Oh, eine Gibson Trini Lopez in Pelham Green … wie aufregend, wie exklusiv! Aber was ist das denn da für ein Schriftzug auf der Kopfplatte? Who the f… is Jimmy Wallace?
Jimmy Wallace ist ein legendärer texanischer Vintage-Händler, Gitarrensammler, Gutachter und Vintage-Experte mit mehr als 40 Jahren Erfahrung. Seine Firma gibt es bereits seit 1978. Überdies ist Jimmy der Organisator und Produzent der Dallas Guitar Show, ein umtriebiger Mann also.
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Schon lange bevor Gibson seinen eigenständigen Custom Shop etablierte, ließ er sich eigene Gibson-Modelle herstellen. Bekannt wurde Jimmy vor allem durch seine „Jimmy Wallace Model“-Les-Pauls, die Gibson ihm quasi als Pre-Historic-Reissues in den frühen 90er-Jahren gebaut hat.
Wallace hat aber auch schon seit vielen Jahren seine eigene Gitarrenmarke mit verschiedenen authentisch nachempfundenen Vintage-Originalen, die er durch optische und konstruktive Veränderungen aber auch schon einmal zu eigenen Designs umgestaltet. Darunter sind krasse Mixturen, wie etwa seine Dano-Paul, die den Les-Paul-Body mit einem Schraubhals, Tele-Elektrik und Tele-Bridge sowie Danelectro-Aspekten zusammenbringt. Selbst bei solch gewagten Kreuzungen bewegen wir uns aber auf vertrautem Terrain, denn neu ist ja nur die Melange, nicht das grundsätzliche Design.
FINDE DEN UNTERSCHIED!
Das Jimmy-Wallace-MT-Modell basiert natürlich auf dem Trini-Lopez-Modell, 1964 vorgestellt von Gibson und lange Zeit eher wenig populär, bis dann der Foo-Fighters-Frontmann Dave Grohl diese exklusiv gestaltete Thinline für sich entdeckte. Latino-Star Trini Lopez wünschte sich damals den Hockeyschlägerkopf der Firebird mit 6-in-Reihe-Mechaniken für sein Signature-Modell, dazu noch rautenförmig geschlitzte f-Löcher und Split-Diamond-Inlays im Griffbrett, ansonsten entsprach die Konstruktion der Gibson ES-335 Thinline.
Die Jimmy Wallace MT folgt prinzipiell diesem Muster, verfügt also über den klassisch gestalteten Korpus aus in Form gepresstem Ahornlaminat mit Center-Block. Allerdings fanden weder Reifchen für die Verbindung von Decke und Boden mit den Zargen Verwendung, noch ein Futter aus Fichte zur Anpassung des Sustain-Blocks aus Ahorn an die Korpuswölbungen, wie bei Gibson. Die Korpusränder sind, wie auch die f-Löcher, mit cremefarbenen Bindings besetzt.
Die Thinline wartet aber auch noch mit weiteren Unterschieden zum Original auf. So kommt die MT mit einem eingeleimten Hals aus Ahorn anstelle von Mahagoni und als eingebundenes Griffbrett (Radius 14“) finden wir Ebenholz anstelle von Palisander. Die Gibson ES-347 etwa besitzt einen vergleichbaren Ahorn/Ebenholz-Hals. Die Split-Diamond-Inlays im Griffbrett wiederum sind dem Lopez-Modell entlehnt. Auf die etwas pointierter gestaltete Kopfplatte wurden Kluson-Keystone-Mechaniken montiert.
Erwartungsgemäß schwingen die Saiten zwischen dem Knochensattel und der Tone-Pros-Roller-Tune-o-matic-Bridge mit nachfolgendem Bigsby-B3-Vibrato in einer Mensurlänge von 62,8 cm. Auch vom Lopez-Modell gab es natürlich Bigsby-Versionen. Elektrisch wird die MT-Thinline durch zwei von Hand gewickelte Jimmy-Wallace-Nickel-PAF-Pickups mit leicht künstlich gealterten AlNiCo-5-Magneten, anzuwählen ganz konventionell über einen 3-Wege-Toggle-Switch und zu kontrollieren über Black-Top-Hat-Knöpfe von Volume- und Tone-Reglern für jeden einzelnen Pickup. Gefertigt wurde das Jimmy-Wallace-MT-Modell in klaglos guter Qualität und das Finish in leicht glitzerndem Pelham Green ist nicht weniger als atemberaubend.
GIVE IT TO ME – BABY!
Was die Handhabung betrifft, bewegen wir uns mit der Jimmy Wallace MT grundsätzlich in den gewohnten Gefilden einer ES-Thinline. Da die Gitarre aber nicht einmal 3,5 kg wiegt, ist für einen angenehmen Start unserer Erkundungen gesorgt und dem folgen weitere positive Aspekte auf dem Fuße. So fällt der zu einem griffigen mittleren C geformte Hals mit 42mm Sattelbreite geradezu einladend in die Hand.
Die perfekt gemachte Bundierung mit sauber verrundeten Kanten, in Verbindung mit der flach und nebengeräuscharm eingerichteten Saitenlage, hebt die Spiellaune ungemein, welche ihren Höhepunkt dann noch in den beeindruckend frei und offen vorspringenden ersten Akkorden findet. Dieser akustische Eindruck muss jetzt natürlich noch von der Elektrik bestätigt werden.
Die in Handarbeit gefertigten Jimmy-Wallace-Nickel-PAF-Pickups sind angetreten, um mit möglichst authentischen Materialien den originären PAF-Sound zu reproduzieren. Das geht sogar so weit, dass diese Humbucker anhand der verwendeten Butyrate-Bobbins-Spulenkörper nicht nur so aussehen, sondern auch so riechen wollen wie das Original!
Zitat Detlev Alder (Guitar Point-Gründer): „50er-Jahre-Plastik, im Plastikbeutel aufbewahrt, muss nach Kotze riechen. Das wird inzwischen auch schon nachgemacht.“ Heißa, wer braucht das denn? Uns jedenfalls interessieren die Sounds: Der Humbucker am Hals eröffnet den Reigen mit einer umfassend tiefgreifenden, um nicht zu sagen süffigen Tonwandlung. Konkret, aber ohne Dominanz im Bass, sehr schön weich gerundet in den Mitten und mit samtigen Höhen zeigen sich Akkorde perfekt aufgelöst in ihre Stimmen. Auch findet der auf den markant herausgestellten Anschlag hin schnell in Position springende Ton zu plastisch definierter Darstellung. Im besten Sinne PAF-like Vintage? Ein unscharfer Begriff, der viel Spielraum lässt.
Andreas Kloppmann dazu: „Den PAF gibt es ja nicht, aber es gibt Sachen die alle PAFs gemeinsam haben. Alle PAFs haben diesen kräftigen, tragenden Grundton, schöne Höhen und sind im Bass weich, ohne zu matschen.“ In diesem Sinne ist die Annäherung tatsächlich gelungen. Vokale Kraft mit starker Definition und sanft gerundetem Top-End sind auch Kennzeichen der Wallace-PAFs.
Wechseln wir zu dem Kollegen am Steg, ändert sich das Bild. Ein spritziger Sound wird uns um die Ohren gehauen – schnell, frech, funky und sehr weit vorn stehend. So macht das Spiel schon in der Abteilung Clean jede Menge Spaß, aber im Overdrive federn kompakt trockene und ausgesprochen markante Powerchords aus den Speakern.
Gehen wir auf Solo, so haben wir einen durchsetzungsfreudigen und perkussiv aufreißenden Ton an der Hand. Griffig, definiert, auch leicht gleißend, aber keineswegs grätzig. Ein Ton der singt und drückt und sich durch jeden Mix beißt. Mit diesem Pickup wird die MT zur perfekten Rock-Maschine!
Mit zusammengeschalteten Pickups kann man bei diesen Voraussetzungen nun ja gar nicht mehr falsch liegen und so ist es dann auch. In der Mittelposition des Schalters finden wir einen wonnig kehligen Sound vor. Irgendwie entschlackt und bemerkenswert transparent öffnen sich die frei abrollenden Akkorde. Glockenhell und frisch versprühen sie einen speziellen Glanz, der in allen Verstärkerpositionen erhalten bleibt. Nicht zu vergessen am Ende das Bigsby, denn dieses verschafft der attraktiven grünen Thinline nicht nur den optischen Extrakick, nein, es funktioniert dank der Roller-Bridge in seinem begrenzten Rahmen auch noch bestens!
RESÜMEE
Jimmy Wallace‘ Interpretation des Gibson-Trini-Lopez-Modells folgt seinen subjektiven Vorstellungen, mit Ahornhals, Ebenholzgriffbrett und eigenen PAF-Pickups. Die etwas vom Original abweichende Zusammenstellung der Materialien bringt bemerkenswerte Sounds hervor, definiert weich singend über den Hals-Pickup und besonders stringent und angriffslustig rockig über den Humbucker in Stegposition. Der Hals ist überdies eine Wucht, die Spieleigenschaften sind nur zu loben, das Bigsby funktioniert mit Rollensteg bestens und der Look ist sowieso supercool – da ist der aufgerufene Preis für ein Instrument, „handmade in the USA“, nicht zu hoch gegriffen. Tolle Gitarre!
Interessant die Sache mit den Butyrate-Bobbins-Spulenkörpern.
Butyrate sind Derivate der Buttersäure.
Nach Jahren oder Jahrzehnten kommt es zu Reversreaktionen, Buttersäure entsteht und riecht entsprechend.
Interessant die Sache mit den Butyrate-Bobbins-Spulenkörpern.
Butyrate sind Derivate der Buttersäure.
Nach Jahren oder Jahrzehnten kommt es zu Reversreaktionen, Buttersäure entsteht und riecht entsprechend.