 bis 10 überhaupt nicht gut. In Beispiel 3 findest du eine Akkordbegleitung im Stil von Stormy Monday. Beispiel 4 ist ein Gitarrensolo über die Akkordverbindung, in dem ich ein paar Ideen aus dem Originalsolo verarbeitet habe. Viel Spaß damit. Bleibt echt, und bis demnächst.

(erschienen in Gitarre & Bass 08/2023)

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Hallo, ich bin Jahrg.56 und habe selbstverständlich obige Platte im Regal stehen. Spiele seit über 50 Jahren Bassgitarre in diversen Blues/Rockbands.
    Eine weitere tolle Version dieses Titels: Colosseum LIVE 1971.
    Gruß Lothar

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    1. Moin, ebenfalls Jg 56 und natürlich steht das Live Album auch bei mir im Regal. Die Stormy Monday Version war auch der erste Titel unserer damaligen Dreier/Besetzung – Anfang der 70er als Greenhorn-Gitarrist. Der Titel hat mich aber nie losgelassen, außer in der wirklich fantastischen Colosseum Version – da stimme ich voll zu.

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  2. Hallo , ich bin auch Bj.56 . Das Stück ist , seitdem ich es kenne ,(’72)immer unter meinen Top10 geblieben . Als Slidegitarist habe ich es auch etliche male live gespielt . Über die aufgelöste Mitte der Strophe kann man spannende Bögen ziehen . Man kann sich dabei selbst überraschen eben mit dur , moll , prygi-mixolydisch oder wat auch immer . Die Auflösung der Strophe ist immer viel dramatischer (tragischer) als über Dominante/Subdominante .Sie ist schließlich weg and please bring her back home to me .

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  3. Hallo Peter,
    endlich erklärt uns mal einer die wunderbaren Changes d e r “Stormy Monday”-Version der Allmans, die mich schon seit Jahrzehnten faszinieren, v.a. bezügl. Takt 9 und 10. Harmonielehre um die Ecke gedacht. Seit “Blues Guitar Rules” verfolge ich immer wieder deine Beiträge, locker und gut nachvollziehbar.
    Danke,
    Andreas

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