Das Internet macht es möglich, dass ein Bassist aus Brasilien auf einen Bassbauer aus Erlangen aufmerksam wird. So geschehen bei Filipe Moreno, dem Jens Schönitz nach längerer Kollaboration ein Custom-Modell auf Basis des Mummel auf den Leib geschnitzt hat. Den so entstandenen Signature-Bass durften wir noch vor der Übergabe an Filipe ausgiebig testen.
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Ich kann schon vorwegnehmen: Er bekommt ein fantastisches Instrument auf höchstem handwerklichen Niveau in die Hand. Schon der reguläre Mummel, den er zurzeit spielt, erfüllt seinen Wunsch nach einem ohne Strom jederzeit mit vollem Ton spielbaren Bass. Das in einigen Details personalisierte Signature-Modell wird ihn vollends begeistern.
ELEGANTE GRÖSSE
Gebaut ist der Bass in traditioneller spanischer Bauweise. Das heißt der Hals wird nicht angesetzt, am Halsfuß werden die Decke mit einer Fächerbeleistung nach eigenem Entwurf, die Zargen und zu guter Letzt der Boden angeleimt. Das ist die handwerklich aufwendige Lösung, aber auch die mit der besten Klangübertragung und Stabilität – und Aufwand scheut Jens bekanntermaßen keinen.
Der Hals selbst ist aus gesperrtem Cedro, einem leichten Holz aus der Mahagoni-Familie. Dem Halsfuß wird mit beidseitigen Hohlkehlen die Wucht genommen, neben einem Gurtknopf aus Palisander hat er eine dreilagig mit Zierspänen abgesetzte Kappe aus Padouk. Aus dem gleichen Holz sind die Aufleimer auf der Vorder- und Rückseite der Kopfplatte, die so zusätzlich stabilisiert wird. Die Vorderseite ist nach einem gemeinsam entwickelten Entwurf geschnitzt, wofür noch Ebenholz dazukommt.
Die Holzauswahl für den Hals provoziert keine unnötige Kopflastigkeit, und auch die sechs ultraleichten Schaller-Mechaniken mit Ebenholzflügeln wurden dementsprechend ausgesucht. Die Kopfplatte ist abgewinkelt und sorgt so für den nötigen Druck auf den Nullbund, dem eine sauber gefeilte Saitenführung aus Knochen vorausgeht. Das Griffbrett ist aus Ebenholz mit Perlmutteinlagen und bietet 24 Bünde.
Ganz den bewährten, traditionellen Bauweisen folgend, die schon großartige Streichinstrumente hervorgebracht haben, trägt der Korpus aus Ahorn eine Fichtendecke. Natürlich sind alle Hölzer massiv, der bosnische Ahorn hat eine spektakuläre Flamme, die Fichte eine ausnehmend feine Maserung. Dass sich gerade der Ahorn so dreidimensionalplastisch präsentiert, ist auch ein Verdienst der an den klassischen Geigenbau angelehnten Schellack-Politur. Die erfolgt vom Auftrag bis zur Politur in Handarbeit, nach einem alten Rezept eines italienischen Geigenbauers und Restaurators, der seinerseits wiederum den legendären Stradivari studierte.
Zum Schutz vor klimatischen Schwankungen ist auch das Korpusinnere dünn lackiert, was man mit einem Blick ins Schallloch gut sehen kann. Offensichtlich sitzt dieses nicht mittig in der Verlängerung des Griffbretts, wo man es erwarten würde, sondern in den linken Oberbug versetzt, was keine optische Spielerei ist, sondern Einfluss auf die ungebrochen schwingende Decke hat. Das ändert nicht nur den Ton, sondern gibt auch dem ganzen Instrument ein eigenes Gesicht.
Wie auch die Korpuskanten, hat das Schallloch eine mehrlagige Einfassung, deren Außen- resp. in diesem Fall Innenseite wiederum aus Padouk ist. Fast unnötig zu erwähnen, dass das alles handwerklich sauberst und auf höchstem Niveau ausgeführt ist. Cutaways sind bei elektrischen Bässen seit jeher vorgesehen, um den Zugang zu den höchsten Lagen zu gewährleisten. Auch akustische Instrumente machen davon oft Gebrauch, auch wenn darunter die Wiedergabe im Bass leidet. Während das bei elektro-akustischen Bässen auf der Bühne sogar von Vorteil sein kann, sollte der Mummel schon rein akustisch so viel Volumen wie möglich haben.
Also gibt es anstelle eines herkömmlichen Cutaways im rechten Oberbug eine elegant gearbeitete Aussparung der Decke, an der eine sichelförmige Absenkung aus Padouk ansetzt, die der Greifhand Raum schafft und dabei ein Minimum an Korpusvolumen kostet. Die Einfassung der Decke und Zarge wird um diese komplexe Form herum exquisit weitergeführt.
Noch mehr Spezialitäten gibt es zu entdecken: Der dreidimensional ausgearbeitete Steg ist, wie die Pins zur Saitenbefestigung, auf Wunsch von Filipe, aus Palisander. Besonders ist nicht nur die Aufteilung der Stegeinlage in drei separate Elemente, diese können auch noch verstellt werden, um die Oktavreinheit zu justieren und an unterschiedliche Saiten anzupassen – da muss man bei den meisten anderen Bässen mit Kompromissen leben.
Einen Tonabnehmer sucht man aktuell beim Signature-Modell vergeblich. Erst mal soll der Bass akustisch gespielt werden, später dann die Entscheidung für das eine oder andere System (Jens bietet optional K&K oder RMC an) fallen. Entsprechend fehlt auch noch der zweite Gurtpin.
RAUMGREIFENDE TIEFE
Schon ein sechssaitiger E-Bass ist nicht ganz einfach in der Handhabung. Kommt dann noch ein so üppiges Volumen hinzu, muss man sich schon umstellen. Als Hilfen bietet Jens eine leicht anzusetzende Unterarmstütze an, sowie optional eine Stütze für den Oberschenkel, die den Bass direkt in eine komfortable Spielposition befördert. Es geht aber auch so. Der recht flach D-förmig gehaltene Hals liegt mit seiner Leinöl-Grundierung und dem matten Wachsfinish warm und überaus angenehm in der Hand, wobei Jens selbstverständlich Halsbreite und Form nach Wunsch anpassen kann.
Die Saitenlage ist ein sehr guter Kompromiss: Flach genug, um leicht bespielbar zu sein, wozu die absolut akkurate Bundierung ihren Teil beiträgt, aber hoch genug für eine ordentliche Dynamik, die bei einem akustischen Instrument ausschließlich über die Anschlagstärke zu steuern ist. Das Klangerlebnis ist schlicht umwerfend … Das dürfte auch ein Verdienst der Saiten sein, die nach Vorgaben von Schönitz bei Lenzner gefertigt werden. Diese haben, wie die Bass-Saiten einer klassischen Gitarre, einen Nylonkern mit einer Umspinnung aus Silberdraht.
Eine gewisse Ähnlichkeit zu einer großen, tiefgestimmten Konzertgitarre ist auch nicht von der Hand zu weisen. Erstaunlich ausgeglichen und sensibel sprechen alle Töne an, von den tiefsten Lagen auf der sonoren H-Saite bis zu den tatsächlich gut erreichbaren höchsten Lagen auf der singenden C-Saite. Auch das Sustain ist bemerkenswert, geht dem Bass doch in keinem Bereich die Puste aus. Sensibel reagiert der Bass auf Variationen in der Anschlagsposition und im Anschlag selbst, die schwingfreudige Decke produziert problemlos einen satten, tragenden Ton.
Gegenüber den meisten, eher auf normalen Dreadnought- oder Jumbo-Gitarren basierenden Bässen, macht sich hier das größere Volumen mit tieferen Zargen voll bezahlt. Für einen ersten Eindruck empfehle ich Filipe Morenos YouTube-Kanal, auf dem er zwar den „normalen“ Mummel spielt, der seinem Signature aber klanglich nahekommt.
Bild: Schönitz
Bild: Schönitz
RESÜMEE
Auf Instagram beschreibt Filipe die erste Begegnung mit dem Mummel als einen magischen Moment, was ich sehr gut nachvollziehen kann. Sowohl was die optische Anmutung und die handwerkliche Perfektion betrifft, als auch das erste Anschlagen der Saiten – noch im Koffer, was schon beeindruckend klarmacht, welches klangliche Potential der Bass hat. Und auch die Einschätzung als Kunstwerk, das in der Lage ist, den oder die Spieler:in mit einem musikalischen Universum zu verbinden, teile ich.
Das mag sich jetzt nach esoterischem Gemurmel anhören, aber ich gebe Brief und Siegel darauf: Wer die Gelegenheit hat, den Mummel anzuspielen, zum Beispiel auf dem Guitar Summit, wird mir hinterher recht geben. Der Bass inspiriert und beflügelt. Ganz sachlich kann ich konstatieren, dass Filipe Moreno von Jens Schönitz ein Instrument bekommt, das aufgrund der ausgesuchten Materialien, der ebenso aufwendigen wie makellosen Handarbeit, Bespielbarkeit und des Klangs, jeden Cent seines sicherlich nicht günstigen Preises wert ist. Bei den akustischen Bassgitarren nehmen die Instrumente aus dem Hause Schönitz definitiv eine Spitzenstellung ein.