Bogner Ecstasy Blue + Ecstasy Red + Überschall im Test
von Ebo Wagner,
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Aber hallo, welch verführerische Verheißung liegt in den Namen dieser Pedale! Verstärker, die Bestmarken gesetzt haben und diese bis heute halten, deren Sound bekommt man hier nun im Pedalformat? Das ist doch die Suggestion, die darin lauert, oder? So ’n Quatsch, ist doch gar nicht möglich. Oder?
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So ganz die brandheiße Ware sind Reinhold Bogners Pedale nicht mehr. Weil die Vertriebssituation ein wenig nebulös war, als wir voriges Jahr zum Erscheinen einen Test in Angriff nehmen wollten, hat sich das Vorhaben in die Länge gezogen. Seit kurzem ist aber klar: Derjenige, der die Amps importiert, Erik van de Haar/NL, ist ab sofort auch der offizielle Importeur für die Pedale. Von Bogner wird es im Übrigen bald noch eine weitere Serie von FX-Pedalen geben, in einem edlen Deluxe-Design und mit interessanten, neuen technischen Ansätzen. Waren auf der Messe in Frankfurt schon zu hören und sehr vielsprechend, um nicht zu sagen ziemlich beeindruckend.
Konstruktion von Bogner Ecstasy Blue, Ecstasy Red und Überschall
Den beiden Ecstasy-Pedalen sieht man schon von außen an, dass sie wohl einigermaßen aufwendig konstruiert sein müssen; so viele Bedienungselemente. Wenn man die sauber gefertigten Alu-Gehäuse öffnet, kommt denn auch ein komplexer Aufbau zum Vorschein. Zwei High-Tech-Platinen übereinander – auch beim Überschall –, zum Teil mit platzsparenden SMD-Komponenten bestückt. Perfekte Fertigungsqualität. Auch bei den umgebenen Bauteilen wird nicht gespart. Schalter von Carling, Kondensatoren von WIMA, goldbeschichtete Relais … alles top-of-the-line, wie man es von Bogner gewöhnt ist.
In den Grundzügen sind die Pedale identisch aufgebaut. Für die Stromversorgung ist eine Netzteilbuchse vorhanden, der 9-Volt-Block (wird mitgeliefert) ruht praktischerweise in einem eigenen Fach, das ruckzuck geöffnet werden kann. Zusätzlich zu den beiden Ein-/Ausgangsbuchsen ist eine dritte vorgesehen, über die die beiden Fußschalterfunktionen von extern gesteuert werden können; wenn man z. B. mit einem größeren, programmierbaren Setup arbeitet.
Die internen Schalter kontrollieren den On/Off-Status des Pedals an sich (True-Bypass) bzw. die Boost-Funktion. Die Intensität dieser zusätzlichen Vorverstärkung reguliert ein Trimmpoti unterhalb des Volume-Reglers. Der transparente Drehknopf fungiert gleichzeitig als Statusanzeige, indem ihn von unten eine rote LED beleuchtet (Farbe Weiß beim Überschall). Bei den beiden Ecstasy-Pedalen gibt es analog dazu Gain-Trimmer, die im Boost-Modus automatisch mit aktiviert werden und die Distortion-Intensität steuern. Ein verstecktes Feature zeigt, wie praxisorientiert Reinhold Bogner denkt. Sinkt die Spannung der Batterie zu weit ab, beginnen alle LEDs zu blinken und bald darauf schaltet das Pedale automatisch auf Bypass um.
Ecstasy Blue:
Gain und Volume, eine komplette Dreibandklangregelung, das Pedal ist ausgestattet wie ein Preamp-Kanal. Dem gleichnamigen hochkarätigen Röhrentopteil entsprechend, nehmen zusätzlich vier Schalter auf die Klangformung Einfluss. Variac-On simuliert den Effekt, den eine abgesenkte AC-Spannung auf die Funktion einer Röhrenschaltung hat, Mode wählt mit der Plexi und Blue zwischen zwei Gain-Ebenen, Pre EQ hat drei Positionen, wobei b1 (Bright1) die Höhen anhebt, n (-ormal) eine neutrale Wiedergabe erzeugt, und b2 im Frequenzband tiefer ansetzend als b1 Mitten und Höhen boostet. Der Structure-Schalter bezieht sich mit seinen Bezeichnungen auf die verschiedenen Modelle, die es vom Amp-Modell Ecstasy gibt, 101, 100, 20th (Anniversary).
Ecstasy Red:
Das Pedal ist bis auf den dreistufigen Mode-Schalter mit dem blauen Modell identisch. Tight (hohes Gain-Niveau bei besonders kontrolliertem Bass), Mellow (wenig Gain und dunkler Ton), Full (maximale Gain-Reserven mit offenem Low End).
Überschall:
Der schwarze Bösewicht kommt ohne Schalter aus. In der Boost-Funktion steht auch kein Gain-Nachschub zur Verfügung, sondern nur die reine, regelbare Volume-/Lautstärkeanhebung.
Bogner Ecstasy Blue, Ecstasy Red und Überschall in der Praxis
Harte Prüfung für das Triumvirat: Der Überschall und der 20th-Anniversary gehörten bis kürzlich zu meinem Referenzen-Fundus. Ich habe also gut im Ohr, was die Pedale leisten können müssten, wenn sie ihren Labels gerecht werden wollten. Geht doch gar nicht, möchte man sofort statuieren, ein paar ICs sollen denselben Ton machen wie die Röhrentops!? Hhmm, ja, hat sich meinereiner auch gedacht. Und kam nach dem Hörtest ins Grübeln. Es ist eben doch nicht völlig von der Hand zu weisen, dass in den Pedalen ein paar der Amp-Gene schlummern und den Charakter beeinflussen. Vor allem die klanglich besonders variable Konzeption der Ecstasy-Pedale nähert sich der Funktionalität der gleichnamigen Verstärker weit an. Beeindruckend, wie die Variac-Funktion parallel eine angenehme Nachgiebigkeit und eine im positiven Sinne schmutzige Kompression provoziert. Die übrigen Schalter nehmen in unterschiedlichen Frequenzbereichen Einfluss auf den Sound, ergänzen sich damit bzw. sind bis zu einem gewissen Grad interaktiv. Dem lautmalend beschrifteten Structure-Schalter entfleuchen allerdings nicht so markante Klangfarben, wie es der Hinweis auf drei verschiedene Verstärkermodelle verheißt. Das Volumen der Wiedergabe variiert, ist aber nicht entscheidend charakterbestimmend.
Der Ecstasy Blue punktet im Low-Gain-Bereich mit einer ausgesprochen feinfühligen Ansprache, die ausdruckstärksten Overdrive nach sich zieht. Bei härteren Attacks nimmt lebendig der Biss in den Höhen zu. SRV-Sound der härteren Couleur, ohne allerdings überaggressiv zu wirken. Und die Verzerrungen formen sich sehr harmonisch aus. Seinen Overdrive mit EL34-Timbre macht der Ecstasy Blue somit genauso referenzverdächtig wie Fulltones Full-Drive 2 es im weicheren amerikanischen Klangfeld tut. Es kommt noch dicker: Der Blue hat zwei Seiten, outet sich als Wolf im Schafspelz, denn mit dem Boost kehrt er eine viel brutalere Seite heraus. Heiß gemachter Plexi- Marshall gefällig?! Wirklich toll, wie das Pedal reagiert. Homogener Ausklang der Distortion, mächtig Druck, sehr gute Transparenz, hohe Variabilität, weil nämlich die Klangregelung, besonders auch im bei der Gitarre so wichtigen Mittenbereich, herzhaft zupackt. Klasse, klasse, doch fällt ein dicker Wermutstropfen auf das schöne Bild. Beim Einschalten des Boost entsteht immer ein Lautstärkesprung nach oben. Trotz des zweiten Volume-Reglers ist es nahezu unmöglich, eine Einstellung zu finden, bei der der Boost-On-Pegel in Nähe des Boost-Off-Pegels liegt bzw. er nahe 1:1 daran anschließt. Mag dem einen oder anderen Anwender vielleicht gerade recht sein, wer zwei Sounds auf gleichem Lautstärke-Niveau haben möchte, sieht sich vor ein (unlösbares) Problem gestellt.
Der Ecstasy Red hat damit nicht zu kämpfen. Funktional ist er ansonsten dem Blue ebenbürtig. Sehr variabel im Klang, supersensitiv in der Ansprache, warm und sehr röhrenähnlich im Charakter der Verzerrungen. Red hat mehr Gain, ist insgesamt im Ton fetter und voluminöser, wie auch die Distortion selbst eine dichtere Textur aufweist. Artgerecht angewandt, also laut gespielt, ist der Ecstasy Red dynamisch so kraftvoll wie ein guter Tube-Amp und klingt auch so. Nicht Wenigen würde es wahrscheinlich schwerfallen, in einem Blindtest das Pedal von einem ähnlich kingenden Röhrenverstärker zu unterscheiden. Jau, echt coole Nummer.
Leider kann sich der Überschall längst nicht so souverän behaupten. Mehr Schärfe insgesamt, Agro-Charakter, wieder bei hoher Transparenz der Verzerrungen und harmonischer Zusammensetzung, sorgen für eine an und für sich exzellente Klangformung. Sie lässt aber den (zu erwartenden) Druck von unten vermissen und die Klangregelung kann an dieser Stelle auch nicht allzu viel bewirken. Über einen Combo gespielt verhungert der Überschall eventuell ein bisschen. Hat der Amp oder das Stack einigermaßen Bassvolumen/reserven, ist die Schwäche durch dessen Klangregelung aufzufangen.
Resümee
Der Großmeister im Bau von Röhren-Amps hat auch seinen Distortion-Pedalen beste Manieren beigebracht. Die beiden Ecstasy-Modelle glänzen mit maximaler Variabilität, lebendiger Ansprache und viel Charakter im Ton. Schlichter ausgestattet, macht auch der Überschall einen guten Job, er kann sich gegenüber anderen vergleichbaren Produkten auf dem Markt nicht allzu deutlich hervortun.
Eine erfreuliche Eigenschaft aller drei Pedale ist, dass sie vergleichsweise geringe Nebengeräusche entwickeln, sich stiller verhalten als mancher Röhren-Amp es bei gleicher Distortion-Intensität tut. Die Preise sind hoch, aber durchaus vertretbar.
Plus
Sound
Variabilität (nicht Überschall)
sehr harmonische bzw. charakterstarke Verzerrungen