Neben Ibanez, Tokai, Burny, Aria, Orville & Co. gehörte auch die japanische Marke Greco zu den ganz Großen, wenn es um Kopien der anderen ganz Großen aus dem fernen Amerika ging. Und das hat die Hersteller der Originale nicht kalt gelassen, manchmal sogar auch beflügelt …
HISTORY
Die erste Greco-Gitarre, die mir in den 80er-Jahren begegnete, war eine Kopie des legendären Instruments, dass der Queen-Gitarrist Brian May einst mit seinem Vater gebaut hat – und das er bis heute spielt. „Sie nannten sie BHM 900 und haben mir mal ein Exemplar geschickt“, erzählte Brian in einem Interview. „Ich antwortete ihnen: ,Vielen Dank für die Gitarre. Sie sieht gut aus, aber sie klingt eigentlich nicht so gut. Warum kommen wir nicht zusammen und lassen sie auch gut klingen? Dann könnt ihr auch meinen Namen drauf schreiben.‘ Sie haben mir dann nie geantwortet.“ Was zu diesem gut aufgestellten Unternehmen überhaupt nicht passte.
Die japanische Marke Greco gehört zur Kanda Shokai Corporation. Sie wurde 1960 gegründet und ab ca. 1967 tauchten dann die ersten Greco-Kopien der Fender Telecaster auf. In den 1970ern folgten erste Gibson-Kopien, meist aber noch einfache Schraubhals-Modelle. Inspirieren lassen hatte man sich in der Folgezeit auch von Klassikern der Firmen Rickenbacker, Gretsch, Zemaitis, und Höfners Beatle Bass wurde ebenfalls mal „interpretiert“. Interessant ist, dass Greco in der Zeit, als Gibson den japanischen Kopierern mit Klagen drohte und Ibanez verstärkt auf eigene Modelle setzte, damit anfing, konsequent 1:1-Kopien mit eingeleimtem Hals, Open-Book-Kopfplatte und einem Greco-Schriftzug, den man wirklich leicht mit dem Gibson-Logo verwechseln konnte, zu bauen. Wollte man an Ibanez’ Edelkopie-Tradition anknüpfen?
REAKTIONEN
Die 1979 von Greco gestartete „Super Real Series“ und die 1982 folgende „Mint Collection“ brachten dann also absolut hochwertige E-Gitarren auf den Markt, Solidbodies, Semiacoustics und Archtops, die den Vergleich mit den Gibson-Originalen dieser Jahre nicht scheuen mussten. Kiss-Legende Ace Frehley und Elliot Easton von The Cars spielten zeitweise diese Gitarren.
Sehr gelungen waren auch Grecos Stratocaster-Kopien dieser Zeit, die auf Fenders Übergewicht-Probleme mit teils großartigen Sixties-Modellen reagierten, die von Matsumoku, überwiegend aber von FujiGen Gakki hergestellt wurden. Damit war dann Schluss, nachdem Ende 1982 Kanda Shokai Teil der Fender-Japan-Familie wurde. Es folgten aber aus dieser Produktion die qualitativ großartigen legendären Squier-JV-Modelle und dann die E- und die SQ-Serie, mit denen sich Fender seinen einst guten Ruf zurückholte.
Auch die meisten Greco-Gibson-Kopien mit Open-Book-Kopfplatte wurden von FujiGen Gakki gefertigt. 1989/90 beugte man sich aber dem zunehmenden Druck von Gibson und stellte keine eindeutig urheberrechtsverletzenden Modelle mehr her – sprich: die Kopfplatten und Logos wurden geändert.
Die Greco-Modelle der Jahre 1979 bis ’89 sind heute gesuchte Sammlerstücke, deren Preise sich stark nach oben bewegt haben. Das gilt nicht nur für Strats, Les Pauls und SGs, sondern vor allem auch für die Archtops. Zwei schöne Beispiele stelle ich hier vor.
(Bild: Lothar Trampert)
GRECO L-100S
Ein sehr ansprechendes, frühes L-5-Modell ist die hier zu sehende Greco L-100S, die zwischen 1976 und ’79 in Japan gebaut wurde. Sie hat keine keine Seriennummer und ist fast baugleich mit der Ibanez 2460 aus dieser Zeit. Das abgebildete Modell kommt im Sunburst-Finish, hat ein Palisander-Griffbrett und Gold-Hardware.
Ich hatte diese Gitarre mit .013er-Thomastik-Flatwounds bezogen, und entdeckte eine Japan-Archtop der Oberklasse: Die angenehme Sattelbreite von 43mm und die sehr gute Saitenlage ermöglichten eine wunderbare Bespielbarkeit.
Absolut ausgewogen über das gesamte Griffbrett, ohne Deadspots oder andere Auffälligkeiten klang diese Jazz-Gitarre einfach nur großartig und war für Fans von Wes Montgomery, George Benson & Co., bei begrenzten finanziellen Mitteln, eine echte Entdeckung. Vor zehn Jahren bekam man dieses Instrument noch für unter 1500 Euro, heute werden um die 2500 Euro verlangt, für ähnliche Ibanez-Modelle meist noch mehr.
(Bild: Lothar Trampert)
GRECO LAG-100N
Und noch eine wunderbare Greco-L-5-Kopie: Diese LAG-100N wurde Ende der 1980er-Jahre, vermutlich 1989, gebaut und ist eine wirklich sehr gelungene Gibson-Interpretation, Made in Japan by FujiGen. Leider sind solche großartigen Greco-Archtops kaum mal im EU-Raum zu entdecken, und wenn man sie dann selbst aus Japan oder Großbritannien importiert, erhöhen Transportkosten, Zollgebühren und die Einfuhr-Umsatzsteuer den Kaufpreis meist noch mal um ein knappes Drittel. Was sich aber lohnen kann, denn diese Instrumente sind ihr Geld wert: Tolle Hölzer, sehr saubere Verarbeitung, technisch und klanglich absolute Oberklasse.
Auch die Tonabnehmer dieses Modells sind – entgegen mancher Vorbehalte – absolut in Ordnung, denn sie bringen diesen warmen, aber auch leicht obertönig schmatzenden klassischen Sound rüber, den Fans von Wes Montgomery, Jim Hall, Eric Gale und/oder George Benson so schätzen. Diesen Ton muss das Instrument an sich, also die am Holz schwingende Saite, aber erst mal akustisch liefern, was hier der Fall ist. Und das, obwohl die Decke aus laminierten Hölzern besteht, wie bei Gibsons ES-175, und nicht, wie bei den teueren Gibson-Originalen, aus massiver Fichte.
Die LAG-100 klingt und schwingt wunderbar, die Bespielbarkeit ist extrem gut, tolle Saitenlage und warmer, voller, prägnanter Ton – so wie eine Jazz-Gitarre klingen soll. Meines Wissens nach tauchte im 1990er-Katalog mit der LAG-100 zum letzten Mal eine Greco-Kopie mit Open-Book-Kopfplatte und anderen Gibson-Erkennungsmalen auf. Ende einer Ära!
(erschienen in Gitarre & Bass 02/2023)
Ich hatte ab 1984 eine Hondo, die ihr sehr ähnlich sah.