Schwedenhappen

Test: EBS Reidmar 752

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(Bild: Dieter Stork)

Erst vor gut zehn Jahren sprang EBS mit dem ersten Reidmar-Top auf den Zug der kleinen, leichten Basstopteile mit Class-D-Endstufe auf – hält sich dort aber seitdem wacker. Zwei Amps gibt es aktuell in der Reihe, den von uns bereits 2019 getesteten Reidmar 502, und ganz neu den Reidmar 752.

Die 2 am Ende soll es schon andeuten: die 500 bzw. 750 Watt Leistung stellt in der neuesten Variante eine 2-Ohm-feste Endstufe zur Verfügung. Die hat EBS selbst mitentwickelt, und da die Firma nachweislich etwas vom Thema Bassverstärkung versteht, darf man gespannt sein. Oder entspannt?

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AUFBAU

Aber fangen wir vorne an: Eine einzelne Klinkenbuchse nimmt Bässe jeglicher Bauart und Ausgangsleistung auf. Zur Anpassung an die weitere Elektronik gibt es einen Gain-Regler mit einem weiten Regelbereich, der mit einer Clip-LED gekoppelt ist. Die sollte bei harten Anschlägen kurz aufleuchten, dann passt es. In der Schaltung danach, auf der Frontplatte noch davor, liegt die erste Möglichkeit, den Klang hinzubiegen, in Form des Character-Schalters. Der bringt die gute alte Badewanne à la Trace Elliots Preshape ins Spiel, sprich ein Cut in den oberen Mitten mit gleichzeitigem deftigem Boost in Bässen und Höhen.

Als Nächstes folgt der Kompressor/Limiter. Hier ist der Kompressionsgrad zu regeln, von fein bis heftig, eine LED zeigt an, wenn der Effekt anspringt. Ein weiterer Schalter bringt den EQ ins Spiel. Der ist übersichtlich, aber klug aufgebaut. Auf den Bassregler mit Kuhschwanz-Charakteristik und satten +/- 18 dB Boost oder Cut bei 60 Hz folgt ein semiparametrischer Mittenregler. Hier geht es etwas milder zur Sache, mit angepasster Filterbreite für Anhebungen und Absenkungen. Eine Besonderheit ergibt sich bei ganz zugedrehtem Regler, dann hat man einen schmalbandigen Notchfilter zur Hand. Die am zweiten Mittenpoti einstellbare Einsatzfrequenz umfasst einen sehr breiten Bereich von 100 Hz bis 6 kHz und damit bis an die benachbarten Regler. Mit 6 kHz und wiederum einem Hub von +/- 18 dB ist der Höhenregler angegeben, jedoch wieder mit Kuhschwanz statt Bandpass.

Noch weiter oben setzt der Bright-Regler an, der nur anheben kann, und zwar bei 10 kHz. Ihm fehlt entsprechend die Mittenrastung, die bei den Reglern für Bass, Middle und Treble charmanterweise nicht exakt die Markierung trifft. Auch der Drive-Regler geht von null bis „max“, hier gibt’s Zerre von leichtem Crunch bis hin zu dickem Overdrive. Die dabei zwangsläufig zunehmende Lautstärke soll automatisch kompensiert werden, bevor es abschließend ans (Master-)Volume geht.

Die Rückseite ist mit allem ausgestattet, was man gemeinhin so braucht. Links vom Lüfter sitzt die Netzbuchse samt Sicherungshalter, mit einer passenden Sicherung kann der Amp auch auf 120 Volt umgeschaltet werden – weltweit bereit! Ganz rechts sitzt die DI-Buchse mit schaltbarem Ground-Lift. Per Schalter kann das Signal für den Balanced-Out am Eingang (nach einem Buffer, aber vor dem Gain) abgegriffen werden, oder am Ende der Signalkette, einschließlich eventuell per Send und Return im seriellen Effektweg eingeschliffener Effekte, aber vor dem Master.

Auch der Aux-Eingang im Stereo-Miniklinkenformat bleibt auf jeden Fall außen vor. Der liegt mit am einsamen Speakon-Lautsprecherausgang an, und ebenfalls am Kopfhörerausgang, der etwas ungewöhnlich als große Klinke ausgeführt ist. Der Line-Out liegt wiederum hinter dem Master-Regler, soll er doch das Signal in weitere Endstufen füttern, deren Lautstärke dann vom Reidmar gesteuert wird.

Zu guter Letzt bieten zwei Stereobuchsen noch die Möglichkeit, mit optionalen Fußschaltern die drei am Amp schaltbaren Features Character, Drive und Kompressor fernzubedienen, plus Mute zu schalten, was am Amp selbst leider nicht möglich ist. Verpackt ist das Ganze in ein solides Stahlgehäuse, das auf den ersten Blick mit dem Vorgänger identisch zu sein scheint, tatsächlich aber in der Grundfläche um 13 % geschrumpft ist.

Ein Rackeinbau ist nicht vorgesehen, da müsste man sich mit einer Rackwanne behelfen. Für den Stand-alone-Betrieb gibt es stabile Gummifüße, samt selbstklebenden Filzschonern für zuhause. Mit dem sicherlich gut gemeinten Riemengriff an der Seite habe ich allerdings so meine Probleme … Einerseits hätte ich gerne Gummifüße am anderen Ende, um das Top abstellen zu können, andererseits ist der Griff so eng, dass ich mit Mühe meine spitzen Finger durchbekomme. Das reicht zwar allemal, um das Gewicht zu tragen, aber wirklich gut fühlt sich das nicht an.

(Bild: Dieter Stork)

KURZE WEGE ZUM GUTEN TON

Großes und sofortiges Wohlfühlen stellt sich aber direkt mit den ersten Tönen ein. Ohne Klangregler oder Schalter, ohne Effekte kommt ein warmer, klarer Ton aus der Box. Den EQ braucht man definitiv nicht, um überhaupt einen guten Grundsound einzustellen. Der Character-Schalter ist für meinen Geschmack fast ein bisschen übermächtig, aber vielleicht ist es auch so gemeint, allen Instrumenten diesen speziellen Charakter überzustülpen?

Slappt und tappt sich zwar gut, aber ich habe das Bedürfnis, die Bässe zu zügeln. Das geht mit eingeschaltetem EQ leicht von der Hand, die Regler fassen gut zu und sind frequenzmäßig gut gesetzt. Besonders überzeugend sind der Mitten-Frequenzregler, der trotz sehr großer Bandbreite gut auf die gewünschte Frequenz zu bringen ist, und der Bright-Regler. Der bekommt sein Signal vor dem EQ abgezweigt, so steht auch bei abgesenktem Treble Schimmer und Klarheit zur Verfügung, und das praktisch rauschfrei.

Genauso überzeugend sind die beiden eingebauten Effekte. Das verwundert wenig, gehör(t)en die entsprechenden Bodentreter doch zu den beliebtesten ihrer Gattung. Der Kompressor verdichtet das Signal akkurat, von subtil bis plakativ, da ist schnell die persönlich passende Einstellung gefunden. Das gilt auch für Drive, der röhrig arbeitet und dessen Palette von leichtem Knurren bis zum Overdrive reicht. Dabei geht weder die Substanz im Bass verloren, noch matscht es. Im Zusammenspiel der beiden Effekte mit dem EQ lassen sich plastische, griffige, organische Sounds realisieren, ob ultra-klar oder Hardrock.

Insgesamt bin ich beeindruckt, wie schnell gute Sounds ohne Schrauberei abzurufen sind. Das wesentliche neue Feature am Reidmar 752 ist ja, dass er 2-Ohm-fest ist. Das ist eine gute Nachricht für all die, die gerne zwei 4-Ohm Boxen anschließen möchten, zum Beispiel zwei EBS Neoline 210. Da gibt der Reidmar dann seine vollen und ziemlich beeindruckenden 750 Watt ab. Als Tradeoff ergibt sich natürlich ein geringerer Output an 4 Ohm, wo noch 450 Watt zur Verfügung stehen, und 230 Watt an 8. In der Praxis stellt sich aber selbst das als ordentliches Pfund heraus, wenn man Boxen anschließt, die gute Leistungsverwerter sind und man nicht eben Metal-Band-Lautstärken erwartet. In meinen Augen ein gutes Upgrade.

Im stillen Kämmerlein überzeugt der Amp mit einem angenehm leisen Lüfter und sauberer Wiedergabe von Amp-Sound und per Aux-In zugefüttertem Signal über den Kopfhörerausgang. Der schaltet den Speaker nicht ab, eine eventuell angeschlossene Box muss also abgekoppelt werden, sonst haben die Nachbarn trotz Headphones Spaß …

(Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Operation gelungen, Amp fetzt! Die Leistung reicht spätestens an 4 Ohm schon sehr weit, an 2 Ohm wird es dann richtig locker und dynamisch in der Wiedergabe. Mit der musikalisch agierenden Klangregelung und dem intelligent eingesetzten Bright-Regler lässt sich ein breites Terrain beackern, mit dem guten Ein-Knopf-Kompressor sauber verdichten und mit dem nicht minder guten Ein-Knopf-Drive organisch und mit großer Bandbreite in die Zerre bringen. Die Anschlussausstattung und Laufruhe machen den Reidmar 752 wiederum auch zum perfekten Sparringspartner für zuhause. Zu guter Letzt überzeugt auch noch der Preis – Anspieltipp!

PLUS

● Sound
● Klangformung
● Wiedergabe
● solide Bauweise

MINUS

● Griff arg eng
● Mute nur per Fußschalter

(erschienen in Gitarre & Bass 01/2023)

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