Hast du Fragen zum Thema „alte und/oder merkwürdige Gitarren“? Wir beantworten sie auf dieser Seite. Monat für Monat. Diesmal geht es um eine Alliance- und eine Cimar-Gitarre.
Vor etwa zwei Wochen habe ich dieses schöne Stück erstanden, allerdings habe ich keinerlei zusätzliche Infos. Im Internet habe ich einige Forumsbeiträge gefunden, in denen fleißig Gerüchte über den Hersteller ausgetauscht wurden. Aber trotz der Frustration über den Mangel an gesicherten Informationen, war in den Beiträgen mehrheitlich eine gewisse Euphorie über den schönen Klang und die sorgfältige Verarbeitung dieser Instrumente zu spüren. Allerdings wurde durchweg von vollakustischen Gitarren oder Hollowbody-Bässen geschrieben, und von „Alliance VP“. Könnt ihr mir mehr sagen über diese schöne Hollowbody-Gitarre?
Piet
Die Marke „Alliance VP” war eine Marke des belgischen Musikinstrumentenvertriebs EMD. Dieser Firma gehören unter anderem auch die Marken Stagg und Angel Lopez. 1994 versuchte EMD, die Marke Alliance VP offiziell zu registrieren, dies lief jedoch – so interpretiere ich die Akte – schief, und die Markenanmeldung wurde als nicht schutzwürdig abgelehnt. Wie das oft so ist, waren zu diesem Zeitpunkt offenbar schon viele Modelle unter diesem Label in Produktion. 1995 meldete EMD dann die Marke Stagg an (es gab seit den 1970ern immer mal Gitarren unter diesem Label), die sie bis heute betreiben, und stellte vermutlich die Produktion von Alliance-VP-Gitarren bald ein.
Tatsächlich sieht deine Gitarre sehr ähnlich aus wie Modelle der Marke Stagg. Man kann also davon ausgehen, dass es sich um den gleichen Hersteller handelt. Wer könnte es nun gewesen sein? Da kann man nur mutmaßen, aber da einige Mitglieder in bestimmten Foren erwähnen, dass ihre Alliance-VP-Gitarren Made in Korea sind, kann man die Auswahl zumindest eingrenzen.
Außerdem meine ich mich erinnern zu können, mal ein sehr ähnliches Exemplar mit dem Label „Marathon“ gesehen zu haben. Diese Marke wiederum gehörte dem deutschen Musikinstrumentenvertrieb Meinl – und der Hersteller der Marathon-Gitarren war Samick in Südkorea. Leider habe ich kein entsprechendes Exemplar im Internet gefunden.
Sollte auf der Rückseite der Kopfplatte der Überrest eines kreisförmigen Aufklebers sein, wäre das ein dritter Hinweis auf Samick in Korea als Hersteller, es handelte sich dann nämlich um die Überreste des sogenannten „Samick-Baseballs“, einem Prüfsticker, den Samick seit den 1970ern auf die Gitarren klebt und der sie eindeutig zuordnen lässt.
Einzige andere Möglichkeit wäre, dass die Gitarre bereits in China hergestellt wurde, jedoch beginnt da der Bau derartiger Gitarren erst später. Als Baujahr schätze ich die mittleren 1990er-Jahre, eben weil es keinen Sinn macht, dass EMD nach der gescheiterten Markenanmeldung bis in die 2000er unter dieser Marke Gitarren herstellen ließ.
Guitar Guru
Ich habe aus privatem Besitz eine Cimar-Gitarre sehr günstig erstanden. Das Instrument lag jahrelang irgendwo im Keller und war total verschmutzt. Die gesamte Elektronik musste erneuert werden, den Hals-Pickup habe ich gegen einen Epiphone-Humbucker ersetzt, den ich noch herumliegen hatte. Nachdem ich das Instrument gereinigt, restauriert und eingestellt habe, ist es sehr leicht bespielbar und klingt auch wirklich gut. Hat der Guru vielleicht noch mehr Infos zu der Gitarre und kann einen groben Wert benennen?
Ernst
Cimar war eine Instrumentenmarke der japanischen Firma Hoshino Gakki, besser bekannt als die Firma hinter der Marke Ibanez. Neben Ibanez wollte Hoshino Gakki in den frühen 1970er-Jahren weitere, auch preisgünstigere Gitarren auf den Markt bringen und etablierte dafür die Marke Cimar. Cimar-Gitarren und -Bässe wurden in der Regel nicht bei Hoshinos üblichen Auftragnehmer Fujigen Gakki hergestellt, sondern bei Chushin Gakki. Diese wenig bekannte japanische Firma baute bis 2010 für viele Auftragnehmer, und Recherchen haben inzwischen ergeben, dass durchaus ein Großteil der preisgünstigen Modelle aus Japan aus den 1970ern von Chushin hergestellt wurden.
Ich will aber nicht ausschließen, dass spätere Cimar-Modelle – so auch deines – doch bei Fujigen gefertigt worden sind – zumindest spuckt die Seriennummern-Recherche bei deiner Seriennummer Fujigen Gakki als Fabrik und 1984 als Baujahr aus. Und auch das sehr an gleichzeitig gebaute Ibanez-Gitarren angelehnte Design spricht dafür.
Bei deiner Gitarre handelt es sich um das Modell Cimar 2125 RBS, vorgestellt 1983. Laut Katalog war der Korpus aus laminiertem Mahagoni, also Sperrholz, der Hals aus Ahorn mit einem Palisander-Griffbrett. Leider steht nicht dabei, welche Tonabnehmer verbaut wurden, sondern nur, dass es Humbucker waren – vermutlich sind sie von Nisshin Onpa, besser bekannt als Maxon.
Cimar-Gitarren sind heute weitgehend in Vergessenheit geraten, weil Hoshino Gakki die Marke in den 1980ern einschlafen ließ und seitdem nicht mehr wiederbelebt hat. Die Gitarren sind zwar nicht identisch mit den gesuchten Ibanez-Modellen und etwas einfacher gebaut, aber schon vor allem in den späteren Jahren (also den 1980ern) von guter Qualität. Wäre sie im absolut originalen Zustand, würde ich um die 300- 400 € als erzielbaren Marktpreis sehen. Mit dem defekten Hals-Pickup müsste man etwas darunter ansetzen.
Guitar Guru
(erschienen in Gitarre & Bass 04/2022)