Immer ein wenig im Hintergrund der großartigen Elektro-Gitarren und -Bässe made in Japan standen die Kopien klassischer Steelstring-Acoustics von Gibson und Martin. Dabei hatten Firmen wie Aria, Ibanez und Yamaha auch in diesem Segment einiges zu bieten.
Eins vorab: Dieser kurze Artikel kann das umfassende Thema der akustischen Japanerinnen nicht systematisch oder umfassend angehen. Er soll einfach mal eine Anregung sein, die Augen offen zu halten für ein Gebrauchtmarktsegment, das immer noch Schnäppchen-Potenzial bietet. Denn in den 1970ern boomte nun mal das Gitarrengeschäft, und in jedem zweiten Haushalt mit Heranwachsenden stand irgendwann ein Instrument in der Ecke, das eigentlich mal gespielt werden sollte.
Aber selbst der gute Peter Bursch konnte nun mal nicht alle Einsteiger und Einsteigerinnen bei der Stange halten. Den Satz „Ich habe ja früher auch mal Gitarre gelernt …“ kennt man, und ich schätze mal, dass nur ein Drittel der Pubertätsklampfenden weiter aktiv geblieben sind – schließlich wollte man parallel noch die mitmenschliche Natur erforschen. Und die Instrumente der anderen wurden entweder entsorgt oder alterten auf kalten Dachböden oder an Partykellerwänden.
Die 70er-Jahre waren bekanntlich auch die Zeit, in der japanische Hersteller den amerikanischen Traditionsmarken Feuer unter dem Hintern machten und für Nervosität sorgten, denn die qualitativ hochwertigen Japan-Instrumente waren nicht zuletzt aufgrund des günstigen Preises eine echte Konkurrenz. Und es war eben auch so, dass gut aussehende Strat-, SG-, Jazz-Bass-, Rickenbacker- und Les-Paul-Kopien beim musikalischen Nachwuchs erhebliches Selbstbewusstsein erzeugt haben, denn man kam so seinen Idolen und ihren Instrumenten doch erheblich näher als mit einer Klira Triumphator oder einer Framus Standard 6, die beide nur sehr entfernt an ihre Inspirationsquellen Stratocaster und SG erinnerten.
Ein echtes Highlight der japanischen Kopierkunst ist diese schöne Interpretation einer Gibson SJ-200 von Aria. Die Modellbezeichnung lautet 6841, und auch diese Gitarre wurde von Matsumoku hergestellt. Mit Open-Book-Kopfplatte! Hochwertige Stimmmechaniken, feine Einlegearbeiten und das dekorierte Schlagbrett zeichnen diese ansehnliche Aria-Acoustic aus.
(Bild: Lothar Trampert)
(Bild: Lothar Trampert)
(Bild: Lothar Trampert)
Bei den akustischen Gitarren kamen die Vorbilder ganz klar aus den USA: Gibson, Martin … und dann kam erst mal nichts. Am häufigsten kopiert wurden die Martin D-28 und D-35, generell Jumbo bzw. -Dreadnought-Modelle, auch ein paar Folk-Varianten mit kleinerem Korpus gab es. Gibsons auffälligere Dove, die Hummingbird und die J-200 waren alleine wegen ihrer Schlagbrettgestaltung und der aufwendigen Griffbretteinlagen echte Hingucker – und so auch attraktive wie erfolgreiche Kopier-Vorlagen für Ibanez, Aria und Co. Diese besseren Gibson-Kopien aus den 70er-Jahren haben inzwischen dann auch preislich angezogen – sie sind kein Geheimtipp mehr.
Eine etwas preisgünstigere japanische Kopie der Gibson Hummingbird ist diese vermutlich von Tombo hergestellte Columbus Model 197 aus den 70erJahren. Die verschlissenen Plastik-Pins im Steg wurden durch hochwertige Messing-Teile ersetzt.
(Bild: Lothar Trampert)
(Bild: Lothar Trampert)
(Bild: Lothar Trampert)
Anders sieht es bei den etwas unscheinbareren Yamaha-Modellen aus, oder auch bei mit Luxor gelabelten Instrumenten – da kann man mit etwas Glück für 150 bis 250 Euro eine richtig gute Akustikgitarre bekommen. Ja, der Markt ist immer noch relativ gesättigt mit diesen schönen alten Japan-Acoustics. Und bevor man sich heute ein neues China-Instrument für 399 Euro kauft, sollte man auch mal ein paar 40 bis 50 Jahre alte Gebrauchtinstrumente in der Hand und am Ohr gehabt haben.
Diese Luxor 42/273 aus den frühen bis mittleren 1970er-Jahren wurde von Matsumoku hergestellt. Sie ist eine der hochwertigen Kopien der legendären Gibson Dove! Von Matsumoku kamen nicht nur Luxor-Gitarren und -Bässe sondern auch viele sehr gute Instrumente der Marken Greco, Guyatone, Yamaha, Aria, Burny, Cimar, Columbus, Electra, Lindberg, Pearl, Univox u.v.a. Von Aria existiert z.B. ein baugleiches Dove-Modell, das exakt dieser Luxor entspricht.
(Bild: Lothar Trampert)
(Bild: Lothar Trampert)
(Bild: Lothar Trampert)
Denn bei alten Matsumokus, Yamahas, Arias und Ibanez’, die überlebt haben, kann man sicher sein, dass sie aus sehr viel besseren, schon zur Bauzeit ordentlich abgelagerten Instrumentenbauhölzern gefertigt wurden. Auch deswegen haben sie dann meist ohne Risse und verzogene Hälse überlebt.
Und wenn man eine ein halbes Jahrhundert junge Western-Gitarre nicht gerade an die Heizung stellt oder in die Sauna mitnimmt, wird sie auch weiterhin konstante Qualität bieten. Da verzieht sich in der Regel nichts mehr. Außerdem bekommt man für Gebrauchtinstrumente beim Wiederverkauf eigentlich immer sein eingesetztes Spielgeld zurück – und ist bereit für neue Abenteuer. Mehr davon demnächst!
(erschienen in Gitarre & Bass 05/2022)