Bass-Debüt!

Test: Walrus Audio Badwater

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(Bild: Dieter Stork)

Sich auf dem enorm umkämpften Markt an Bass-Verzerrern und -Preamp-Pedalen zu behaupten, ist keine leichte Aufgabe – schon gar nicht, seitdem Darkglass dieses Spielfeld mit seinen Produkten über die Jahre sukzessiv auf links gekrempelt hat. Der amerikanische Pedalhersteller Walrus Audio wagt sich dennoch in die Höhle des Löwen und präsentiert mit dem Badwater sein ambitioniertes Bass-Debüt.

Unter Gitarrist:innen genießt die Firma aus Oklahoma City schon lange einen guten Ruf – Neo-Klassiker wie den Julia-Chorus oder das Fathom-Reverb findet man auf etlichen Pedalboards wieder. Es gibt also einen Ruf zu verlieren, und so hat sich Walrus für den Einstieg in die Bass-Welt einiges vorgenommen: ein vollwertiges Preamp-Pedal mit separat schaltbarer Zerr-Sektion, Opto-Kompressor und semi-parametrischem EQ – mit weniger muss man heute in der über-300-Euro-Klasse wohl auch nicht mehr ankommen, der Konkurrenzdruck ist groß …

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(Bild: Dieter Stork)

VOLLAUSSTATTUNG

Das Badwater kommt, gemessen an seinen Features, ausgesprochen kompakt daher und beherbergt satte elf Regler auf engem Raum – beim Einstellen ist also ein klein bisschen Fingerspitzengefühl gefragt. Die stirnseitig angebrachten Anschlüsse für Ein- und Ausgang sowie für die Stromversorgung sparen Platz auf dem Pedalboard, und langlebige Relais-Soft-Switches sorgen für ein geräuschloses Schalten. Das in Analogtechnik arbeitende Pedal beherbergt eine mit SMD-Bauelementen bestückte Platine – ein klassisch moderner Aufbau, wie er sich auch bei vielen anderen Herstellern durchgesetzt hat.

Verfolgt man den Weg des Bass-Signals durch das Badwater, steht an erster Stelle der Opto-Kompressor, der mit einem einzelnen „Sustain“-Poti auskommt. Hier lässt sich das Maß an Kompression einstellen, was sich durch ein verlängertes Sustain und gezügelte Transienten bemerkbar macht. Der Kompressor ist tatsächlich immer eingeschaltet, hat bei Linksanschlag jedoch nur einen minimalen Effekt auf das Signal.

Im Inneren des Pedals finden sich außerdem Trimpotis, mit denen sich auch die Attack- und Release-Parameter des Kompressors regeln lassen. Als Nächstes passiert das Bass-Signal die Zerr-Sektion. Hier regelt der Drive-Poti die Intensität der Verzerrung, während der Level-Poti für die Lautstärke des verzerrten Signals zuständig ist. Mit dem Blend-Regler lassen sich der Zerre außerdem Clean-Anteile beimischen, damit das Ganze im Bassbereich nicht drucklos wird.

Das Herzstück der Schaltung ist zweifellos der Voice-Switch, der über den Zerrcharakter bestimmt. Zeigt der Schalter nach oben, gelangen nur die Hochmitten und Höhen in die Zerrstufe, in der Mittelstellung kommen mehr warme Mitten dazu, während die letzte Position einen breitbandigeren Overdrive-Sound bereithält, der deutlich tiefer hinab reicht.

Geformt und feingeschliffen werden die Drive- und Clean-Sounds mit einem aufwendigen 4-Band-EQ, der gleich mit zwei semiparametrischen-Bändern aufwartet und so eine deutlich präzisere Klangformung erlaubt, als es bei den meisten Konkurrenzprodukten möglich ist. Während die Regler für Höhen und Bässe jeweils +/- 12dB an Boost/Cut-Reserven liefern, sind die Mitten in zwei separate Bänder mit jeweils +/- 10 dB aufgeteilt.

Das Low-Mid-Poti arbeitet in Kombination mit dem lmf-Regler (Low Mid Frequency), der eine Center-Frequenz aus dem Bereich 500 Hz bis 2.4 kHz wählt, während das High-Mid-Poti an den hmf-Regler (High Mid Frequency) gekoppelt ist, der wiederum seinen Arbeitsbereich zwischen 3.5 kHz und 7.5 kHz hat. Beide Frequenzbereiche reichen ungewöhnlich hoch, wodurch sich besonders der Hochmitten- und Höhenbereich sehr präzise formen lässt. Der Volume-Regler bestimmt schließlich über die Gesamtlautstärke und bietet ordentliche Pegel-Reserven – nützlich, wenn man z.B. den Eingang eines Röhren-Amps anblasen will.

Bei einem professionellen Bass-Preamp-Pedal darf natürlich ein DI-Abgriff nicht fehlen, und so hat Walrus dem Badwater auch einen seitlich am stylischen Gehäuse montierten XLR-Ausgang spendiert. Ein kleiner Ground-Lift-Schalter behebt bei Bedarf unschöne Brummschleifen, und anders als bei dem ein oder anderen Preamp der Konkurrenz, liegt an diesem Ausgang das volle ungefilterte Signal an – eine analoge Speaker-Simulation oder ladbare Impulse Responses hat Walrus nicht vorgesehen.

(Bild: Dieter Stork)

ALLES KANN, NIX MUSS

Typisch für diese Pedal-Gattung, macht das Badwater sowohl klassisch vor dem Amp als auch vor einer nackten Endstufe eine gute Figur. Die umfangreiche EQ-Sektion bietet mehr als ausreichende Möglichkeiten zur Klangformung, obwohl – und hier meckern wir auf ganz hohem Niveau – ein etwas tiefer angesetzter Regelbereich für das hmf-Poti mit Überschneidungen zur lmf-Poti-Range in meinen Augen sinnvoller gewesen wäre, um einen noch besseren Zugriff auf die tiefen Mitten zu bekommen.

Die Klangregelung wird für die allermeisten User:innen auch so mehr als ausreichend sein, jedoch fühlen sich die Potis für Hochmitten und Höhen in manchen Setups etwas redundant an. Schon im reinen Clean-Betrieb liefert das Pedal eine durch und durch überzeugende Vorstellung ab, wobei besonders der Opto-Kompressor zu begeistern weiß: denkbar einfach in der Bedienung verdichtet er das Signal wirkungsvoll, wodurch der Ton mehr Tragkraft und Sustain bekommt, ohne direkt muffig zu werden. Das Ergebnis überzeugt nicht nur vorm Amp sondern auch, wenn man direkt aus dem DI-Out ins Pult oder den Rechner spielt.

So richtig los geht der Spaß dann aber mit der zugeschalteten Drive-Sektion. Der Voice-Schalter bietet drei durchweg brauchbare Gain- und Voicing-Farben, wobei sich die breitbandigere und basshaltigere Stellung mit dem Schalter nach unten am stärksten von den anderen beiden, im Vergleich ähnlicheren Optionen absetzt. Letztere profitieren stark vom Clean-Blend-Poti und blühen mit etwas Schubkraft vom unverzerrten Signal regelrecht auf, während das andere Zerr-Voicing spätestens mit etwas Hilfe vom Bass-Regler auch „wet only“ gut funktioniert.

Grundsätzlich ist der Zerr-Charakter des Badwater durch die vielen Eingriffsmöglichkeiten extrem variabel, jedoch in der Grundform merklich roher, natürlicher und weniger hochgezüchtet als beispielsweise die meisten Zerrer von Darkglass und auch einige Tech-21- Aggregate. Man hört stets große Unterschiede zwischen den angeschlossenen Instrumenten und bewegt sich klanglich auf einem weniger festgelegten Korridor.

Mein einziger wirklicher Kritikpunkt ist, dass die Gain-Range mit klassischen Vintage-Style-Pickups doch recht begrenzt ist. Hardrock-Sounds sind noch drin, aber für sägige Metal-Dampfwalzen-Klänge braucht es dann doch mehr Pegel vor dem Pedal. Man kann sich hier mit einem neu-tralen Clean-Booster behelfen – schöner wäre es aber natürlich regelbar am Badwater direkt. Wenn man hingegen High-Output-Bässe mit EMG-Pickups oder ähnlichen Pegel-Schleudern benutzt, ist auch ein überzeugendes Metal-Brett gar kein Problem mehr – besonders die beiden aggressiveren Voice-Settings, die weniger Bassgehalt in die Zerrstufe schicken, überzeugen hier mit Distortionartiger Aggressivität und Durchsetzungskraft.

Der Kompressor liefert auch im Drive-Betrieb wunderbar harmonische Sounds und fettet die Zerre weiter an, wodurch das Ergebnis moderner und gefühlt noch „gainiger“ wird, ohne dass man es am eigentlichen Gain-Regler übertreiben muss. Wirklich gelungen!

Puristisch trocken und in den Höhen etwas brizzelig klingt schließlich das verzerrte Signal direkt aus dem DI-Out – aber das ist natürlich eine Glaubensfrage: Die einen mögen lieber einen Mix-fertigen Sound, während andere alle Möglichkeiten für das Post-Processing offenlassen wollen.

(Bild: Dieter Stork)

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