Brillanter Spezialist

Test: BSM V-TB

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(Bild: Dieter Stork)

Eigentlich sollte man meinen, dass die ziemlich umfangreiche Palette, die BSM im Bereich Booster vorhält, mittlerweile alle Vintage-Schaltungen der Spezies Treble-Booster abgearbeitet hat. Aber Bernd Meiser, ehemaliger Gitarre & Bass-Autor, Elektronik-Lehrmeister für Pedal-Nerds und Mastermind hinter BSM, findet immer noch etwas, das es zu kopieren und modifizieren gibt. Diesmal geht es um den recht kurzlebigen und seltenen VOX-Treble-Booster.

Schön, dass ich jetzt schon zum dritten Mal als Tester seiner Kreationen auserkoren wurde, denn angenehmer kann man nicht lernen. Die Arbeit von Bernd Meiser führt in der Regel in die Frühzeit der Gitarrenelektronik: Anfang der 60erJahre, als die verzerrten Gitarren laufen lernten, wurden die elektronischen Grundlagen für Klänge geschaffen, die bis heute als Standard gelten. An diesen Klangmustern orientieren sich auch alle digitalen Simulationen, Emulationen, oder wie immer man die elektronischen Nachahmer guter Sounds bezeichnen möchte. Mit seinen Kreationen regt Bernd immer wieder dazu an, sich mit diesen Grundlagen eingehender zu beschäftigen und dadurch das, was unseren geliebten Gitarrensound ausmacht, besser verstehen zu lernen.

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EIN KIND SEINER ZEIT

Also versetzen wir uns zurück in die erste Hälfte der 60er-Jahre: Beat-Musik ist angesagt und verdrängt den Rock’n’Roll als Musik der jungen Generation zunehmend. Rock und Hard-Rock stehen bereits in den Startlöchern, um die kommenden Jahrzehnte zu dominieren. In England werden die Gitarristen mit Röhrenverstärkern der Firmen Marshall, VOX, Watkins oder auch Selmer versorgt. Fender-Verstärker sind in Europa teuer und daher die Ausnahme. Doch selbst bei europäischen Produkten können sich die meisten Musiker die kräftigen und gut ausgestatteten Modelle nicht leisten.

Die günstigen, kleinen Modelle aber verzichten oft auf eine Klangregelung und werden bei hohen Lautstärken undurchsichtig und muffig. Sie verlieren an Durchsetzungskraft im Bandgefüge, weil die Bässe anfangen, das Klangbild zu dominieren. Abhilfe können kleine elektronische Helferlein mit der damals gerade neu aufkommenden Transistortechnik schaffen: die Treble-Booster. Die Firma VOX entwickelte 1964 mit dem V806 den ersten Treble-Booster, der nach dem Prinzip eines vorgeschalteten Hochpassfilters funktioniert.

Die simple Schaltung kam mit wenigen Bauteilen aus und passte samt Batterie in ein verchromtes kleines, flaches Kästchen mit angeflanschtem Klinkenstecker. Das Gerät sollte dann einfach in die Eingangsbuchse des Verstärkers gesteckt werden – eine ziemlich wackelige Konstruktion. Der Klang des Vorschaltgeräts war sehr höhenreich und passte prima zu der eher zahmen Beat-Musik. Auch Roger McGuinn von den Byrds fand Gefallen am Sound des V806 und zauberte mit einer 12-saitigen Rickenbacker und Fender-Verstärkern seinen Jingle-Jangle-Trademark-Sound. Für die alsbald aufkommende Rockmusik, die nach verzerrten Sounds gierte, war der VOX Treble-Booster aber nicht wirklich zu gebrauchen, sodass er bald wieder vom Markt verschwand.

DIE WIEDERGEBURT …

Der BSM V-TB huldigt dem VOX Treble-Booster, ohne ihn aber mit all seinen Unzulänglichkeiten zu kopieren. Gut so, denn solch ein wackeliges Vorschaltgerät würde man heute sicher nicht mehr akzeptieren. Der V-TB findet daher in einem robusten Alu-Druckgussgehäuse im typischen BSM-Design Platz. Sehr ordentliche Schalter und hochwertige Buchsen sind eine Selbstverständlichkeit. Im Inneren findet neben der Batterie auch das – wie üblich – komplett vergossene Elektronikmodul seinen Platz. Interessant, dass Bernd auch hier ein Geheimnis aus der Schaltung macht, wo doch der Schaltplan des V806 eigentlich kein Geheimnis ist. Jener wurde – wie damals durchaus üblich – dem V806 in der Bedienungsanleitung beigefügt.

In den 60ern nicht ungewöhnlich: Die Bedienungsanleitung enthielt auch einen Schaltplan.

Wichtig für den authentischen Klang dürfte aber die Auswahl der Bauteile sein. Außerdem schützt die Versiegelung auch die Elektronik vor Beschädigung. Und drittens hat Bernd ja auch noch eine Modifikation installiert. Der V-TB verfügt im Gegensatz zu seinem Vorbild noch über eine zweistufige Bassanhebung, die mit dem seitlichen Mini-Toggle-Switch geschaltet werden kann.

… EINES KLANGSPEZIALISTEN

Um es gleich vorwegzunehmen: Der V-TB macht seinen Job tadellos. Er entspricht klanglich dem Vorbild, indem er den Sound brillant und extrem höhenreich macht. Die damit einhergehende Lautstärkeanhebung ist gar nicht mal so groß, aber natürlich deutlich bemerkbar. Das bedeutet dann aber auch, dass der V-TB für Rockmusik ähnlich schwierig einzusetzen ist, wie sein Vorbild. Das Pedal eignet sich vor allem für kleine Vintage-Amps, die bei hohen Lautstärken betrieben werden. Für meinen eh schon höhenreichen, 100 Watt starken JCM 800 ist der VT-B zu stramm: der Sound wird dann schnell grell und schneidend. Meine moderneren Hi-Gain-Verstärker quittieren das Anschließen des VT-B mit unkontrollierten Übersteuerungen, wenn der Gain zu weit aufgedreht wird.

Gut passt er aber z. B. vor meinen Laney AOR 30. Der ziemlich bassstarke 22-Watt-Zwerg wirkt mit dem VT-B bei höheren Lautstärken deutlich definierter und ist durchsetzungsstärker. Die Bassanhebung, die Bernd dem V-TB noch spendiert hat, ist eine deutliche Bereicherung. In der Mittelstellung des Schalters tönt der Original-Sound des V806 doch etwas dünn. Gut, dass man mit dem zweistufigen Bass-Boost dann noch etwas Substanz nachlegen kann.

Sinnvolle Modifikation: Der BSM bekommt gegenüber dem Original einen zweistufigen Bass-Boost.

Inspiriert durch den Byrds-Jingle-Jangle-Sound habe ich den VT-B natürlich auch für Clean-Sounds ausprobiert. Das Ergebnis ist auch hier eindeutig: Der Treble-Boost schiebt das Signal deutlich nach vorne und macht es, je nach Einstellung von Verstärker und Gitarre, brillant oder schneidend. Da der V-TB keinen Level-Poti mitbringt, ist hier die Lautstärke- und Klangregelung der Gitarre gefragt, um Gain- und Treble-Zuwachs im Zaum zu halten. Das funktioniert auch ganz prima – man muss sich halt nur daran erinnern, warum an unseren Gitarren Volume- und Tone-Regler dran sind.

Dennoch hätte ich ein Volume-Poti am V-TB gut gefunden, weil dann die Fußschalterfunktion besser nutzbar wäre. Mit einem sorgfältig einstellbaren Ausgangspegel wäre der V-TB auch als Solo-Booster gut nutzbar. Vielleicht ist das ja eine Anregung für eine MKII-Version? Ohne Lautstärkeregelung bleibt dem V-TB nur der Job als „Always-On“-Pedal, das für Ordnung in den Frequenzen sorgt. So war das ja beim V806 schon gedacht.

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