In vino veritas: Paoletti Guitars Nancy Lounge FLTH im Test
von Franz Holtmann,
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(Bild: Dieter Stork)
Immer wieder interessant, welche Wege der Gitarrenbau in Zeiten nachlassender Ressourcen nehmen kann. Kastanienholz aus alten Weinfässern begegnet uns in dieser Hinsicht auch nicht alle Tage, aber warum nicht den innewohnenden Weingeist entfesseln? Den Geist nicht aus der Flasche, wohl aber aus dem Fass lassen. Wir sind ganz Ohr!
Fabrizio Paoletti gründete seine Firma Paoletti Guitars im Jahr 2005. Das Unternehmen hat seinen Sitz in der Toskana, wo die Familie Paoletti seit dem Ende des 19. Jahrhunderts Chianti-Rotwein herstellt. Um der Vergangenheit die Ehre zu erweisen und gleichzeitig das vorhandene Material bestmöglich zu nutzen, begann Paoletti, die alten, aus 130-170 Jahre altem Kastanienholz gefertigten Weinfässer aus dem Familienbetrieb zu verwenden. Schnell wurde klar, dass dies den Instrumenten einen einzigartigen Klang verleiht.
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Fabrizio: „Es ist ein großartiges Gefühl, diesem alten Kastanienholz neues Leben einzuhauchen – das alte Holz, das jahrzehntelang dem Wein der Menschen gedient hat, in Gitarren zu verwandeln, mit denen man die Welt begeistern kann. Bei uns werden diese besonderen Instrumente von ‘Musik Wein’ vertrieben – Tonabnehmer, Farben und noch andere Optionen sind wählbar.“
EIN FASS AUFMACHEN
Das Herzstück der Gitarren und Bässe von Paoletti ist also immer ein Korpus aus Kastanie. Dafür wird inzwischen in ganz Italien nach Kastanienholz aus nicht mehr zur Weinherstellung verwendeten Weinfässern gesucht, welches sich für den Gitarrenbau aufarbeiten lässt. Das vorliegende Modell ist uns aus formaler Hinsicht natürlich nicht ganz unbekannt. Hier stand das Design der Telecaster Thinline Pate als Grundlage für eine recht freie Auslegung mit gemischten Zutaten aus der Welt des amerikanischen Gitarrenbaus.
Der 4,5cm starke Korpus der Nancy Lounge ist aus drei Teilen jenes alten Fassholzes gefügt und bekam links und rechts neben dem durchgehenden Mittelblock Hohlkammern gesetzt. Das ist nicht auf den ersten Blick zu erkennen, da der Body mit einer aufgesetzten Decke verschlossen wurde, dessen einzelnes f-Loch Einsicht ins Innere gewährt. Höchst attraktiv ist die kunstvoll gemachte Farbgebung der Gitarre in Heavy Surf Green mit durchscheinender Sunburst-Lackierung.
Der in klassischer Manier über ein Neckplate aufgeschraubte Hals aus Ahorn wurde wie alle von Paoletti angebotenen Gitarrenhälse im Ofen geröstet, um ihn in seiner Mikrostruktur stabiler und leichter zu machen und damit natürlich auch gealtertem Holz anzunähern. Auch werden die Hälse durch diese spezielle Behandlung mit Hitze widerstandsfähiger gegen Temperatur- und Feuchtigkeitsschwankungen. Zudem nehmen sie eine gealtert wirkende Karamellfarbe an. Das massive Griffbrett aus Ebenholz mit 12″-Radius springt etwas aus der Reihe, was die Fender-Affinität angeht. Fett kann man auch die sorgfältig verarbeiteten 22 Bünde von Dunlop (6110) nennen. Ein ungewöhnliches Alleinstellungsmerkmal sind die großzügigen Block Inlays aus Olivenholz.
Die Kopfplatte wiederum ist der Strat entliehen, was die Kluson-Vintage-Mechaniken nur noch bestätigen. Die Saiten schwingen mit der erwarteten Mensurlänge von 648 mm zwischen einem schmalen Sattel aus Knochen und einer Roller Bridge. Aufgehängt sind sie in einem originalen Bigsby B5 Vibrato.
In Halsposition wurde der Paoletti Humbucker Rock II (AlNiCo 5) auf ein Brass-Pickguard geschraubt; in der Stegposition ist ein Filtertron-Pickup (ebenfalls AlNiCo 5) von Seymour Duncan in ein farblich angepasstes Rähmchen aus Messing gesetzt.
Zur Verwaltung stehen in Tele-Manier auf Metallplatte montierte generelle Volume- und Tone-Regler mit auffälligen „Shotgun“-Messingknöpfen und ein Dreiwegeschalter für die Pickup-Wahl zur Verfügung (CTS Pots 250K, CRL 3-Way Switch). Die Gitarre ist von einer sehr gewinnenden, irgendwie auch mediterranen Vintage-Anmutung, überzeugt aber auch in jeder anderen Hinsicht mit detailgenauer Verarbeitung und spielbereiter Einrichtung.
KERNIG IN DER ANSPRACHE – SÜFFIG IM ABGANG
Das Modell Nancy Lounge lässt von Anfang an eine gewisse Straffheit und Festigkeit erkennen – ein Eindruck, der sich von der Handhabung bis hin zur Tonbildung erstreckt. Mit 3,8 kg nicht ganz leicht aber noch gut tragbar, vermittelt die Gitarre ein ungemein strammes Spielgefühl, das vom rundlich ausgebauten Hals (kräftiges C-Format) von 43mm Sattelbreite, aber auch vom ordentlichen Saitendruck des aufgespannten 10er-Satzes unterstützt wird. Kastanienholz wird allgemein eine gute Schwingungsübertragung und langes Sustain nachgesagt.
Diese Eigenschaften erfahren von der vorliegenden Halskonstruktion mit Ebenholzgriffbrett nochmals eine Zuspitzung, was sich in einer beachtlichen Transparenz und Präsenz in der allgemeinen Darstellung niederschlägt. Die offensichtlichen Stärken dieser Gitarre sind allerdings von ihrer semiakustischen Bauweise nicht vordergründig geprägt. Was das alles wirklich bedeutet, wissen wir aber erst, wenn wir es unter Strom gehört haben …
Die verbauten Pickups bieten eine höchst differenzierte Übertragung uns geben diesem Modell seinen bemerkenswert speziellen Sound-Charakter nicht zuletzt auch durch die unterschiedliche Konstruktion der Tonabnehmer. Angefangen mit dem Humbucker in der Halsposition, der uns in dieser Gitarre ein warmes, volles Ton-Ambiente zur Verfügung stellt, ohne auf konturstarke Bässe und ausdrucksstarke Mitten zu verzichten. In seinem Filtertron-Gegenspieler am Steg finden wir den schlanken, aber drückend präsenten Twang-Typ.
Keineswegs schrill, eher angenehm bissig mit einem kernigen, dynamisch steuerbaren Quack in den oberen Mitten bei rhythmischem Spiel – sehr schön! Bei klar eingestelltem Verstärker überrascht die in ihren jeweiligen Positionen absolut organisch wirkende Tonfarbe. Beide Pickups bringen ihren speziellen Sound souverän rüber, zeigen auf der gemeinsamen Grundlage ein sehr eigenständiges Gesicht. Diese Grundcharaktere bleiben auch in Overdrive-Positionen erhalten, in denen der Humbucker den kraftvollen Part spielt und konturierte Powerchords wie auch standfeste und vokalstarke Linien mit harmonischer Obertonentfaltung ins Leben lässt.
Bei direktem Wechsel auf den Steg-Filtertron verlagert sich das Klangambiente unter Zerrbedingungen deutlich nach oben, kommt gepresster und zugespitzer zum Zuge. Knochentrocken und crisp tönen nun die Bässe, zeigen Draht und Stringenz. Die gekehlten Mitten haben ihren Fokus weiter oben, lassen aber dem bissig drängenden Höhentop den Vortritt. Knapp gefasste Akkorde erscheinen kompakt und federn nach markant herausgestelltem Anschlag mit viel Luft unter den Flügeln ab – also doch wohl mit feiner Unterstützung der semiakustischen Bauweise. Das Solospiel profitiert von dem rasant perkussiven Aufriss, bemerkenswert sensibler Reaktion auf das differenziert geführte Plektrum und einer irgendwie glasigen Präsenz.
Klanglich höchst attraktiv ist dann auch noch der Kombi-Sound beider Pickups und eine tolle Ergänzung des Klang-Repertoirs dazu. Diese Mischung aus seidiger Auflösung und plastisch griffigem Ausdruck zugleich ist klangfarblich beeindruckend und deutlich mehr als lediglich Nischen-Sound.
Zum Abschluss sei noch die gute Funktion des B5 Bigsby Vibratos gelobt, das in seiner begrenzten Wirkungsweise dank der Roller Bridge auch bei kraftvollem Einsatz noch recht stimmstabil für schwebendes Wohlfühl-Ambiente sorgt.
(Bild: Dieter Stork)
RESÜMEE
Die Paoletti Nancy Lounge lockt nicht nur mit fabelhaftem Vintage-Look, sondern vermag auch mit besten Spieleigenschaften und charaktervollen Sounds voll zu überzeugen. Die semisolide Konstruktion aus dem Kastanienholz alter Weinfässer in Verbindung mit geröstetem Ahornhals inklusive Ebenholzgriffbrett lässt ein originelles, ungemein straff gezogenes Klangambiente erstehen, das von dem Mix aus Humbucker- und Filtertron-Pickup in schlagende elektrische Sounds gewandelt wird. Beide Tonabnehmer vermitteln ihre typischen Eigenschaften auf fokussierte Art und Weise, geben dem Instrument selbstbewusst erhobene Stimmen und klangfarbliche Souveränität. Auch wenn die Nancy Lounge sich von der Konzeption her im Kielwasser der Thinline Tele bewegt, so ist ihr – der ungewöhnlichen Materialwahl und gut gewählten elektrischen Ausstattung sei Dank – doch eine starke Eigenständigkeit zu attestieren, die vor allem durch die erreichte klangliche Finesse belegt wird. Großartig!
Ja wircklich schade , nicht jeder hat mal eben das Geld über, ich finde persönlich das dieses Modell einige Faktoren vereint, die Farbe, da ist irgendwie für jeden Geschmack etwas dabei im positiven Sinne, dann das Gewicht , nicht zu schwer obwohl das Bigsby
mit an Bord ist, und die Auswahl der Picups , das Komplettpaket läßt der Kreativität freien Lauf, die Gitarre steht ansich schon für Kunst…???
Nachlassender Ressourcen? Bedeutet das, dass es kein Holz mehr gibt.
Bäume wachsen nicht mehr? Also der Ahorn Baum bei mir im Garten wächst wie verrückt.
Nachhaltig, Co2 neutral, Klimaneutral e.c.t Slogans deren man sich in der Werbung bedient.
IKEA wirbt auch mit Nachhaltigkeit, kann man nur damit begründen das die Möbel nach kurzer Lebenszeit im Müllheizkraftwerk Energie liefern.
Das wollen wir für Gitarren doch nicht hoffen.
Schade, schade das so wunderschöne und tolle Gitarren immer so viel Geld kosten.
Bei dem Anblick setzt bei mir das Sabbern ein ?
Ncht nur Dir, aber ich frage mich ob das nicht nur Geschäftemacherei ist.
Ja wircklich schade , nicht jeder hat mal eben das Geld über, ich finde persönlich das dieses Modell einige Faktoren vereint, die Farbe, da ist irgendwie für jeden Geschmack etwas dabei im positiven Sinne, dann das Gewicht , nicht zu schwer obwohl das Bigsby
mit an Bord ist, und die Auswahl der Picups , das Komplettpaket läßt der Kreativität freien Lauf, die Gitarre steht ansich schon für Kunst…???
Nachlassender Ressourcen? Bedeutet das, dass es kein Holz mehr gibt.
Bäume wachsen nicht mehr? Also der Ahorn Baum bei mir im Garten wächst wie verrückt.
Nachhaltig, Co2 neutral, Klimaneutral e.c.t Slogans deren man sich in der Werbung bedient.
IKEA wirbt auch mit Nachhaltigkeit, kann man nur damit begründen das die Möbel nach kurzer Lebenszeit im Müllheizkraftwerk Energie liefern.
Das wollen wir für Gitarren doch nicht hoffen.
stimme Dir vollkommen zu