Treibholz oder High-Tech?

Test: Baton Rouge X11S/FJE-AB

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(Bild: Dieter Stork)

Der Kollege im Video des Herstellers bringt es gut auf den Punkt: Tradition trifft Zeitgeist.

Er trägt nämlich eine Newsboy-Cap im Stil der 1920er-Jahre, zeigt allerdings eine sehr moderne perkussive Spieltechnik. Und die neue Baton Rouge X11S passt – mit ihrem Worn-Out-Design und dem topaktuellen Pickup-System – genau ins Bild.

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RAUE SCHALE …

Wir haben hier eine Jumbo-Steelstring mit einem ganz flach geschnittenen Cutaway vor uns. So speziell sie auch aussieht, so „normal“ ist doch zunächst einmal die Holz-Rezeptur: Eine massive Fichtendecke und Zargen wie Boden aus laminiertem Mahagoni ergeben den Korpus. Das schwarze Binding spielt sich nicht groß in den Vordergrund und die offenporige Satin-Versiegelung erzeugt – zusammen mit dem Antique-Brown-Finish der Decke – einen tollen, nennen wir es mal „Shabby Chic“-Look. Der Mahagonihals mit einem kräftigen Profil zwischen C und D präsentiert sich mit 20 gut polierten und verrundeten Bünden sowie kleinen Dot-Inlays, die zur oberen Griffbrettkante hin aus der Mitte gerückt wurden. Cooles Detail!

Die Kopfplatte ist mit dem typischen BR-Logo und sechs offenen Oldschool-Mechaniken versehen, die ihre Aufgabe mit moderner Präzision erfüllen. Eine zentrale Rolle im Gesamtkonzept dieser Gitarre spielt das Pickup-System an Bord – eine aktuelle Weiterentwicklung von Baton Rouge mit der Bezeichnung BR2.1P. Es kombiniert bei einfacher Handhabung einen Piezo-Tonabnehmer im Steg mit einem Magnet-Tap-Pickup, der am Halsfuß sitzt und primär perkussive Spielanteile verstärkt. Die beiden Signale lassen sich getrennt im Klang regeln und im Mischungsanteil justieren. Alles in allem wird hier zum aufgerufenen Preis eine ganze Menge geboten. Wie sieht’s in der Praxis aus?

(Bild: Dieter Stork)

… KLANGVOLLER KERN

Zunächst mal ist eine Acoustic eine Acoustic. Und diese hier liegt satt und angenehm in der Hand. Auf dem etwas breiteren Griffbrett hat man gut Platz – Fingerstyler würden jetzt mit der Zunge schnalzen. Die Gitarre wirkt sehr leicht für ihre Größe und sie klingt auch leicht, luftig, klar und doch auch voluminös. Klanglich hilft sie jedem Picking auf die Sprünge, aber auch rustikalen Plektrum-Einsatz setzt sie entspannt um und zeigt ihre Qualitäten in Sachen Sustain und Dynamik. Dabei hilft das Cutaway – obwohl sehr unauffällig und flach gezeichnet – ungemein beim Zugang zu den hohen Lagen.

Sehr gespannt bin ich dann beim Einstöpseln in den Acoustic-Amp. Ich drehe den Blend-Regler (Mischverhältnis zwischen Piezo- und MagnetTap-Pickup) erst mal voll Richtung Piezo, als gäbe es nur den. Ein tolles, natürliches und ausgewogenes Klangbild sorgt für Freude – richtig gut! Dreht man nun nach und nach den Tap-PU dazu, nimmt zu meiner Überraschung die Gesamtlautstärke ab. Da muss man ein wenig am Volume nachregeln. Der Klang wird dabei durchsichtiger und der Korpus reagiert zunehmend sensibel auf Handgeräusche und perkussive Taps.

Obwohl der Magnet-Pickup innen am Halsfuß sitzt, verstärkt er Perkussion ausgewogen laut, egal, auf welchem Bereich der Decke man spielt. Ich persönlich würde den Blend-Regler nicht über etwa 11 Uhr hinausdrehen, andernfalls verliert das Piezo-Signal zu viel Natürlichkeit. Da beide Signale auch noch getrennt im Klang regelbar sind, gibt es sehr viele Nuancen, die es auszuloten gilt. Das macht gehörig Spaß und inspiriert zu vielerlei Klang- und Spielexperimenten.

RESÜMEE

Cooler Look, frischer Sound, inspirierende Ausstattung, moderater Preis – mehr Gründe für einen persönlichen Test braucht es doch wohl nicht.

PLUS

● Design, Finish
● vielseitiges Pickup-System
● lebendige A- und E-Sounds

(erschienen in Gitarre & Bass 09/2022)

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