Die Perlen des Gebrauchtmarkts

Kleinanzeigen Heroes: Hohner B2A

Anzeige

Günstige Arbeitstiere, unterschätzte Underdogs, übersehene Youngtimer und vergessene Exoten: In den „Kleinanzeigen Heroes“ stellen wir euch die Geheimtipps des Gebrauchtmarkts vor, die einen maximalen „Bang for the buck“ liefern.

Anzeige

(Bild: Jogi Sweers)

Hohner B2A

Anfang der 1980er waren Steinberger-Bässe DAS große Ding. Polarisierend, neu, anders, und weit außerhalb dessen, was Normalsterbliche sich leisten konnten. Die Stars stürzten sich aber drauf, und so sah man den revolutionären minimalistischen Headless-Bass z.B. bei Sting, Geddy Lee, Bill Wyman oder John Entwistle.

Die große Nachfrage gekoppelt mit Unerschwinglichkeit und geringer Verfügbarkeit rief schnell diverse Firmen auf den Plan, die mit ihren Interpretationen ein Stück vom Kuchen abhaben wollten. Das reichte von Bässen wie dem Kramer Duke, der, von der Headless-Idee abgesehen, nicht viel mit dem Original gemeinsam hat, bis zu recht frechen Kopien. Die etwas ehrlicheren Kopisten erwarben von Steinberger immerhin Lizenzen für die patentierte Kombination aus Brücke und Stimmmechanik – wenn auch oft mit hakeliger Funktion.

ZAHNBÜRSTEN FÜR ALLE!

Hohner war da in einer komfortableren Position. 1981 hatte No.1 in Hamburg, die sich neben der Ladentätigkeit schon früh auch als Vertrieb betätigten, Steinberger und EMG ins Portfolio übernommen. Drei Jahre später ging es für Hohner an die Entwicklung der Hohner-Professional-Serie. Irgendwie logisch, dass auch eine Steinberger-Kopie dabei sein sollte. Dank der guten Verbindung durfte Hohner nicht ohne Stolz „Licensed by Steinberger Sound“ auf die Gitarren und Bässe schreiben.

Der B2 hatte passive Select „designed by EMG“ Pickups und zwei Volume- und einen Ton-Regler. Beim B2A kam eine schaltbare aktive Buffer-Schaltung dazu, betrieben per 9-Volt-Block, der B2A FL war die bundlose Variante, und zu guter Letzt gab es mit dem B2V noch einen passiven Fünfsaiter. Als Farben wurden überwiegend schwarz, weiß und rot angeboten. Statt aus Steinberger Blend (der firmeneigenen Mischung aus Graphit- und Carbon-Fasern) gab es wie bei den Mitbewerbern Holz, in diesem Fall kalifornischer Ahorn mit indischem Palisander für die Griffbretter der bundierten Bässe (und Ebonol für den FL). Die Brückeneinheit war als ein Herzstück des Designs natürlich lizensiert.

Der Metallbügel für die verbesserte Balance am Gurt kommt aus dem Warwick-Sortiment und gehört eigentlich zum Nobby-Meidel-Modell.
Die Headless-Brücke mit integrierter Stimmeinheit wurde von Steinberger lizensiert.
Die Beinauflage lässt sich einfach einklappen.

 

PROBLEME, LÖSUNGEN UND PREISE

Ned Steinberger hatte mit seinem radikalen Entwurf etliche von ihm (und anderen) wahrgenommene Probleme herkömmlicher Bässe gelöst – aber auch neue aufgeworfen. Wie soll man ein solches Instrument im Sitzen spielen? Ganz einfach: eine ausklappbare Stütze hält den Bass auf dem Oberschenkel. Dieses Feature findet sich – soweit ich weiß – bei den Kopien ausschließlich bei Hohner.

Was Steinberger dagegen schon bei seinem ersten Prototypen und in der Folge auch in der Produktion nutzte, um den Bass in eine komfortable Spielposition zu bringen, durfte auch Hohner nicht verwenden. Wo das Original einen mit einer Gewindeschraube hinten am Body fixierten Bumerang hat, an dem die beiden Gurtpins sitzen, hat der Hohner seine Pins am Ende des Bodies und am Hals-/Korpusübergang. Statt den Bass also beliebig an die bevorzugte Spielhaltung anpassen zu können, hängt der B2 zwar stabil, der linke Arm muss aber ordentlich gestreckt werden. Das wurde aber gerne in Kauf genommen, vor allem der B2A verkaufte sich wie geschnitten Brot, wobei ein Ladenpreis von anfangs ca. 700 Mark gegenüber 5000 Dollar sicher half.

Der Grundton ist headless-typisch mit extremem Punch gesegnet und der Bass frei von Deadspots. Die Pickups sind eher mittig ausgelegt und profitieren definitiv vom aktiven, per Trimpoti regelbaren Booster (der später durch einen 2-Band-EQ ersetzt wurde). Die Potis kratzen nac h all den Jahren gerne mal, der Stahlstab, den der Hohner anders als der Steinberger braucht, sollte ebenso wie der Zustand der Bünde überprüft werden. Als nicht besonders stabil hat sich die Batterieklappe erwiesen, die fehlt oft – so auch hier.

Um die Balance zu verbessern und die tiefen Lagen näher ran zu holen, hab ich zu einem Ersatzteil eines anderen Headless gegriffen: Der Warwick Nobby Meidel, der ab 1983 zu kaufen war, hatte einen steckbaren Bügel, der den vorderen Gurtpin viel näher an den 12. Bund heranbringt. Den gibt es samt am Bass zu montierender Halterung für gut 50,- Euro bei Warwick zu kaufen. Bei einem Kaufpreis für einen Hohner zwischen 200 und 300 Euro – je nach Modell und Zustand – eine sehr vertretbare und gute Investition. Diesen hier gab es sogar noch günstiger, inklusive dem originalen Softbag, der aber auch etwas Liebe brauchte, bevor er wieder einen Ton von sich gab. Für die Batterieklappe und den angebröselten Pickup-Rahmen fällt mir sicher noch was ein …

(erschienen in Gitarre & Bass 06/2022)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.