(Bild: Matthias Mineur)
Nach dem Interview mit seinem Bass spielenden Bandkollegen Doug Pinnick in unserer vorherigen Ausgabe haben wir auch Gitarrist/Sänger Ty Tabor zum neuen King’s-X- Album ‚Three Sides Of One‘ befragt, und ihn darüber hinaus um entsprechende Empfehlungen für ein Special unseres Top Gear Checks gebeten. Kurzes Resümee vorab: Der Mann steht auf Fender Mexico Strats. Interessant!
Interview
Ty, mit welchen speziellen Ambitionen bist du an das neue King’s-X-Album herangegangen?
Es gab kein bestimmtes Ziel, keine bestimmte Idee. Wenn ich komponiere, dann komponiere ich einfach, egal für welche meiner Bands, ob King’s X, Jelly Jam oder was auch immer. Ich schreibe Songs, archiviere sie und schaue dann, was für die jeweils geplante Scheibe am besten zusammenpasst. Bei King’s X weiß man vorher sowieso nie, was passiert. Deshalb gehe ich grundsätzlich ohne konkrete Pläne in eine neue Produktion. Doug und Jerry (Gaskill, Schlagzeuger, Anm. d. Verf.) machen es übrigens genauso. Wir hören uns die Ideen der jeweils anderen an und beginnen an ihnen zu feilen. So entsteht – im wahrsten Sinne des Wortes – Stück für Stück ein neues Album. Ich finde es generell wichtig, für neue Inspirationen offen zu sein und keinen allzu konkreten Plan vor Augen zu haben. Man sollte nicht zu stark festgelegt sein, denn dann schießt man sich möglicherweise selbst ins Knie, wenn plötzlich etwas Außergewöhnliches passiert. Daher gehe ich völlig unvoreingenommen in eine solche Produktion und lasse mich ausschließlich von Spontaneität und Intuition leiten.
Gab es in deinem Archiv auch Ideen, die von früheren King’s-X-Produktionen übriggeblieben und für ‚Three Sides Of One‘ wieder aufgegriffen wurden?
Nein, in diesem Fall war es nicht so. Aber so etwas wäre nichts Ungewöhnliches und hat bei früheren Produktionen auch durchaus stattgefunden. Ein Beispiel: Ich schrieb bereits 1985 den Song ‚Pleiades‘, der es jedoch nicht auf unser Debütalbum schaffte. Als wir dann 1989 ‚Gretchen Goes To Nebraska‘ aufnahmen, passte die Nummer plötzlich perfekt. In den Jahren zuvor war ‚Pleiades‘ offensichtlich noch nicht reif genug gewesen. Es ist wichtig, solche Überbleibsel im Hinterkopf zu haben und sie zu gegebener Zeit zum zweiten oder sogar dritten Mal auszuprobieren. Ich glaube, Doug hat für ‚Three Sides Of One‘ ein paar Songs angeschleppt, die er bereits vor einigen Jahren komponiert hatte. Generell besteht die neue Scheibe allerdings überwiegend aus Nummern, die wir erst in den zurückliegenden eineinhalb Jahren geschrieben haben.
Mit welchen Gitarren und mit welchen Amps hast du das neue Album aufgenommen?
Zunächst einmal grundsätzlich: Unser Produzent Michael Parnin hatte eine Patchbay, mit der wir verschiedene Amps ansteuern konnten. Der Verstärker, den ich beim Einspielen während der ganzen Zeit hören konnte und der bei jedem Song zum Einsatz kam, war mein alter Lab Series L5. Hinzu kamen ein Orange CR120, ein Vox MV50 Rock und ein paar alte Marshalls, die Michael gehören und als Optionen zur Verfügung standen. Alle Verstärker waren mit Marshall-Boxen inklusive Celestion-Speaker verbunden, meistens Vintage 30s, die ich generell bevorzuge. Sämtliche Amps waren gleichzeitig eingeschaltet, sodass wir am Ende eine riesige Auswahl an Sounds und Frequenzen hatten.
Meine Gitarren auf ‚Three Sides Of One‘ waren eine Gibson Les Paul Gold Top Standard, eine Gibson Les Paul Cherry Sunburst Classic, eine Fender American Performer Stratocaster und als Hauptgitarre meine originale Fender American Elite, die ich auch schon auf den vier ersten King’s-X-Scheiben eingesetzt habe. Zusätzlich habe ich mir ein paar Gitarren ausgeliehen, darunter eine Veillette-Gryphon-Acoustic von Christian Nesmith, dem Sohn von Monkees-Mitglied Michael Nesmith, und eine 12-String-Electric-Doubleneck, die ich ein paar Mal eingesetzt habe.
Effektpedale?
Pedale hatte ich hunderte zur Auswahl. Ich kann mich nicht mehr an alle erinnern. Allein an Phasern kamen fünf oder sechs zum Einsatz, dazu mehrere Vibes, mehrere Booster. Am liebsten verlasse ich mich auf mein Sweet Sound Ultra Vibe, es ist eines meiner absoluten Lieblingspedale. Das eigentliche Gitarrensignal wurde zwar fast immer trocken und ohne Effekte aufgenommen, manche Songs habe ich allerdings mit Roto-Sounds eingespielt. Ich mag diese kleinen Dinger, die man sehr genau nach seinen Vorstellungen einstellen kann und die dem Sound eine wunderbare Farbe geben.
Erinnerst du dich noch an die verwendeten Mikros?
Bei sämtlichen Gitarrenboxen war es ausschließlich und zu 100 Prozent ein Shure SM57. Wann immer unser jeweiliger Produzent etwas anderes als ein SM57 vorschlägt und versucht, eine Alternative in höchsten Tönen anzupreisen, lehne ich dankend ab, da ich weiß, dass es meinem Amp viel von seiner Kraft nehmen würde. Deshalb bestehe ich auf das SM57. Zum Glück ist auch unser Produzent Michael Parnin der Meinung, dass dies das weltbeste Mikro für Gitarrenaufnahmen ist. Für die Gesangssessions haben wir uns dagegen viele unterschiedliche Mikrofone ausgeliehen, inklusive ein Neumann U47, das aus dem Haus von Barbara Streisand stammt und als „John Lennon Mikro“ berühmt geworden ist. Es ist das beste, das man in Los Angeles bekommen kann.
Erkennst du stilistische Unterschiede zwischen ‚Three Sides Of One‘ und den vorausgegangenen King’s-X-Alben? Was sind die Ähnlichkeiten?
Nun, diese Frage müsste man eigentlich nicht mir, sondern anderen Menschen stellen. Ich beachte beim Spielen solche Dinge nicht und ich vergleiche es auch nie mit vorherigen Produktionen. Ich überlege einfach nur: Was ist das Beste für den jeweiligen Song? Was ist der beste Sound, was ist der beste Part, den ich spielen kann? Ich denke beispielsweise auch nie über meine Technik nach. Sie hat sich im Laufe der Zeit sicherlich ein wenig verändert. Doch ich analysiere dies nicht, denn würde ich es tun, könnte es möglicherweise mein Spiel ruinieren. Solche Einschätzungen müssen andere für mich übernehmen.
Und als Komponist?
Ich weiß nicht. Es ist ja für mich jedes Mal neue Musik, und alles, was ich in der Zwischenzeit gehört habe und was mir gefallen hat, nimmt natürlich Einfluss auf mein Songwriting. Aber auch hier gilt, dass eigentlich andere dies beurteilen müssen. Ich kann nur versuchen, das Beste aus mir herauszuholen und das zu spielen, was mir selbst am besten gefällt. Weitere Gedanken dazu mache ich mir nicht.
TopGearCheck
Nach diesem kurzen und sehr interessanten Produktionsgespräch hat Tabor für unseren allmonatlichen ‚Top Gear Check‘ seine zehn Favoriten zu Protokoll gegeben:
„Als erstes möchte ich DR Strings erwähnen, und zwar die Hi-Beam-Serie in der Stärke .009 bis .042. Ich mag die dünneren Saiten, besonders da wir die härteren und derberen Songs tiefer gestimmt in B spielen. Für mich gilt: Je dicker die Saiten, umso weniger Attack hat man. Deshalb liebe ich dünnere Strings, egal in welchem Tuning wir gerade spielen.
Ich glaube, ich habe den Lesern von GITARRE & BASS die folgende Geschichte schon einmal erzählt: Als ich DR Strings entdeckte, war ich noch Endorser eines anderen Saitenherstellers. Ich hatte erst kurz zuvor neue Werbefotos geschossen, als ein Mitarbeiter von DR Strings bei einem King’s-X-Konzert auftauchte, mir und Doug seine Saiten anbot und fragte: „Könnt ihr sie bitte mal auf euren Ersatzinstrumenten testen? Und mir dann eure Meinung mitteilen?“ Also wies ich meinen Gitarrentechniker an: „Zieh sie bitte auf, dann schauen wir mal, wie sie klingen!“ Während des Soundchecks testeten Doug und ich die DR-Strings und waren total überrascht, wie viel besser unsere Instrumente mit diesen Saiten klangen. Von diesem Tag an habe ich keine anderen Saiten mehr gespielt. Ich rief die andere Firma an und erklärte ihr die Situation. Zum Glück reagierten sie dort absolut entspannt. Sie sagten: „Viel Spaß mit den DR-Saiten, und wenn du irgendwann zu uns zurückkommen möchtest, bist du jederzeit herzlich willkommen!“ Das ist viele, viele Jahre her, und seither bin ich diesen Strings treugeblieben.
Punkt 2: Ich liebe Fender-Mexico-Standard-Strats mit Rosewood-Neck, in die ich Fender-Vintage-Noiseless-Pickups habe einbauen lassen. Von den Mexico-Standard-Strats besitze ich eine ganze Reihe. Mir gefallen die Hälse der Mexico-Strats besser als die der American-Strat, weil sie sich exakt so anfühlen, wie ich es mag. Ich mag auch die Fender Mexico Player Strats, die mit dem Extrabund wie bei einer Gibson. Meine Player Strats haben Maple-Necks und in der Brücke einen JB-Jr.- Pickup. Durch ihn bekommt die Gitarre eine unfassbare Heavyness, und das Ahorngriffbrett, das perfekt mit diesen Pickups harmoniert, sorgt dafür, dass es nicht zu dunkel klingt.
Zu meinen Favoriten gehört auch die originale Fender Elite Strat von 1983, mit aktiven Fender-Pickups und einem Palisander-Griffbrett. Man darf sie nicht mit den modernen Elite Strats vergleichen, denn die haben rein gar nichts mehr mit den originalen Elite-Modellen von damals zu tun, zumal die originalen aktiven Fender-Pickups nicht mehr hergestellt werden. Die 1983er ist meine absolute Lieblingsgitarre. Der einzige Grund, weshalb ich sie in Rente geschickt habe, ist ihr Gewicht, das mir für eine gesamte Show zu hoch ist. Deshalb kommt sie nur noch selten zum Einsatz, obwohl sie einfach großartig klingt.
Mein Lieblingspedal ist seit vielen Jahren das bereits erwähnte Sweet Sound Ultra Vibe, das ich auch auf der Bühne spiele und dessen süßlicher Sound mich immer wieder begeistert. Erwähnen möchte ich auch Lava Cables, dicke Kabel, die den Sound perfekt übertragen. Man kann es kaum in Worte fassen, wie groß die Qualitätsunterschiede zwischen verschiedenen Kabeln sein können.
Mein Lieblings-Amp ist der Lab Series L5, den ich allerdings nicht jedem empfehlen kann, weil er bei vielen anderen Musikern, die ich damit habe spielen hören, absolut fürchterlich klang. (lacht) In der Tat ist es sehr schwierig, mit dem L5 einen guten Sound zu erzeugen. Man muss genau wissen, was man tut, um den Sweet Spot zu finden. Hinzukommt der erwähnte Orange CR120, in meinem Fall ist es immer noch die allererste Version dieser Modellreihe. Es beweist, wie gut dieser Amp von der ersten Generation an war.
(Bild: Archiv)
Empfehlen kann ich auch den Boss TU-2 Chromatic Tuner, das für mich auf der Bühne schnellste und akkurateste Stimmgerät. Da wir bei King’s X in ganz unterschiedlichen Tunings spielen, brauche ich einen Tuner, auf den 100% Verlass ist. Der TU-2 ist der am direktesten reagierende Tuner, den ich jemals hatte.
Und last but not least: das Line-6-HX-Effektpedal. Ich habe es vor nicht allzu langer Zeit entdeckt und spiele es bei King’s X seither in jedem Konzert. Beim HX lassen sich unzählige Soundvarianten auf einfache und unkomplizierte Weise programmieren. Man kann Backups am PC machen und diese in andere Pedale hochladen. Es erinnert mich ein wenig an das Line 6 DL4, das ich früher gespielt habe, plus weiterer Effekte. Ich kombiniere es mit einem Expression-Pedal, sodass ich die fantastischen Sounds des HX live auf der Bühne ganz nach meinen Bedürfnissen und gut kontrolliert einsetzen kann.“
(Story: Matthias Mineur)
ich mag King’s X schon seit ihren Anfängen, stehe auf das Spiel und den Sound von Ty Tabor, aber das liest sich hier wie eine große Werbeveranstaltung, sorry GB …
Auch wenn da ein paar interessante Details bei waren, wie z.B., dass er u.a. einen Vox MV50 Rock im Studio nutzt. Kann die Serie auch empfehlen.
Ich habe den Vox MV50 Clean, bietet sich als gute Grundlage für alles an Gitarrensound an.