Giganten gegen den Trend

Test: Valco FX KGB Fuzz, Bloodbuzz & Five-O

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(Bild: Dieter Stork)

In einer Zeit, in der sich die Hersteller von Effektpedalen in der Schrumpfung ihrer Produkte überbieten, bietet Eastwood Guitars unter der legendären Valco-Marke mit einer Reihe von geradezu gigantischen Geräten dem Trend die Stirn.

Schon vor einiger Zeit sicherte sich der kanadische Gitarrenhersteller die Rechte an der uralten US-Marke Valco – einst legendärer Hersteller der nicht minder berühmten Supro-Verstärker, der seit dem Aus Ende der 1960er aber weitgehend in Vergessenheit geraten war. Nun belebt Eastwood Guitars mit einer kleinen Serie von Pedalen die Traditionsmarke wieder. Wobei „klein“ an sich das falsche Wort im Zusammenhang mit den drei Boliden KGB Fuzz, Bloodbuzz und Five-O ist: Die sind nämlich alles, aber nicht klein.

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Mit Maßen von 177x200x90 mm (TBH) übertreffen Bloodbuzz und Five-O die Ausmaße selbst älterer Klassiker von Electro-Harmonix-Klassiker wie dem Deluxe Memory Man deutlich. Das KGB Fuzz ist mit 177x140x90 mm nur unwesentlich kleiner. Freilich folgen die Valco-Entwickler damit dem Design der legendären Lovetone-Pedale, nach deren Vorbild die Serie kreiert ist, und die heute teuer auf den einschlägigen Plattformen gehandelt werden.

Man gewinnt aber fast den Eindruck, als wollten sie hier auch bewusst ein Zeichen setzen und damit mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Zumal die Geräte innen weitgehend leer sind. Die in Kanada handgebauten Pedale machen dabei einen extrem robusten und wertigen Eindruck – was sich auch im Gewicht von knapp unter (KGB) oder gar leicht über einem Kilogramm (Bloodbuzz, Five-O) bemerkbar macht. Wenig praktikabel, wenn man sich eh schon mit Platz- und Gewichtsproblemen beim Board rumschlägt, aber durchaus mit einem ganz eigenen Charme, fast schon erfrischend.

Die Anschlüsse sind bei allen auf der oberen Kante – bei der Größe spielt die Verkabelung auf einem Bord allerdings auch schon keine Rolle mehr. Alle Pedale laufen mit 9 Volt, Batteriebetrieb ist möglich.

KGB FUZZ

(Bild: Dieter Stork)

Widmen wir uns zunächst mal dem „kleinsten“ der Truppe, dem ominös benannten KGB Fuzz. Im Prinzip handelt es sich um ein auf Silikon-Transistoren basierendes Fuzz, das mit einigen Extra-Features enorm vielseitig ist. Vor dem eigentlichen Fuzz-Schaltkreis befindet sich ein sechsstufiger Impedanzregler, mit dem sich „Input-Gain“ regeln lässt, also wie viel vom Gitarrensignal auch im Fuzz ankommt. Bei 1M ist es das volle Signal, am unteren Ende – bei 10k – entsprechend weniger.

Was nach Attenuator klingt, hat deutliche Auswirkungen auf das tonale Geschehen. Um es kurz zu fassen: Je niedriger der Wert eingestellt ist, desto „enger“ klingt das Fuzz, und eignet sich eher als Overdrive – während bei 1M dann die Säge so richtig losrattert. Als weiteres Feature hat das Pedal links eine Dry/Fuzz-Blende. Hier man kann das cleane Signal stufenlos zumischen, am oberen Ende hört man 100% Fuzz, am unteren läuft das Signal clean durch.

So, und nun kommt’s: Der Impedanzregler ist auch dann aktiv. Das heißt, man kann ihn auch auf nachfolgende Effekte wirken lassen, ohne das Fuzz an sich zu nutzen. Dazu gibt es oben auch einen „Dry Out“-Ausgang, aus dem man sich das cleane Signal, steuerbar mit dem Impedanz-Regler, rausholen kann. Das KGB kann also auch als quasi Pre-Gain/EQ-Pedal für nachfolgende Pedals oder den Amp dienen.

Doch damit nicht genug: Das Fuzz selbst wartet ebenfalls mit Vielseitigkeit auf, und zwar mittels des 4-Wege-Voice-Reglers. In Stellung „off“ ist die Tone-Regelung deaktiviert, das Fuzz tönt sehr offen – laut Handbuch ist es einem „2 Knob“-Tone-Bender nachempfunden, das kann ich so bestätigen.

Ein beißender, aggressiver, und doch sehr musikalischer Fuzz-Ton tönt frech und frisch aus den Boxen. Der Output-Regler liefert dabei enormen Headroom, Unity Gain ist schon bei ca. 8 Uhr erreicht. Auch der „Fuzz“-Regler, der die Distortion steuert, ist gut nutzbar – von eher Overdrive-artigem Crunch bis zur Kreissäge ist alles drin.

Die anderen Stellungen des Voice-Reglers variieren die Sound-Kultur: 1 entspricht einem Big Muff; 2 einem Tone Bender mit Tone-Regler (der ist dann auch aktiv) und 3 einem „Velcro“-Fuzz. Die beiden ersten Modi sind superschön und liefern, was sie versprechen. Doch die Nr. 3 hat es in sich. Diesem Modus wurde ein Gate verpasst. Dreht man hier „Fuzz“ weit auf und experimentiert zusätzlich mit der Dry-Blende, erhält man diese herrlichen, furzigen, absterbenden Fuzz-Sounds, die mit Hals-Pickup ab dem 12. Bund auch schön oktavierte Obertöne beinhalten. Wer diesen Sound liebt, wird hier stets zur vollsten Zufriedenheit bedient.

Wie man den Dry-Regler mit Gitarre einsetzt, ist Geschmackssache, in den unteren Einstellungen zischelt das Fuzz im Hintergrund rum, erst ab der Mitte des Wegs wird es dann eigentlich brauchbar. Bassisten und Keyboarder oder auch Soundtüftler im Studio (zum Beispiel mit Drums und Vocals) werden hier fündiger. Dazu gibt es auch einen Line-Schalter, der die Eingangsimpedanz fixiert. Ich habe mich schockverliebt in das KGB Fuzz – und mich hat der erschreckende Gedanke beschlichen, dass man außer diesem unfassbar vielseitigen Gerät eigentlich kein weiteres Fuzz braucht. Lacht nur! Ich meine das ernst.

BLOODBUZZ

(Bild: Dieter Stork)

Laut Valco-Webseite basiert das Bloodbuzz auf dem legendären Lovetone Cheese Source, aber mit modernen Twists. Links in dem Riesending befindet sich ein Fuzz, das in Design und Klang identisch mit dem KGB ist – nur eben ohne den Impedanz-Regler, Line/ Inst-Schalter und die Dry-Blende. Rechts haben die Kanadier aber einen Overdrive eingebaut.

Beide Effekte haben einen In- und einen Output; sie lassen sich also unabhängig voneinander verkabeln und betreiben, die Reihenfolge (Standard: Fuzz in den Overdrive) lässt sich dabei ändern. Mein Qi stört es etwas, dass sich der Standard-Input des Geräts links oben befindet – ich bin an einen Signalweg von rechts nach links gewohnt.

Ebenso ist der Standard-Ausgang rechts. Das erfordert bei einer Integration in ein Pedalboard, sofern der Signalweg hier auch in der Anordnung von rechts nach links verläuft, zwei extra lange Patchkabel. Das ist allerdings Gejammer auf hohem Niveau, denn der Overdrive schließt qualitativ zum Fuzz unbedingt auf. Auch hier bietet das Gerät mehrere Sound-Optionen bei der Nutzung des Tone-Schaltkreises: Steht der Regler auf „Off“, ist das Tone-Poti inaktiv, der Klang laut und ungebärdig, mit manchen Pickups eventuell schon zu spitz, immer bratzelig und schmutzelig.

Raue AC/DC-Chords braten schön aus den Boxen – Feingeister auf der Suche nach dem x-ten Tube Screamer sind hier falsch. Stellung 1 aktiviert den Tone-Regler, sofort wird der Sound zahmer, dafür formbarer. 2 und 3 senken dann jeweils die Bässe ab, der Tone-Regler bleibt jedoch aktiv – das kann ideal sein für mumpfige Humbucker. Insgesamt sind die Gain-Reserven des Overdrives begrenzt, bis in Richtung frühe AC/DC kann man vordringen – dabei eher Malcolm als Angus –, dann ist aber zumindest mit Pickups mit PAF-Output Schluss.

Hardrocker oder gar Metaller werden aber wohl auch nicht die Zielgruppe des Bloodbuzz sein. Ich sehe es eher auf der Bühne vor einem Jack White liegen. Kann man denn die beiden Effekte – Fuzz und Overdrive – auch kombinieren? Aber sicher! Da beide aber tendenziell eher raubeinig zur Sache gehen, empfehle ich hier ein feines Austarieren mit den Tone-Reglern, damit es die Ohren nicht nur vom Hund, sondern auch vom Herrchen überleben.

FIVE-O

(Bild: Dieter Stork)

Laut Valco-Webseite war dieses Pedal als eine Art „Dick Dale all-in-one“-Surf-Pedal gedacht, doch während der Entwicklung wurde viel mehr daraus. Im Prinzip handelt es sich um ein Multieffektpedal: Drive, Tremolo, Hall – in einem Gerät.

Der Overdrive – rechts im Gerät – basiert dabei auf dem vom Bloodbuzz, allerdings hat er mehr Gain – laut Valco liefert er „Brownsound“. Ich habe nun kein Marshall-Stack mit Variac-Schaltung hier, um das zu überprüfen. Aber der Praxistest ergibt: Der Overdrive im Five-O hat mehr Gain als der im Bloodbuzz, und kommt allgemein noch etwas frecher rüber – Angus ist jetzt auch mit im Spiel, und auch der frühe Eddie, Gott hab ihn selig.

Während der Drive im Five-O keine weiteren Spielereien erlaubt, bietet das Gerät dafür ja zwei weitere Effekte an. Das Tremolo basiert laut Handbuch auf dem Fulltone SupaTrem und bietet vier Tremolo-Modi: Sine, Triangle, Square und Short Square. Und die klingen unglaublich gut. Die beiden Square-Modi „choppen“ wunderbar rum, wobei der Short Square-Modus schon etwas nach 1980er-Sequencer klingt – richtig cool. Wer es vintage mag, der wählt die Sinuskurve an und schwelgt sanft in den 1960ern. Mir gefällt besonders die Klarheit des Effekts, der kräftiger als so manche moderne digitale Interpretation klingt.

Der Hall im Five-O wiederum ist digital. Sein Grundtimbre ist Federhall-Einheiten von Vintage-Amps ähnlich, wobei laut Handbuch auch das Feeling eines Plattenhalls mit an Bord sein soll.

Wie auch immer, er klingt wundervoll – mit dem Decay-Regler lässt sich die Länge der Hallfahne von kleinem Raum bis zur leeren Lagerhalle gestalten, während „Blend“ den Effekt stufenlos zum Signal dazumischt. Das wichtigste Element aber ist der Tone-Regler – mit ihm lässt sich der Halleffekt bedämpfen. Was enorm vorteilhaft ist, wenn man höhenlastig und hektisch auf der Gitarre unterwegs ist.

Als zusätzliches Feature hat man dem Hall einen „Pre“-Schalter spendiert. Mit ihm lässt er sich vor Drive und Tremolo legen. Das erlaubt viele Experimente, zum Beispiel verzerrte Hallfahne oder den Sound von Vintage-Amps, bei denen das Tremolo auch nach dem Hall kam. Etwas unverständlich ist in diesem Zusammenhang leider das Fehlen eines Einschleifwegs im Five-O. Platz wäre nun wirklich massig vorhanden gewesen, aufwendig ist so etwas auch nicht – und das Bloodbuzz macht es ja vor. Gerade ein Delay würde ich zwischen Tremolo und Hall einschleifen wollen, oder andere Effekte zwischen Drive und Tremolo.

RESÜMEE

Mit dem KGB Fuzz, Bloodbuzz und Five-O meldet sich die Marke Valco mit großem Fußabdruck im Markt zurück. Das „Oversized“- Design der Geräte ist als Teil des Konzepts zu verstehen und deshalb nicht negativ bewertbar. Als Zielgruppe sehe ich auch weniger Gitarrist:innen, die einen oder mehrere des Trios in ein bereits ausuferndes Bord integrieren wollen. Sie richten sich eher an alle, die auch sonst mit wenig Besteck unterwegs sind.

Auch ich sehne mich immer wieder insgeheim danach, einfach nur so etwas wie das Five-O dabei zu haben und gut ist’s. Die herausragende Soundqualität aller drei Effektgeräte bestärkt das „eigentlich bräuchte ich gar nicht mehr“-Gefühl noch. So kann ich für alle drei Geräte eine deutliche Empfehlung aussprechen, allein die Preise werden ihren Erfolg auf den Liebhaberbereich begrenzen.

www.valcofx.com
Preis (Street): KGB € 309, Bloodbuzz und Five-O € 395

PLUS

● Soundqualität
● Vielfältigkeit
● Verarbeitung
● Bedienbarkeit

MINUS

● kein Einschleifweg (Five-O)

(erschienen in Gitarre & Bass 05/2022)

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