Workshop

Julia’s Bass Lab: Chuck Rainey

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(Bild: Maria Frodl / Warwick)

Ich möchte heute den Scheinwerfer auf den Bassisten Chuck Rainey richten, der zu einem Zeitpunkt geboren wurde, als es noch keinen E-Bass gab. Er zählt zu den erfolgreichsten Studio- und Livebassisten unserer Zeit und hat u. a. mit Größen wie Aretha Franklin, Quincy Jones, Steely Dan, Joe Cocker und Dizzy Gillespie zusammengearbeitet. Chuck Rainey entwickelte eine ganz eigene Spieltechnik und schafft es, am Bass nach der Gesangslinie oft die zweite Hookline zu bilden.

Chuck Walter Rainey III., geboren am 17. Juni 1940 in Cleveland/ Ohio, lernte Geige, Klavier, Trompete, Tenorhorn und Gitarre, bevor er schließlich zum E-Bass wechselte. Er hat Musik aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln erlebt und, je nach Instrument, ganz unterschiedliche musikalische Funktionen übernommen. So sagt er in einem Interview bei Scott‘s Bass Lessons: „Es geht immer um den Song. Wenn du Musik liebst und wenn du Erfahrung mit vielen verschiedenen Instrumenten hast, weißt du, wie diese anderen Instrumente in eine organisierte Situation passen. Ich weiß auch, wer der Anführer ist.“

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1962 ging Chuck Rainey nach New York und wurde der neue Bassist des Saxofonisten King Curtis, mit dem er u. a. auch als Opener für die Beatles auf deren zweiter Amerika-Tournee spielte – eine für ihn musikalisch sehr prägende Zeit. Weitere Einflüsse für den jungen Rainey waren der Organist Jimmy Smith, sowie die Jazz-Bassisten Keter Betts, Ray Brown und Richard Davis. Es folgten Engagements mit Sam Cook, The Supremes, Roberta Flack, Donny Hathaway und Aretha Franklin. Zehn Jahre später verlegte Chuck Rainey seinen Lebensmittelpunkt nach Los Angeles und wurde auch dort ein First-Call-Bassist, u. a. für Quincy Jones und Steely Dan. Insgesamt veröffentlichte er außerdem vier Soloalben.

TECHNIK

Chuck Rainey zupft die Saiten vorwiegend mit dem Zeigefinger der rechten Hand. Diese Technik erinnert an die Basslegende James Jamerson, der ein großes Vorbild für Chuck Rainey war. Bei dem Versuch, James Jamersons Bassspiel zu kopieren, habe er seinen persönlichen Stil gefunden.

Dieser Einfluss ist im Song ‚Until You Come Back To Me‘ von Aretha Franklin oder auch bei ‚Sanford And Son Theme‘ von Quincy Jones zu hören, dabei sind besonders die synkopierten Sechzehntelnoten und chromatischen Durchgänge charakteristisch. Der E-Bass ist bis heute ein vergleichsweise junges Instrument, und dementsprechend hat Chuck Rainey sehr viel experimentiert und die Ein-Finger-Technik etwas ausgebaut. Bei schnelleren Passagen oder Grooves verwendet er die Kuppe des Zeigefingers wie ein Plektrum. Das heißt, die Saite wird mit der Vorder- und Rückseite des Zeigefingers angeschlagen: einmal mit dem Fingernagel und einmal mit der Fingerbeere.

(zum Vergrößern klicken!)

Beispiel 1 zeigt dir eine Übung für die Back-and-Forth-Technik, die du in unterschiedlichen Tempi spielen kannst. Die Markierung „K“ steht hier für die Fingerkuppe, „N“ für den Fingernagel.

Beispiel 2 bindet die Back-and-Forth-Technik nun in den Tonleiterkontext ein. Auch bei dieser Übung empfiehlt es sich, mit einem langsamen Tempo zu starten.

In Beispiel 3 wenden wir die Technik dann schließlich in einem Groovepattern an.

Ein weiteres Erkennungsmerkmal von Chuck Rainey sind die Double Stops in seinen Basslinien, wie zum Beispiel bei ‚Summer In The City‘ von Quincy Jones oder ‚Josie‘ von Steely Dan. Sehr gerne kombiniert er die Double Stops mit einer leeren E-Saite oder A-Saite.

Beispiel 4 zeigt Double Stops im Rainey-Style mit einer kleinen Septime und großen Terz über G7. Es empfiehlt sich, den Daumen der rechten Hand beim Spielen der Double Stops auf die E-Saite zu legen, damit diese nicht mitschwingt.

In Beispiel 5 finden wir eine weitere Double-Stop-Variante mit einer kleinen Septime und großen Terz über E7; Beispiel 6 zeigt eine Version mit Grundton und kleiner Terz.

Chuck Rainey bedient sich phrasierungstechnisch sehr vieler Slides und Hammer Ons, wie zum Beispiel bei ‚Rocksteady‘ von Aretha Franklin oder ‚Just A Kiss Away‘ von Allen Toussaint. Eine weitere nennenswerte Technik ist die Mischung aus einem Pluck und Fingerpicking. Die Hand nimmt dabei die normale Fingerpicking-Position ein. Die Saite wird wie bei einem Pop/Pluck angerissen, jedoch nicht so stark wie in der Slap-Position.

Beispiel 7 widmet sich dem Light-Popping-Konzept, Beispiel 8 Raineys Slide-Konzept.

Es lohnt, sich mit Chucks Bassspiel intensiver auseinanderzusetzen und seine kreative Bandbreite sowie außergewöhnliche Technik zu studieren. Für alle, die noch tiefer in seine Musik eintauchen wollen, habe ich eine Spotify-Playlist mit den wichtigsten Songs erstellt – einfach den Spotify-Code scannen:

(Bild: Spotify)

Anregungen, Wünsche und Kritik kannst du gerne unter juliasbasslab@gmail.com loswerden. Viel Spaß beim Üben!


(erschienen in Gitarre & Bass 04/2023)

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