Dass Ibanez bis 1977 etliche Kopien amerikanischer Klassiker im Repertoire hatte, ist bekannt. Ohne Frage war Gibsons Les Paul – in allen Varianten – eines der gefragtesten Vorbilder: Denn neben diversen Standards und Customs, hatte Ibanez auch noch die Les Paul Recording, Les Paul Professional, LP-Juniors sowie diverse LP-Bass-Modelle, darunter auch noch einen extrem schweren, mit Schaltern und Reglern übersäten Les-Paul-Recording-Viersaiter, im Angebot. Die meisten dieser „Nachbauten“, wie man in den 70er-Jahren sagte, hatten zwar die originale Open-Book-Kopfplatte, aber verschraubte Hälse. Die wenigen Set-Neck-Ibanez-Kopien aus diesen Jahren sind extrem gesucht und selten.
Dass Gibson diese Aktivitäten nicht beklatschte, war den Japanern schon länger bekannt, und so hatten sie sich auch schon vor der berühmten Androhung einer Klage, die der US-Riese am 28.06.1977 offiziell gegen Hoshino Gakki Ten bzw. Elger/Ibanez eingereicht hatte, eigene Modelle entwickelt. So wurden ab 1977 nicht nur die klassischen Open-Book-Kopfplatten der Pre-Lawsuit-Modelle gegen eigene Designs ausgetauscht – man machte sich auch darüber hinausgehende Gedanken, inwieweit man das klassische Solidbody-Thema Les Paul noch variieren könnte, um ein „moderneres“ Instrument mit historischen Bezügen und Wiedererkennungswert zu schaffen.
Schon die frühen Artist-Modelle waren im Grunde genommen dicke SGs, so wie die neue Performer-Reihe redesignte Les-Paul-Phänotypen waren. So konnte man auch ohne große Umstellungen im Produktionsprozess erst mal auf die bisherige Paula-Hardware zurückgreifen. Wirklich eigene Wege ging Ibanez dann erst mit den Musician-Modellen.
(Bild: Lothar Trampert)
PERFORMER
Die neue Performer-Serie kam 1977 auf den Markt, und das gleich mit fünf Modellen: PF 100, PF 200, PF 230, PF 300 und PF 400. Im Gegensatz zum großen Vorbild hatten diese Ibanez-Gitarren eine etwas größere Kopfplatte, ein runder geschnittenes Korpushorn und einen etwas ergonomischer geformten Korpus mit der berühmten, von der Fender Stratocaster inspirierten, Bierbauch-Fräsung am Boden.
War die Ibanez PF 100 mit Chrom-Hardware, Ahorn-Schraubhals mit Dot-Griffbrett und Birkendecke auf dem Mahagoni-Body ein etwas schlichteres Einsteiger-Modell, die PF 200 mit Gold-Hardware, Block-Inlays und etwas mehr Binding-Lametta nicht allzu weit von ihr entfernt (die PF 230 war die 3-Pickup-Version), hatte die PF 300 schon mehr zu bieten: einen eingeleimten Hals, eine Ahorndecke, Gold-Hardware, und zur klassischen Gibson-Pickup-Schaltung kam hier noch ein zusätzlicher „Tri-Sound-Switch“, der einen der beiden Humbucker-Pickups auf Singlecoil-Betrieb oder in einen dünnen Out-Of-Phase-Sound umschalten konnte.
Ich habe diesen Schalter an diversen Gitarren schon für Steg- oder Hals-Pickup gesehen; was original war oder ob ab Werk variiert wurde, ist mir nicht bekannt. Hatten die bisher genannten Performers teils noch Bodies mit kleineren Hohlräumen zwischen Decke und Mahagoni-Basis, kam mit dem Spitzenmodell der Serie, der PF 400, eine echte Paula-Sister ins Rennen. Sie bestand aus einem massiven Mahagoni-Korpus mit einer ebenfalls massiven, aber zweigeteilten gewölbten Decke aus Ahorn. Dabei sind die Mahagoni- und die Ahornschicht des Korpus ungefähr gleich dick. Der Body ist mit einem siebenschichtigen Binding eingefasst, der Hals besteht aus drei Streifen Ahorn, auf denen ein mit einfachem Binding eingefasstes Ebenholzgriffbrett mit Pearloid-Block-Einlagen sitzt.
Die Performer-Gitarren wurden in sehr geschmackvollen und extrem sauber ausgeführten Lackierungen angeboten, von denen neben Black, White und Cherry Sunburst insbesondere das Ibanez-eigene Antique Violin hervorstach, was für das Spitzenmodell PF 400 in Europa die einzige Finish-Option war; in Japan gab es die PF 400 auch noch in Midnight Olive.
Das hier zu sehende Modell ist eine Ibanez Performer PF 400 von 1979 – und für mich bis heute eine der attraktivsten E-Gitarren, die Ibanez jemals gebaut hat. Sie hat alle Vorzüge ihrer traditionellen Vorbilder, klanglich ein paar Optionen mehr, und optisch ist sie einfach wunderschön, denn sie verbindet klassische Ästhetik mit innovativen Ideen – und Ibanez’ Antique-Violin-Finish war kaum mal besser gelungen und auch passender, als bei diesem Modell.
Ergonomie, Proportionen, Technik und vor allem das wunderbare Finish sind einfach perfekt. Auffallend sind natürlich auch die Ibanez-eigenen Hardware-Innovationen: die Gibraltar-Bridge mit weiterem Einstellweg, das Quik-Change-Tailpiece, die VelveTune-II-Stimmmechaniken mit einstellbarer Gängigkeit und die Sure-Grip-Reglerknöpfe.
Zum Ton: Les Paul, was auch sonst? Wobei der Tri-Sound-Switch beim Hals-Tonabnehmer in der Singlecoil-Stellung eine absolut brauchbare Variante liefert; dagegen ist die stark brummende Out-Of-Phase-Option unbrauchbar. Ibanez hat sie später durch die praxistauglichere parallele Schaltung beider Humbucker-Spulen ersetzt. Als Tonabnehmer wurden Ibanez’ legendäre Super-70-Humbucker verbaut.
Meine Performer ist nicht mehr in unberührtem Originalzustand: Einer Neubundierung ist das Fret-Edge-Binding zum Opfer gefallen, und der Vorbesitzer hatte irgendwann in den 80ern mal einen Preamp in die Gitarre eingebaut, inklusive Regler, den er mittig zwischen den vier Standard-Potis platziert hatte. So etwas kann man ja revidieren.
Diese Gitarre ist kein Federchen, sie bringt erwartungsgemäß einiges auf die Waage: Mit gut 4,7 kg steht sie mancher Endsiebziger Fender-Stratocaster in nichts nach. Dafür entschädigt die Ibanez PF 400 mit einer großartigen Bespielbarkeit, guter Saitenlage und beachtlichem Sustain.
MARKT
Kostete die PF 100 bei Markteinführung 1977/78 ca. 700 DM, musste man für die PF 300 schon knapp 1000 DM und für das schöne Spitzenmodell PF 400 satte 1280 DM auf die Theke legen. Lange her … Konnte man so eine Gitarre vor zehn oder fünfzehn Jahren noch für ca. 400 Euro bekommen, ist heute das drei- bis fünffache fällig. Insbesondere die PF 400 ist extrem selten zu haben, die günstigeren Modelle tauchen aber regelmäßig in Kleinanzeigen auf. Interessant ist, dass sich viele dieser ersten eigenen Ibanez-Modelle in vergleichsweise gutem Zustand befinden und von ihren Besitzern gepflegt wurden.
Gefragt sind heute vor allem die frühen Performer-Modelle von 1977 bis ’79. Denn bereits zwei Jahre nach Markteinführung verkleinerte Ibanez die Palette und es gab nur noch das Einsteigermodell PF 150 und die wesentlich bessere PF 350 als Nachfolgerin der PF 400. Anscheinend war die Nachfrage nach diesen moderneren Les-Paul-Varianten eher medium. Ab 1982 war die Performer nicht mehr im Katalog und wurde nur noch mal kurz als limitierte Auflage, mit Super-58-Humbuckern angeboten.
Irgendwann in den 80er-Jahren hatte sich Ibanez dann bekanntlich als der neue große Player am Gitarrenmarkt etabliert, und immer mehr Musikerinnen und Musiker, jüngere und ältere, konnten sich mit den neuen Designs anfreunden. 1994 tauchte auch die Performer dann wieder auf, made in Korea. Immer noch sehr gut gefertigte, originelle Instrumente, aber die Ausstrahlung der ersten japanischen Originale haben sie nicht. Noch nicht, denke ich mal. Denn auf dem Vintage-Markt, der immer schon mal ehemalige Ladenhüter zu Kapitalanlagen geadelt hat, ist alles möglich.
Vielen Dank an Ulf Schaedla, dessen Website www.guitar-letter.de mir mit einer Menge Informationen zum Thema weitergeholfen hat. Weitere Quellen waren alte Ibanez-Kataloge, Flyer und Preislisten, die ich gesammelt habe, seit ich mit 17 Jahren meine erste Ibanez-Gitarre bekam. „Isch bin ain Japaner!“ Mehr zum Thema demnächst!
(erschienen in Gitarre & Bass 06/2022)
Habe eine AR 500 1981 gekauft , ist bis heute, obwohl ich noch 15 andere Gitarren habe , mein Lieblingsinstrument. Mit dieser Gitarre kann ich alles an Sound abdecken, egal ob Funk, Blues , Rock oder Jazz.
Erstaunlich,daß fast alle damaligen Ibanez E-Gitarren mit dieser reichlich überdimensionierten,aber wirklich schön gestalteten Kopfplatte im Bereich der „A“-Saitenmechanik eine deutlich erkennbare Reibungskontaktfläche von der tiefen „E“-Saite besitzen,die sich beim notwendigen Saitenstimmen stets und ständig an der Windung direkt berühren.Schaut diesbezüglich einfach mal auf das Detailfotos des PF-Headstocks,dann seht ihr ganz deutlich,daß hier offensichtlich die Bohrung für diese Mechanik ab Werk jahrelang völlig falsch ausgeführt wurde! Und traurig dabei,daß es wohl keiner bemerkte. Da frage ich mich doch ernsthaft,wie stimmt ihr eure geliebten alten Ibanez Gitarren mit diesem offensichtlichen Makel? Ehrlich gesagt,richtig dumm gelaufen! Scheint bisher leider noch Niemandem aufgefallen sein,daß Ibanez schon damals diese Bohrvorrichtungen anscheinend nicht sehr akkurat justierte,was letztendlich sehr zum Nachteil beim stimmen der Saiten und des Klangverhaltens beitrug.Die besagten Saiten treffen im scharfen Winkel eng aneinander,und sorgen so für einen unnötigen Reibungspunkt,der eigentlich nicht vorgesehen war.Unbegreiflich,daß so etwas bisher nur mir persönlich auffiel.
Und bisweilen kein Einzelfall,wie die Detailaufnahme der Kopfplatte überaus deutlich attestiert.Welche Nachteile entstehen hier? Die Saiten reiben aneinander,es läßt sich schwerer stimmen,folglich reißen die betroffenen Saiten viel schneller,und es sieht einfach nur falsch justiert aus! Da gibt es rein gar nichts zu beschönigen! Hier wurde definitiv böse geschlampt!
Mir fiel es selbst auf,weil ich bis dato eine alte Ibanez CN-200 E.-Gitarre aus dieser Epoche besitze,die ebenfalls dieses beschriebene Manko der Fehlstellung an der Mechanik inne hat.
Die Ibanez CN-200 Doublecut (fast identisch mit den PF-Modellen) ist zweifellos eine gut klingende Elektrische im typisch kopierten Gibson Les Paul Design,jedoch muß ich hier ernsthaft widersprechen,wenn in eurem Fotobericht von einer perfekten und wunderbaren Lackierung etc. die Rede ist,denn gerade bei frühen Ibanez
(made in Japan) Modellvarianten gab es mitunter leider auch oft miserabel verarbeitete Gitarren,die grobe Lackfehler und sonstige Qualitätsmängel aufwiesen! Faktisch gab es auch bei Ibanez teilweise sehr schlampige Endkontrollen,die nicht unbedingt zum propagierten „sauberen“ Image dieses Markenlabels beitrugen! Schlicht und einfach gelangen von diesem japanischen Hersteller also doch häufiger „richtige Gurken“ in den Handel.
Es ist aber durchaus wahr,daß die einstigen Ibanez PF und CN Modelle heutzutage echt gesuchte Raritäten sind,und im gepflegten Originalzustand zukünftig in der oberen Preisliga angesiedelt werden.Ein Wertverlust ist somit eigentlich ausgeschlossen.Egal,ob nun teilweise schlampig verarbeitet,oder absolut akkurat gefertigt;-trotz alle dem klingen alle hier genannten Modellvarianten dieses Gitarrenfabrikanten unter dem Strich bis dato wahrlich traumhaft! Vielleicht unerklärlich,eventuell sogar mystisch,wer weiß das schon genau?!?
Meine uralte Ibanez CN-200 behalte ich trotz einiger Qualitätsmakel lieber selbst,denn das „urige“ Gesamtgewicht dieser Gitarren aus bestem massiven Mahagoni ist ein typischer Garant für einen traumhaften Sound.
Ansonsten kann ich auch gerne die Starfield/by Ibanez Altair Gitarren ab Jahrgang 1992/93 wärmstens empfehlen,die im Gegensatz zu den Ibanez PF/ CN-Modellen bei Fujigen-Gakki in Japan makellos gebaut wurden,und sowieso beste Klangeigenschaften bieten,jedoch (völlig zu Recht!!!) ebenso hoch auf dem Gebrauchtmarkt gehandelt werden.
Hier fehlt noch die PF 360, meine aus ´82 neu gekauft in Yellow Sunburst (100 Stck. produziert) mit Super 58 Pickups über Push Potis auf Single Coil schaltbar. Sie gab es noch in Antique Sunburst (60 Stck.) Meine mit 4,2 kg. Klangmäßig und Bespielbarkeit ist Oberklasse.
Die Ibanez Performer Serien sind einfach der Hammer. Vor allem ist der Preis der Top Modelle 350/360/400 NOCH nicht so abgehoben wie der Tokais / Grecos / Burnys usw.
Habe eine PF 350 und im Vergleich zu meiner Gibson Les Paul und Greco EGC1000 fühlt diese sich am hochwertigsten an…