Moment mal, hatten wir die Fantomen von Hagstrom nicht vor gar nicht allzu langer Zeit bei Gitarre & Bass im Test? Ja, korrekt. Bei dieser hier vorgestellten Gitarre handelt es sich aber um die mit einigen Upgrades versehene Custom-Version dieser schwedischen Schönheit. Der Teufel steckt eben im Detail …
Wie macht man eine richtig gute Gitarre noch besser? Man hört auf das Feedback derjenigen, die das Instrument im Alltag benutzen! In diesem Fall auf die beiden Gitarristen der schwedischen Metal-Band Ghost, deren Signature-Modell die Fantomen ist und die die Gitarre im Tour-Alltag auf Herz und Nieren geprüft haben. Das Feedback floss dann in die Entwicklung der Fantomen Custom ein, die gleich eine ganze Reihe spannender Upgrades mitbringt, aber auch deutlich mehr kostet.
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AUFGEBREZELT
Auf den ersten Blick ist man zunächst ein wenig ratlos: die Fantomen Custom sieht erst einmal genau so aus, wie das Basis-Modell. Man muss schon etwas genauer hinsehen, um die Unterschiede zu erkennen. Ein ganz grundlegender Unterschied findet sich in der Konstruktion der Gitarre wieder: Während in der normalen Fantomen ein eingeleimter Mahagoni-Hals verwendet wird, bekommt die Custom-Variante einen dreifach gesperrten, durchgehenden Ahorn-Hals spendiert, an welchen seitlich die Flügel aus Mahagoni geleimt werden.
Anstatt des für Hagstrom typischen Resinatorwoods, ist bei unserer Testgitarre das Griffbrett aus dunklem Ebenholz und trägt 22 sauber abgerichtete Bundstäbe aus verschleißarmem Edelstahl. In das Holz eingelassen sind rechteckige Inlays aus Pearloid, die zusammen mit den Glow-In-The-Dark-Dots auf der Griffbrettzarge für perfekte Orientierung sorgen. Eine komplett um das Instrument laufende, mehrlagige Einfassung stellt einen schönen Kontrast zur hochglänzend schwarzen Lackierung dar. Auf der mit einer kräftigen Volute verstärkten Kopfplatte (ein, wie ich finde, sehr praxisnahes Feature!) kommen bei der Fantomen Custom Locking-Mechaniken von GraphTech zum Einsatz.
Der Tusq-XL-Sattel, ebenfalls von GraphTech, führt die Saiten zum Korpus, wo eine Kombination aus Schallers Tune-o-matic-Brücke und einem passenden Stop-Tailpiece die Aufnahme bildet. Für die Klangübertragung sorgen in der Fantomen Custom die gleichen Lundgren-Design-Humbucker, die bereits in der Basis-Variante verwendet werden. Regelbar ist jeder Tonabnehmer jeweils mit einem Volume- und einem Tone-Poti, die mit ihrer Push/Pull-Funktion außerdem für ein optionales Coil-Splitting sorgen, während ein regulärer Toggle-Switch die Auswahl der Pickups steuert. Zusammen mit dem schnittigen Schlagbrett, liefert die Fantomen Custom einen optisch absolut beeindruckenden Auftritt.
KLANGGEWALTIG
Wenn etwas im Vergleich zum Basis-Modell geblieben ist, dann der Eindruck, dass diese Gitarre einfach nichts für einen bereits vorgeschädigten Rücken ist. Mit satten 4,6 kg zieht die Fantomen Custom doch schon ordentlich am Gurt, was sich aber durch einen breiten Gurt ein wenig kompensieren lässt und dem Instrument im Gegenzug ein ausgesprochen seriöses Feeling verleiht.
Am Gurt hängend, pendelt sich die Fantomen Custom angenehm waagerecht mit einem ganz leichten Zug in Richtung Hals ein, was aber in der Praxis nicht weiter stört. Trotz der Größe und dem erheblichen Gewicht, erweist sich unsere Testgitarre als gut bespielbar: der Hals mit seinem „Slim D Profil“ ist zwar weit weg von den Speed-Brettern der 80er, dürfte aber trotzdem den meisten Gitarristinnen und Gitarristen gut in der Hand liegen. Der ausgesprochen ausladende Korpus ist sowohl im Sitzen als auch stehend gut zu handhaben, auf der Rückseite befindet sich ein dezentes Shaping für den Bauch (die „Wampenwanne“); ansonsten gibt es hier ein 41 mm starkes, massives Brett.
Akustisch gespielt liefert die Hagstrom Fantomen Custom einen ausgesprochen explosiven Klang, der sich durch ein superschnelles Attack und eine agile Tonansprache auszeichnet, welche man bei solch einem großen und massiven Instrument zunächst nicht vermuten würde. Auch das sehr gleichmäßig ausklingende Sustain ist absolut überdurchschnittlich und fast hat man den Eindruck, als höre man eine Gitarre mit einem dezent eingestellten Kompressor; ein häufiges Phänomen bei Gitarren mit durchgehendem Hals.
Ab an den Amp: Im cleanen Betrieb liefert der Hals-PU (AlNiCo 2) einen wohlig warmen Ton, der sowohl Akkorde als auch Singlenotes kraftvoll abbildet und gleichzeitig, bei stärkerem Anschlag, dem Verstärker bereits ein leichtes „Knuspern“ entlockt. Verzerrt lässt die Fantomen Custom auf der Halsposition eine schöne Balance aus süßlich-singendem Ton und knackigem Attack hören, sodass es hier praktisch unmöglich ist, der Gitarre dumpfe oder matschige Sounds zu entlocken. Wenn es noch etwas „feiner“ klingen soll, bietet der Split-Coil-Modus bei gezogenem ToneRegler einen schönen, sehr transparenten Einspuler-Ton. Der Steg-Tonabnehmer (AlNiCo 5) ergänzt die Fantomen Custom mit einer fast schon rüpelhaften Aggressivität. Das blitzschnelle Attack des Instruments wird durch eine brachiale Portion Mitten ergänzt, die erheblichen Druck auf die Vorstufe des Amps ausübt und bereits im Cleankanal für ordentliches Knistern im Klangbild sorgt.
Verzerrt fliegt dann so richtig die Kuh. Der Klang ist eine perfekte Mischung aus einem kräftigen aber sehr schnell reagierendem Bassfundament, unheimlich präsenten, breit aufgestellten Mitten und einem strahlenden, aber nicht zu bissig klingenden Höhenspektrum. Der bereits beim akustischen Spielen der Gitarre zu hörende „Kompressor-Effekt“ macht sich auch verstärkt bemerkbar: sowohl im cleanen, als auch im verzerrten Betrieb, hört man eine auffällige Gleichmäßigkeit über das gesamte Frequenzspektrum der Gitarre hinweg, die dafür sorgt, dass sich die Fantomen Custom sehr einfach spielen lässt und man nie das Gefühl hat, man müsse dem Instrument einen guten Sound „abtrotzen“. Der Split-Coil-Betrieb des Steg-Tonabnehmers fällt klanglich im Vergleich zu allen anderen Sounds etwas ab, bietet aber (vor allem in Kombination mit dem Hals-PU) eine weitere Klang-Option.